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Kurz vor Dunkelwerden kehrte die Gruppe zu ihrer Insel zurück. Am Ende ihrer Besichtigung waren Richard, Bethany und Phillip in nachdenkliches Schweigen versunken. Sie hatten viel von der Ryall-Hauptstadt gesehen, und der Gesamteindruck war einer des Wiedererkennens gewesen. Die Anordnung der Gebäude, die Kanäle mit reinem Wasser, welche die Straßen der Stadt waren, die Märkte unter freiem Himmel und der Baumgarten – dies alles hätte leicht auf beinahe jede von Menschen besiedelte Welt versetzt werden können. Sogar das Museum hatte einen vertrauten Anblick geboten. Von allen Möglichkeiten, die es zur Darstellung der Vergangenheit einer Art gibt, waren anscheinend Menschen und Ryall über die gleiche Schablone gestolpert.

Die Form folgte der Funktion, das galt für die Hervorbringungen der Ryall wie für die der Menschen. Bei Richard Drake hatte diese Beobachtung eine Saite zum Klingen gebracht, die mehr Intuition als Gedanke war. Den ganzen Nachmittag war in ihm eine Stimmung gewachsen, die während ihrer Besichtigung des Wasserregulierungsbauwerks ihren Anfang genommen hatte. Eigentlich sollte eine außerirdische Art für ihre alltäglichen Probleme mit fremdartigen Lösungen aufwarten. Doch der Stadtarchitekt hatte keine Kraftfelder verwendet, um die Gezeiten in Schach zu halten, noch eine Wand aus lebenden Pflanzen oder gar eine Eimerkette aus exotischen Tragtieren. Er hatte einen gewöhnlichen, alltäglichen Damm errichtet, um die Flut zurückzuhalten. Gewiss hatte das Bauwerk einige fremdartige Merkmale gezeigt, aber die Form war vorgegeben durch den Zweck, genauso wie es bei einem von Menschen errichteten Damm der Fall war. Es war die beste Form, um die Gewalt des andrängenden Wassers zurückzuhalten. Die Schleusentore waren leicht gebogen, um dem Wasserdruck besser standzuhalten, und mit massiven Scharnieren in vertikalen Säulen verankert, so dass sie gedreht werden konnten, um den Wasserspiegel zu senken oder ansteigen zu lassen. Die Überfälle waren unter den breiten Wasserkaskaden kaum sichtbar gewesen, aber sie waren zweifellos vorhanden, genauso wie die Betoneinfassungen zur Verhütung von Erosion. Wie kam es, fragte er sich, dass zwei Arten, die Museen und Gänge so gleicher Art bauten, unversöhnliche Feinde waren?

Es wäre verständlich gewesen, wenn die Denkprozesse von Mensch und Ryall so andersartig wären, dass keiner von beiden die Denkart des Gegners verständlich finden konnte. Unversöhnliche Feindschaft machte Sinn, wenn zwei Arten aus so radikal verschiedenen Umweltbedingungen kamen, dass sie keine gemeinsamen Bezugspunkte hatten. Ryall und Menschen, die sich auf Welten entwickelt hatten, die beinahe Zwillinge voneinander sein konnten, hatten mehr Dinge gemeinsam, als sie sich jemals bewusst gemacht hatten. Darthans Luft war so süß wie die von Alta oder der Erde. Der Himmel war von einer etwas anderen Blautönung als der Himmel von Drakes Heimatwelt, aber er war noch immer blau und nicht grün oder grau oder schwarz. Die Schwerkraft, die an seinem Körper zog, war ein wenig schwächer als daheim, und das Zentralgestirn strahlte seine wärmenden Strahlen in einer etwas verschiedenen Frequenz und mit größerer Intensität aus, als er es von daheim gewohnt war. Dennoch war die Umstellung auf die geringere Schwere nicht lästig, noch waren die Sonnenstrahlen schädlich.

