77

Seit der Ankunft der Flotte im System Spica hatte Richard Drake viele Stunden mit der Beobachtung der ständig wechselnden Lichtschau verbracht, die von Spica A und B ausging. Gewaltige solare Protuberanzen glühender Gasausbrüche explodierten alle paar Stunden von jedem der beiden Sterne himmelwärts, nur um von den vereinten Schwere- und Magnetfeldern zu anmutigen, spiraligen Feuerrädern verbogen zu werden. Die immerwährenden Pirouetten waren ungemein unterhaltend, und oft hatte er sich gefragt, wie die beiden Sterne aus der Nähe aussehen würden. Diese Frage fand jetzt ihre Beantwortung.

Seine Flottenreserve von vierundzwanzig Schiffen näherte sich dem Doppelsternsystem auf eine Entfernung, wo die Klimaanlagen der Schiffe durch die Wärmestrahlung ihren Dienst zu versagen drohten. Die Flottenreserve Spica befand sich auf Gegenkurs zu der Durchbruchsgruppe der Ryall. Auch sie würde mit hoher Beschleunigung das Doppelsternsystem umrunden, um etwa in die Richtung, aus der sie gekommen waren, in den Raum davonzufliegen. Der einzige Unterschied war, dass die Flottenreserve das Doppelsternsystem in etwas größerer Höhe als die Ryall umrunden und den Feind für kurze Zeit zwischen sich und den Sternen haben würde.

Der Bildschirm zeigte Spica A als einen bläulich weißen Fußball, der seinen Gefährten teilweise verdeckte. Der bloße Anblick des Paares brachte Richard Drake ins Schwitzen. Selbst bei minimaler Vergrößerung und maximaler Filterung füllte das Doppelsterngebilde den Bildschirm und überflutete die Kommunikationsfrequenzen mit dem Rauschen statischer Elektrizität. Untergetaucht in elektrisch leitendem Plasma, waren Botschaften und Befehle zwischen den Schiffen der Flotte nur mit Hilfe von Kommunikationslasern möglich, die einen beschränkten Verkehr erlaubten. Das Plasma und die Hitze spielten auch den Sensoren übel mit; viele der empfindlichsten Instrumente waren eingezogen und unter Schutzklappen verborgen, um sie vor dem Ausbrennen oder Kurzschlüssen zu schützen. So war die Flotte halb blind, als sie nach Kontakt mit dem Feind umhertastete.

Drake lag in seinem zurückgeklappten Sitz und beobachtete seine Schirmbilddarstellungen, die gleichfalls massiv gestört waren, aber zumindest im Radarbereich noch funktionsfähig waren. Er wartete auf die ersten roten Echozeichen, um den Befehl zu geben, der zwei Dutzend Kriegsschiffe ins Gefecht führen würde. Er war nicht allein. Neben ihm war ein zweiter, neu installierter Sitz mit zurückgeklappter Lehne, in dessen Umarmung eine vertraute Gestalt im Schutzanzug angeschnallt lag. So wie sie es in der Schlacht um Sandar getan hatte, begleitete Bethany ihren Mann in die Gefahr. Und so wie damals wünschte Richard, sie wäre sicher zu Hause.

»Alles in Ordnung, Schatz?«, fragte er, nachdem er sich vergewissert hatte, dass seine Worte nicht über die Sprechanlage oder die Befehlsfrequenz hinausgehen würden.

»Es geht«, kam die knappe Antwort.

Mehr brauchte er nicht zu hören. Er hatte diese angespannte, wortkarge Antwort oft genug während ihres Ehelebens gehört, um zu wissen, dass sie sich ängstigte. Und sie hatte Grund dazu. Gefechte im Weltraum waren meist kurz und tödlich, und oft ereilte der Tod seine Opfer schneller, als menschliche Sinne es wahrnehmen konnten.

Das waren die glücklichen Toten.

Die unglücklichen Toten waren jene, die in hilflosen Wracks in der Unendlichkeit trieben, Männer und Frauen, deren Blutzellen von radioaktiver Strahlung zerstört waren, oder deren erschöpfter Sauerstoffvorrat sich durch Ohrenknacken in undichten Schutzanzügen bemerkbar machte. Dann gab es noch die wirklich unglücklichen Toten, die sich unverletzt und mit genug Atemluft, aber ohne Nahrung oder Wasser in einem unversehrt gebliebenen Raum eines treibenden Wracks befanden, ohne Aussicht auf Hilfe oder Rettung.

