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»Antimateriebombe!«
Die Ryall hatten die Schlacht von Sandar mit der gleichen Taktik eröffnet. Die Bombe arbeitete nicht mit den wenigen Milligramm Antimaterie, die in den Minen enthalten waren, mit denen die Spica-Kampfgruppe den Faltpunkt verseucht hatte. Innerhalb ihres Magnetfeldes war eine Tonne oder mehr von der flüchtigen Substanz gespeichert.
Die Antimateriebombe, welche die Schlacht von Sandar eröffnet hatte, war von verheerender Wirkung gewesen. Sie hatte mehrere Schiffe zerstört, die den Faltpunkt bewacht hatten, und alle Sensoren geblendet, die diese Detonation registriert hatten. Die Blendungstaktik hatte es den Ryall ermöglicht, die Abwehr um den Faltpunkt zu durchbrechen und weiter gegen Sandar vorzustoßen. Der Angriff hatte Sandar beinahe seine Existenz gekostet.
Wie damals, sollte auch jetzt die Bombe in der Mitte des Faltpunktes Spica/Darthan die Flotte blenden und den Durchbruch der Ryall erleichtern. In der Zwischenzeit aber hatten die Ingenieure auf Sandar und anderswo nicht geschlafen. Schon vor den Vorbereitungen auf die Invasion war eines der Projekte mit der höchsten Prioritätsstufe die Entwicklung von Sensoren gewesen, die der Strahlung einer großen Antimateriebombe widerstehen konnten. Statt dauerhaft unbrauchbar zu sein, waren die Sensoren der Blockadeflotte wieder einsatzbereit, als die Explosionswolke sich aufgelöst hatte.
Mit dem sekundären Zweck ihrer Aktion waren die Ryall erfolgreicher. In einem enormen Raumvolumen verdampfte die Druckwelle von energiereichen Gammastrahlen alles vom Staubpartikel bis zu den Antimaterieminen, die den Faltpunkt sicherten. Das Ergebnis war ein freier Raum, in den die eintreffenden Ryall-Schiffe in relativer Sicherheit eindringen konnten.
Als die Sensoren der Kampfgruppe nach der Explosion wieder einsatzbereit waren, entdeckten sie, dass der Faltpunkt von Ryall-Schiffen wimmelte.
»An alle! Feuer frei. Die Näheren zuerst. Die in der Mitte werden ein paar Minuten brauchen, um den Faltpunkt zu verlassen.«
Schlagartig war der schwarze Raum erfüllt von sandarischen Glühwürmchen. Fünf Jahre Vorbereitung hatten der Flotte eine Offensivkraft verliehen, die in keinem Verhältnis zur Größe oder Zahl ihrer Schiffe stand. Laserstrahlen schossen unsichtbar durch das Vakuum auf die Rümpfe gegnerischer Schiffe. Fontänen überhitzten Plasmas sprangen in den breit gestreuten Fächern auf, die für Explosionen im Vakuum charakteristisch sind. Die meisten dieser weiß glühenden Fontänen entstanden, wenn die Panzerung aufgeschmolzen und zum Kochen gebracht wurde. Mikroskopische Glaskristalle in der Panzerung zerlegten den Laserstrahl und verringerten vorübergehend die Durchdringungskraft. Sobald der Laserstrahl jedoch die Stahlhülle unter der Panzerung durchstieß, verzeichnete die Spektralanalyse das plötzliche Auftreten von Eisen im weiß glühenden Fächer, gefolgt von Sauerstoff und Wasserdampf.
Aber die Schiffe der Ryall waren keineswegs passive Ziele in einem kosmischen Schießstand. Laser feuerten in beide Richtungen, und andere Löcher wurden in die Panzer von menschlichen Schiffen gestanzt, und weißglühende Fontänen eruptierten auch hier aus dem Inneren. Und hier wie dort gab es andere Moleküle im überhitzten Plasma, Moleküle, die noch Augenblicke vorher atmendes, denkendes Leben gewesen waren.