Darthan war Alta so ähnlich, dass er, Drake, wenn er wollte, seine Kleider ausziehen und nackt in die Lagune springen konnte, ohne befürchten zu müssen, dass er gefroren, geröstet, gekocht oder vakuumgetrocknet würde. Bis auf die Gefahr, die von Mikroorganismen drohte, gab es nichts, was ihn hinderte, zwischen amphibischen Passanten zu schwimmen oder sich entspannt treiben zu lassen, nur das Gesicht der Sonne zugewandt, von der angenehmen Wärme des Wassers umspült. Jede Welt, die Menschen ohne Schutzanzüge betreten konnten, war ein Wunder im Universum, und bisher hatten Menschen wie Ryall Dutzende solcher Welten gefunden.

Doch trotz ihres gemeinsamen Erbes von sonnigen Himmeln und blauen Ozeanen bemühten sich die Kinder der Erde und die Kinder von Darthan mächtig, einander umzubringen. Denn trotz evolutionärer Parallelen hatten sie sich auf getrennten Wegen entwickelt, wofür ein einziger Unterschied ihrer Umwelt verantwortlich war. Dieser Unterschied war der gefräßige Appetit einer halbintelligenten Art fremdartiger Haie, die ungefähr zu der Zeit ausgerottet worden waren, als der Mensch die Landwirtschaft entdeckte. Wenn das Problem darin bestand, dass die Ryall menschliche Wesen als Schnelle Esser sahen, dann musste die Lösung ... welche sein? Dieses Dilemma hatte Drake den ganzen Tag geplagt, und er konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass die Antwort zum Greifen nahe war, ganz knapp außerhalb der Reichweite seiner ausgestreckten mentalen Finger.

»Sieh mal, da ist Varlan«, unterbrach Bethany seine Überlegungen. »Sie ist von ihrem Ausflug zurück, und Nina Hensley ist bei ihr.«

Die kleine Flottille war wieder in der Lagune und näherte sich der Insel, von der sie am Morgen aufgebrochen waren. Er blickte auf und sah die Kopilotin des Raumtransporters winken. Es war aber nicht das Winken »Willkommen zurück« mit offener Handfläche, sondern vielmehr ein Winken »Kommt schnell her« mit dem gekrümmten Handrücken.

»Was mag sie wollen?«, fragte er.

»Keine Ahnung«, antwortete seine Frau, »aber wir werden es bald erfahren.«

Minuten später stieß der Bug durch schwimmendes Wasserpflanzendickicht und Sumpf auf festen Boden. Die drei menschlichen Fahrgäste ließen zuerst die beiden Ryall an Land gehen, bevor auch sie über den Bug auf den weichen Boden sprangen. Richard fing den Aufprall mit federnden Knien ab und richtete sich auf, dann schritt er auf Nina Hensley zu. Bethany tat es ihm gleich, steuerte aber Varlan an.

»Was gibt es, Nina?«, fragte Drake. »Hatten Sie Schwierigkeiten mit den Ryall?«

»Keine, Sir. Sobald Sie außer Sicht waren, nahmen die Wachen wieder ihre kreisförmige Aufstellung ein und bewegten sich nicht von der Stelle, bis sie kurz vor Ihrer Rückkehr wieder die Hufeisenformation einnahmen.«

»Warum sind Sie dann so aufgeregt?«

»Varlan, Sir. Sie erschien vor ungefähr einer Stunde mit drei anderen Ryall. Sie warten im Zelt. Anscheinend sind es hohe Tiere, Sir. Sie sagen, sie wollen mit Ihnen sprechen.«

»Wie groß?«

»Herrscher, wenn ich Varlan bei der Vorstellung richtig verstand. Lieutenant Bartle ist bei ihnen im Zelt, während Varlan und ich hierher zum Ufer kamen, um Sie zu empfangen.«

»Nun, wir können die einheimischen Herren der Schöpfung nicht warten lassen. Gehen Sie voraus.«

Damit bewegte sich die kleine Gruppe von vier Menschen und drei Ryall zum nächsten orangefarbenen Kuppelzelt. Als sie näher kamen, holte Drake seine Frau ein.

»Wer sind sie?«

»Varlan hat das Oberhaupt ihrer Sippe mitgebracht. Er will mit uns über unsere Forderungen sprechen, bevor die formale Verhandlung beginnt. Es gibt zwei weitere Mitglieder der herrschenden Gruppe. Einer von ihnen ist Sandok. Varlan sagt, er sei verschlossen, also mach kein großes Aufhebens um ihn.«

Drake lachte. »Du meinst, all diese Kniefallübungen sollten umsonst gewesen sein?«

Ihre Antwort war ein Rippenstoß. Er rieb sich die Stelle noch, als sie die Unterkunft erreichten.