Drake hatte getan, was er konnte, um für das bevorstehende Gefecht bereit zu sein, und als die Vorbereitungen abgeschlossen waren, verdrängte er sie aus seinem Bewusstsein. Er lag in seinem Sitz und beobachtete seine Instrumente in einem Zustand stoischer Trance. Es war, als wüsste sein Körper instinktiv, wie er seinen begrenzten Vorrat von Adrenalin konservieren und die lebenswichtige Droge für den Augenblick in Reserve halten konnte, wenn er wirklich gebraucht wurde. Wie zehntausend Generationen menschlicher Krieger es vor ihm getan hatten, lag Drake still und besinnlich da und wartete geduldig darauf, was dieser Tag noch bringen würde.

Wie immer, wenn ein Kampf unmittelbar bevorstand, verspürte er keine Furcht. Das heißt, die Furcht war da, aber zeitweilig betäubt. Sie schlief unruhig dicht unter der Oberfläche seines Bewusstseins.

Im Kosmos verläuft das Kampfgeschehen schneller als die Reaktionszeiten von Synapsen und chemischen Rezeptoren. Daher kann ein Mensch durch eigenes Handeln wenig tun, um ein feindliches Schiff zu bekämpfen. Strahlenwaffen und Laser operieren mit Lichtgeschwindigkeit. Wenn das menschliche Auge auf den Blitz reagiert, hat das Ereignis bereits stattgefunden. Nur Computer können mit dem Stakkato eines Gefechts im Weltraum in Realzeit Schritt halten.

Das menschliche Gehirn ist überlegen, wenn es auf Nuancen ankommt. Das menschliche Auge kann Muster erkennen, die kybernetischen Wahrnehmungen bedeutungslos sind. Allein wegen dieser kognitiven Fähigkeiten und der aus ihnen folgenden Entscheidungsprozesse werden Menschen im Kampfgeschehen gebraucht. Gerade diese Fähigkeiten aber sind am verwundbarsten für Furcht und Zweifel. Um seine Effektivität zu steigern, erzeugt das menschliche Gehirn vor dem Kampf eine Art Selbsthypnose. Wider besseres Wissen hüllt es sich in einen Umhang ruhiger Zuversicht.

Dieses seltsame Gefühl von Ruhe, das über Drake gekommen war, würde den ersten Kontakt mit dem Feind nicht überdauern. Mit dem Beginn der Aktion würde er Erregung, Sorge, Anspannung, Enttäuschung und Erleichterung verspüren – oft innerhalb von wenigen Sekunden. Angst hingegen würde erst nach dem Kampf auftreten. Erst dann würde die Zeit da sein, die Verluste zu registrieren und die Toten zu betrauern, vorausgesetzt, er befand sich nicht unter ihnen. Nach dem Gefecht würde sein Verstand jede Phase rekapitulieren und überlegen, ob es eine Entscheidung gab, die er besser hätte treffen können.

»Wo sind sie?«, fragte Bethany. Sie beobachtete die Lagedarstellung mit der gleichen gespannten Aufmerksamkeit wie alle anderen in der Flotteneinsatzleitung.

»Geduld. Wenn sie das Annäherungsmanöver nicht abgebrochen haben, als sie uns ausmachten, sollten wir sie in den nächsten zwei Minuten sehen.«

Drake beneidete den Kommandeur der Ryall nicht um seine taktische Position im bevorstehenden Gefecht. Um den Doppelstern als Wendemarke zu gebrauchen, würde er eine sehr präzise Flugbahn einhalten müssen. Er würde keinen Raum für Ausweichmanöver haben, da jede Abweichung vom vorgegebenen Kurs die Streitmacht mit ihrer sehr hohen Geschwindigkeit beim Verlassen des Doppelsterns weit von ihrem Ziel abbringen würde.

Nach Beobachtungen, die gemacht wurden, bevor die Ryallschiffe hinter dem Doppelsternsystem verschwanden, schien es, dass ihr Ziel der Faltpunkt Spica/Darthan sein würde. Von dieser Vermutung ausgehend, ließ sich auf die genaue Zeit schließen, wann der nächste Durchbruchsversuch der Ryall zu erwarten war. Schon jetzt waren Schiffe zur Verstärkung der Blockadeflotte im Faltpunkt Spica/Darthan unterwegs, und einige von ihnen würden vielleicht noch rechtzeitig eintreffen, um ihre Kampfkraft in die Waagschale zu werfen.

