6

Auf der Ausreise hatte die Discovery bloße vierundfünfzig Stunden nach dem Start das Rendezvousmanöver mit der Conqueror ausgeführt. Drake wünschte, die Heimreise könnte ebenso rasch vonstatten gehen. Unglücklicherweise wirkte sich der verschwenderische Energieverbrauch, der ihnen ermöglicht hatte, das verlassene Schlachtschiff einzuholen, nun gegen sie aus. Als Admiral Dardans Rückkehrbefehl eintraf, war die Discovery anderthalb Milliarden Kilometer von Valeria entfernt und entfernte sich noch immer mit einer Rate von 1.500 Kilometern pro Sekunde. Um in die Heimat zurückzukehren, würde der Kreuzer zuerst seine erhebliche auswärts gerichtete Geschwindigkeit auf Null bringen müssen. Diese Erfordernis sorgte gemeinsam mit der Treibstofflage nach der früheren herkulischen Anstrengung dafür, dass die Heimreise sich lange hinziehen würde. Wieder an Bord seines Schiffes, zeigte Drake den Befehl seinem Navigator. »Was für ein Verlangsamungsprogramm empfehlen Sie, Lieutenant?«

Cristobal runzelte die Stirn. »Wir werden 1.500 Kilometer pro Sekunde verausgaben, bis wir unsere nach außen gerichtete Geschwindigkeit aufgezehrt haben. Danach werden uns in den Tanks nur noch 2.200 kps bleiben. Ich empfehle eine Verlangsamung von zwei g, bis wir die Richtung ändern können. Danach beschleunigen wir zu einer Geschwindigkeit von 1.000 kps in Richtung Alta. Haben wir sie erreicht, schalten wir den Antrieb aus, bis es Zeit zum Abbremsmanöver ist. Damit bleibt uns eine Gesamtreserve von 200 kps.«

»Das sind nur zwei Prozent dessen, womit wir gestartet sind.«

»Ja, Sir. Sollte aber genug sein.«

»Wie lange werden wir nach diesem Programm für die Rückreise brauchen?«

Cristobal beschäftigte sich mit seiner Konsole. Nach ein paar Sekunden lieferte ihm der Computer das Ergebnis.

»Vierhundertfünfzig Stunden, Sir«, meldete er. »Soll ich das Programm eingeben?«

Drake dachte darüber nach. Es war schlechter, als er gehofft, aber besser, als er befürchtet hatte. Er nickte. »Tun Sie das, Mr. Cristobal.«

»Ja, Sir.«

Nachdem diese Frage geklärt war, lenkte Drake seine Aufmerksamkeit auf die Abwicklung der Operationen an Bord des Wracks. Widerwillig ordnete er die Beendigung der Arbeiten an und rief die Arbeitstrupps an Bord zurück. Gern hätte er den Männern einen Grund für seine Entscheidung genannt, aber unglücklicherweise hatte der Admiral auch ihm keinen angegeben.

Bald kehrten die Arbeitstrupps der Discovery mit ihrem Material, den Aufzeichnungen ihrer Erforschung des Wracks und verschiedenen kleinen Mechanismen zurück, die sie dort vorgefunden und ausgebaut hatten. Eine Gruppe Techniker unter der Leitung des Zweiten Ingenieurs wartete in der Luftschleuse der Hangarbucht, um das geborgene Gerät zu übernehmen. Während sie die einzelnen Stücke registrierten, fotografierten und verpackten, lösten sich die Arbeitstrupps auf, und ihre Mitglieder kehrten zu ihren Stationen zurück. Als alles getan war, befahl Drake dem Navigator, das Schiff zu wenden und den Antrieb auf die Flugrichtung auszurichten.

»Sind wir bereit, wieder mit dem Hintern voran ins Unbekannte zu gehen, Mr. Cristobal?«, fragte Drake, als er sich an seinem Platz auf der Brücke anschnallte.

»Ich wünschte, wir müssten es nicht, Captain«, lautete die Antwort.