Im Kuppelzelt stand Vincent Bartle abseits von drei Ryall, die sich die Wartezeit mit der müßigen Betrachtung des Zeltinneren vertrieben. Sie wandten sich der offenen Luftschleuse zu, als Richard und Bethany eintraten. Varlan, die als vierte hereinkam, schob sich nach vorn und begann mit dem Vorstellen. »Admiral Richard Drake, Oberbefehlshaber der Flotte in Spica, darf ich Valascar von der Sippe der Duftenden Wasser vorstellen, und, in menschlichen Begriffen, meinen Vetter?«

»Valascar von den Duftenden Wassern, es ist mir ein Vergnügen, Sie kennen zu lernen«, erwiderte Drake. Es folgte ein Austausch in der Ryallsprache, worauf Varlan dolmetschte: »Valascar ist erfreut, den Admiral der Drakes zu treffen. Darf ich auch Sandok vorstellen, ein Mitglied der Sippe dieser Stadt, und Pasadon vom Größeren Kontinent, der eine weitere Fraktion unter Denen Die Herrschen verkörpert.«

»Grüße, Sandok und Pasadon«, sagte Drake.

Es folgten die weiteren Vorstellungen, dann setzten sich alle, die Menschen auf ihre Campinghocker, während die Ryall in einem Halbkreis kauerten, mit Varlan und Periskay als Dolmetscher zu beiden Seiten. Fünf Menschen und sechs Ryall drängten sich in dem kleinen Raum.

»Willkommen in unserem Lager«, begann Drake.

»Wünschen Sie etwas zu essen? Wir haben Proviant, der für Angehörige Der Rasse geeignet ist.«

Valascar antwortete. »Wir kamen nicht zum Essen hierher. Bevor wir beginnen, solltet ihr wissen, dass diese unsere Tochter ...« – er zeigte zu Varlan – »... mich überzeugt hat, den Sippeneid zu ehren, den Tarsanau euch gewährt hat. Ihr seid unter dem Schutz seiner und meiner Sippe, während ihr hier seid.«

»Ich danke euch, denn ich weiß, welch eine große Ehre das ist, und welche Schwierigkeiten es bedeutet, einen Sippeneid zum Schutz der Feinde auszusprechen. Wir hoffen die Ehre zurückzuzahlen, indem wir demonstrieren, dass wir eure Nachbarn und nicht eure Feinde sind.«

»Die Verpflichtung war unsere«, erwiderte Valascar. »Ihr habt unsere Tochter während ihrer Gefangenschaft gut behandelt, und die Verweigerung der Bitte wäre gleichbedeutend mit ihrer Verbannung aus der Sippe gewesen. Aber mir gefällt nicht, dass ihr ihren Geist mit fremdartigem Unsinn gefüllt habt.«

»Ob es Unsinn ist, bleibt abzuwarten. Außerdem kam Varlan aus eigenem Willen zu ihren Ideen. Genauso wie wir sie studiert haben, um das Denken und die Gewohnheiten Der Rasse zu verstehen, hat sie uns studiert. Ich glaube, sie ist zu einem Verständnis dessen gekommen, was Menschen motiviert. Ich würde euch ersuchen, in dieser Angelegenheit auf ihren Rat zu hören.«

»Wir würden es vorziehen, die Worte von euch Menschen direkt zu hören.«

»Einverstanden. Sprechen wir von dem Grund, der uns nach Darthan geführt hat«, erwiderte Drake. Er holte tief Atem, eine menschliche Gewohnheit, deren Bedeutung die Ryall, wie er hoffte, nicht erkennen würden, dann fuhr er fort: »Wir sind gekommen, um eure Kapitulation zu verlangen.«

Es gab eine lange Pause, bevor Sandok antwortete: »Es ist unsere Beobachtung, dass Menschen kühn im Kampf sind. Eure Forderung bestätigt diese Beobachtung. Doch warum sollten wir die Zukunft unserer Art in fremde Hände legen?«

