31

Jo gelingt es tatsächlich, mithilfe ihres Anwalts Neals Zustimmung zum Verkauf des Hauses einzuholen. Da es so schnell geht, stellt sich die Frage, wie es finanziell um sie bestellt sein mag. Wie erwartet melden sich sofort die ersten Interessenten, um einen Besichtigungstermin zu vereinbaren, und sie gerät in Panik.

»Aber ich bin noch nicht so weit!«, ruft sie und stößt ihre Sonnenbrille vom Tisch, als sie sich hektisch mit der Hand durchs Haar fährt. Sie trägt ihre Brille sehr häufig, selbst wenn die Sonne nicht scheint. »Eigentlich will ich gar nicht, dass sie herkommen und ihre Nase in unsere Angelegenheiten stecken. Jeder kennt uns. Sie nehmen doch all die Gerüchte für bare Münze, oder? Ich habe den Makler gebeten, er soll mir noch ein paar Tage Zeit geben.«

Genau das hat sie letzte Woche auch schon gesagt, und allmählich beschleicht mich der Verdacht, dass sie womöglich kalte Füße bekommt.

»Du brauchst dir das nicht anzutun, Jo. Blas das Ganze ab und gönn dir eine Pause.«

»Aber ich muss das Haus verkaufen, Kate.« Voller Verzweiflung blickt sie mich an. »Verstehst du nicht? Ich brauche das Geld. Außerdem ist es, als würde ich mit einem Gespenst unter einem Dach leben.«

Sie sagt nicht, wen sie mit dem Gespenst meint. Aber je eindringlicher ich versuche, mit ihr vernünftig zu reden, umso mehr regt sie sich auf, und irgendwann lasse ich es gut sein.

»Du könntest mir zumindest erlauben, dass ich deinen Garten in Schuss bringe«, sage ich. »Nur Kleinigkeiten wie Rasenmähen und ein paar Sträucher stutzen. Es ist unglaublich, was ein paar winzige Veränderungen ausmachen können.«

Nachdenklich sieht sie aus dem Fenster. »Bist du sicher? Du hast so viel um die Ohren.«

»Ich biete es dir doch an. Das ist im Handumdrehen erledigt. Morgen Nachmittag habe ich ein bisschen Luft und könnte vorbeikommen, wenn es dir recht ist.«

»Vermutlich bin ich zu Hause«, sagt sie zögernd. »Aber falls nicht, komm einfach rein. Das ist wirklich nett von dir, Kate. Danke.«

»Ich kann ihr helfen, Mummy.« Delphine steht plötzlich in der Tür. Keiner von uns hat sie kommen gehört.

»Oh!« Wieder wirkt Joanna fahrig und nervös. »Das brauchst du nicht … ich denke, wir sind fast fertig.«

»Aber die Garage. Ich könnte sie aufräumen.«

Ein eigentümlicher Ausdruck erscheint auf Jos Gesicht. »Ach, die Garage. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es die Leute interessiert, was in unserer Garage herumsteht, oder? Ich lasse vor dem Umzug jemanden kommen, der sich darum kümmert.«

»Nein, Mummy, das geht nicht. Meine alten Bücher sind noch dort.«

»Aber die sind doch oben, oder nicht? Ganz bestimmt sogar … wieso siehst du nicht mal nach?«

»Soll ich dir helfen, Delphine?«, frage ich. Das arme Kind. Seit ich sie kenne, habe ich kein einziges Mal erlebt, dass Jo sie in den Arm nimmt. Keinerlei Zuneigungsbekundungen.

Delphine zögert. Ich spüre, wie etwas zwischen ihr und Jo geschieht, als würden sie eine stumme Botschaft austauschen. »Nein, danke, ich schaffe das schon«, sagt Delphine und wendet sich zum Gehen.

Als ich am nächsten Tag vorbeikomme, ist die Haustür verschlossen, und Jos Wagen steht nicht in der Einfahrt. Ich betrete den Garten durch die Seitentür und mache mich an die Arbeit.

Zwei Stunden später dämmert mir, dass es wesentlich mehr zu tun gibt als gedacht. Der frisch gemähte Rasen lässt den Garten zwar kurzfristig einladender wirken, trotzdem sehe ich an jeder Ecke Handlungsbedarf. Ich suche nach einer Schubkarre und fange bei den Blumenbeeten direkt neben dem Haus an, da potenzielle Hauskäufer vermutlich ohnehin nicht viel weiter vordringen werden. Das Problem ist nur, dass der Rest des Gartens im Vergleich noch schlimmer aussieht, als ich fertig bin.