»Ganz meiner Meinung, Lieutenant. Beantworten Sie bitte die Frage.«

»Bereit zum Start, Sir.«

»Sehr gut. Bringen Sie die Triebwerke auf minimale Leistung und geben Sie Acht, dass wir nicht die Conqueror mit unserem Plasmaausstoß streifen.«

»Zu Befehl, Sir.«

Ein tiefes Dröhnen vibrierte durch die stählernen Decks des Kreuzers. Drake sank zurück in seinen Sitz, sanft hineingedrückt von einer Kraft, die nur ein Zehntel jener ausmachte, der sie auf der Ausreise ausgesetzt gewesen waren. Dabei beobachtete er das Wrack, wie es in der großen holographischen Projektion schrumpfte und schließlich verschwand.

Nach mehreren Minuten minimaler Beschleunigung gab Drake Anweisung, mit dem Verlangsamungsprogramm zu beginnen. Mit dem Läuten des Beschleunigungsalarms wurde der Photonenantrieb der Discovery hochgefahren, und der Kreuzer begann ernstlich zu verlangsamen. Die Besatzung gewöhnte sich rasch wieder an die Routine des Fluges. Die Männer leisteten ihren Wachdienst ab, verrichteten Wartungsarbeiten, spielten Karten, lasen Bücher, aßen, beklagten sich über die eintönige Verpflegung, holten Schlaf nach und begannen wieder von vorn. Zusätzlich zu den üblichen Beschäftigungen arbeiteten besonders qualifizierte Besatzungsmitglieder an der Untersuchung geborgener Teile und Ausrüstungen der Conqueror. Drake hatte die Absicht, während der Rückreise einen ausführlichen Untersuchungsbericht anzufertigen, den er in Alta der Admiralität vorlegen konnte.

Einundzwanzig Stunden nach der Abreise vom Wrack genehmigte Drake eine kurze Feier anlässlich des bedeutsamen Augenblicks, an dem der Kreuzer auf seiner Reise in die Unendlichkeit zum Stillstand gekommen war. Während dieses kurzen Augenblicks hing die Discovery bewegungslos im Sternenhimmel über Valeria, bevor der lange Rückflug ins innere System begann.

Schließlich wuchs der helle Lichtpunkt, der so lange scheinbar unveränderlich geblieben war, zur Gestalt eines Halbmonds, dann zum vertrauten Blau und Weiß Altas. Und endlich erreichte der Kreuzer seine tausend Kilometer hohe Parkumlaufbahn, und sein Photonenantrieb wurde ausgeschaltet. Die letzten Vibrationen waren kaum vergangen, als Drake in der Hangarbucht mit Stan Barrett, Bela Marston, Argos Cristobal und Jonas Symes zusammentraf. Minuten später hatten sie an Bord der Molière abgelegt und waren auf dem Weg zu einem flammenden Wiedereintritt in die Atmosphäre.

Commodore Wilson erwartete sie am Raumhafen, wie er es auch schon bei Drakes früherer Ankunft getan hatte. Das war allerdings die einzige Ähnlichkeit zwischen den beiden Besuchen. Diesmal stand Valeria hoch am dunkelblauen Himmel Altas. Im Gegensatz zu dem nahezu verlassenen Abfertigungsgebäude, das Drake damals angetroffen hatte, drängten sich jetzt Hunderte von Neugierigen hinter den Absperrungen. Die meisten waren Medienvertreter und Fotografen, die unter den wachsamen Augen der Raumhafenpolizei um die besten Plätze rangelten. Draußen vor dem Abfertigungsgebäude, sichtbar durch die Glaswände der Eingangshalle, warteten mehrere tausend gewöhnliche Bürger geduldig hinter Polizeiabsperrungen oder drängten sich am äußeren Einfassungszaun.

Drake hatte kurz nach dem Rendezvous seines Kreuzers mit der Conqueror eine Nachricht vom Admiral erhalten. Darin war ihm mitgeteilt worden, dass die Regierung sich dem Druck des Parlaments gebeugt hatte und im Begriff war, ein paar Einzelheiten über das fremde Raumschiff bekannt zu geben. Drake war zu der Zeit mit anderen Dingen beschäftigt gewesen und hatte nicht viel darüber nachgedacht. Der Anblick der Menge ließ ihn jetzt verspätet erkennen, welche Wirkung die Nachricht auf die Bevölkerung gehabt haben musste.

»Sie hätten uns warnen sollen!«, rief Drake, als er Commodore Wilson die Hand schüttelte. Die Lautstärke war notwendig, um sich vor dem Stimmengewirr der Reporter Gehör zu verschaffen.