»Eure Zukunft liegt bereits in unseren Händen. So ist es, seit wir das System der Zwillingssonnen eroberten. Unsere Blockade wird zum baldigen Zusammenbruch eurer Wirtschaft führen, und damit werdet ihr die Fähigkeit zur Verteidigung der Sterntore verlieren. Eure Verteidigungen werden mit jedem Tag schwächer sein, und bald werdet ihr bis zu dem Punkt geschwächt sein, wo wir eure Verteidigungen durchbrechen und eine Flotte zur Zerstörung dieser Welt entsenden werden.«

»Unsere Verteidigungen bleiben stark. Das solltet ihr während unseres letzten Angriffs bemerkt haben.«

»Das ist richtig. Diese Krieger manövrierten ihre Schiffe mit großer Geschicklichkeit. Sie starben tapfer, und die Folge davon ist, dass sie euch nicht länger zur Verfügung stehen. Je mehr Schiffe und Krieger ihr gegen uns sendet, desto schneller beschleunigt ihr euren eigenen Zusammenbruch.«

»Und doch fürchtet ihr uns genug, um Frieden zu verlangen«, sagte Sandok.

»Wir achten euch, und um die Wahrheit zu sagen, ja wir fürchten euch auch. Eure Schiffe haben vielen unserer jungen Männer und Frauen den Tod gebracht. Die meisten unserer Familien haben Angehörige verloren. Furcht vor euren Kriegern ist jedoch nicht, was uns motiviert. Nein, wir sind gekommen, um eure Kapitulation zu fordern, weil es etwas gibt, was wir mehr fürchten als euch, unsere Feinde.«

»Was fürchtet ihr mehr als die Krieger Der Rasse

»Wir fürchten uns selbst.«

Nun gab es einen Ausbruch von Ryallsprache, und Varlan dolmetschte: »Wir verstehen nicht. Ihr scheint in Rätseln zu sprechen.«

»Es würde besser sein, wenn meine Frau es erklärt«, sagte er und wandte sich an Bethany. »Sag ihnen, warum du beschlossen hast, diese Mission mitzumachen, besonders den Teil über die zunehmende Ungeduld unserer Führer.«

Sie war einen Moment verwirrt, dann fasste sie sich, als sie verstand, was er meinte.

Drei Ryallköpfe drehten sich an den Enden langer Hälse und fixierten sie mit jeweils einem starren, schwarzen Auge. »Was mein Mann sagt, ist, dass wir hauptsächlich auf mein Drängen gekommen sind. Durch meine Studien mit Varlan bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass Die Rasse mehr ist als die Summe ihrer genetischen Verschlüsselung. Gleichzeitig aber begann ich mich zu fragen, ob wir Menschen das Gleiche auch von uns behaupten können. Lasst mich erklären ...«

Und Bethany berichtete von ihren langen Studien mit Varlan und ihren vielen Misserfolgen, ihrer Gefangenen (und Freundin) die menschliche Idee verständlich zu machen, dass intelligente Arten nicht Feinde sein müssen. Wie sie das Problem auch anging, Varlans Fremdenfeindlichkeit machte ihre Bemühungen zunichte. Dann erzählte Bethany, wie es zum Durchbruch gekommen war. Varlans Verweigerung der Fortpflanzung war der erste Fall gewesen, wo sie in Varlan eine Verhaltensweise identifizieren konnte, die im Widerspruch zu ihren natürlichen Instinkten stand.

Der dritte Ryall, Pasadon, sagte: »Ihre Instinkte waren richtig. Es wäre zu ihrem Nachteil gewesen, zu erlauben, dass ihre Jungen eure Gefangenen geworden wären.«

»Nein, Pasadon, da bin ich anderer Meinung. Ihr natürlicher Instinkt drängte sie zur Fortpflanzung. Ihre Intelligenz sagte ihr, es sei falsch, das zu tun. Sie folgte ihrer Intelligenz, nicht ihrem Instinkt.«

»Du siehst einen Bedeutungsunterschied, wo keiner besteht.«

»Wir würden sagen, dass ich über Semantik argumentierte. Ich glaube aber nicht, dass das der Fall ist. Es ist sehr wichtig, dass wir zwischen dem unterscheiden, was Varlan ›wollte‹ und dem, was sie ›entschied‹.«

»Das scheint uns eine offensichtliche Feststellung zu sein«, sagte Valascar.

