SIEBEN

Während Dunker sich mühsam die Treppe hinunterhangelte, um zu dem Zimmer zu gelangen, das er mit einigen seiner Kumpane teilte, schimpfte er leise vor sich hin. »Ich soll weniger trinken? Pah! Ein Kerl wie ich verträgt noch etliches mehr. Ich soll keine Aussprüche und Symbole aus der NS-Zeit von mir geben oder zeigen? Wenn ich erst einmal ganz oben bin, hat mir keiner mehr was zu befehlen, auch Sedersen nicht. Der ist ja nicht einmal ein richtiger Kamerad, sondern nur eine Geldsau, die glaubt, mit einem Hunderteuroschein alles kaufen zu können. Auch wenn der Kerl unsere Bewegung verrät – ich tue es nicht!« Er brabbelte noch eine Weile vor sich hin und blieb kurz vor seiner Zimmertür stocksteif stehen.

Sedersen hatte schon bei ihrer Ankunft in Belgien aus Rücksicht auf die Flamen und Niederländer ihrer Truppe verboten, Naziuniformen oder auch nur Hakenkreuzbinden zu tragen, was Dunker schon damals sauer aufgestoßen war. Nun beschloss er, es diesem hochnäsigen Frack zu zeigen. Mit einem wütenden Fauchen kehrte er um und lief die Treppe hoch zu dem Raum, in dem er und seine Kumpane auf Rechmanns Anweisung hin alle NS-Devotionalien hatten abstellen müssen.

Er öffnete die Tür, stürzte auf die Kartons zu und riss einen von ihnen auf. Als Erstes leuchtete ihm das Rot einer Hakenkreuzfahne entgegen. Er nahm sie in die Hand, entfaltete sie und strich mit seliger Miene über den Stoff. Da blähte sich das Tuch in seiner Hand wie unter einem Luftzug. Gleichzeitig spürte er Kälte von außen eindringen.

Unwillkürlich blickte er zum Fenster. Auf den ersten Blick bemerkte er nichts und wollte sich schon wieder abwenden. Da entdeckte er in der Scheibe ein gut handtellergroßes Loch, gerade groß genug, dass jemand den Arm hindurchstecken konnte.

So schnell war Dunker noch nie nüchtern geworden. Er stopfte die Fahne zurück in den Karton, stürmte aus dem Zimmer und brüllte mit voller Lautstärke: »Alarm!«

»Was ist los?«, hörte er Rechmann rufen, und einen Augenblick später stürmte der Hüne heran. »Wenn das ein Spaß gewesen sein sollte, breche ich dir sämtliche Knochen!«

Statt einer Antwort deutete Dunker auf das Loch in der Scheibe. Rechmann trat näher, untersuchte die glatte Schnittfläche und begann zu fluchen. »Scheiße! Da ist jemand eingestiegen. Schlafen denn die Wachtposten?«

Er zog sein Handy hervor und drückte ein paar Tasten. »Alarm! Wir haben einen unerwünschten Besucher hier«, rief er, kaum dass sich der Angerufene gemeldet hatte.

»Gut gemacht«, rief er danach Dunker zu und eilte nach draußen, um den Rest der Mannschaft zu alarmieren.

Die geheime Waffe
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