SECHS

Torstens Hoffnung, die Strecke in fünf Stunden zurücklegen zu können, zerrann kurz hinter Würzburg. Dort war die Autobahn wegen eines Unfalls gesperrt, und weder Flüche noch Gebete halfen ihm weiter. Während er zur Seite fuhr, um Polizei und Krankenwagen durchzulassen, verwünschte er sein Pech. Dann sagte er sich, dass er die Zeit auch anders nützen konnte. Mehr als eine oder zwei Stunden lang würde die Autobahn nicht blockiert bleiben, und in der Zeit konnte er ein wenig schlafen. Er stellte den Motor ab, schaltete die Beleuchtung auf Standlicht und drehte den Liegesitz ein wenig zurück.

Obwohl er sich müde und ausgebrannt fühlte, dauerte es eine ganze Weile, bis er wegdämmerte. Sogleich fiel er in einen wirren Traum. Zuerst drehte dieser sich um Andrea, seine tote Freundin. Sie stand vor einem hoch aufragenden Wolkenkratzer, den man eher in New York vermuten würde als in München-Neuperlach. Aus einem bleichen Gesicht sah sie ihn vorwurfsvoll an. »Warum bist du nicht früher zurückgekommen? Dann wäre es nicht passiert«, klagte sie.

Torsten rannte auf sie zu. Doch bevor er sie erreichen konnte, verzerrte sich ihr Gesicht, und sie zeigte nach hinten. »Dort kommt er!«

Torsten schnellte herum und sah eine schattenhafte Gestalt. Diese hielt einen länglichen Gegenstand in der Hand, den er erst auf den zweiten Blick als Gewehr erkannte. Da legte die Person auch schon die Waffe auf Andrea an und zog den Stecher durch.

Torsten hechtete in die Schusslinie, um seine Freundin zu schützen. Das Projektil machte jedoch einen Bogen um ihn und schlug in Andreas Oberkörper ein. Während sie mit einem Seufzer niedersank, stürmte Torsten mit einem wütenden Aufschrei auf den Schützen los. Als er ihn packen wollte, löste dieser sich in Luft auf, und er war mit Andrea allein.

Als er auf sie zuging, lag statt seiner toten Freundin auf einmal Graziella vor seinen Füßen. Aus dem Loch in der Brust floss das Blut wie ein breiter Strom. Mit Mühe öffnete sie die Augen und sah ihn an. »Immer wenn man dich braucht, bist du irgendwo anders!«

»Aber ich bin doch hier«, rief Torsten verzweifelt.

Graziella hustete und wollte etwas sagen, da hupte es auf einmal von allen Seiten. Torsten fuhr hoch, fand sich in seinem Auto wieder und sah, wie um ihn herum die anderen Autos anrollten. Erneut hupte es, und ein Fahrer ließ das Seitenfenster herunter und tippte sich an die Stirn. »Du hast sie wohl nicht mehr alle, mitten auf der Autobahn zu schlafen!« Er gab Gas und brauste davon.

Torsten brauchte einige Sekunden, bis er den Wagen in Gang brachte. Seine Gedanken kreisten immer noch um Graziella Monteleone, und er begriff zum ersten Mal, dass seine Beziehung zu ihr womöglich an seiner Angst gescheitert war, ihr könnte ein ähnliches Schicksal drohen wie Andrea.

Mit einem ärgerlichen Ausruf sah er auf die Uhr. Wenn die Anzeige stimmte, hatte er beinahe zwei Stunden geschlafen, dabei schien es ihm, als wären nur wenige Minuten vergangen. Noch immer hielt ihn der Alptraum in seinen Klauen, und er ertappte sich mehrmals, dass er zusammenzuckte, nur weil das Schattenspiel zwischen Autoscheinwerfern und der Dunkelheit der Nacht ihm Bewegungen vorgaukelte.

