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In Mexico City wurden die Jungvermählten am Flughafen von Phillip Walkirk erwartet. Es ging auf Mitternacht, und bis auf die Reisenden vereinzelter Nachtflüge war der weitläufige Abfertigungskomplex menschenleer.

»Was ist passiert?«, fragte Drake, sobald er und Bethany von Bord der Maschine gegangen waren, die sie von Acapulco hergebracht hatte.

»Wir können es nicht mit Gewissheit sagen, Captain. Bis letzten Mittwoch ging alles gut. Wir hatten tägliche Besprechungen mit dem Stab der Großen Flotte und machten gute Fortschritte in der Planung des Aezer-Unternehmens. Dann wurde ich mit einigen Wissenschaftlern und Technikern nach Washington geschickt, um Schwierigkeiten beim Nachbau von Generatoren für die strahlungsabweisenden Felder zu beheben. Als wir gestern zurückkehrten, fand ich unsere gesamte Delegation in Sorge, dass unsere einheimischen Verhandlungspartner nicht mehr an unserem Problem interessiert seien. Es ist nichts Greifbares, nur ein Nachlassen der anfänglichen Begeisterung für die gemeinsame Strategie. Auch haben bei den letzten Sitzungen der Planungsgruppe mehrere der führenden Leute gefehlt.«

»Das scheint kaum die Annahme zu rechtfertigen, dass sie ihr Wort nicht halten werden«, meinte Drake.

»Richtig. Genau das sagte ich auch. Aber es gibt noch weitere Hinweise auf Schwierigkeiten. Stan Barrett und Graf Husanic haben in den Wandelgängen des Interstellaren Rates Gespräche mitgehört.«

»Welcher Art?«

»Unbestimmte, aber vage beunruhigende Bemerkungen über Alta und Sandar. Wann immer Barrett oder Husanic jemanden danach fragen, um Genaueres zu erfahren, reagieren die Betreffenden ausweichend. Auch haben sie das Gefühl, von den anderen Abgeordneten im Rat seltsam angesehen zu werden.«

»Angesehen?«

»Graf Husanic sagt, es wäre ungefähr so, als würde man an einer unheilbaren Krankheit leiden und alle wüssten davon, nur man selbst nicht.«

»Kann Husanic das nicht mit Koordinator Gellard klären?«, fragte Bethany.

»Er hat seit zwei Tagen versucht, eine Verabredung mit dem Ersten Koordinator zu treffen«, antwortete der Prinz. »Bisher lautet die offizielle Auskunft, dass Gellards Terminplan bis Ende nächster Woche voll ist.«

»Und Großadmiral Belton?«, fragte Drake.

»Unerreichbar.«

»Wie ist es mit Admiral Ryerson?«

»Er ist wieder an Bord der Teddy Roosevelt. Ich habe vorgeschlagen, dass Captain Marston mit einem Landungsboot hinüberfährt, um ihn zu sprechen – die beiden Schiffe sind in der Umlaufbahn nur ein paar hundert Kilometer voneinander entfernt –, aber Marston bekommt keine Erlaubnis, an Bord des Großkampfschiffes zu gehen. Angeblich hat man dort Wartungsprobleme. Außerdem ist Ryerson zu beschäftigt, um für fernmündliche Kontakte zur Verfügung zu stehen.«

Drake überlegte, nickte dann. »Das hört sich allerdings so an, als hätte jemand die Parole ausgegeben, uns auf die Liste der Unberührbaren zu setzen.«

»Ja, Sir. Das ist auch Admiral Gowers Meinung. Er glaubt, dass etwas geschehen sei, was unsere Vertragspartner veranlasst hat, unseren Vorschlag für die gemeinsame Strategie zu überdenken, und dass sie untereinander noch uneinig sind. Deshalb, meint er, wollen sie nicht mit uns sprechen, bis sie ihre Politik formuliert haben.«

»Was ist mit dem Zweiten Koordinator?«, fragte Bethany. Phillip Walkirk zuckte die Achseln. »Blenham? Ich glaube nicht, dass jemand versucht hat, ihn darauf anzusprechen, und ich glaube auch nicht, dass es nützen würde. Da alle leitenden Persönlichkeiten ›unerreichbar‹ sind, wird er kaum riskieren, aus der Reihe zu tanzen.«

»Vielleicht sollte ich es versuchen«, überlegte Bethany. »Ich habe noch sein Angebot, mir bei den Vernehmungen Varlans zu helfen. Das kann ich als Vorwand gebrauchen, um ihn zu sprechen. Und dann könnte ich versuchen, ihm Informationen zu entlocken.«

»Das würdest du tun?«, fragte Drake. »Schließlich bist du offiziell nach wie vor auf ihrer Seite, weißt du.«

Sie schüttelte den Kopf. »Nicht, seit ich Mrs. Drake geworden bin und die altanische Staatsbürgerschaft habe.«

»Dann werden wir diesen Weg versuchen«, sagte Drake. Sie gingen zur Gepäckausgabe und von dort zum Taxistand vor dem Abfertigungsgebäude. Zwanzig Minuten später waren sie wieder im Hotel der Delegation.