»Mag sein«, fuhr Bethany fort. »Uns kam es nicht offensichtlich vor. Auch hätte ich es nicht für ausreichend gehalten, meinen Mann zu dieser Friedensmission zu überreden, wäre nicht zur gleichen Zeit etwas anderes geschehen. Um verständlich zu machen, was ich erklären will, muss ich zuerst eine menschliche Sitte erläutern, die ›Abendgesellschaft‹ genannt wird ...«

Bethany schilderte die Gewohnheit der herrschenden Kreise unter den Menschen, am Ende eines Tages zusammenzukommen, Alkohol zu trinken und geselligen Umgang zu pflegen. Es dauerte eine Weile, ihnen verständlich zu machen, dass ein großer Teil der wirklichen Regierungspolitik und ihrer Entscheidungen bei diesen zwanglosen Zusammenkünften besprochen und eingeleitet wurde. Schließlich, als die Ryall zu einem rudimentären Verständnis gelangt waren, berichtete sie von der Abendgesellschaft in Evelyn Mortridges Haus.

Anschließend gab sie annähernd wörtlich das Gespräch zwischen den Parlamentsmitgliedern wieder, die mit dem Krieg und den wachsenden Verlusten ungeduldig geworden waren, und wie das Gespräch mit müheloser Selbstverständlichkeit zur Ausrottung der Ryall als praktischer Konsequenz übergegangen war.

»Ihre gefühllose Gleichgültigkeit erschreckte mich«, schloss sie. »Und so nahm ich Varlan und unterwegs Periskay mit und machte mich auf die Suche nach meinem Mann, um ihn zu überzeugen, dass er hierher nach Darthan kommen und mit euch verhandeln müsse.«

»Ich fürchte, dass wir die Allegorie nicht verstehen, die du uns gerade vorgetragen hast«, erwiderte Valascar und drehte den Kopf, damit er Bethany mit dem anderen Auge betrachten konnte.

Sie öffnete den Mund zu einer Antwort, blieb aber still, als Richard ihr bedeutete, dass er antworten wolle. Er wandte sich dem Ryall zu und sagte: »Unser ursprünglicher Plan war die Blockade des Systems der Zwillingssterne, bis zum Zusammenbruch eurer Wirtschaft, um dann die Herrschaft über eure Welten zu gewinnen. Wir dachten, dass es uns gelingen würde, euch in unserem Sinne zur Kompromissfähigkeit zu erziehen, so dass ihr nicht länger eine Bedrohung für uns darstellen würdet. In der Vergangenheit haben wir die Erfahrung gemacht, dass aus Feinden Handelspartner und, besser noch, Freunde werden können. So planten wir in unserer Unwissenheit euch zu zähmen.«

»Wir sind nicht leicht zu zähmen.«

»Wir können überzeugend sein, besonders wenn unsere Kriegsflotte euren Raum beherrscht. Wie auch immer, Bethany fand den Fehler in unserem Plan. Wir übersahen die Tatsache, dass auch uns Menschen durch unsere genetische Prägung Grenzen gesetzt sind.

Eure Art ist aggressiv gegen alle Konkurrenten, während es uns an Geduld fehlt, einem Zug, den wir von unseren primitiven Vorfahren geerbt haben. Die Wahrheit ist, dass uns die Geduld fehlt, die Verluste in Kauf zu nehmen, die erforderlich sind, um den Zusammenbruch eurer Zivilisation zu erreichen. Lange bevor unsere Blockade eure Wirtschaft zerstören kann, werden wir unserer Verluste überdrüssig und uns für ein direkteres Vorgehen gegen euch entscheiden. Wenn diese Zeit kommt, was bald der Fall sein muss, werden wir nicht mehr daran denken, euch zu unseren Freunden zu machen, und auf eine Ausrottungsstrategie umschalten.«

»Dann seht ihr dies als einen Kampf bis zum Tode, geradeso wie wir«, bemerkte Valascar. »Die Menschen, so scheint es, sind Der Rasse ähnlicher, als ihr behauptet.«