Da ich nirgendwo einen Komposthaufen entdecke, gehe ich zum Wagen, um ein paar Müllsäcke für das herausgerissene Unkraut zu holen. Als ich an der Garage vorbeikomme, fällt mein Blick auf einen Stapel Säcke neben dem Fenster auf dem Boden.

Ich drücke die Türklinke herunter. Es ist offen, und ich gehe hinein. Trotz Jos Behauptung ist dies wohl die sauberste und ordentlichste Garage, die ich je gesehen habe. In einem Regal an der Wand stehen ein, zwei Blumentöpfe und ein paar Bücher, bei denen es sich vermutlich um die von Delphine handelt. Abgesehen von den Koffern mit Neals Sachen, ein paar Schachteln, Gartenutensilien und einem alten Schrank ist die Garage praktisch leer.

Als ich mich nach den Müllsäcken bücke, spüre ich, dass jemand hinter mir steht. Ich wirble herum und sehe Jo vor mir stehen.

»Gott, hast du mich erschreckt! Ich habe die hier geholt!« Ich schwenke die Säcke.

»Wie bist du hier reingekommen?« Würde ich sie nicht besser kennen, hätte ich ihre Miene als feindselig bezeichnet. Delphine erscheint hinter ihr.

»Hi! Die Tür war offen. Ich dachte, es macht dir nichts aus. Es ist doch mehr zu tun, als ich ursprünglich dachte. Ich habe mir überlegt, den Abfall gleich mitzunehmen, damit du dir die Arbeit sparen kannst.«

»Ich verstehe das nicht«, sagt sie und wendet sich Delphine zu. »Du hast doch abgeschlossen, bevor wir los sind, oder nicht?«

Delphine nickt.

Ich zucke die Achseln. »Vielleicht ist das Schloss nicht richtig eingerastet oder so. Wie auch immer, ich sollte weitermachen. Es wartet noch viel Arbeit auf mich.«

Jo scheint sich wieder zu beruhigen. »Ja, natürlich. Entschuldige bitte. Ich hatte einfach nur nicht mit dir gerechnet, das ist alles. Ich setze Teewasser auf.«

»Das wäre prima.«

Schon komisch, denke ich, als ich zu den Beeten zurückkehre, Neal mag ein Kontrollfreak allererster Güte sein, aber Jo scheint ihm in nichts nachzustehen. Ich konzentriere mich wieder auf meine Arbeit. Nach der Hälfte des vordersten Beets beschließe ich, den Rest ein andermal zu erledigen.

Als ich mich aufrichte und meinen schmerzenden Rücken strecke, bleibt mein Blick an dem Apfelbäumchen hängen. Bislang macht es keine Anstalten zu blühen, und die Blätter sind gelb und sehen alles andere als gesund aus. Würde sie es überhaupt merken, wenn ich ihn ersetzen würde?

Laura kommt spontan vorbei und erzählt mir, dass der Prozessbeginn für den nächsten Monat anberaumt wurde.

»Weißt du, ob Jo auch im Gerichtssaal sein muss?« Diese Frage wage ich Jo gar nicht erst zu stellen.

»Davon ist auszugehen. Schließlich ist sie eine wichtige Zeugin.«

»Ich mache mir Sorgen, wie sie das verkraftet.« Es ist zu früh, sie ist viel zu labil.

»Ich weiß. Geht mir genauso.«

»Glaubst du …« Ich zögere. »Es hat sich nichts geändert, oder? Neals Schuld liegt immer noch auf der Hand … oder?«

Laura zieht die Brauen hoch. »Spielst du auf Alex an?«

Plötzlich bin ich mir nicht mehr so sicher. »Vielleicht … keine Ahnung. Aber man liest doch immer wieder von zu Unrecht verurteilten Beschuldigten … Was, wenn Neal gar nicht der Mörder ist?«

»Neal Anderson ist weit davon entfernt, unschuldig zu sein. Außerdem wird der Fall vollständig aufgerollt.« Sie zögert, und auf einmal tritt ein verblüffter Ausdruck auf ihr Gesicht. »O Gott, du meinst diese Nachrichten.«

Mein Tod ist dein
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