»Mrs. Drake ist da, Sie zu sprechen, Koordinator. Ich sagte ihr, dass sie während der regulären Arbeitswoche einen Termin brauche, aber sie ist sehr hartnäckig.«

Sir Joshua Blenham blickte von dem Bericht auf, in dem er las, und runzelte die Stirn in Richtung seines Sekretärs. Es war Sonntagmorgen, und vor Blenhams Panoramafenster lag die mexikanische Hauptstadt in feiertäglicher Ruhe. Später würde es geschäftiger zugehen, wenn Wochenendtouristen und Kauflustige die großen Einkaufsstraßen der Innenstadt bevölkerten.

»Mrs. Drake? Tut mir leid, ich kenne keine Mrs. Drake.«

»Haben Sie vergessen, dass Sie letzte Woche an ihrer Hochzeit teilgenommen haben?«

»Ach ja, Bethany Lindquist Drake! Warum haben Sie es nicht gleich gesagt?«

»Ich glaube, das ist genau, was ich sagte, Koordinator.«

»In Ordnung. Bitte schicken Sie sie herein.«

Eine Minute später betrat Bethany das Büro des Zweiten Koordinators. Blenham erhob sich und kam mit langen Schritten auf sie zu.

»Guten Morgen, meine Liebe. Was führt Sie an einem Sonntagmorgen zu mir?«

»Ich rief bei Ihnen daheim an, Koordinator. Ryssa sagte mir, dass Sie heute arbeiten.«

»Unglücklicherweise, ja. Ich hatte den Papierkram die ganze Woche vor mir hergeschoben, nun nütze ich die Ruhe, um Ordnung hineinzubringen. Aber vergeben Sie mir meine Manieren und nehmen Sie Platz! Ich werde sehen, ob ich irgendwo Kaffee auftreiben kann.«

Bethany setzte sich auf die Couch, die Blenham ihr als Sitzgelegenheit angeboten hatte, lehnte aber das Angebot einer Tasse Kaffee ab. Sie hatte den hier üblichen Kaffee nach ihrer Ankunft gekostet und keinen Gefallen an dem bitteren Gebräu gefunden. Der Nachgeschmack war so, dass sie sich wunderte, was Altas Gründerväter an dem Zeug gefunden haben mochten.

»Sie sehen gut aus«, sagte Blenham, nachdem auch er sich gesetzt hatte. »Ich wage die Behauptung, dass Ihnen das Eheleben bekommt.«

»Es bekommt mir sehr gut, Koordinator. Ich wünschte nur, wir hätten wenigstens noch eine Woche am Strand bleiben können. Zwei wären noch besser gewesen.«

»Warum taten Sie es nicht?«

Bethany erzählte ihm von der Botschaft, die Richard in Acapulco erhalten hatte, und von Phillip Walkirks Bemerkungen, als er sie am vergangenen Abend am Flughafen abgeholt hatte. »Die ganze Helldiver-Delegation ist sehr in Sorge, Sir. Wir alle hoffen, dass jemand von Rang und Namen erklären kann, was geschieht.«

Blenham schaute unbehaglich drein. »Ich wünschte, ich könnte helfen, Bethany, aber gegenwärtig steht es mir nicht frei, Ihnen mehr zu sagen, als Sie bereits wissen. Wie Sie vermutet haben, sind wir auf ein Problem gestoßen. Unsere Fachleute versuchen es zu lösen oder zu umgehen. Sobald das geschehen ist, werden Sie verständigt.«

»Warum sagen Sie es uns nicht jetzt? Vielleicht können wir helfen.«

»Tut mir leid, ich habe meine Anweisungen. Ich kann weiter nichts sagen.«

»Ich verstehe, Koordinator.«

Blenham lächelte vage. »Das bezweifle ich, Mrs. Drake, aber ich bewundere Ihre Diplomatie, dass Sie es sagen. Kann ich sonst etwas für Sie tun?«

