17

Lieutenant Phillip Hall lag angeschnallt im zurückgeklappten Pilotensitz des Landungsbootes Sysiphon und verfolgte am Bildschirm der Rückansicht, wie der mächtige Zylinder der City of Alexandria kleiner und kleiner wurde. Als das Schiff außer Sicht war, schaltete er auf den Befehlskanal, der ihn mit Richard Drake an Bord der Discovery verband.

»Wir sind unterwegs, Sir.«

»Sehr gut, Lieutenant«, sagte Drakes Stimme in Halls Kopfhörern. »Melden Sie sich wieder, wenn Sie in Sichtweite der sandarischen Fähre sind.«

»Zu Befehl, Sir.« Hall schaltete aus und wandte sich an seinen Copiloten. »Meinst du, du kannst dieses Ding fliegen, Hulse?«

Junior Lieutenant Hulse Arker, der reguläre Pilot der Sysiphon, zog ein Gesicht. »Ich dachte immer, der Alte wüsste, was er tut. Aber das war natürlich, bevor er dich mit dieser Expedition beauftragte.«

»Na, na!«, sagte Hall mit gespielter Strenge. »Wir sollten über die Entscheidungen unserer Vorgesetzten nicht verbittert sein. Schließlich, wer in dieser Flotte hat schon meine umfassende Kontakterfahrung?«

Arkers Antwort war ein unanständiges Geräusch. »Was?

Alles, was du gemacht hast, war ein Rendezvous mit einem toten Schiffswrack und dann ein Vorbeiflug an einer noch toteren Welt. Ich würde das kaum ›Kontakterfahrung‹ nennen.«

Hall grinste. »Na, der Alte findet es jedenfalls und hat mir die Verantwortung übertragen. Im Ernst, kannst du auf den Laden hier aufpassen, während ich nach unserem Passagier sehe?«

»Wird gemacht.«

Hall schnallte sich los und hievte sich von seinem Sitz hoch. Er langte nach der Leiter, die nach achtern führte, hielt seine Stiefel fern von den Sprossen und ließ sich von der Beschleunigung des Bootes zur offenen Luke nach achtern ziehen.

Die Passagierkabine war mit zwei Dutzend Sitzen in Doppelreihen auf jeder Seite des Rumpfes ausgestattet. Alle konnten in Liegesitze zurückgeklappt werden, aber auf diesem Flug war nur ein Platz besetzt. In der Mitte der Kabine saß Stanislaw Barrett und las einen Computerausdruck.

»Verzeihen Sie, Mr. Barrett. Kann ich etwas für Sie tun?«

Barrett blickte auf. »Nein. Danke, Mr. Hall. Wie lange wird es bis zum Rendezvouspunkt dauern?«

»Etwas über zwei Stunden, Sir.«

»Haben Sie die sandarischen Abgesandten schon gesichtet?«

»Noch nicht, Mr. Barrett.«

»Ist das ungewöhnlich?«

»Nicht für die einfache Ausstattung dieses Bootes mit Detektoren, Sir. Ich denke, dass wir die Sandarer spätestens in einer Stunde orten werden. Wenn es Sie beruhigt, Sir, bei meiner letzten Meldung erfuhr ich von der Discovery, dass das sandarische Kontaktboot unterwegs sei. Es verließ seine Flotte planmäßig und wird zur vereinbarten Zeit am Rendezvouspunkt sein.«

»Was tun die übrigen Schiffe der Sandarer?«

»Sie warten dort draußen, Sir. Seien Sie unbesorgt. Die Discovery wird uns warnen, sollten sie irgendwelche unerwarteten Manöver machen.«

»Was können wir tun, wenn das geschieht?«

Hall blickte sich in der Kabine um. Das Landungsboot war für diese Mission gewählt worden, weil es von allen Hilfsfahrzeugen der Einsatzgruppe 001 am wenigsten bedrohlich aussah. »Nun, dieses Boot ist vereinbarungsgemäß unbewaffnet, Mr. Barrett. Sollten sie uns angreifen, solange wir hier an Bord sind, werden wir nichts dagegen unternehmen können.«

