Rosie
An einem herrlichen, strahlenden Tag kommt Neal zurück. Jos Würgemale sind mittlerweile verblasst, ihr Haar trägt sie genauso wie damals bei ihrer Hochzeit, und ihre Kinder haben neue Sachen an. Die Welt ist endlich so, wie sie sein sollte, und doch kann noch nicht einmal ihr maskenhaftes Gesicht ihr Entsetzen verbergen.
Der Vorfall lässt das fragile Gleichgewicht, das sie über all die Jahre so sorgsam auszubalancieren sucht, jäh kippen. Es macht alles kaputt. Zieht ihr den Boden unter den Füßen weg. Sie ist im Badezimmer und starrt auf den Schwangerschaftstest. Sie wendet den Blick ab, sieht wieder hin, vielleicht hat sich das Ergebnis verändert.
Wie ist das möglich? Sie hat doch wie ein Schießhund aufgepasst. Es ist so unfair, dass es ausgerechnet jetzt passieren muss, wo alles gut läuft und der Moment, auf den sie ihr ganzes Leben gewartet hat, endlich gekommen ist.
Sie lässt das Teststäbchen ins Waschbecken fallen und sinkt zu Boden, hört einen wimmernden Laut, von dem sie erst nach einer Weile merkt, dass es ihre eigene Qual ist, die sich Bahn bricht. Sie unterdrückt ihn eilig. Niemand darf es hören. Niemand darf davon erfahren.
Dieses Baby kann unmöglich zur Welt kommen. Denn sie ist nicht nur Mutter, sondern auch Ehefrau. Sie hat eine wichtige Aufgabe – ihnen allen zu geben, was das Beste für sie ist, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit keiner so sehr leiden muss wie sie. Ihr Wohl steht an oberster Stelle, oder nicht? Sein Wohl.