»Ja, Sir. Ich würde gern Ihr Angebot annehmen, mir bei der Vernehmung Varlans zu helfen, wenn es noch gilt.«

»Selbstverständlich! Was möchten Sie gern?«

»Könnten Sie mir einen Ihrer Vernehmungsspezialisten leihen? Ich möchte Varlan testen, um zu sehen, wie aufrichtig sie in letzter Zeit ist.«

»Wo wird diese Vernehmung stattfinden?«

»An Bord der Discovery, wenn es Ihnen recht ist.«

»Das ist mir sehr recht. Wann möchten Sie die Vernehmung durchführen?«

»So bald wie möglich.«

»Wie wäre es mit übermorgen?«

»Damit bin ich gern einverstanden.«

»Sehr gut, ich werde das Nötige veranlassen. Und, Bethany ...«

»Ja, Sir?«

»Versuchen Sie, sich nicht zu sorgen. Bald wird sich alles von selbst erledigen.«

Drei Tage nach Drakes Rückkehr wurde das Informationsembargo plötzlich aufgehoben, als Admiral Gower, Stan Barrett, Graf Husanic und Drake zu einem Treffen mit dem Ersten Koordinator gebeten wurden.

»Was bedeutet das nach Ihrer Meinung?«, fragte Drake, als der Admiral ihm die Einladung zeigte.

»Ich weiß es nicht«, erwiderte Gower. »Mit Ausnahme der Auskunft, die Ihre Frau vom Zweiten Koordinator mitbrachte, tappen wir vollständig im Dunkeln.«

Die Erwähnung seiner Frau machte Drake bewusst, dass er sich einsam fühlte. Bethanys Abreise zur Discovery am vergangenen Abend war ihre erste Trennung seit der Hochzeit.

Zur festgesetzten Stunde erschienen die vier Geladenen im Amtszimmer des Ersten Koordinators im obersten Geschoss des Ratsgebäudes. Dort erwarteten sie der Erste Koordinator, sein Stellvertreter Blenham, zwei Ministerialbeamte, Großadmiral Belton und Admiral Ryerson. Es gab ein allgemeines Händeschütteln, dann setzten sich die zehn um einen kleinen Konferenztisch. Koordinator Gellard eröffnete die Begegnung mit einem Dank für ihr promptes Kommen.

»Sie müssen zugeben, Koordinator, dass Sie eine Begabung haben, Neugierde zu wecken«, erwiderte Husanic.

»Ich muss unser jüngstes Verhalten erklären, Graf Husanic. Vor ungefähr einer Woche stießen Admiral Beltons Sachverständige auf etwas mit potenziell weit reichenden Folgen. Wir brauchten Zeit, um die Implikationen zu untersuchen, bevor wir Ihnen direkt gegenübertreten konnten. Ich fürchte, unsere Ungeschicklichkeit in der Behandlung der Angelegenheit wurde durch unbedachte Äußerungen im Plenarsaal des Interstellaren Rates verursacht. Unglücklicherweise ist der Mann, der die Gerüchte in Umlauf brachte, ein Mitglied des Rates, so dass wir sehr wenig gegen seine Übertretung unternehmen können. Immerhin hat er Ihnen erhebliche Beunruhigung und Sorgen bereitet, und dafür entschuldige ich mich im Namen von uns allen. Wir hätten anders handeln sollen.«

»Entschuldigung angenommen«, sagte Husanic. »Nun, Sir, können wir darauf zu sprechen kommen, was Ihnen zu schaffen macht?«

»Sollt' es getan sein ... dann sollt' es besser rasch geschehen!«, zitierte der Zweite Koordinator.

»Admiral Belton«, sagte Gellard, »würden Sie unseren Gästen dies bitte näher erklären?«

»Ja, Sir«, sagte Belton. Er stand auf und ging zu einem Bücherschrank, der eine ganze Wand des Amtszimmers einnahm. Dort bediente er eine Steuerung, und mehrere Dinge geschahen gleichzeitig. Das Fenster hinter dem Schreibtisch des Koordinators wurde undurchsichtig, ein Abschnitt des Bücherschranks schwenkte nach vorn und gab einen an der Wand befestigten Projektionstank frei. Dieser leuchtete auf und zeigte eine holographische Faltraumkarte der Ryall-Hegemonie. Die Karte war farbcodiert, um die verschiedenen Verbindungslinien zwischen den Systemen zu zeigen.