»Das dachte ich mir«, sagte Barrett und legte sein Papier zur Seite. »Ich bedaure, dass meine Arbeitslast mir keine Möglichkeit ließ, an Ihrer Einsatzbesprechung teilzunehmen, Lieutenant. Bitte unterrichten Sie mich darüber, was man Ihnen über diese Mission gesagt hat.«

»Nur, dass wir hinausgehen und einen sandarischen Adligen treffen sollen, und dass wir den sandarischen Abgesandten alles zu zeigen haben, was sie sehen wollen.«

»Und wie denken Sie über diesen Befehl, Lieutenant?«

Hall zuckte die Achseln. »Es sind Befehle, und ich führe sie aus.«

»Es sind wichtige Befehle, Lieutenant. Wir müssen diese Leute rasch davon überzeugen, dass wir sind, was und woher zu sein wir sagen. Wenn sie Fragen stellen, sagen Sie ihnen die genaue Wahrheit. Schmücken Sie nichts aus, ganz gleich, was sie nach Ihrer Meinung vielleicht hören wollen.«

»Und wenn sie mich nach der Conqueror fragen?«

Barretts Gesicht zeigte plötzlich die ausdruckslose Miene eines erfahrenen Politikers an, der aufgefordert wird, die Finanzierung seines letzten Wahlkampfes zu erklären.

» Conqueror? Was ist das?«

»Öffnen Sie eine Kommunikationsschaltung, Pilot.« »Ich kann Ihnen nur Ton geben, Sir.« »Das wird ausreichen, Mr. Hall.«

»Die Verbindung ist offen.«

Barrett holte tief Luft und befeuchtete sich die trockenen Lippen, bevor er sprach. »Achtung an Bord des sandarischen Schiffes. Mein Name ist Stanislaw Barrett. Ich bin der beauftragte Vertreter Altas an Bord dieses Bootes und überbringe Ihnen Grüße von meiner Regierung, dem Parlament und dem Volk von Alta.«

»Hallo«, erwiderte eine jugendliche Stimme. »Ich bin Fähnrich Randall Kyle von Seiner Majestät Langstrecken-Abfangjäger Avenger. Ich vertrete meinen Captain und meinen König.«

Barrett runzelte die Stirn. »Sie sind ein Fähnrich, sagen Sie?«

Im Tonfall des anderen trat eine subtile Veränderung ein. Eine gewisse Härte mischte sich unüberhörbar in den typischen sandarischen Dialekt. »Sie brauchen nicht zu befürchten, dass mein Rang mich für diesen Auftrag disqualifiziert, Milord. Neben meinem militärischen Rang habe ich die Ehre, der zweite Sohn des Grafen von Kyle zu sein und als solcher an neunzehnter Stelle in der Thronfolge zu stehen.«

»Ich wollte Sie nicht kränken, Sir«, sagte Barrett hastig.

»Ich bin nicht gekränkt. Viel ist geschehen, seit die Große Nova über eine nichts ahnende Galaxis hereinbrach. Sie von der verlorenen Kolonie können kaum mit Dingen wie der Lehnstreue innerhalb des Adels vertraut sein.«

»Ich danke Ihnen für Ihr Verständnis, Fähnrich. Wie wünschen Sie den ersten Kontakt zu handhaben?«

»Wie wir mit Ihrem Kommandeur besprachen, werde ich meinen Schutzanzug anlegen und an Bord Ihres Fahrzeugs kommen. Nachdem ich es nach Waffen durchsucht und bestätigt habe, dass alles so ist, wie Sie behaupten, können Sie das Gleiche mit meinem Schiff tun. Ist eine solche Regelung annehmbar?«

Barrett bejahte.

