90
Dasanu vom Sternjäger verabscheute und schmähte die zweibeinigen Ungeheuer mit einem tief sitzenden und unvernünftigen Hass. Die bloße Vorstellung, das Universum mit ihnen teilen zu müssen, erfüllte ihn mit Wut. Bei den Gelegenheiten, wenn er in der Anwesenheit zweibeiniger Gefangener war, musste er das Verlangen unterdrücken, ihre lächerlich dünnen Hälse zwischen seine Kiefer zu klemmen und zuzubeißen, bis ihre rote Kreislaufflüssigkeit aufhörte zu spritzen.
Außerdem hatte er einen besseren Grund als die meisten anderen, Menschen zu hassen. Denn Dasanu war Erster Kommandeur der Krieger Der Rasse. Seine Aufgabe war es, die zweibeinigen Ungeheuer in ihre Schlupfwinkel zurückzutreiben und diese dann zu zerstören. Seit einem Dutzend Generationen hatten seine Vorgänger die Zweibeiner aus vier ihrer Sternsysteme vertrieben. Seit das Kommando ihm zugefallen war, hatte er den Angriff fortgesetzt. Manchmal gewann er, manchmal verlor er, aber jedesmal war der Feind schwächer und weniger fähig, gegen den Sturzbach seines Zornes anzuschwimmen.
All das änderte sich abrupt mit den ersten Meldungen von Kriegsschiffen der Zweibeiner, die sich durch das Sterntor Carratyl in das System der Zwillingssterne ergossen. Diese Meldungen, die er anfangs nicht geglaubt hatte, zwangen Dasanu zur Aufgabe aller Gedanken, den Kampf zu den Zweibeinern zu tragen. Stattdessen hatten diese den Kampf zu Der Rasse getragen. In kürzester Zeit hatte die Natur der Jagd sich verändert: Aus den Jägern waren plötzlich Gejagte geworden.
Notwendigerweise waren seine ersten Anstrengungen, die Eindringlinge zurückzuwerfen. Hastige, improvisierte Angriffe von Schiffen, die zufällig in der Nähe und greifbar waren. In jenen frühen Tagen der Invasion kam es vor allem auf Schnelligkeit an. Er hoffte die Eindringlinge aus dem Sterntor Darthan zu vertreiben, bevor sie den umgebenden Raum in Besitz nehmen konnten. Wäre ihm das gelungen, hätte er die verschiedenen Blockadestreitkräfte eine nach der anderen ausflankieren können. Zuerst hätte er sie von den Zwillingssonnen vertrieben, dann von Carratyl und schließlich von Eulysta. Er hätte sie zurückgetrieben durch das verdammte Loch, durch das sie sich eingeschlichen hatten, um dieses Loch dann als ein weiteres Portal zum Angriff auf ihre Heimatwelten zu gebrauchen.
Die Krieger, die diesen ersten, hastigen Angriff geführt hatten, waren ihrer Vorfahren würdig gewesen. Tapfer warfen sie sich ohne zu zögern gegen die Übermacht des ringsum lauernden Feindes, und als die Schlacht vorüber war, kehrten volle elf Zwölftel derjenigen, die tapfer durch das Sterntor geschwommen waren, nicht in die Heimat zurück.
Nachdem die Gelegenheit zu einem schnellen Sieg also nicht mehr gegeben war, begrenzte Dasanu seine Operation auf sondierende Vorstöße, um den Feind an eigenen Unternehmungen zu hindern und seine eigenen Verteidigungen zu stärken. So blieben den Zweibeinern Angriffe auf eine oder mehrere der Heimatwelten verwehrt. Er hatte auch Unternehmungen eingeleitet, den Nachrichtenverkehr mit den von Darthan abgeschnittenen Systemen wiederherzustellen. Es war frustrierend gewesen, auf die Kurierboote zu warten, die eine lange Serie von Sterntoren zwischen den plötzlich weit verstreuten Systemen navigieren mussten. Trotz der Verzögerungen im Nachrichtenverkehr hatte er endlich einen zweiten Angriff vortragen können. Dieser war sorgfältig vorbereitet und gleichzeitig gegen vier blockierte Sterntore geführt worden. Erste Meldungen waren ermutigend. Trotz mörderischer Kämpfe durchbrach eine Anzahl Schiffe die Blockade der Zweibeiner. Wie befohlen, beschleunigten die Schifte direkt zu den Zwillingssonnen. Die durchgebrochenen Schiffe hatten sich zu einer Streitmacht vereint und planmäßig das doppelte Zentralgestirn unter Ausnutzung von dessen Anziehungskraft umrundet; dann waren sie mit erhöhter Geschwindigkeit von rückwärts zum Angriff gegen die feindlichen Blockadestreitkräfte vorgegangen. Ihr Angriff sollte mit der zweiten Phase von Dasanus Durchbruchsversuch zusammenfallen.
Der Plan war so gut wie er unter den obwaltenden Umständen ausgeführt werden konnte, doch als die zweite Welle von Kriegsschiffen durch das Sterntor schwamm, musste sie allein kämpfen. Von der durchgebrochenen Streitmacht war nichts zu sehen gewesen. Trotz größter Tapferkeit im Feuer des überlegenen Feindes ging die Schlacht verloren, und die Krieger Der Rasse mussten sich wieder zurückziehen.