Auf beiden Seiten sandten Antimaterieprojektoren ihre Partikelstrahlen mit Lichtgeschwindigkeit aus. Elektrisch neutrale Atome von Antimaterie-Wasserstoff rasten aus den glühenden Mündungen von Projektoren und bohrten Löcher in den Raum, bis sie auf den Rumpf eines Schiffes stießen. Wenn es dazu kam, konnte nicht einmal die Strahlungsabschirmung, die der Flotte das Durchqueren des Antaresnebels erlaubt hatte, Schutz bieten. Antiprotonen stießen auf normale Protonen, und Gammastrahlen zerstörten, was ihnen in den Weg kam. Jedes Lebewesen starb, das in diese tödliche Zone unsichtbarer Strahlung kam. Computern erging es nicht viel besser. Ganz gleich, wie gut sie abgeschirmt waren, die mörderische Strahlung zerstörte die empfindlichen Speicherkreise, wie sie es mit ihren organischen Gegenstücken taten.
Dann gab es die Waffen brachialer Gewalt – mit nuklearen Gefechtsköpfen ausgerüstete Raketen. Die glühenden Verbrennungsgase der kontinuierlich abgeschossenen Raketen tauchten die Schiffsrümpfe in feurigen Schein, bevor sie wie Leuchtspurgeschosse durch die Schwärze dem Feind entgegenjagten. Die meisten von ihnen wurden noch im Flug von Abwehrraketen getroffen und zerstört. Trotzdem kamen auf beiden Seiten einige durch und fanden ihre Ziele. Obschon zahlenmäßig unterlegen, gelang es den Schiffen der Kampfgruppe, sich gegen die Eindringlinge zu behaupten. In einem Faltpunkt hat der Verteidiger gewisse inhärente Vorteile. Einer von ihnen ist, dass man Zeit hat, sich auf den Kampf vorzubereiten und Positionen zu beziehen, die gegenseitige Unterstützung ermöglichen.
Wer einen verteidigten Faltraum zu durchbrechen versucht, ist immer im Nachteil. Gleichgültig, wie taktisch geschickt er seine Flotte vor dem Durchbruch verteilt, nach dem Transit finden sich die einzelnen Einheiten wahllos durch das Volumen des Faltraumes verstreut. Es kostet Schiffsführer und Flottenbefehlshaber kostbare Sekunden, die neuen Positionen zu bestimmen, und lange Minuten, um sich wieder zu formieren und die feindliche Todeszone innerhalb des Faltpunktes zu durchstoßen, Minuten, in denen ein großer Teil der Flotte vernichtet werden kann.
Der für die Eindringlinge ungünstige Gefechtsverlauf war noch aus einem anderen Grund einseitig, einem Grund, den Gower verspätet erkannte. Einige der Feindschiffe verhielten sich seltsam untätig. Zwar beschleunigten sie mit den anderen zu den Grenzen des Faltraumes, erwiderten aber nicht das Feuer der Verteidiger. Zuerst dachte der Admiral, sie hielten sich zurück, bis sie die Distanz zu seiner Flotte verringert hätten, aber selbst jene, die in bequemer Reichweite sämtlicher Waffensysteme waren, schienen sonderbar friedfertig. Die Erleuchtung traf Gower wie ein Blitzschlag.
»An alle. Achtung! Wir haben es hier mit Lockvögeln zu tun. Ich wiederhole, einige der Schiffe sind Lockvögel, die unser Feuer auf sich ziehen sollen. Es wird auf alles gefeuert, was auf uns schießt. Auf die anderen nur, wenn nichts von höherer Priorität in Reichweite ist.«
Zweihundert Schiffe sind nicht gerade leicht in weniger als einer Woche zusammenzukratzen. Doch wenn die Kontrolle über einen Faltpunkt verloren gegangen ist, muss die Rückgewinnung Vorrang genießen. Denn ein Feind im Besitz einer dieser Schlüsselstellen im All kann nur stärker werden. Wer auf der höheren Kommandoebene der Ryall auch immer seine Flotte aufgeboten hatte, um Gowers Kampfgruppe anzugreifen und den Faltpunkt zurückzugewinnen, hatte angesichts der schwierigen Lage zu einer List gegriffen. Er hatte alle Kriegsschiffe in Reichweite zusammengerafft und ihre Zahl durch unbewaffnete Hilfsschiffe ergänzt, um Gowers Kampfgruppe zu einer weiten Streuung ihres Abwehrfeuers zu zwingen. Während die Kampfgruppe sich mit den unbewaffneten Schiffen beschäftigte, konnten die Kriegsschiffe der Ryall sich auf die Vernichtung von Blockadeschiffen und den Ausbruch in den offenen Raum konzentrieren, wo sie manövrieren konnten.