»Sehr gut. Dann werde ich in zehn Minuten Standard bei Ihnen sein.«

»Wir erwarten Sie.«

Zehn Minuten später ging eine einzelne Gestalt durch die Luftschleuse des sandarischen Schiffes von Bord und überbrückte mit seinen Steuerungsdüsen den leeren Raum, der ihn von der Sysiphon trennte. Lieutenant Arker tat Dienst an der Luftschleuse, als Fähnrich Kyle eintraf. Es war eine Sache von einer halben Minute, ihn durch die Schleuse zu bringen. Barrett erwartete die an Bord gekommene Gestalt im Raumanzug. Der Sandarer öffnete die Verschlüsse und hob den Helm von seinem Kopf. Er ließ ihn am Ende seiner Halteleine treiben und hielt sich mit einer Hand an einer Stütze fest.

Fähnrich Kyle war noch jünger, als Stan Barren ihn nach seiner Stimme eingeschätzt hatte, vielleicht achtzehn Standardjahre. Er hatte kurz geschnittenes blondes Haar, seine Hautfarbe war blass, und seine hellblauen Augen blickten aufmerksam in die Runde, bevor sie Hulse Arker und Stan Barrett musterten.

»Willkommen an Bord«, sagte Barrett mit ausgestreckter Hand. Kyle ergriff sie mit einer behandschuhten Hand.

»Danke, Milord. Die Ehre verlangt von mir, Ihnen zu sagen, dass ich Bilder von Ihrem Schiff zu meinem sende, und dass sie von dort in Echtzeit zu unserem Flaggschiff Vindicator weitergeleitet werden.«

Barrett nickte. »Dagegen ist nichts einzuwenden. Auch wir senden Bilder von dieser Zusammenkunft an unsere Flotte. Bitte, wollen Sie diesen unbequemen Anzug nicht ablegen?«

»Ich kann nicht, Sir. Meine Befehle erlauben es nicht.«

Barrett zuckte die Achseln. »Wie Sie wünschen. Sollen wir den Rundgang gleich beginnen?«

»Ich würde gern mit der Pilotenkanzel anfangen, wenn möglich.«

Barrett führte ihn nach vorn. Trotz des behindernden Schutzanzuges, in dem er steckte, hatte Kyle keine Schwierigkeiten, sich Hand über Hand durch die schwerelose Kabine zur vorderen Luke zu ziehen. Phillip Hall verbrachte mehrere Minuten mit der Erläuterung der Instrumente, während Stan Barrett den Gast schweigend betrachtete. Die Holokamera des Sandarers war an der Brust seines Anzugs festgemacht. Wann immer Hall irgendwohin zeigte, drehte Kyle den ganzen Oberkörper, um die Kamera in die angegebene Richtung zu zielen. Nach Halls Erklärungen und weiteren Minuten, die Kyle mit einer eingehenden Untersuchung der Funkanlage und der Einstellmechanismen der Bordsysteme verbrachte, richtete er sich auf und sagte:

»Ich würde jetzt gern Ihren Antrieb sehen.«

»Gewiss.« Barrett gab Hulse Arker ein Zeichen, dass er vorangehen solle, und schloss sich Fähnrich Kyle an. Hall blieb in der Pilotenkanzel. Im Maschinenraum erläuterte Arker die Arbeitsweise des Photonenantriebs, und Kyle wandte sich hierhin und dorthin, um mit der Brustkamera alle Einzelheiten aufzunehmen. Barrett beobachtete, wie interessiert der junge Mann die Triebwerksanlage betrachtete und aus verschiedenen Blickwinkeln aufnahm. Endlich schien er zufrieden und nickte.

»Haben wir die Inspektion bestanden?«, fragte Barrett.

»Ich werde meinen Vorgesetzten melden, dass Sie echt zu sein scheinen, Milord. Es wird dann an ihnen sein, zu entscheiden. Und natürlich werden wir auch Ihre anderen Schiffe inspizieren wollen, bevor wir Ihnen das Verlassen des Faltpunktes gestatten.«

»Selbstverständlich«, sagte Barrett. »Wir haben eine kurze Bandaufnahme mitgebracht, die einen Abriss der Geschichte unseres Planeten seit der Nova zeigt. Möchten Sie die Aufnahme sehen?«

»Sehr gern.«

»Fein. Dann lassen Sie uns in die Passagierkabine gehen, wo wir die Aufzeichnung bequem betrachten können.«

Barrett half Kyle beim Festschnallen auf einem Sitz, dann nahm er selbst den benachbarten Platz ein. Er drückte den Knopf einer Fernbedienung, und die Dokumentation erschien auf dem holographischen Projektionsschirm.