»Tut mir leid«, rief Wilson zurück. »Ihre Ankunftszeit ist irgendwie bekannt geworden. Folgen Sie mir, und wir werden Sie so schnell wie möglich aus diesem Gedränge hinausbringen.« Er führte Drake, Barrett und die drei Offiziere zum Ausgang. Als sie die Absperrung passierten, überschütteten die Medienberichterstatter sie mit Fragen:

»Captain Drake, erzählen Sie uns, was Sie gefunden haben ... Ist es wahr, dass das Raumschiff ein Kriegsschiff von der Erde ist? – Warum sind Sie mitgekommen, Mr. Barren? – Geben Sie uns Ihre Eindrücke ... Warum hat die Admiralität den Fall geheim gehalten?«

Als sie an den Medienleuten vorbei und auf dem Weg zur Limousine waren, die vor dem Abfertigungsgebäude wartete, trat Barrett zu Wilson und fragte: »Wohin fahren wir?«

»Zum Parlament. Der Ministerpräsident und ausgewählte Kabinettsmitglieder sind über Ihre Ergebnisse bereits unterrichtet worden. Wir dachten, dass wir die Unterrichtung des zuständigen Parlamentsausschusses Ihnen überlassen sollten.«

Barrett ächzte. »Carstairs ist in diesem Ausschuss!«

Der Commodore lachte. »Das wissen wir. Und es ist ein Grund, warum wir dieses Wespennest Ihnen überließen.«

»Danke.«

»Nicht der Rede wert.«

»Wie viel wissen sie?«

»Amtlich? Nicht viel mehr als die Öffentlichkeit. Wir gaben ein paar unscharfe Teleaufnahmen vom Schiff frei und verrieten, dass es von der Erde gekommen ist. Was das nichtamtliche Wissen der Ausschussmitglieder angeht ... nun, im Parlament schwirren eine Menge Gerüchte herum, seit das Schiff gesichtet wurde. Manche kommen der Wahrheit ziemlich nahe.«

Die Fahrt nach Homeport verlief in Schweigen. Marston, Cristobal und Symes waren seit fast einem Jahr nicht zu Hause gewesen. So saßen sie still da, nahmen begierig die vertrauten Bilder auf und atmeten tief eine Luft, die nie das Innere einer Wiederaufbereitungsanlage gesehen hatte. Nach viertelstündiger Fahrt rollte der Wagen in die Tiefgarage unter dem Parlamentsgebäude. Wieder waren sie gezwungen, ein Spießrutenlaufen zwischen TV-Kameras und Reportern zu absolvieren. Diesmal wurde die Medienmeute von Männern in der Uniform des Regierungswachdienstes in Schach gehalten. Wilson führte sie zu einem Aufzug, der sie in eines der Obergeschosse trug.

Der Raum, in den sie geführt wurden, war Drake bereits bekannt. Es war der fensterlose Konferenzraum, zwischen dessen stählernen Wänden die Parlamentsausschüsse ihre nichtöffentlichen Anhörungen hielten. Während seiner Dienstzeit als Verbindungsoffizier zur Legislative hatte Drake in genau diesem Raum an einigen nichtöffentlichen Ausschusssitzungen teilgenommen, die sich mit Marinefragen befaßt hatten. Es war der einzige Raum auf ganz Alta, der garantiert frei von elektronischen Abhörvorrichtungen war. Der Parlamentsausschuss für Fragen der Streitkräfte hatte bereits hinter dem langen Tisch auf dem Podium Platz genommen. Am anderen Ende des Raumes saßen auf den durch eine Schranke abgeteilten Zuhörerbänken mehrere Militärs und eine Anzahl von Ministerialbeamten den Ausschussmitgliedern gegenüber. Besonders ein Mitglied dieser Gruppe fand Drakes Aufmerksamkeit: in der Mitte der ersten Reihe hinter der Schranke saß Admiral Dardan. Er blickte zu den Offizieren der Discovery, als sie eintraten, verzichtete aber auf jedes Zeichen des Wiedererkennens. Zwischen dem Podium und der Schranke standen zwei Tische für Zeugen. Sie nahmen auf Anweisung eines Ausschussmitglieds ihre Plätze ein, und sobald die Zeugen sich gesetzt hatten, blickte der Ausschussvorsitzende von Papieren auf, in denen er geblättert hatte und die das Signet der Raumstreitkräfte trugen. Er tauschte Blicke mit den beiden Ausschussmitgliedern zu seiner Rechten und denen zu seiner Linken, dann nickte er, richtete sich auf und berührte etwas auf dem Tisch vor sich. Der verstärkte Klang eines Hammerschlags auf Holz hallte durch den Raum.

