Rosie
Joanna schaut sich im Spiegel an, betrachtet ihr viel zu perfektes Gesicht, an dem die besten Schönheitschirurgen herumgeschnippelt, jede Falte, jede Linie glattgezurrt und ihr die Haut einer Zwanzigjährigen verschafft haben. Sie hat schlimme Schmerzen erduldet, aber all das war es wert.
Ihr Gesicht ist eingerahmt von langem blondem Haar. Es ist nicht ihre eigenes, da Neal kurzes Haar bei Frauen nicht ausstehen kann, hat sie sich Extensions machen lassen. Aber allein um Neals Reaktion willen hat sich der Aufwand, einen ganzen Tag auf einem Friseurstuhl auszuharren, definitiv gelohnt. Sie hat es in seinen Augen gesehen – das Verlangen. Er will sie. Immer noch.
Es ist das Gesicht eines Mädchens, das alles hat, was man sich nur wünschen kann. Die ganze Welt liegt ihr zu Füßen, vor allem, wenn man liest, wie sie lebt. Nur kurz schießt ihr der Gedanke durch den Kopf, dass es ein Fake und im Grunde genommen völlig unwichtig ist. Doch ganz schnell verdrängt sie ihn und erfreut sich wieder an ihrem Aussehen.
Um ihren Hals hängt eine schwere Goldkette, ein Geschenk von Neal kurz nach der Hochzeit, als sie vor einem anderen Spiegel in einem anderen Haus gestanden hat. Damals konnte sie seinen Atem an ihrer Wange spüren, als er hinter sie trat und sie ihr umlegte.
»Du gehörst mir, Joanna«, flüsterte er. Auf diese Worte hatte sie so lange gewartet. Sie pumpten pures Adrenalin durch ihre Venen, zeigten ihr, dass sie begehrt wurde und vermochte, die vielen Tage der Selbstverleugnung, des Hungerns und der immer anstrengender werdenden Trainingseinheiten durchzustehen. Alles nur für ihn.
»Wann immer du sie ansiehst, sollst du an mich denken«, sagte er leise.
Sie betrachtete sie, freute sich, dass das Schmuckstück ihren Hals so schlank machte, es passte perfekt zu jedem Kleidungsstück.
Sie hörte das metallische Klicken, als er den Verschluss zumachte.
Erst später sah sie genau hin und erkannte das Schloss, das daran hing.