Die Geschichte Altas war ein Projekt von Dr. Whartons Soziologen und Bethany Lindquist gewesen, eine zehn Minuten dauernde Übersicht, die in Eile zusammengeschnitten worden war, während die sandarische Flotte Kurs auf den Faltpunkt genommen hatte.

Am Ende der Vorstellung schaltete Stan Barrett das Licht wieder ein und wandte sich Fähnrich Kyle zu.

»Nun, wie ist Ihr Eindruck?«

Der Sandarer wandte sich mit dem ganzen Körper zu ihm um, damit er den Abgesandten Altas im Aufnahmefeld der Kamera hatte. Sein Gesichtsausdruck war ernst. »Haben Sie überhaupt keine Erfahrung mit den Ryall, Milord?«

Barrett schüttelte den Kopf. »Wären nicht die Ruinen gewesen, die wir in New Providence fanden, würden wir noch immer in seliger Unkenntnis ihrer Existenz leben.«

Kyles Stirnrunzeln ließ ihn noch jünger erscheinen. »Dann sollten Sie sich äußerst glücklich schätzen, Milord. Ich fürchte, unsere Geschichte ist im letzten Jahrhundert erheblich blutiger gewesen als die Ihrige. Mein Kapitän hat mich autorisiert, Ihnen von unserem Kampf zu erzählen, wenn Sie das wünschen.«

»Auf jeden Fall, Fähnrich!«

»Gut«, sagte Kyle. Sein Blick ging ins Leere, seine Augen nahmen einen abwesenden Ausdruck an, und in seine Stimme kam der singende Tonfall von jemandem, der zum wiederholten Mal eine fest eingeprägte Geschichte erzählt.

»Wir nennen den letzten Überfall der Ryall ›Der Große Weltbrand‹, Milord. Es hätte nicht geschehen müssen. Damals waren meine Vorfahren der Meinung, dass die Zentauroiden von einem Stern kämen, der wie Napier durch die Große Nova bedroht war. Sie überlegten, dass der erste Angriff der Ryall von den zwei Schiffen ausgelöst worden sei, die bei der Erforschung eines neugebildeten Faltpunktes in das Ryall-System eindrangen. Sie vermuteten, dass die Ryall vom Auftauchen menschlicher Schiffe in ihrem System überrascht worden seien, dieses Auftauchen als einen Angriff interpretierten und mit einem Schlag gegen New Providence antworteten.

Dieser Angriff wurde zurückgeschlagen, obwohl er sechs Städte kostete. Später unternahmen die Ryall einen zweiten Angriff, und auch er wurde abgewehrt – diesmal ohne Verluste. Aber am 16. Taurus 2527 brach die letzte Ryall-Flotte aus dem Faltpunkt hervor, insgesamt sechsunddreißig Schiffe stark, fegte unsere Vorpostenschiffe am Faltpunkt hinweg und stürzte sich auf New Providence. Zur Zeit des Angriffs war die Evakuierung annähernd beendet. Viele der bewaffneten Schiffe im System waren dabei, Evakuierungsschiffen nach und von Sandar Geleitschutz zu geben. Gleichwohl gelang es den Raumstreitkräften, vierzig Kriegsschiffe aller Typen aufzubieten und den Eindringlingen entgegenzuwerfen. Eine Woche dauerte das Gemetzel. Die Ryall teilten so viel aus, wie sie einsteckten. Da unsere Schiffe gezwungen waren, einzeln oder in kleinen Gruppen anzugreifen, zerstörten sie sogar mehr von uns als wir von ihnen. Als die Ryall New Providence erreichten, hatten sie zwanzig ihrer Schiffe verloren – aber wir hatten fünfunddreißig verloren.