Als einer, der vom Ei an für den Krieg ausgebildet war, musste Dasanu die Strategie der Zweibeiner, das System der Zwillingssonnen zu erobern, widerwillig bewundern. Vorräte an Ersatzteilen und Waffen waren bereits knapp, und auch auf anderen Gebieten machten sich Mängel bemerkbar. Angesichts der Verluste an Schiffen und Kriegern und dem Rückgang der Bereitstellungen von Ersatz, Versorgungsgütern und Material rechnete er sich aus, dass Die Rasse vielleicht doch noch eine Möglichkeit hatte, aus dem Käfig auszubrechen, den die zweibeinigen Ungeheuer um sie errichtet hatten.
Zur Vorbereitung dieses wahrscheinlich letzten Großangriffs hatte er von zwölf Sternsystemen alles zusammengezogen, was an Schiffen, Besatzungen, Waffen und kriegswichtigen Gütern vorhanden war, ohne sich um die Auswirkungen dieser staatlich sanktionierten Plünderungsaktion auf die lokalen Wirtschaftsräume zu kümmern. So baute er nach und nach eine Streitmacht von überwältigender Stärke auf, welche die Blockade durchbrechen sollte; diesmal durfte es keinen Rückzug geben. Um den Kampfgeist der Krieger zu stärken, verbot Dasanu den Führern der durch den Faltpunkt gehenden Kriegsschiffe beim Verlust ihrer Ehre den Rückzug. Dieser Kampf würde zum Sieg oder zum Tod führen.
Von seinen Vorbereitungen vollauf in Anspruch genommen, erwartete Dasanu alles andere, als dass die Zweibeiner in das angestammte Sternsystem Der Rasse eindringen würden. Schließlich arbeitete die Zeit für sie. Sie brauchten nur zu warten, bis Die Rasse schließlich außerstande sein würde, eine wirkungsvolle Verteidigung aufzubieten. So war es eine Überraschung, als er Nachricht erhielt, dass Fernsucher mit einer Botschaft der zweibeinigen Ungeheuer im Sterntor aufgetaucht sei. Noch mehr überrascht war er, als Jene Die Herrschen sich einverstanden erklärten, mit ihnen zu sprechen. In hilflosem Zorn beobachtete er ein feindliches Schiff, das durch das Sterntor schwamm und nach Darthan geleitet wurde. Später, als seine Angriffsvorbereitungen in die letzte Phase eintraten, wurde das Piratenschiff der Zweibeiner zum Sterntor zurückgeleitet und durfte entgegen aller militärischen Logik den Machtbereich der Rasse verlassen.
Dann kam die letzte Beleidigung. Zu einem Zeitpunkt, als das Schicksal Der Rasse auf Messers Schneide stand, Schiffe und Krieger und große Mengen an Waffen für den interstellaren Krieg bereitgestellt waren und auf seine Befehle warteten, erhielt Dasanu seine letzten Instruktionen von Denen Die Herrschen. Diese Instruktionen waren die größte Überraschung von allen. Er starrte auf die Zeichen auf seinem Bildschirm und fragte sich, welche Wahnsinnigen solche Befehle ausgaben.
Noch wichtiger war, welcher Wahnsinnige sie befolgen würde?
Noch halb unfähig zu glauben, was sie ihm befahlen, schaltete er die Flottenfrequenz für alle Schiffsführer ein und sagte ruhig: »Volle Gefechtsbereitschaft. Bringt die Bomben in Position. Die erste Welle bereit zum Angriff. Tod den Schnellen Essern!«
Seit sie ihre Position in der Blockadeformation der Kampfgruppe Darthan eingenommen hatte, hatte die Conqueror II auf Anweisung ihres Kapitäns die Rotation um ihre Achse eingestellt. Als Drake zur Zentrale des Schlachtschiffes schwamm, den Vakuumanzug im Schlepptau, fand er alle anderen bereits in Schutzanzügen, die Helme griffbereit. Das war nicht ungewöhnlich. Die Mitglieder der Wache hatten seit Wochen in ihren Schutzanzügen Dienst getan, da jederzeit mit einem Angriff gerechnet werden musste.
»Was ist passiert?«, fragte er, als er einen der Beobachtersitze hinter dem Platz des Kapitäns einnahm. Dort angekommen, hielt er seinen Anzug in die Luft, hob die Füße und stieß sie mit der unbeholfenen Hast eines Mannes, der in flagranti ertappt worden ist und in die Hose fährt, während er vor einem eifersüchtigen Ehemann flieht, in die Hosenbeine. Sobald sie in dem glatten Material steckten, bückte er sich, hob die Arme über den Kopf und glitt in den Rumpfteil, dann versiegelte er den Nahtverschluss.