Drake war bewusst, dass die ganze Sache möglicherweise eine List war. Die durchgebrochene Streitmacht konnte Kurs auf den Faltpunkt Spica/Darthan nehmen, um die Aufmerksamkeit von einem der anderen Faltpunkte abzulenken, wo der wirkliche Durchbruch stattfinden würde. In diesem Fall würde seine Entscheidung, Verstärkungen zum Faltpunkt Darthan zu schicken, dem Feind in die Hände arbeiten.

Plötzlich ertönten die Alarmsirenen, und in der holographischen Lagedarstellung erschienen neue rote Echozeichen. Ein Teleskop holte die Scheibe von Spica B heran, und dort war die Streitmacht der Ryall wie eine lineare Anordnung von winzigen Sonnenflecken.

»Achtung, an alle«, verkündete die Stimme von Commander Jerome Considine, des Dienst tuenden taktischen Offiziers, über die Befehlsfrequenz. »Feind in Sicht. Fertig machen zum Angriff!«

Essau von der Grasigen Ebene unter den Blauen Bergen lag angeschnallt auf seinem Platz, der sich zwar äußerlich von einem menschlichen Modell unterschied, jedoch die gleiche Funktion erfüllte. Das dumpfe Grollen der mit voller Kraft laufenden Triebwerke war in seinen Ohren, als er den Kopf auf seinem langen, geschmeidigen Hals von einer Seite zur anderen bewegte und die weit auseinander liegenden Instrumentenablesungen überblickte, während sein aktives Gehirn nach Anzeichen der zweibeinigen Ungeheuer suchte, die irgendwo in der Nachbarschaft der solaren Gasausbrüche sein mussten.

Der nahe Vorbeiflug am Doppelstern hatte erforderlich gemacht, dass viele der empfindlichen Instrumente geschützt werden mussten, und das verschaffte ihm ein Gefühl, als wäre er ein halb blinder Ballonfisch, der in schlammigem Wasser schwamm. Irgendwo da draußen waren die Schiffe der Zweibeiner, und das Schicksal seiner Art konnte davon abhängen, dass er sie rechtzeitig aus maximaler Entfernung entdeckte.

Der Umstand, dass sie wahrscheinlich außerhalb seiner eigenen engen Umlaufbahn waren, erleichterte seine Aufgabe nicht. Seine Streitmacht würde vor der bläulich weißen Strahlung, welche die gepanzerten Hüllen seiner Schiffe zu schmelzen drohten, klar als Silhouetten hervortreten, während die Schiffe der zweibeinigen Ungeheuer schwarz vor schwarzem Himmel sein würden – zumindest auf den sichtbaren Wellenlängen. So nahe am Doppelstern würden sie natürlich auch in den infraroten Wellenlängen leuchten, und die suchten seine Sensortechniker ab.

»Flotte der Ungeheuer in Sicht. Ich zähle zwei mal zwölf, genau wie sie waren, als wir sie hinter den Sternen verloren«, meldete sein Cheftechniker.

»Wo, Vistar?«, fragte er.

Die Koordinaten, die er erhielt, bezeichneten die vor ihnen liegende Hemisphäre, halbwegs zum Zenit. Die Fernaufklärungsgeräte waren bereits auf diese Region eingestellt. Sie zeigten noch nichts.

»Wann werden wir in Reichweite sein?«

»Sechsmal zwölf Herzschläge, Essau.«

»Signalisiere den anderen Schiffen. Sie sollen aus maximaler Reichweite das Feuer eröffnen. Der Raum soll von unseren Geschossen wimmeln! Und denk daran, unsere Aufgabe ist es, mit möglichst geringen Verlusten an ihnen vorbeizukommen und uns nicht auf einen unnützen Kampf einzulassen.«

Während Vistar über die Kommunikationswellen Befehle ausgab, sorgte Essau dafür, dass jeder an Bord des Schneller Esser auf Gefechtsstation war und seine Pflicht kannte. Es war eine gute Besatzung. Ihre Geschicklichkeit – und das Glück des Schicksals – hatten sie bis hierher gebracht und würde ihnen im bevorstehenden Kampf helfen.

Essau dachte zurück an den letzten schrecklichen Kampf. Zwei Zwölfer der besten Schiffe Der Rasse waren in das Portal von Darthan vorgestoßen. Mehr als die Hälfte von ihnen war vernichtet worden, bevor sie hatten entkommen können. Essaus Eigefährten waren in großer Zahl mit ihren Schiffen gestorben, hatten sich bereitwillig geopfert, damit einige von ihnen die Falle der Ungeheuer durchbrechen könnten.