»Ich erkläre diese Anhörung für eröffnet! Wachen, verschließen Sie den Eingang.« Die tresorartigen Flügeltüren schlossen sich zischend. Ein Knacken in Drakes Ohren signalisierte die Umschaltung auf die raumeigene Klimaanlage. Die Lampen flackerten, und ein leises Summen begann von den Wänden auszugehen, als das Antiabhörsystem in Aktion trat. Der Vorsitzende blickte auf die Papiere vor sich, dann hob er den Blick zu den sechs Männern an den Zeugentischen.

»Willkommen, meine Herren. Für diejenigen unter Ihnen, die mich nicht kennen: mein Name ist Olaf Prost, und ich bin Vorsitzender dieses Ausschusses und Abgeordneter der Provinz Bero. Zu meiner Rechten sitzt mein Kollege, der ehrenwerte Jonathan Carstairs, Abgeordneter aus Sopwell. Zu seiner Rechten sehen Sie die ehrenwerte Alicia Delevan aus dem Bezirk Southridge der Hauptstadt Homeport. Zu meiner Linken sitzt der ehrenwerte Garcia Porter, der als Abgeordneter den Wahlbezirk Fahrenville vertritt; und links von ihm der ehrenwerte Avram Miller aus Rahway auf dem Ostkontinent.

Dieser Ausschuss ist vom Parlament mit der Aufsicht und Prüfung aller Aktivitäten der Raumstreitkräfte beauftragt. Sie sind hier, weil der Ministerpräsident die Zusage gemacht hat, in dieser Angelegenheit des Raumschiffes von außerhalb mit dem Parlament zusammenzuarbeiten. Captain Drake, bitte stellen Sie uns Ihre kleine Gruppe von Abenteurern vor.«

Drake stand bedächtig auf und räusperte sich. »Ich danke dem Herrn Vorsitzenden. Nun möchte ich dem Ausschuss meine Offiziere vorstellen: Commander Marston, mein Erster Offizier; Lieutenant Cristobal, mein Navigator; und Fähnrich Symes, Bordingenieur. Der Erste Ingenieur war wegen dringender Wartungsarbeiten nicht abkömmlich. Und natürlich kennen Sie alle Stan Barrett, den Sonderbeauftragten des Ministerpräsidenten.«

»Haben Sie einen Bericht vorbereitet, Captain?«

»Ja, Sir«, antwortete Drake. »Ich wusste nicht, wie gut Sie unterrichtet wurden ...«

»Überhaupt nicht gut!«, erwiderte Prost.

»Ich habe eine Zusammenfassung unseres Missionsberichts vorbereitet und die Aufzeichnung mitgebracht.«

»Übergeben Sie sie bitte dem Protokollführer.«

»Ja, Sir.«

Der Techniker saß auf einer Seite des Anhörungsraums zu Füßen des Podiums. Auf Anweisung des Vorsitzenden erhob er sich unter seiner Reihe von Aufnahmegeräten und ging zu Drake hinüber. Dieser gab ihm die Aufzeichnung und erhielt im Austausch eine Fernbedienung. Der Techniker kehrte an seinen Platz zurück und steckte die Aufzeichnung in ein Abspielgerät.

Mit der Fernbedienung dämpfte Drake die Deckenbeleuchtung, und ein holographischer Projektionsschirm erhob sich aus dem Boden. Die Projektion leuchtete auf, und aus den Lautsprechern drang Drakes Kommentar. Er selbst stand bereit, seine Aufzeichnung auf Verlangen durch erläuternde Bemerkungen zu ergänzen. Sein Bericht begann mit dem Befehl des Admirals, das fremde Raumschiff abzufangen, sowie der überstürzten Abreise und der langen Verfolgungsjagd. Er zeigte die Nahaufnahmen, die ihn überzeugt hatten, dass das Schiff ein lebloses Wrack sei. Dann folgte eine Sequenz über die Laserchirurgie, die endlich den Antrieb des Wracks ausgeschaltet hatte.