Captain Carter wandte den Kopf, bemerkte seine Anwesenheit und sagte: »Da sind sie ja, Sir! Gerade sind zwölf Antimateriebomben im Faltpunkt losgegangen. Große, schmutzige Dinger. Sie müssen jeweils eine Masse von einer Million Kilo haben, nach ihrer Explosionswirkung zu urteilen. Im Spektrum lesen wir Sauerstoff, Eisen, Mangan, Uran, Fluor, Jod, mehrere seltene Erden und praktisch alles andere in der periodischen Tabelle. Sieht so aus, als versuchten sie unsere Minenfelder auszuräumen, und das gelingt ihnen verdammt gut.«
Drake nickte. Sie machten es genauso wie bei ihrem letzten Durchbruch, bloß verzichteten sie diesmal auf Feinheiten. Indem sie den Faltpunkt mit aufgeladenen Partikeln füllten, blendeten sie nicht nur die Sensoren der Flotte, sondern setzten auch die gefährlichen Minen außer Gefecht, die in den letzten Wochen so sorgfältig im Faltpunkt ausgestreut worden waren.
»Wie sieht die Verteilung der Bomben aus?«
»Völlig willkürlich, soweit wir es beurteilen können.«
»Kommen Ryall-Schiffe durch?«
Carter schüttelte den Kopf. »Die Dichte ist noch zu hoch. Wir sollten sie in ungefähr zwei Minuten sehen.«
Die Verschmutzung des Faltpunktes mit energiereichem Plasma war wirkungsvoll, wenn es darum ging, automatisierte Waffensysteme unbrauchbar zu machen. Die Taktik hatte aber ihre Nachteile. Jedes Ryall-Schiff, das inmitten dieser Suppe erschien, würde blind und hilflos sein, bis das Plasma sich unter die kritische Dichte verteilte. Durch die Explosion der Bomben telegrafierten die Ryall ihre Angriffsabsicht und gaben der Blockadeflotte Zeit für Vorbereitungen. Die Preisgabe des Überraschungseffekts war allerdings kein so großer Nachteil, wie es scheinen mochte. Da die Kampfgruppe um den Faltpunkt Darthan ohnedies rund um die Uhr in voller Gefechtsbereitschaft war, war die Überraschung, die ein Angriff auslösen würde, begrenzt.
Nachdem er seinen Schutzanzug angelegt hatte, schnallte Drake sich im Sitz an und aktivierte die kleinen Bildschirme, die einem Beobachter zustanden. Von Rechts wegen sollte er unten in der Flotteneinsatzleitung sein und sich um das Gesamtgeschehen und nicht bloß um dieses eine Schiff kümmern. Aber seine alte Gefechtsstation war noch eine ausgebrannte Höhle, und da Sergej Gower nach wie vor das operative Flottenkommando innehatte, gab es für einen überzähligen Flottenadmiral wenig zu tun.
Da er Captain Carter nicht weiter stören wollte, dachte Drake an die einzige Person, mit der er sprechen konnte, ohne die Qualität der Verteidigung zu beeinträchtigen. Sobald er sich in die Bordsprechanlage eingestöpselt hatte, rief er Bethany an.
»Ich bin hier, Richard«, sagte sie sofort. Irgendwie schien es länger als fünf Minuten her zu sein, seit sie zusammen gefrühstückt hatten. Ihre Stimme hatte den echolosen dumpfen Klang von jemandem, der in einem Vakuumanzug steckte.
»Hast du den Helm auf?«, fragte er über die Audiofrequenz. Da die Bandbreiten des Schiffes gegenwärtig von den Computern gebraucht wurden, gab es keinen Raum für Gespräche mit Sichtkontakt. »Ja. Alle Anzeigeleuchten sind grün, und ich bin angeschnallt.«
»Bleib so.«
»Was gibt es?«
»Sie haben Antimateriebomben durch den Faltraum geschickt, um ihn von unseren Minen und Sensoren freizubekommen. Wir rechnen jetzt jede Minute mit ihrem Großangriff.«
»Also haben die Herrschenden unser Angebot abgelehnt?«, fragte sie. Obwohl sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, kam ein klagender Tonfall in ihre Stimme.
»Ich fürchte, so ist es. Nun, es war den Versuch wert. Was immer jetzt geschieht, haben sie selbst zu verantworten.«
»Wir hätten widersprechen sollen, als sie uns hinauswarfen. Vielleicht, wenn wir hartnäckig geblieben wären ...«
»Zerbrich dir nicht den Kopf«, sagte er. »Bleib in deinem Anzug, und wenn Notalarm gegeben wird, lauf zum nächsten Rettungsboot.«
»Und du?«
»Ich werde eins bei der Zentrale nehmen.« Es entstand eine lange Pause, dann sagte er: »Ich liebe dich.«
»Ich dich auch, Schatz. Meinst du, es werden viele sein, wenn sie kommen?«
»So viele, wie sie aufbieten können«, antwortete er. »Und es muss gleich losgehen!«
Drake nahm seinen Platz auf dem Beobachtersitz bei Captain Pelham Carter ein und schnallte sich an, ohne den Blick von der großen holographischen Darstellung an der Frontseite der Zentrale zu Wenden. Die zwölf Antimateriebomben mit ihren schweren Ladungen von Verunreinigungen hatten den Raum im Faltpunkt umgewandelt. Verschwunden war der schwarze Samt des reinen Vakuums. An seiner Stelle war ein Dutzend glühender Blumen erblüht, deren Blüten sich sichtbar und in tödlicher Symmetrie ausweiteten. Sie hatten den Faltpunkt noch nicht mit energiereichen Partikeln angefüllt – dafür war er zu groß –, aber sie füllten genug, um mehr als neunzig Prozent der selbststeuernden Minen auszuschalten und den Wald von Sensoren zu blenden, die viele der Gegenmaßnahmen steuerten.