Trotz ihrer günstigen Ausgangsposition als Verteidiger verlief die Schlacht für Gowers Kampfgruppe nicht ohne empfindliche Verluste. Wenige Sekunden nach der Detonation der Antimateriebombe explodierte einer der Verteidiger an der gegenüberliegenden Seite des Faltpunktes. Kurz darauf ein zweiter, ein dritter und dann zwei weitere. Die Kampfgruppe vernichtete weit mehr Ryall-Schiffe, als sie selbst verlor, aber sie zahlte einen Preis für ihren Sieg. Dieser Preis war hoch genug, dass in ihrer Abwehrfront eine Lücke klaffte.
»Wir haben Ausbrüche, Admiral!«, meldete der Offizier an der holographischen Lagedarstellung.
»Ja, ich sehe es. Sagen Sie der Flotte, sie soll sich auf die Schiffe konzentrieren, die noch im Faltpunkt sind. Die anderen werden wir später zur Strecke bringen.«
So plötzlich, wie die Schlacht begonnen hatte, war sie zu Ende. Im Faltpunkt gab es keine Ryall-Schiffe mehr, zumindest keine, die noch kampf- und manövrierfähig waren. In der allgemeinen Verwirrung waren ein paar Dutzend durchgebrochen, wo der schwere Kreuzer Neverwhen der terranischen Marine und der neue sandarische Kreuzer Bardak den Faltpunkt blockiert hatten. Jetzt waren diese beiden Schiffe expandierende Plasmawolken, und mit ihnen tausend tapfere Männer und Frauen. Nach Feststellungen der Sensoren waren einige der Ryall-Schiffe umgekehrt und hatten den Transit zurück in ihr eigenes System bewerkstelligt. Vermutlich waren es größtenteils unbewaffnete Hilfsschiffe gewesen, deren Kommandanten ihre Schiffe und Besatzungen riskiert hatten, um Verwirrung zu säen, und nun versuchten, sie zu retten.
Während das Adrenalin noch seine Adern durchpulste, überblickte Sergej Gower die holographische Lagedarstellung und entschied, dass er den Sieg für sich reklamieren konnte ... diesmal.
Gower war nicht der Einzige, der das Geschehen mit Interesse verfolgt hatte. Hoch über Spica beobachtete ein anderes Augenpaar den weißen Blitz einer Antimateriebombe im Sterntor nach Darthan und die folgenden Blitzentladungen des tödlichen Konflikts, der dort ausgebrochen war. Galatan an Bord des Fernsuchers verfolgte mit wachsender Erregung den erhofften Gegenangriff Der Rasse. Die wenigen Minuten titanischer Gewalt im Sterntor waren die einzigen hoffnungsvollen Augenblicke, die er seit vielen Zyklen erlebt hatte.
Galatan hatte nicht gut geschlafen und auch kaum etwas gegessen. Jede Faser seines Körpers hatte gegen die Entscheidung rebelliert, die Schlacht mit den Ungeheuern zu vermeiden. Es lag nicht in der Natur eines Ryall-Kriegers, vor der Schlacht zu fliehen. Tatsächlich war das die schlimmste Unanständigkeit, die er sich vorstellen konnte. War Matanar geflohen, als seine Sippe von Rudeln der Schnellen Esser angegriffen worden war? Hatte Borada das Feld geräumt, als die gefräßigen Ungeheuer in die Brutgebiete eingedrungen waren? Keiner dieser legendären Vorfahren war vor dem Kampf zurückgeschreckt. Sie hatten angegriffen ohne zu zögern und trotz schwerer Wunden die Erbfeinde Der Rasse zurückgeschlagen.