Schneller Esser war unter den glücklichen Überlebenden gewesen, die in die relative Sicherheit des offenen Raumes durchgebrochen waren, und da Essau der älteste Schiffmeister unter ihnen war, hatte er den Befehl übernommen. Später, als sie sich den Zwillingssternen genähert hatten, die das Zentralgestirn dieses Systems waren, hatten zwei weitere Flotten von Überlebenden ihre Geschwindigkeiten der seinigen angepasst und ihm etwas mehr als drei mal zwölf Kampfschiffe gegeben.

Die vereinigte Flotte war der Streitmacht, welche die Zweibeiner ausgesandt hatten, zahlenmäßig überlegen, aber dies würde ein Gefecht sein, wo Zahlen nicht viel ausmachten. Es würde Essau und Der Rasse nicht gut tun, sich mit ihren Feinden herumzuschlagen und ihnen für jeden eigenen Verlust ein Schiff zu zerstören. In diesem System hatten die Ungeheuer mehr Schiffe als Die Rasse, und wenn er das ändern wollte, musste er eine Verabredung am Sternportal einhalten. Nein, er hätte es vorgezogen, einen Kampf zu vermeiden, aber es sollte nicht sein. Da waren sie, hell leuchtend in den Infrarotsensoren, und kamen seinen Schiffen mit der verdoppelten Geschwindigkeit gegenläufiger Umlaufbahnen entgegen.

»Feind in Reichweite. Wir eröffnen das Feuer«, kam die Meldung von seinem taktischen Techniker. Schneller Esser erzitterte, als tödliche, feuergeschwänzte Kugeln ihre Magazine verließen, um den Feind zu suchen. Plötzliche Dampfexplosionen verrieten, dass Strahlenwaffen hinausschossen, um feindliche Flugkörper abzufangen.

»Feindschiff zerstört«, kam ein Dutzend Herzschläge später die Meldung. »Ein Sucher der zweiten Ordnung, wie es scheint.«

Dieses Gefecht war anders als jenes im Sternportal. Dort hatte sein Schiff ausweichen und seine Beschleunigung ständig variieren können, um feindliche Rechner zu verwirren. Dieses Mal gab es keine andere Beschleunigung als den gleichmäßigen Schub, der sie um den Stern auf Kurs hielt. Auch darin waren die Ungeheuer im Vorteil. Essau konnte nicht den Kurs ändern, wenn er seine Mission erfüllten wollte. Seine Feinde waren frei von solchen Zwängen.

»Ethedrel explodiert. Auch Viran

»Weiterfeuern«, befahl Essau.

»Ein weiterer Feind zerstört!«

Während der nächsten zwölf Herzschläge liefen ständig Meldungen von sterbenden Schiffen ein. Die beiden Flotten waren einander auf die geringste Distanz näher gekommen, und Geschosse füllten den Raum zwischen ihnen. Wie im Sternportal gelang es den Ungeheuern, mehr von seinen Schiffen zu vernichten als er von ihren, aber die Verlustrate war nicht annähernd so hoch wie im Sternportal.

»Viele Pfeilgeschosse im Anflug«, meldete Vistar. »Wir zerstören sie mit Lichtstrahlen. Es scheint, dass wir sie ...«

Essau, Kommandeur der Durchbruchsstreitmacht der Ryall, hatte nicht mehr die Gelegenheit zu hören, was Vistar ihm zu sagen hatte. Er und sein Schiff wurden zu einer expandierenden Plasmawolke, bevor Vistar seine Meldung beenden konnte.

»Wir haben wieder einen!«, rief jemand auf der Befehlsfrequenz.

Drake hörte Pelham Carters Befehl, Disziplin zu wahren, achtete aber nicht weiter darauf. Carter war für den Kampfeinsatz der Conqueror II zuständig. Drakes Aufgabe war das gesamte Kampfgeschehen. Bisher hatten sie gewonnen, aber um einen hohen Preis.

Alle Hoffnung, dass die Ryall sie nicht ausmachen würden, war zerstoben, als der feindliche Verband aus maximaler Reichweite Geschosse ausgespien hatte, als ob ihre Magazine unerschöpflich wären.