Auch waren die expandierenden Blüten nicht die grünlich glühenden Wolken, die sie bei früheren Angriffen beobachtet hatten. Diesmal waren sie mehrfarbig, ein Hinweis auf die Mischung von Elementen, mit denen die Ryall ihre Antimaterie-Toroide umhüllt hatten. Während er sie beobachtete, wurden die glühenden Wolken merklich diffuser. Es war wieder möglich, Sterne durch die Wolken zu sehen. Plötzlich wimmelte der zerfließende Dunst von feindlichen Schiffen, und in allen Abteilungen der Conqueror II plärrte der Gefechtsalarm und zeigte an, dass der Kampf eröffnet war. Die Weite des Raumes brachte es mit sich, dass in der vergrößerten Darstellung nur die nächsten Ryall-Kriegsschiffe sichtbar waren. Der Rest war zu fern, winzig bis zur Unsichtbarkeit und verborgen in der Schwärze und zwischen den noch energetischen Plasmawolken. Dennoch wurde der unsichtbare Feind von zahlreichen Ortungsgeräten, die unendlich empfindlicher waren als das menschliche Auge, ausgemacht und in seinen Bewegungen verfolgt. So erschienen sie in der holographischen Lagedarstellung als rot leuchtende Echozeichen. Eben noch war der Raum frei von feindlichen Schiffen gewesen, jetzt füllten tausend von ihnen den Faltpunkt.
Die meisten Menschen würden wohl einen Moment gezögert haben, als der volle Umfang der Bedrohung deutlich wurde. Der Rechner der Feuerleitzentrale war kein Mensch. Innerhalb von Hundertstelsekunden startete die erste Fernrakete von Bord der Conqueror II.; es war die erste von vielen. Angesichts der zahlreichen Ziele hatte der Rechner sofort auf Dauerfeuer geschaltet und überließ den Zielsuchköpfen der Raketen die Ortung und Zerstörung der angreifenden Schiffe, zuversichtlich, dass alle ein Ziel finden würden. So schnell die automatischen Startrampen beschickt und die Raketen gezündet werden konnten, begannen sie den Raum mit tödlichen, nuklear bestückten Pfeilen zu füllen.
Der Feuerleitrechner der Conqueror II war in seiner Einschätzung der taktischen Situation nicht allein. Überall um den Faltpunkt feuerten Schiffe und Festungen in den Faltpunkt, so schnell ihre Nachladesysteme arbeiten konnten. Im Inneren der Schiffe bewegte sich ein gleichmäßiger Strom von Geschossen aus den Magazinen zu den Abschussrampen und in den Raum hinaus. Wo die Entfernung einen Einsatz rechtfertigte, brannten Laserwaffen in Rumpfverkleidungen, und Antimaterieprojektoren schossen ihre beutegierigen Strahlen neutraler Antipartikel auf die feindlichen Schiffe. In diesem Strudel der Vernichtung begannen Ryall-Schiffe in aktinisch strahlenden Blitzentladungen zu verschwinden. Überall am vielfarbig getönten Himmel punktierten die tödlichen Explosionen nuklearer Gefechtsköpfe die trübe Dunkelheit wie plötzlich aufleuchtende Glühwürmchen. Der Raum des Faltpunktes brannte von blendenden Explosionen und Entladungen von Gammastrahlen. Richard Drake sah ein Ryall-Schiff von der doppelten Größe der Conqueror II explodieren und innerhalb einer Sekunde verschwinden, ersetzt von einer glühenden Wolke eisenreichen Plasmas. Gleichwohl kam nicht alle Zerstörung der menschlichen Seite zugute. Auch in der schalenförmigen Einschließungsfront der Kampfgruppe Darthan leuchteten immer wieder ähnliche Strahlungsausbrüche auf und verblassten dann, und jeder markierte den Tod von Hunderten.
Unaufhörlich stachen Laserstrahlen kreuz und quer durch den Raum zwischen den Fronten und schossen angreifende Raketen ab, bevor sie ihre Ziele erreichen konnten. Wo die Strahlen zu schwach oder zu langsam waren, um die Raketenkörper zu durchbohren, versuchten Abwehrraketen auf kurze Distanz die anfliegenden Geschosse zu zerstören. Die in solchen Fällen vorzeitig in Zielnähe explodierenden nuklearen Sprengköpfe richteten Schäden vor allem in den empfindlichen Sensoren und Antennenanlagen an. Fielen genug Sensoren aus, musste ein Schiff sich entweder aus der Schlachtordnung zurückziehen oder mit baldiger Vernichtung rechnen.
Der Schlagabtausch dauerte eine volle Minute, die eine Ewigkeit schien. So rasch wie sie im Faltpunkt erschienen waren, erkannten die Ryall-Schiffe den kürzesten Weg zum Durchbruch in die Freiheit und begannen in diese Richtung zu beschleunigen. Als sie der Blockadestreitmacht näher kamen, wurden sie mit allen im menschlichen Arsenal vorhandenen Waffen unter Feuer genommen.