Was würden zukünftige Generationen von Jungen über Galatan lernen? Dass er angesichts einer überwältigenden Streitmacht der zweibeinigen Ungeheuer das Weite gesucht hatte und davongeschwommen war? Die Schande würde ewig sein. Sein Name würde als ein abschreckendes Beispiel gelten, solange Die Rasse lebte, während Matanar und Borada noch tausend Generationen nach ihrem heroischen Tod im Kampf als leuchtende Vorbilder verehrt wurden.
Abgestoßen von seiner Handlungsweise, hatte sogar sein Körper rebelliert. Der obere Magensack wollte die Nahrung nicht bei sich behalten, und seine aufgestörten Hormone ließen ihn nicht schlafen. Die Folge davon war, dass sein Schuppenkleid eine tödliche Blässe angenommen hatte, und seine Augen, einst von einem gesunden Obsidianschwarz, waren grau geworden. Sogar seine Gelenke schmerzten, als ob er ein Alter wäre, der nichts tun konnte als im heißen Sand zu liegen und von den Eroberungen seiner Jugend zu träumen. Die Erinnerung daran, was er getan hatte, versengte schier sein Gehirn. Beim Anblick so zahlreicher Feinde im zentralen System seiner Art hatte er sich auf den Feind stürzen wollen, um so viele seiner Schiffe zu vernichten, wie er konnte, bevor sein Fernsucher mit ihm und der Besatzung aus dem Himmel gefegt wurde.
So hatte es Malan vom Weitreicher gemacht. Es war glorreich und ehrenvoll gewesen. Unbekümmert um seine oder seines Schiffes Sicherheit hatte Malan den Weitreicher durch eine weite Schleife gezogen und Kurs auf die Gruppe von Kampfschiffen der Ungeheuer genommen, die dem Sterntor nach Darthan zustrebten.
Doch so mutig und glorreich das Manöver gewesen war, es hatte nichts genützt. Bevor Weitreicher auf sichere Schussweite herangekommen war, hatte er sich lautlos in einer grellen Blitzentladung aufgelöst, als gelte es die Sinnlosigkeit von allem zu unterstreichen.
Trotz seines fehlenden Appetits, seiner ungesunden Farbe und seiner Schlaflosigkeit sagte Galatans Gehirn ihm immer wieder, dass er richtig gehandelt habe. Als Fernsucher hoch über Spicas Ekliptik stieg, waren Galatans Sensoren nicht untätig geblieben. Seine Krieger zeichneten von den Streitkräften der Ungeheuer auf, was sie konnten, und stellten bekümmert fest, dass die Eindringlinge offenbar sieben der acht Sterntore des Systems beherrschten – und das achte war das Tor, durch welches die Ungeheuer eingetroffen waren. Vermutlich benötigte das Tor nach Carratyl keine Bewachung, da die Ungeheuer das System jenseits davon besetzt hatten. Diese Annahme fand ihre Bestätigung, als mehr und mehr feindliche Schiffe von dort eindrangen, um die schon eingedrungenen Streitkräfte zu verstärken.
Nachdem er diese Schiffe der Ungeheuer gezählt und nach Typen eingeteilt hatte, war Galatan bestrebt, diese Information den Herrschenden zukommen zu lassen. Er wusste nicht, wie er dies bewerkstelligen würde, und auch das belastete sein Gemüt. Immerhin besaß er Informationen, die lebenswichtig für die Verteidigung Der Rasse waren, und er konnte sie nicht jenen zukommen lassen, denen er diente! Doch waren diese Informationen wirklich so wichtig, wie er dachte? Vielleicht rechtfertigte er bloß seine Entscheidung, zu fliehen. Waren seine gegenwärtigen Gedankengänge das Ergebnis von Weisheit, oder sprach nur seine eigene Feigheit aus ihnen?
Seine Gefühle hatten einen Tiefpunkt erreicht, als im Sterntor nach Darthan Kämpfe ausbrachen.
Die Zentrale widerhallte vom aufgeregten Geschrei der Krieger und Jäger, als einige der angreifenden Kriegsschiffe die Blockade der Ungeheuer durchbrachen. Es war schwierig zu beurteilen, weil das Kampfgeschehen rasch unübersichtlich wurde, doch schien es, dass zwölf oder mehr Schiffe Der Rasse durchgekommen waren.
Erleichtert signalisierte Galatan dem diensthabenden Krieger in der Zentrale.