Er sprach von den ersten Erkundungen im Innern des Raumschiffs und den späteren Bemühungen, alle Abteilungen und Korridore zu durchsuchen. Sein Publikum war unnatürlich still, als die Kamera über skelettierte, ausgebrannte Decks mit Gewirren verbogener T-Träger und aufgerissenen Schotts ging. In seinem Bericht ging Drake auch auf die Toten ein, die seine Leute gefunden hatten, und zeigte mehrere Ansichten des zur Leichenhalle umfunktionierten Raums. Der Bericht endete mit einem Weitwinkelhologramm der gigantischen Springertriebwerke des Schlachtschiffes. Am Ende der Aufzeichnung drückte er die Fernbedienung und brachte die Deckenbeleuchtung zurück zu voller Leuchtkraft. Prost blickte zu den anderen Ausschussmitgliedern, dann nickte er der weiblichen Abgeordneten neben Jonathan Carstairs zu. »Beginnen Sie mit der Befragung, Mrs. Delevan.«

»Danke, Mr. Prost. Captain Drake, war es absolut notwendig, dieses Schiff anzugreifen?«

»Unser Treibstoffvorrat ging zur Neige. Wenn wir seine Beschleunigung nicht gestoppt hätten, wären wir einige Stunden später gezwungen gewesen, die Verfolgungsjagd aufzugeben.«

»Und wenn es an Bord Überlebende gegeben hätte? Sie hätten jemanden töten können. Sie hätten sogar einen Vergeltungsangriff provozieren können.«

»Glauben Sie mir, Madam, dass mir diese Überlegungen ebenfalls durch den Kopf gingen. Ich will nicht leugnen, dass unsere Aktion mit einem gewissen Risiko verbunden war, doch war es eins, das ich zum Zeitpunkt des Geschehens als akzeptabel beurteilte. Wie die Dinge lagen, wäre die Conqueror uns für immer verloren gegangen, wenn wir nicht ihre Treibstofftanks durchlöchert hätten.«

»Sicherlich nicht, Captain Drake«, sagte Garcia Porter, der auf Prosts anderer Seite saß. »Wir hätten eine Expedition mit mehr Treibstoff aussenden können, um die Conqueror einzuholen, wenn Sie gezwungen gewesen wären, die Jagd aufzugeben.«

»Nein, das wäre nicht möglich gewesen, Sir. Mit dem noch vorhandenen Treibstoff und der bereits erreichten Beschleunigung wäre die Geschwindigkeit der Conqueror schließlich so hoch geworden, dass keines unserer Schiffe eine Chance gehabt hätte, sie noch einzuholen.«

»Captain Drake«, sagte Avram Miller.

»Ja, Sir.«

»Wenn es an Bord dieses Schiffes keine lebende Seele mehr gab, wie konnte es Sie dann zu einer solchen Verfolgungsjagd zwingen?«

»Es war auf Autopilot geschaltet, Sir. Der letzte in den Springcomputer programmierte Befehl scheint gewesen zu sein, dass das Schiff den nächsten Faltpunkt aufsuchen und springen sollte. Ich vermute, dass der Befehl in eine Endlos-Schleife eingegeben worden war, und dass das Schiff versuchte, den Befehl auszuführen, als wir es einholten.«

»Wie? Es gibt nur den einen Faltpunkt in diesem System, und die Conqueror entfernte sich davon.«

»Autopiloten nehmen Befehle ziemlich buchstäblich, Sir. Gewöhnlich wird von ihnen auch nicht erwartet, dass sie die Dinge selbst durchdenken. Der Autopilot verfährt nach Programm, und wenn er keines hat, nach den elementaren Grundregeln der Navigation und Triebwerkskontrolle. Alles schwierige Denken überlässt er dem Zentralcomputer. Unglücklicherweise wurden die Speicher des Zentralcomputers der Conqueror offenbar durch eine starke Strahlungsdosis gelöscht. Der Autopilot versuchte seine Mission so gut er konnte ohne Hilfe auszuführen. Er war unterwegs zum nächsten Faltpunkt, um einen weiteren Sprung zu machen.«

»Aber es gibt keinen ›nächsten‹ Faltpunkt, Captain Drake.«

»Gewiss gibt es einen, Sir. Er ist im System Scirrocco, ungefähr vierzehn Lichtjahre von hier.«

»Das Schlachtschiff versuchte durch normalen Raum zu einem anderen Sternsystem zu gelangen?«

»Ja, Sir.«

»Die Computer waren durch Strahlung ausgefallen, doch sie enthielten genug Daten, um einen interstellaren Sprung zu machen?«

»Nicht die Computer, Sir. Der Autopilot. Autopiloten von Kriegsschiffen sind nahezu unzerstörbar. Sie sind unter Verwendung der alten Halbleitertechnik mit Kristalldioden konstruiert. Darum sind sie vergleichsweise primitiv, aber sehr strahlungsresistent.«

»Ist es Ihnen gelungen, den Autopiloten der Conqueror auszubauen und mitzubringen?«, fragte Porter.