Nach diesen sechzig Sekunden Hölle fiel Drake ein Unterschied auf. Während früherer Durchbruchsversuche waren Ryall-Schiffe, die ihre Magazine verschossen hatten, stets durch den Faltpunkt in die Sicherheit der anderen Seite zurückgekehrt. Diesmal verließ kein feindliches Schiff das Gemetzel aus eigenem Antrieb. Gewiss, die Zahl feindlicher Schiffe im Faltpunkt ging stetig zurück, doch nur wegen der dort wütenden Zerstörung.
Er wandte sich an Captain Carter. »Sie ziehen sich nicht zurück, selbst dann nicht, wenn sie beschädigt sind oder sich verschossen haben. Sie kämpfen weiter, bis sie einen Volltreffer bekommen.«
Der Kapitän nickte. »Anscheinend versuchen sie nicht mal ihre Transitgeneratoren aufzuladen. Dieser Durchbruchsversuch muss ein Kamikazeangriff sein. Sieg oder Tod ... Was ist das?«
Drake spähte in die holographische Lagedarstellung, als ein weiterer Alarm durch das Schiff hallte. Die durch das Gemetzel beträchtlich ausgedünnte Ryall-Flotte bekam plötzlich Verstärkung, und nicht bloß von einer weiteren Angriffswelle.
»Das sind keine Kriegsschiffe«, stieß er hervor. »Das sind Orbitalfestungen!«
Dasanu vom Sternjäger sah die letzten massiven Festungen des Sterntores ins Nichts verschwinden und fragte sich, wie es seinen Kriegern einhundert Lichtjahre entfernt gehen mochte. Einen Moment überlegte er, ob es klug gewesen war, seinen Schiffen die Rückkehr durch das Tor zu verbieten, selbst wenn sie sich verschossen hatten. Zwar hatte er den Nachschub durch das Sterntor so organisiert, dass solche Schiffe jenseits des Tores aufmunitioniert werden konnten, doch hätte er vielleicht einige Ausnahmen von der Anordnung zulassen sollen, denn jetzt fehlte es an Rückmeldungen über den Verlauf der Schlacht. Aber nein, einigen Schiffen das Verlassen das Schlachtfeldes zu erlauben, den anderen hingegen nicht, wäre schlecht für die Moral der Krieger.
Ungebeten stellte sich die Erinnerung an eine Geschichte ein, die von einem zweibeinigen Gefangenen Dasanus Vernehmungsoffizieren erzählt worden war. Wie es schien, hatte der Gefangene einer Sippe angehört, die sich »die Griechen« nannte. Er erzählte eine Geschichte von seinen Vorfahren, einer Gruppe, die sich »die Spartaner« genannt hatte. Es schien, dass diese Spartaner vom Ei auf zu Kriegern erzogen wurden. Wenn Spartanerinnen ihre Jungen in die Schlacht schickten, taten sie es mit der Ermahnung: »Komm mit deinem Schild zurück, oder auf ihm«. Es hatte langer Erklärungen bedurft, bis Dasanu den Sinn der Aussage erfasst hatte, der darin bestand, dass von spartanischen Kriegern Sieg oder Kampf bis zum Tod erwartet worden war – eine Einstellung, die für einen Krieger Der Rasse besonders geeignet schien, gerade in der Schlacht, die jetzt jenseits des Sterntores tobte.
Nachdem auch die Festungen des Sterntores in die Schlacht gegangen waren, blieb nur noch ein Flottenverband übrig, der in den Kampf geworfen werden konnte.
»Bring das Schiff in Position«, sagte er zum Navigator der Sternjäger. »Bereite alles vor. Wir schwimmen durch das Sterntor.«
Schwerfällig, langsam und bis zu den Stahlplatten der Rumpfverkleidung vollgepackt mit schweren Raketen, Strahlenwaffen und Fusionsgeneratoren, waren Orbitalfestungen auf beiden Seiten der Front die Wächter der Faltpunkte. Festungen bewachten jeden wichtigen Faltpunkt im Machtbereich der Menschen, oder hatten es getan, bevor mehrere von ihnen nach Spica verlegt worden waren, die Blockade zu unterstützen. Mit einem Durchmesser von 250 Metern waren sie die mächtigsten mobilen Konstruktionen, die jemals gebaut worden waren; die Gegenstücke der Ryall waren allerdings noch größer.
»Sie müssen ihre Verteidigungen hier und in anderen Faltpunkten ausgedünnt haben, um damit aufzuwarten«, bemerkte Drake, als achtzehn der gigantischen, schwerfälligen Festungen im Faltpunkt Gestalt annahmen. »Sie schicken alles durch, bis zum letzten Aufklärer.«
»Feuer auf die Festungen konzentrieren«, sagte eine körperlose Stimme auf der Flottenfrequenz in völlig ruhigem Ton, als handelte es sich um die Bestellung eines Abendessens. Natürlich konnte der Besitzer der Stimme es sich leisten, angesichts des Feindes Ruhe zu bewahren. Es war ein Computer.