»Ja, Schiffmeister?«
»Hast du das Gefecht beobachtet?«
»Ja, Schiffmeister.«
»Berechne einen Kurs, der uns erlaubt, mit einem Minimum an Treibstoffverbrauch Anschluss an unsere Flotte zu finden. Wir werden Jenen Die Befehlen unsere Informationen senden und uns dann unseren kämpfenden Brüdern anschließen.«
»Ja, Schiffmeister. Es wird getan!«
»Ein Offizier für Sie, Admiral!«
Drake blickte von seinem Bildschirm auf. Neben der Tür zu seiner Kajüte befand sich eine kleine Mattscheibe. Sie zeigte schräg von hinten den Kopf des Marinesoldaten, der seine Tür bewachte und unwillkommene Besucher fern hielt. Etwas in der Haltung des Soldaten verriet, dass er auch diesen Besucher abgewiesen haben würde, wenn er keinen triftigen Grund für seinen Besuch angeben konnte.
»Welcher Offizier, Yablonski?«
»Commander Walkirk von der sandarischen Marine, Sir.«
»Schicken Sie ihn herein!«
Die Tür glitt fast unhörbar zurück und gab den Blick auf Gefreiter Lubo Yablonski frei, der in einem Schutzanzug steckte. Helm und Handfeuerwaffe schwebten an kurzen Halteleinen griffbereit vor ihm. Hinter seiner Gestalt schwebte Phillip Walkirk. Sein Aussehen war weit weniger adrett als bei ihrem letzten Zusammentreffen. Die Uniform des Prinzen war fleckig und zerknautscht, er war unrasiert und seine Augen wirkten eingesunken und hatten dunkle Tränensäcke.
Trotz seiner wenig ansprechenden Erscheinung vollführte der sandarische Thronfolger einen unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit makellosen Eintritt in das Arbeitszimmer eines Vorgesetzten. Er zog sich an den Handgriffen unter der Decke entlang, dann drehte er seinen Körper mit Hilfe der Arme in eine aufrechte Position und brachte sogar eine militärische Ehrenbezeigung zustande, indem er sich zwischen Decke und Boden stemmte.
Drake, der angeschnallt an seinem Schreibtisch saß, erwiderte die Ehrenbezeigung, obwohl das in der altanischen Marine nicht üblich war.
»Setzen Sie sich, Hoheit. Sie sehen aus, als hätten Sie lange keinen Schlaf gefunden.«
»Danke, Sir. So ist es.«
»Ich höre, Sie haben jetzt Ihr eigenes Schiff. Meinen Glückwunsch!«
»Danke, Admiral. Es ist ein feines Schiff bis auf den Umstand, dass vom Schott fünfzehn vorwärts beinahe alles zerstört ist.«
»Und Ihre Besatzung?«
»Die meisten stehen nach dem Verlust von Freunden und Kameraden noch unter Schock. Die gute Nachricht ist, dass sie nicht vor sich hin brüten. Dafür haben sie keine Zeit. Alle arbeiten achtzehn Stunden am Tag, um die notwendigsten Funktionen wiederherzustellen. Nun, da wir die Dienste eines Reparaturschiffes haben, um die Flugtauglichkeit so weit wiederherstellen zu können, hoffen wir, dass wir zu einer richtigen Orbitalwerft humpeln können.«
»Dann wollen Sie die Queen Julia nach Corlis bringen?«
»Es ist das Einzige, was ich tun kann, Admiral.«
Eine von Admiral Beltons höchsten Prioritäten war die Überführung mehrerer großer Orbitaldocks nach Corlis, um dort Gefechtsschäden reparieren und die Schiffe wieder einsatzbereit machen zu können. In seiner Antwort auf Drakes letzte Lagemeldung hatte der Admiral berichtet, dass das erste Dock in Kürze bereit sei, Kunden aufzunehmen.