Fünf weitere Schiffe wurden vernichtet, bevor sie in Reichweite kommen konnten, aber die zehn überlebenden überschütteten den Planeten mit mehr als tausend nuklearen Sprengköpfen zur Massenvernichtung. Der Angriff tötete an diesem Tag dreißig Millionen Menschen und verletzte weitere dreißig Millionen. Wären die Evakuierungen nicht nahezu abgeschlossen gewesen, würde der Angriff Milliarden Menschenleben gekostet haben.

Die Überlebenden des Infernos flüchteten an Bord der Evakuierungsschiffe, sobald diese von Sandar zurückgerufen werden konnten. Innerhalb eines Monats war der Planet verlassen. Was von Raumstreitkräften übrig geblieben war, bewachte den Faltpunkt, bis die Wellenfront der Nova durch das System fegte und der Bedrohung durch die Ryall ein Ende machte.«

Barrett räusperte sich. »Der Faltpunkt, den die Ryall benutzten, um New Providence anzugreifen, verschwand, als die Strahlungsfront das Napier-System erreichte?«

»So ist es, Milord.«

»Wie kommt es dann, dass Sie noch immer gegen sie kämpfen?«

»Weil die Ryall eine riesige interstellare Hegemonie bewohnen, Milord. Ihre Zivilisation mag durchaus größer sein als die unsrige. Wir haben ihre Sterne seit einem Jahrhundert kartiert und festgestellt, dass unsere beiden Sphären einander an zahlreichen Stellen überlappen.«

»Aber wir Menschen kommen seit Jahrhunderten im interstellaren Raum herum«, erwiderte Barrett. »Wie ist es möglich, dass wir nicht schon vor langer Zeit auf die Ryall stießen?«

»Weil es vor der Großen Nova keine Faltraumverbindungen zwischen den beiden Imperien gab, Milord«, sagte Kyle. »Als Antares explodierte, zerriss er bestehende Faltlinienverbindungen und schuf gleichzeitig viele neue. Unter diesen neuen Verbindungen sind drei, die direkten Zugang zwischen dem Bereich der Menschen und der Ryall ermöglichen. Eine solche Verbindung öffnet sich direkt in das Aezer-System, das unmittelbar jenseits unseres anderen Faltpunktes liegt.«

Im Anschluss an die erste erfolgreiche Begegnung zwischen Altanern und Sandarern kamen die beiden Flottenchefs überein, Inspektionsgruppen auszutauschen. Zwei mit Altanern beladene Fähren wurden zu den sandarischen Schiffen entsandt, während eine gleiche Zahl sandarischer Raumfahrzeuge die altanische Flotte ansteuerte. Commodore Bardak hatte deutlich gemacht, dass er Konstruktion und Technik der altanischen Schiffe auf Ryall-Einflüsse überprüfen wolle. Sollten solche Einflüsse gefunden werden, würden sie die altanische Behauptung, sie hätten vor der Erforschung New Providences nichts von den Ryall gewußt, Lügen strafen. Auf der anderen Seite war Richard Drake besorgt, dass die technologische Entwicklung Altas durch die lange Isolation in Rückstand geraten sei. Darum hatten seine Inspekteure Auftrag, Technik und Bewaffnung der sandarischen Schiffe genau zu studieren.

Die beiderseitigen Inspektionen verliefen ohne Schwierigkeiten. Als die Sandarer mit der Durchsuchung von Discovery, Alexandria und Suitana fertig waren, gaben sie sich entspannt und scherzten mit ihren Fremdenführern. Die altanischen Inspektoren meldeten Drake nach ihrer Rückkehr, dass einige der Systeme an Bord der sandarischen Kriegsschiffe zweifellos allem überlegen seien, was Alta habe, das technologische Niveau der beiden Systeme im Ganzen aber ausgeglichen sei.