Der Sperrverband der Kampfgruppe, zu dem Conqueror II gehörte, verlagerte die Feuerleitsysteme auf die neuen Ziele. Statt auf die schnellen kleineren Schiffe zu feuern, konzentrierte sich jetzt alles auf die schwerfälligen Giganten. Zu der Feuerkraft der Flotte kamen das halbe Dutzend eigener Orbitalfestungen, die von bewachten Faltpunkten im gesamten menschlichen Herrschaftsbereich zusammengezogen worden waren. In rascher Folge explodierten zwei der achtzehn Neuankömmlinge lautlos in expandierenden Plasmawolken. Allerdings erst nachdem sie eine doppelte Hand voll von Admiral Gowers Schiffen atomisiert hatten.
»Wir haben ein Problem«, sagte Carter zu Admiral Drake.
»Welches?«
»Sehen Sie sich unsere Bestandsanzeige an.«
Drakes Blick folgte dem Fingerzeig des Kapitäns. Auf einem der Nebenschirme war eine Liste von allen Dingen, die das Schlachtschiff im Kampf verbrauchte, von Raketen bis zum Kühlmittel für die Laserkanonen. Neben jedem Artikel war ein farbkodierter Balken, und überall, besonders bei den Raketenbeständen, verlagerte sich die Farbe von Gelb auf Rot. Die Kampfmittel der Conqueror II gingen zur Neige.
»Sie versuchen unsere Verteidigung zu überschwemmen!«
Der Kapitän nickte. »Und machen ihre Sache gut. Hier kommt ein neuer Schwarm. Das wird knapp.«
»Feuert auf die nächsten Feindschiffe!«, befahl Dasanu. Sternjäger war nahe am Rand des Sterntors herausgekommen und fand zahlreiche Feinde in Reichweite seiner Waffen. Während die Besatzung den Befehl ausführte und mehrere der überraschten Feinde vernichten konnte, arbeitete Dasanu an seinen Bildschirmen und versuchte sich ein Bild vom Geschehen zu machen.
Überall im Raum des Sterntores beschleunigten seine Schiffe auf den Feind zu und spien ihre tödlichen Geschosse aus. Partikelstrahlen blitzten auf und erloschen, hinterließen frisch ionisierte Spuren durch das Plasma. Andere Strahlen tasteten diese glühenden Pfade entlang, durchschnitten Stahlplatten und verbrannten das lebende Fleisch dahinter. Überall fanden seine Sensoren die Reste seiner Schiffe, die Sauerstoff und Wasserdampf ins Vakuum bliesen oder um es mit expandierenden Wolken zu sprenkeln, die reich an verdampftem Eisen waren.
Die halbkugelförmige Abwehrfront der Blockade schien zu halten, obwohl es mehrere Lücken gab, die von den Schiffen Der Rasse verstärkt angegriffen wurden, um sie zu erweitern. Aber ob sie noch hielten oder nicht, die zweibeinigen Ungeheuer waren verwundet. Die Dichte ihrer auf das Sterntor zielenden Raketengeschosse hatte merklich abgenommen. Er befragte seinen Bordrechner. Tatsächlich hatten einige der kleineren Kriegsschiffe das Feuer eingestellt; offenbar waren ihre Magazine erschöpft. Sie feuerten nur noch mit ihren Strahlwaffen, um sich selbst und ihre Brüder zu verteidigen.
Auch Dasanus Streitkräfte verlangsamten ihre Feuergeschwindigkeit. In ihrem Fall war das Nachlassen jedoch eine Folge der Zerstörung so vieler Schiffe. Gegenwärtig schienen die Festungen das feindliche Feuer auf sich zu ziehen, was gute Nachricht für die bedrängten Kriegsschiffe bedeutete. Während er die dreidimensionale Weite des Schlachtfeldes überblickte, erhielt eine Festung einen Nahtreffer von einer Rakete, und eine feurige Explosion eruptierte aus ihrer Seite. Augenblicke später durchdrang eine weitere Rakete das Abwehrfeuer und landete einen Volltreffer in der Mitte der Festung. Dasanu beobachtete mit starrem Blick, wie sie in einem blendenden Glutball verschwand. Auf der anderen Seite der Front explodierte ein Schiff der zweibeinigen Ungeheuer und trieb, sich langsam überschlagend, in die Schwärze davon. Die Hälfte seiner Länge war weg, und das Wrack verstreute Körper und halb geschmolzene Metalltrümmer in den Raum.
»Erster Krieger, wir werden angegriffen«, meldete sein Beobachter.
»Beginne Abwehr. Erwidere Feuer auf die Schiffe, die auf uns feuern. Maschinen volle Kraft. Kurs auf dieses Loch in ihrer Verteidigung direkt voraus.«
Dasanu fühlte das leise Erzittern des Rumpfes unter den Raketenstarts, die mit ihren weiß glühenden Abgasflammen die Stahlplatten des Rumpfes überspülten. Er sank tiefer in seinen gurtbespannten Rahmen, als die Triebwerke Sternjäger in die Richtung beschleunigten, wo vor wenigen Augenblicken noch ein Kreuzer der Zweibeiner den Raum bewacht hatte. Auf seinem Bildschirm näherten sich kleine Raketensymbole seinem Schiff. Laserstrahlen blinkten auf und zerstörten sie. Aber mit jeder anfliegenden Rakete, die getroffen wurde, schienen die Zerstörungspunkte näher zu kommen.