»Es ist nicht das Einzige, was Sie tun können. Sicherlich wird Sergej Gower einen anderen Kapitän beauftragen, wenn Sie ihn deshalb ersuchen.«
»Nicht im Leben, Admiral. Ich habe mein eigenes Schiff, und das möchte ich behalten.«
»Sicherlich kann der Thronfolger erwarten, dass er relativ früh in seiner Laufbahn ein Kommando erhält.«
»Natürlich. Und Sie wissen, was für ein Schiff es sein wird. Nichts zu Kleines oder zu Großes, eine Korvette oder ein Zerstörer, vielleicht. Die Besatzung wird von der Admiralität handverlesen, was bedeutet, von meinem Vater. Sie wird aus lauter ausnehmend kompetenten Burschen bestehen, und jeder einzelne von ihnen wird direkt den Ministern meines Vaters Bericht erstatten. Sollte ich in der Zentrale einen fahren lassen, wird der Ministerrat wissen, wie es riecht, bevor die Luftreinigungsanlage ihre Arbeit tun kann.
Nein, ich habe ein Schiff – ein richtiges Schiff mit einer richtigen Besatzung, die mich braucht. Zwar mag es beschädigt sein, aber ich würde es nicht mit dem größten Schlachtschiff der Flotte tauschen. Und die Besatzung beginnt bereits zu vergessen, dass ich Kronprinz bin. Wenn man neben den Leuten bis zum Umfallen arbeitet, ergibt sich das von selbst, wissen Sie.«
Drake nickte. Er erinnerte sich einiger Erlebnisse, die ähnlich gewesen waren.
»Sie jagten mir und Admiral Gower Angst ein, als die Meldung eintraf, dass Queen Julia beschädigt wurde. Wie nahe waren Sie dem Schiff, als die Rakete explodierte?«
»Nicht nahe genug, um dem Bordarzt Anlass zu geben, sich um die künftige Qualität des königlichen Spermas zu sorgen, Sir. Aber näher, als ich wieder einer Atomexplosion sein möchte. Es ist fast eine Woche her, und ich sehe noch immer die glühenden Lichteffekte auf der Netzhaut, wenn ich die Augen schließe.«
»Dann sollten Sie Ihr Sehvermögen untersuchen lassen.«
»Das ist schon geschehen, Admiral. Alles in Ordnung. Das Nachwirken scheint sich ganz in meinem Kopf abzuspielen. Ich fürchte, es wird nie wieder verschwinden.«
»Schon möglich.« Drake ließ das Lächeln von den Lippen gleiten und zeigte an, dass der geschäftliche Teil des Gesprächs beginnen sollte. Im Grunde hätte er gern einen ganzen Abend im Gespräch mit dem Prinzen verbracht, zwanglos in einer Nische der Offiziersmesse. Aber alles an Bord eines Schiffes im Vakuum ist rationiert, sogar die Zeit des Flottenadmirals.
»Was kann ich für Sie tun, Hoheit?«
»Auf der Herreise hatten wir kaum Kontakt, Admiral. Unter den Dingen, die meinem Schiff am meisten fehlen, steht der größte Teil der Kommunikationsanlage an erster Stelle. Ich überlegte, ob Sie mir vielleicht sagen könnten, wie es während des zweiten Angriffs am Faltpunkt gegangen ist.«
Drake lehnte sich zurück und legte die Fingerspitzen aneinander. Es war eine unbewusste Geste, die er kaum wahrnahm.
»In taktischer Hinsicht war es ein voller Sieg. Ihre Kampfgruppe nahm es mit einem Feind auf, der beinahe dreimal so stark war wie sie – nun, zweimal, wenn man die Lockvögel abzieht, die mit den eigentlichen Kriegsschiffen vermischt waren –, und schlugen ihn entscheidend. Ungefähr ein Dutzend kam durch den Faltpunkt und wird jetzt verfolgt. Sie werden es nicht lange machen, es sei denn, sie nehmen Kurs auf die äußeren Bereiche des Systems und folgen denen, die in der Endphase der Schlacht geflohen sind. Aber unser Sieg bedeutet«, fuhr Drake ohne Pause fort, »dass im Laufe der nächsten Wochen 1.200 Familien Briefe bekommen und 1.200 gute Männer und Frauen die Heimat nicht wieder sehen werden.«
»Ja, Sir«, sagte der Prinz ernst. »Haben Sie eine Kopie der Verlustliste?«
Drake griff in seinen Schreibtisch. »Hier. Ich nehme an, Sie kannten einige von ihnen.«
»Ja, Sir. Das vermute ich.«