Die geheime Waffe
cover.html
e9783641072001_cov01.html
e9783641072001_toc01.html
e9783641072001_p01.html
e9783641072001_c01.html
e9783641072001_c02.html
e9783641072001_c03.html
e9783641072001_c04.html
e9783641072001_c05.html
e9783641072001_c06.html
e9783641072001_c07.html
e9783641072001_c08.html
e9783641072001_c09.html
e9783641072001_c10.html
e9783641072001_c11.html
e9783641072001_c12.html
e9783641072001_c13.html
e9783641072001_c14.html
e9783641072001_c15.html
e9783641072001_c16.html
e9783641072001_c17.html
e9783641072001_p02.html
e9783641072001_c18.html
e9783641072001_c19.html
e9783641072001_c20.html
e9783641072001_c21.html
e9783641072001_c22.html
e9783641072001_c23.html
e9783641072001_c24.html
e9783641072001_c25.html
e9783641072001_c26.html
e9783641072001_c27.html
e9783641072001_c28.html
e9783641072001_c29.html
e9783641072001_c30.html
e9783641072001_c31.html
e9783641072001_c32.html
e9783641072001_c33.html
e9783641072001_c34.html
e9783641072001_c35.html
e9783641072001_c36.html
e9783641072001_p03.html
e9783641072001_c37.html
e9783641072001_c38.html
e9783641072001_c39.html
e9783641072001_c40.html
e9783641072001_c41.html
e9783641072001_c42.html
e9783641072001_c43.html
e9783641072001_c44.html
e9783641072001_c45.html
e9783641072001_c46.html
e9783641072001_c47.html
e9783641072001_c48.html
e9783641072001_c49.html
e9783641072001_c50.html
e9783641072001_c51.html
e9783641072001_c52.html
e9783641072001_c53.html
e9783641072001_c54.html
e9783641072001_c55.html
e9783641072001_c56.html
e9783641072001_p04.html
e9783641072001_c57.html
e9783641072001_c58.html
e9783641072001_c59.html
e9783641072001_c60.html
e9783641072001_c61.html
e9783641072001_c62.html
e9783641072001_c63.html
e9783641072001_c64.html
e9783641072001_c65.html
e9783641072001_c66.html
e9783641072001_c67.html
e9783641072001_c68.html
e9783641072001_c69.html
e9783641072001_c70.html
e9783641072001_c71.html
e9783641072001_c72.html
e9783641072001_c73.html
e9783641072001_c74.html
e9783641072001_c75.html
e9783641072001_c76.html
e9783641072001_c77.html
e9783641072001_p05.html
e9783641072001_c78.html
e9783641072001_c79.html
e9783641072001_c80.html
e9783641072001_c81.html
e9783641072001_c82.html
e9783641072001_c83.html
e9783641072001_c84.html
e9783641072001_c85.html
e9783641072001_c86.html
e9783641072001_c87.html
e9783641072001_c88.html
e9783641072001_c89.html
e9783641072001_c90.html
e9783641072001_c91.html
e9783641072001_c92.html
e9783641072001_c93.html
e9783641072001_c94.html
e9783641072001_c95.html
e9783641072001_c96.html
e9783641072001_c97.html
e9783641072001_c98.html
e9783641072001_p06.html
e9783641072001_c99.html
e9783641072001_c100.html
e9783641072001_c101.html
e9783641072001_c102.html
e9783641072001_c103.html
e9783641072001_c104.html
e9783641072001_c105.html
e9783641072001_c106.html
e9783641072001_c107.html
e9783641072001_c108.html
e9783641072001_c109.html
e9783641072001_c110.html
e9783641072001_c111.html
e9783641072001_c112.html
e9783641072001_c113.html
e9783641072001_c114.html
e9783641072001_c115.html
e9783641072001_c116.html
e9783641072001_c117.html
e9783641072001_c118.html
e9783641072001_c119.html
e9783641072001_c120.html
e9783641072001_c121.html
e9783641072001_c122.html
e9783641072001_c123.html
e9783641072001_c124.html
e9783641072001_c125.html
e9783641072001_c126.html
e9783641072001_c127.html
e9783641072001_c128.html
e9783641072001_c129.html
e9783641072001_p07.html
e9783641072001_c130.html
e9783641072001_c131.html
e9783641072001_c132.html
e9783641072001_c133.html
e9783641072001_c134.html
e9783641072001_c135.html
e9783641072001_c136.html
e9783641072001_c137.html
e9783641072001_c138.html
e9783641072001_c139.html
e9783641072001_c140.html
e9783641072001_c141.html
e9783641072001_c142.html
e9783641072001_cop01.html