»Ja, Sir. Wenn wir den Code knacken können, sollte es uns möglich sein, die Schiffsbewegungen zurückzuverfolgen.«

Olaf Prost beugte sich vor und fasste Drake ins Auge.

»Captain, wie schätzen Sie die militärischen Fähigkeiten der Conqueror ein, verglichen mit denen Ihres eigenen Schiffes?«

»Es ist ein Schlachtschiff, Mr. Prost. Da gibt es keinen Vergleich. Im Gefecht würde die Conqueror alle drei Kreuzer der Flotte zerstören, ohne auch nur ihre Hauptbatterien einsetzen zu müssen.«

»Und doch kommt dieses Schiff schwer beschädigt und ohne Besatzung zu uns. Was ist Ihre Reaktion darauf, Captain Drake?«

»Ich folgere daraus, dass die Conqueror in einem sehr harten Kampf gestanden hat. Wer immer sie so zugerichtet hat, ist zu fürchten.«

Prost blickte zu den anderen Ausschussmitgliedern, wie er es am Anfang der Anhörung getan hatte. Und wieder schien eine stillschweigende Übereinkunft erzielt zu werden. Er wandte sich wieder an Drake. »Was würden Sie sagen, wenn ich Ihnen erklärte, dass wir ernsthaft an eine Expedition zur Erforschung der Lage jenseits des Faltpunktes denken, Captain Drake?«

»Ich würde sagen, dass Sie sehr weise sind, Mr. Prost.«

»Warum?«

»Wegen des Zustandes der Conqueror. Wir müssen in Erfahrung bringen, was dort draußen geschieht. Nun, da der Faltpunkt wieder offen ist, mag Alta in beträchtlicher Gefahr sein.«

Der Vorsitzende nickte grimmig. »Das war auch unsere Folgerung. Wie rasch können Sie Ihr Schiff reisefertig machen?«

»Mein Schiff, Sir?« Drake war überrascht. Bis zu diesem Augenblick hatte er abstrakt gesprochen und theoretische Antworten auf theoretische Fragen gegeben. Auf einmal war der Grund seines Rückrufs in die Heimat offensichtlich. Sie wollten die Discovery für die interstellare Expedition!

»Theoretisch, Mr. Prost, könnten wir reisefertig sein, sobald wir aufgetankt und neu verproviantiert sind – sagen wir, übermorgen. In der Praxis würden wir natürlich weitaus umfangreichere Vorbereitungen treffen müssen. Alle Systeme, vor allem aber die Waffensysteme, müssten gewartet und überprüft, der Antrieb überholt, die Triebwerke neu eingestellt werden. Wenn all diese Arbeiten mit Energie vorangetrieben werden, können wir in einem Monat bereit sein.«

»Ein Monat wird völlig ausreichend sein, Captain Drake. Augenblicklich ist eine Anzahl wissenschaftlicher Untersuchungen noch nicht abgeschlossen. Sie werden die Zeit brauchen, um Früchte zu tragen.«

»Ich nehme an, Mr. Prost, dass Sie nicht nur mit der Admiralität, sondern auch mit dem Botschafter der Erde über diese Expedition gesprochen haben.«

Prosts Gesichtsausdruck zeigte, dass er nicht begriff. »Was hat der damit zu tun?«

Drake zögerte, suchte nach dem besten Weg, um den Vertretern der Legislative die Situation zu erklären. »Sie benötigen die Erlaubnis des Botschafters der Erde, wenn sie die Discovery für eine Expedition außerhalb des Systems einsetzen wollen, Sir. Er hat die Computercodes, die zum Betrieb unserer Springertriebwerke benötigt werden. Ohne sie werden wir nicht weit kommen!«