»Beginne Ausweichmanöver«, befahl er.
Es war der letzte Befehl, den er gab.
Vier Raketensymbole erloschen nicht und rasten weiter auf Sternjäger zu. Laser fingerten ihnen entgegen und zerstörten zwei Raketen, brachten eine dritte zur Explosion. Unglücklicherweise blendete die Explosion nuklearen Feuers die Bordsensoren fast drei Herzschläge lang. Das genügte dem überlebenden Raketengeschoss, seine Beute zu erreichen. Es gab einen Lichtblitz, der zu einer sphärischen Glutwolke anschwoll, und plötzlich war Sternjäger verschwunden. Stirnrunzelnd beobachtete Sergej Gower ein Duell zwischen zwei Orbitalfestungen. Seine holographische Lagedarstellung zeigte die taktische Situation im gesamten Faltpunkt. Die eindringenden Ryall-Schiffe hatten fürchterliche Verluste erlitten. Von den mehr als tausend Schiffen, mit denen der Feind in die Schlacht gegangen war, hatte er weniger als vierhundert übrig. Von den achtzehn Orbitalfestungen, die den Transit in den Faltpunkt Darthan/Spica gemacht hatten, blieben nur sechs übrig, und auch sie waren mehr oder weniger stark beschädigt.
Er seinerseits hatte an Verlusten mehr als dreißig zerstörte und weitere vierzehn schwer beschädigte und kampfunfähige Schiffe zu beklagen. Allerdings war das Missverhältnis der Verluste hauptsächlich auf die Desorganisation und Orientierungslosigkeit der Ryall-Schiffe unmittelbar nach ihrer Ankunft auf dieser Seite des Faltpunktes zurückzuführen, wo sie sofort ins Kreuzfeuer der Blockadestreitkräfte gekommen waren, bevor sie sich zum Kampf formieren konnten. Und trotz ihrer Verluste war die Ryall-Flotte zahlenmäßig noch immer stärker als seine eigene Kampfgruppe, und seine Schiffe begannen unter Munitionsmangel zu leiden.
»Geben Sie mir eine Übersicht über alle Schiffe und ihre noch vorhandenen Munitionsvorräte«, befahl er seinem Logistikoffizier.
Kurz darauf erschien die schematische Darstellung auf dem Bildschirm. Die Hälfte der Kreuzer hatte sich bereits verschossen, und selbst die Schlachtschiffe begannen in den roten Bereich zu kommen.
Gower murmelte eine Verwünschung und fragte sich, ob sie doch noch überwältigt würden.
Plötzlich explodierte die Ryall-Festung, die er beobachtet hatte, und die eigene Orbitalfestung verlagerte ihr Feuer auf die kleineren Schiffe, die verzweifelt dem Faltpunkt zu entfliehen suchten. Wenigstens die Festungen hatten die Magazinkapazität, die ihnen erlaubte, weiterzufeuern, nachdem die Schiffe der Flotte sich längst verschossen hatten. Mehrere Ryall-Schiffe im Wirkungsbereich der Festung explodierten kurz nacheinander.
Grimmig lächelnd schaltete er die Flottenfrequenz ein, die ihn mit allen Schiffen der Kampfgruppe Darthan verband.
»Alle Festungen konzentrieren ihr Feuer auf die Schiffe im Faltpunkt. Ihre Abwehr scheint nachzulassen. Ich wiederhole, alle Festungen konzentrieren ihr Feuer auf die feindlichen Schiffe.«
Die eigenen Festungen verlagerten ihr Feuer, und langsam nahm die Zahl der Explosionen im Faltraum während der nächsten Minuten deutlich zu. Selbst die feindlichen Festungen schienen weiter im Feuer zu stehen. Innerhalb von zwei Sekunden wurden aus sechs Ryall-Festungen vier. Gower beobachtete die Lagedarstellung, während die Zählung der Feindschiffe eine stetige Verminderung zeigte. Der Prozess schien sich sogar zu beschleunigen. Je geringer die Zahl, desto rascher die Abnahme. Schließlich sank die Zahl der Feindschiffe in den zweistelligen Bereich. Gerade als dies geschah, explodierten die beiden letzten Orbitalfestungen der Ryall.
»Nur weiter so, Leute«, murmelte er zu sich selbst, als deutlich wurde, dass seine Kampfgruppe die Oberhand gewann. Wenn die Ryall nicht weitere tausend Schiffe hatten, die sie ihnen entgegenwerfen konnten ...
»Ich glaube, wir werden es schaffen«, sagte Drake zu sich selbst, als er die Explosion der letzten Ryall-Festung beobachtete. Conqueror II war eines der Schiffe, die sie mit Raketen eingedeckt hatten, nachdem Admiral Gower die eigenen Festungen auf die Dezimierung der Ryall-Schiffe angesetzt hatte.
Die Kampfführung im Raum erforderte einen gewaltigen Materialeinsatz. Dies geschah zum einen durch die Ausschaltung feindlicher Sensoren und zum anderen durch den Einsatz so vieler Offensivwaffen, dass die Abwehr überfordert wurde. Lag ein Schiff im Dauerbeschuss von Raketen, musste die Abwehr früher oder später einen anfliegenden Gefechtskopf verfehlen.