Er nickte. »Wir sind beide kriegerische Arten, und wenn dieser Krieg noch länger dauert, könnte der Zeitpunkt kommen, wo wir uns nicht mehr anders zu helfen wissen ... genauso wie ihr euch nicht anders zu helfen wusstet als die Schnellen Esser zu töten, sobald sie in euren Meeren erschienen. Doch können wir unsere Instinkte bis zu einem gewissen Grad beherrschen, wie auch ihr es könnt. Es ist noch nicht zu spät. Wenn ihr euch jetzt ergebt, bevor unsere Geduld erschöpft ist, dann muss keine unserer Arten untergehen. Wer weiß, mit der Zeit könnten wir sogar Freunde werden. Ihr habt die Wahl. Gebt jetzt auf, und eure Welten werden leben. Kämpft weiter, und ihr werdet mit Sicherheit untergehen.«

Es war eine bestürzte Gruppe Ryall, die zwei Stunden nach Sonnenuntergang die Insel verließ. Danach saßen die fünf Menschen und Varlan um einen wärmenden, mit Flüssiggas betriebenen Heizstrahler, aßen ein kräftiges Abendessen und bewunderten den größeren Mond, der in dieser Nacht weniger voll schien als in der vorausgegangenen. Die kleineren Monde wanderten dicht über dem Horizont in ihren Bahnen, und da und dort waren stationäre Lichtpunkte auszumachen, die verschiedene orbitale Einrichtungen darstellten.

»War gut zu verstehen, worauf ich hinaus wollte?«, fragte Bethany ihre Freundin.

»Ich folgte deiner Logik. Und auch Jene Die Herrschen. Sie waren schockiert.«

»Schockiert? Wieso?«

»Indem ihnen vor Augen geführt wurde, wie wahrhaft fremdartig euer Verstand arbeitet.«

»Wieso?«

»Ihr sagtet uns, dass ihr kein Verlangen hättet, uns auszurotten, doch wegen einer Schwäche in euch selbst würdet ihr uns trotzdem ausrotten.«

»Das ist richtig.«

»Hättet ihr uns gesagt, dass eure Schiffe radioaktives Feuer herabregnen lassen werden, weil wir eine Bedrohung eurer Art darstellen, dann würden wir verstanden und sogar akzeptiert haben, dass ihr so denkt. Uns jedoch zu erklären, dass ihr uns zerstören werdet, weil ihr euch nicht beherrschen könnt, ist wirklich fremdartig.«

»Aber es ist unsere Denkweise. Es ist logisch.«

»Wirklich?«

»Natürlich ist es logisch. Das sagst du auch, Richard, nicht wahr?«

»An, was?«, fragte er.

»Hast du mir nicht zugehört?«

»Entschuldige, Schatz, ich habe gerade ins Feuer geschaut. Was war deine Frage?«

»Varlan meint, ich sei verrückt. Du nicht, oder?«

Er lächelte. »Entschuldige, ich werde mehr Information brauchen, um diese Frage zu beantworten ...« Zu dem plötzlichen Schmerz in seinen Rippen gesellte sich ein ebenso jäher Schmerz in der linken Schulter, wo ihre Faust landete.

»Au, du solltest deinen Mann nicht vor anderen Leuten schlagen.«

»Sag so etwas noch mal, und ich werde dich wieder schlagen«, versetzte sie lachend. »Woran dachtest du eben?«

»Ich dachte an den großen Publikumstag übermorgen. Überlegte, welche anderen Argumente wir anführen können, um sie davon zu überzeugen, dass Kapitulation der richtige Weg ist.«

»Und? Hast du eine Idee?«

»Nur eine«, sagte er.

»Und was für eine?«

»Als Erstes werden wir einen Holographieprojektor brauchen. Können wir den aus dem Raumtransporter ausbauen und mit einem tragbaren Generator verbinden?«

»Ich denke, gemeinsam wird uns das gelingen«, meinte sie.

»Wozu brauchst du die Projektion?«

»Vielleicht brauche ich sie nicht. Trotzdem könnte sie uns zustatten kommen, wenn wir im Datenspeicher des Computers ein geeignetes Bild finden können.«

»Was für ein Bild?«

»Von einem Hai. Einem großen. Verstehst du?«