»Die Daten, die Sie uns zur Verfügung stellten, sind ein wahres Gottesgeschenk«, begann der Admiral mit einer Handbewegung zur Topologiekarte. »In den knappen zwei Wochen, seit wir diese neue Information erhielten, haben unsere Analytiker rund um die Uhr gearbeitet, um sie in unsere strategischen und taktischen Doktrinen einzubeziehen. Um dies zu bewerkstelligen, haben wir praktisch jedes Gefecht, das wir jemals gegen die Ryall geführt haben, neu analysiert. Dabei sind uns Zusammenhänge klar geworden, die uns seit bald einem Jahrhundert Kopfzerbrechen bereitet haben. Kurzum, wir haben gelernt, welche Vorteile der Spica-Faltraumhaufen den Ryall bietet. Der wichtigste Vorteil, den unsere Feinde aus der Gruppierung ihrer Systeme ziehen, ergibt sich aus der ungewöhnlich hohen Zahl der Verbindungen. Dieser Vorteil kurzer Verbindungen manifestiert sich in verschiedenen Formen, die für uns zumeist ungünstig sind. Wie von Captain Drake und anderen bereits festgestellt worden ist, ermöglicht der Spica-Haufen den Ryall einen viel wirkungsvolleren Einsatz ihrer Kräfte, als es uns möglich ist. Mit anderen Worten, sie können mit viel weniger Schiffen das Gleiche leisten.«

»Haben Sie quantitative Zahlen darüber?«, fragte Gower. Belton nickte. »Wir glauben, dass der Faktor bei ungefähr zwei Komma sieben liegt. Für die militärisch nicht so Versierten unter uns: Das bedeutet, dass hundert Schiffe der Ryall zweihundertsiebzig der unsrigen aufwiegen können.«

Ein leises Pfeifen ertönte links von Drake. Er war nicht sicher, dachte aber, dass es von Stan Barrett gekommen sei. Belton fuhr fort: »Effektiverer Einsatz der vorhandenen Kräfte ist nicht der einzige Vorteil der inneren Linie mit ihren besseren Verbindungen. Denn mit ihren kurzen Reisezeiten haben die Ryall es nicht nötig, ihren Raum durch eine tief gestaffelte Verteidigung zu schützen. Sie können ihre Kräfte dort konzentrieren, wo sie im Kampf mit uns stehen. Sollten wir anderswo eine neue Front eröffnen, ist es relativ einfach für sie, in kurzer Zeit Streitkräfte zu dem neuen Kampfraum zu bringen.

Schließlich dürfen wir den Vorteil nicht übersehen, den ihr eng verbundener Faltraumhaufen ihrer Industrie bietet. Die kurzen Distanzen und Reisezeiten, dazu die zahlreichen Transitgelegenheiten erlauben ihnen eine Integration der planetarischen Wirtschaften, während unsere Welten wirtschaftlich nur lose miteinander verbunden sind. Durch ihre niedrigen Transportkosten können die Welten der Ryall sich Spezialisierungen leisten.

Wir sehen dies im System Carratyl, dessen wichtigster Wirtschaftsfaktor die Landwirtschaft ist, die den Rest der Hegemonie mit ihren Erzeugnissen beliefert. Möglicherweise gibt es dort Welten, die sich auf den Schiffbau spezialisiert haben, und wieder andere, deren Schwerpunkt die Verbrauchsgüterindustrie ist oder die Standort der Grundstoffindustrien sind.«

»Bisher, Admiral«, sagte Drake, »haben Sie noch nichts gesagt, was wir nicht bereits wussten.«

»Ganz recht, Captain. Ich habe die strategischen Konsequenzen der Tatsache besprochen, dass die Ryall-Hegemonie den Faltraumhaufen Spica beherrscht. Dies ist jedem, der sich damit beschäftigt, ziemlich offensichtlich. Nun wollen wir uns den taktischen Vorteilen zuwenden, die nicht so leicht zu bestimmen sind.«

Belton nahm eine Fernbedienung zur Hand und drückte eine Taste. Die Topologiekarte des Spica-Faltraums verschwand und wurde ersetzt durch eine andere, die eine Übersicht der Systeme Hellsgate, Aezer und Hermes zeigte, einschließlich der zugehörigen Faltpunkte.