Drakes Flotte hatte mit gleicher Münze eingezahlt und dann noch ein Übriges getan. Wieder hatten Laserkanonen und Partikelstrahlen ihren Weg durch die wasserstoffreiche Suppe gefunden, welche die Doppelsterne einhüllte. Die unsichtbaren Strahlen wurden von der Plasmaatmosphäre reflektiert und durchstießen den Raum mit einem tödlichen Geflecht. Raketenabschüsse tauchten den Rumpf der Conqueror II in feuriges Licht. Panzerplatten glühten momentan auf, als ferne Laser ihr Ziel fanden und Fontänen funkelnder Glutspritzer hinausschleuderten. Dann ließ das Feuer der Strahlenwaffen nach, als die eigenen Raketengeschosse auf den Feind zu jagten, und die Ryall ihre Strahlen vom Angriff auf die Verteidigung verlagerten. Das Gefecht wurde zu einem verbissenen Kampf zwischen gefühllosen Automaten. Rechner kämpfte gegen Rechner, um zu sehen, welche Technologie einen Vorsprung in Geschwindigkeit und Programmierung hatte. Raketen jagten in rascher Folge in den Raum, und Drake begann sich zu sorgen, dass Captain Carter das Schlachtschiff leer schießen würde.

Die Ryall hatten den ersten Erfolg erzielt, indem sie ASNS Victrix in eine Glutwolke verwandelt hatten. Dann war ein Ryall-Schiff ausgelöscht worden, gefolgt von einem weiteren Schiff der eigenen Flotte. Drake hatte keine Zeit, nachzusehen, wen es erwischt hatte. Darauf waren drei weitere Ryall-Schiffe explodiert, gefolgt von zwei Minuten gleichmäßigen gegenseitigen Abschlachtens. Ein Dutzend Schiffe der eigenen Flotte war beschädigt oder zerstört, während sechzehn oder achtzehn Schiffe der Ryall das gleiche Schicksal erlitten. Dann ließ Drake das Feuer auf ein bestimmtes Schiff konzentrieren, das die Rechner als mögliches Flaggschiff der Ryall identifiziert hatten.

Ob Flaggschiff oder nicht, es wurde gut verteidigt. Eine Rakete nach der anderen verschwand in einer Dampfwolke, als Abwehrlaser sie wie lästige Insekten erledigten. Dann, als es den Anschein hatte, dass seine Abwehr unüberwindlich sei, flog das feindliche Flaggschiff lautlos auseinander. Im einen Augenblick versprühte es noch Geschosse und Laserstrahlen in ihre Richtung, im nächsten war es eine expandierende Wolke glühender Gase, deren Schicksal die Vermischung mit dem Plasma der nahen bläulich weißen Doppelsterne war. Die überlebenden Schiffe von Drakes Flottenreserve feuerten, was hinausging, und füllten den Raum mit noch mehr tödlichen Geschossen als am Anfang des Gefechts. Bei dieser Feuergeschwindigkeit würden sie sich in weiteren zwei Minuten verschossen haben; allerdings würden sie auch außer Reichweite sein.

Ein kleiner Stahlsplitter, vielleicht Teil einer im Abwehrfeuer zerplatzten Rakete, traf die Conqueror II und durchschlug das gepanzerte Tor des Hangars. Eben noch war das Schiff unversehrt und einsatzbereit gewesen, nun schoss eine Plasmawolke durch den Hangar und tauchte das Innere in das grelle, kalte Licht einer Blitzentladung, bevor der Splitter sechs Decks durchschlug und eine trichterförmige Zone der Zerstörung zurückließ.

Alles geschah zu schnell, als dass sich ein Angstgefühl hätte einstellen können. Drake wusste nur, dass sich zwei Messer tief in seine Augen bohrten, als im Raum der Flotteneinsatzleitung der Blitz einschlug. Gleichzeitig flog die gläserne Trennscheibe heraus und schickte eine Wolke glitzernder Scherben durch die plötzlich entstandene Schwerelosigkeit. Der Schmerz in seinen geblendeten Augen hatte kaum eingesetzt, als sein Körper in die Haltegurte gepresst wurde und sein Schutzanzug, der bis dahin schlaff gewesen war, sich im Vakuum um seine Gliedmaßen aufblähte.

»Bethany!«, schrie er in sein Helmmikrofon.

Auf den Blitz folgten Dunkelheit und Stille. Diese Stille jagte Drake einen kalten Schauer über den Rücken. Seine schmerzenden Augen sahen nichts als flimmernde Nachreflexe der Blendung. In Panik krallte er nach den Gurten, die ihn auf dem Sitz fest hielten. Was immer dem Schiff zugestoßen sein mochte, war schlimm genug, aber das einzige Geräusch, das auf seinen Schrei antwortete, war sein eigenes angestrengtes Atmen. Unvermittelt sah er seine schlimmste Befürchtung eingetroffen.