Nach beendeten Inspektionen gaben Drake und Bardak Bankette für die Inspektoren. Ein Dutzend sandarische Offiziere saß gleichmäßig verteilt zwischen Offizieren der Discovery und Diplomaten sowie einzelnen Wissenschaftlern und Wirtschaftsvertretern der Alexandria. Gleichzeitig zeigte ein wandgroßer Projektionsschirm eine ähnliche Szene der Vindicator, wo die altanischen Inspekteure unter ihren Gastgebern verteilt saßen. Die Bankette dauerten mehrere Stunden, und eine anfängliche förmliche Steifheit lockerte sich bald zu einer heiteren, gelösten Atmosphäre.

Am folgenden Morgen erhielt Drake einen Anruf von Commodore Bardak. »Guten Morgen, Sir«, sagte Drake, als die Züge des sandarischen Befehlshabers am Bildschirm des Datenanschlusses in seiner Kajüte Gestalt annahmen.

»Auch Ihnen einen guten Morgen, Fleet Captain Drake«, erwiderte Bardak. »Wie geht es Ihrem Kopf?«

»Wie man es nach den Toasts gestern Abend erwarten würde.«

Bardak nickte. »Mir ist, als wollte sich jemand aus meinem Schädel ins Freie meißeln.«

»Ich bin in etwas besserer Verfassung«, sagte Drake. »Es gibt ein altanisches Kraut, das die schlimmsten Symptome eines Katzenjammers lindert. Zwar bewirkt es nicht, dass man sich gut fühlt, aber zumindest fühlt man sich nicht elend.«

»Solch ein Wunderkraut würde zu den ersten Dingen gehören, die wir gern einführen würden, wenn der interstellare Handel wiederaufgenommen wird.« Bardak blickte aus dem Bildschirm und schien Drakes Miene zu beurteilen, bevor er fortfuhr: »Was mich zum Grund meines Anrufs bringt.«

»Ja?«

»Mir scheint, Captain Drake, dass wir alles in unserer Macht Stehende getan haben, um unser beiderseitiges Mißtrauen zu zerstreuen.«

»Ich denke genauso.«

»Sind Sie dann mit mir der Meinung, dass der nächste Schritt für beide Seiten mit einem unvermeidbaren Risiko verbunden sein wird? Ich spreche natürlich von der Verlegung Ihrer Flotte ins innere System. Der König hat den Wunsch geäußert, Sie kennen zu lernen.«

Drake nickte. Er hatte ein Angebot dieser Art erwartet. Karl Slater und seine Nachrichtenleute hatten beinahe ständig verschlüsselte Sendungen zwischen den sandarischen Schiffen und ihrem Heimatplaneten aufgefangen. »Ich bin im Prinzip einverstanden, obwohl mein Risiko mir das größere zu sein scheint.«

»Wieso? Wir werden unsere ganze Welt riskieren, wenn wir der Discovery erlauben, in Reichweite ihrer Waffen zu kommen.«

»Ich kann mir kaum vorstellen, dass ein alter Schlachtkreuzer der Aufgabe gewachsen wäre, Ihre ganze Welt zu bekämpfen, Admiral. Umgekehrt werden Sie in der Lage sein, meine Expedition ohne Warnung zu verdampfen, sowie ich in den Bereich Ihrer planetarischen Abwehrsysteme komme. Wer würde dann die Nachricht davon, was geschah, nach Alta bringen?«

»Sicherlich ein Problem, Captain. Haben Sie eine Lösung?«

»Ja. Ich schlage vor, dass wir Suitana hier zurücklassen, um mir den Rücken zu decken.«

Bardak dachte kurz darüber nach, dann nickte er. »Ein Beobachter, der in sicherer Entfernung aufgestellt und bereit ist, beim ersten Anzeichen von Verrat nach Haus zu rennen. Eine vernünftige Vorsichtsmaßnahme, wenn man mit Fremden zu tun hat.«

»Ich bin überzeugt, dass es eine Vorsichtsmaßnahme ist, die sich als überflüssig erweisen wird, Admiral.«

Bardak lachte. »Ich bin dessen sicher, Captain Drake. Sie hoffen nur, dass es so sein wird.«