»Betrachten wir unseren Plan zur Rückgewinnung Aezers«, fuhr er fort. »Eine Kampfgruppe der Großen Flotte wird einen Ablenkungsangriff gegen den Aezer-Hermes-Faltpunkt führen. Dies mit der Hoffnung, dass der Kommandeur der Ryallstreitkräfte die Aezer-Hellsgate-Verteidigung entblößen wird, um Verstärkungen zu entsenden. Etwa vierzig Stunden später wird unsere Hauptstreitmacht einen Entscheidungsangriff gegen den geschwächten Aezer-Hellsgate-Faltpunkt führen. Sobald dieser freigekämpft ist, werden unsere Schiffe mit höchster Beschleunigung das Aezersystem durchqueren und den Faltpunkt blockieren, der entgegengesetzt in die Ryall-Hegemonie führt, um feindlichen Verstärkungen den Zugang abzuschneiden und die Aezer-Hermes-Verteidigung im Rücken anzugreifen.«

Belton wandte sich an Gower und Drake. »Es ist ein guter Plan, meine Herren. Er hat die Eleganz der Einfachheit und trägt die Handschrift eines Genius. Unglücklicherweise hat er einen kleinen Fehler. Er wird nicht funktionieren!«

Gower und Drake sahen einander an, dann blickten beide zu ihren diplomatischen Repräsentanten. Als die Pause sich in die Länge zog, räusperte sich Gower und sagte: »Ich kann keinen Fehler in unseren Überlegungen sehen, Admiral Belton.«

»Der Fehler«, erwiderte Belton, »liegt in der Annahme, dass die Ryall die Aezer-Hellsgate-Verteidigung entblößen werden, um der Bedrohung des Aezer-Hermes-Faltpunktes zu begegnen. Das schien vor zwei Wochen, als Sie Ihren Plan zuerst erläuterten, eine logische Annahme. Jetzt aber, da wir die Topologie der Ryall-Hegemonie verstehen, glauben wir nicht mehr, dass die Ryall aus dem Innern des Aezer-Systems Verstärkungen heranholen werden.

Wir glauben vielmehr, dass der feindliche Kommandeur Verstärkungen von den Heimatwelten anfordern wird, was bedeutet, dass unsere von Hellsgate angreifende Streitmacht gegen Faltpunktverteidigungen von voller Stärke geworfen wird.«

»Die Ryall werden nicht genug Zeit haben, Schiffe aus anderen Teilen ihrer Hegemonie heranzuführen«, sagte Admiral Gower.

»Ich wünschte, das träfe zu«, sagte Belton. »Aber wir haben die Situation hundertmal simuliert, jedesmal mit einem anderen Szenarium. Wie wir selbst, verwenden auch die Ryall Kommunikationsrelais zwischen ihren Frontlinien und den Heimatwelten. Es wird sie weniger als acht Stunden kosten, Nachricht vom ersten Angriff in das Zentrum ihrer Hegemonie zu senden. Selbst wenn wir gleichzeitige Angriffe gegen beide Faltpunkte führten und ohne nennenswerte Verluste durchstoßen könnten, würden wir den dritten Faltpunkt nicht eher erreichen, als bis er von feindlichen Verstärkungen wimmelt.«

Diesmal zog sich die Stille noch länger hin. Als Koordinator Gellard endlich das Wort ergriff, war Trauer in seiner Stimme.

»Es tut mir leid, meine Herren, aber unter diesen Umständen werden wir dem Plan zum Angriff auf Aezer unsere Unterstützung entziehen müssen.«

»Sie lassen uns im Stich?«

»Wir lassen Sie nicht im Stich, Captain Drake. Ihre Welten sind Mitglieder des Interstellaren Rates, und wir werden sie als solche behandeln. Wir können unsere Streitkräfte jedoch nicht für einen Angriff zur Verfügung stellen, der nach unserem Dafürhalten scheitern wird. Tut mir leid.«

»Vergeben Sie mir, wenn ich verwirrt scheine, Koordinator«, sagte Admiral Gower in eisigem Ton. »Sie werden nicht helfen, die Ryall aus dem System Aezer zu vertreiben, aber Sie lassen uns nicht im Stich. Was genau bedeutet das?«

»Wir schlagen vor«, sagte Gellard, »dass Sie sich der Realität stellen. Die Wahrheit ist, dass sowohl Alta wie auch Sandar in einer unhaltbaren Lage sind und keine weiteren zwanzig Jahre Blockade überleben werden.«

»Welche andere Wahl haben wir?«

»Wir schlagen vor, dass Sie die Möglichkeit der Evakuierung Ihrer Welten in Betracht ziehen. Wir werden natürlich helfen, Ihre Bevölkerungen zu anderen Welten in unserer Hegemonie zu transportieren.«