So war es der Festung ergangen. Ein paar Nahexplosionen hatten einen Großteil der Sensoren auf einer Seite ausgeschaltet, und dann hatten sich die Computer der Abwehr als unfähig erwiesen, mit dem Geschosshagel von drei Schlachtschiffen und zwei Kreuzern fertig zu werden. Lange hatten sie jede Rakete im Anflug zerstört, plötzlich war aber doch eine durchgedrungen und hatte die Festung mit ihrem atomaren Sprengsatz vernichtet.
Es ist eine natürliche menschliche Reaktion im Kampf, die Aufmerksamkeit ganz auf den Gegner zu konzentrieren, der einen zu töten versucht. So war Drake, als er zum ersten Mal seit dem Beginn des Duells der Conqueror II mit der Orbitalfestung die holographische Lagedarstellung betrachtete, um das gesamte Kampfgeschehen zu verfolgen, sehr überrascht, dass weniger als achtzig Ryall-Schiffe übrig waren. Die Zahl der roten Echozeichen verringerte sich stetig, und innerhalb von wenigen Minuten waren es nur noch sechzig. In dem Maße, wie die Zahl feindlicher Schiffe abnahm, konnten mehr eigene die überlebenden unter Feuer nehmen. Der Prozess wurde zu einer Todesspirale. Rasch verringerte sich die Zahl der roten Echozeichen auf eins, und dann verschwand auch das letzte, als ein Ryall-Kreuzer explodierte.
Richard Drake konnte seinen Pulsschlag in den Ohren pochen hören, als es in der Zentrale der Conqueror totenstill wurde. Eine lange Minute gab es nichts als Stille, während besorgte Blicke nach neuen Feinden Ausschau hielten. Dann stieß jemand einen Jubelschrei aus. Richard war nicht sicher, ob die Stimme aus der Bordsprechanlage oder von jemandem in der Zentrale kam. Damit aber war der Bann gebrochen. Plötzlich brachen Hunderte von Stimmen in Triumphgeschrei aus, und das Schiff verwandelte sich in einen Hexenkessel. Aus der offenen Flottenfrequenz drang das Triumphgeheul anderer Stimmen.
Nach einer halben Minute befahl Captain Carter: »Beruhigt euch, Leute. Waffenmeister, wie hoch ist der Bestand an Raketen?«
»Wir haben noch achtundzwanzig, Sir.«
»Laser?«
»Kühlmittel auf zwanzig Prozent herunter.«
Drake befeuchtete sich die Lippen. Sie hatten es knapp geschafft. Als er die Lagedarstellung mit den noch glühenden Plasmawolken betrachtete, stellte er sich vor, wie viele Trümmer den Raum diesseits des Faltpunktes füllten, Überreste von Schiffen und Kriegern. Als ihm das ganze Ausmaß der Katastrophe bewusst wurde, die über die Feinde gekommen war, kam ihm plötzlich ein schrecklicher Gedanke.
»Angenommen, sie sind noch nicht fertig?«
Pelham Carter wandte nicht den Kopf. Er brauchte es nicht. Drake sah, wie Carters Hals sich rötete, wo er aus dem Kragen seines Schutzanzuges kam. Es war offensichtlich, dass der Kapitän den gleichen Gedanken gehabt hatte.
Wer konnte sagen, dass die Ryall nur tausend Schiffe gegen sie aufgeboten hatten, wo sie doch auf die Ressourcen von Dutzenden von Welten zurückgreifen konnten. Vorausgesetzt, er verfügte über ausreichende Kampfmittel, würde Drake seine Feinde in zwei Wellen angegriffen haben. Zuerst würde er die Hälfte seiner Flotte durch den Faltpunkt schicken, die Magazine der Verteidiger erschöpfen, und dann, während sie sich zu ihrem Sieg beglückwünschten, mit der anderen Hälfte seiner Flotte einen Überraschungsschlag führen. Eine einleuchtende Taktik, die noch in der vermeintlichen Niederlage das Blatt wenden konnte.
Er hatte nicht die Gelegenheit, seinen Verdacht auszusprechen. Plötzlich ging in der Zentrale und überall im Schiff der Alarm los. Drake stockte der Atem, und sein Magen, der sich langsam entspannt hatte, verkrampfte sich wieder zu einem harten, schmerzenden Klumpen in seinem Körper.
»Feindausbruch im Faltpunkt!«, verkündete die Computerstimme ruhig.
»Wie viele?«, fragte Carter.
Eine Pause trat ein, dann sagte der für die Aufklärung zuständige Nachrichtenoffizier. »Nur ein Schiff, Sir. Wir haben eine Identität. Es ist Fernsucher, und sie wollen Admiral Drake sprechen.«
Einer der Bildschirme ging an, und er sah Kopf und Schnauze eines Ryall, den er erkannte. Varlan.
»Was gibt es?«, fragte er, sobald die vertrauten Züge erschienen. Es folgte eine Pause, die viel länger war als jede Kommunikationsverzögerung. Dann öffnete Varlan die Schnauze, zeigte die Spitze ihrer dreifach gegabelten Zunge und sagte: »Wir ergeben uns. Jene Die Herrschen nehmen eure Bedingungen an.«