DAS WIEDERSEHEN

e9783641094324_i0053.jpgAlton konnte sich nicht erinnern, jemals glücklicher gewesen zu sein. Er und Estral unterhielten sich stundenlang bis tief in die Nacht, lachten, sangen und hielten einander in den Armen. Fast vergaß er sogar die Gefahr in unmittelbarer Nähe, aber bis Merdigen zurückkam, konnte er ohnehin nicht viel für den Wall und die Türme tun. Es überraschte ihn, dass er deshalb längst nicht so frustriert war wie sonst. Er war sogar froh über die Ruhepause, denn dadurch gewann er Zeit, die er mit Estral verbringen konnte.

Als Garth am Wall erschienen war und berichtet hatte, dass bald eine Reisegruppe auf einer Expedition in den Schwarzschleierwald eintreffen würde, zu der auch Karigan gehörte, war Alton kalt geworden, und er hatte nichts weiter von dem gehört, was Garth gesagt hatte. Die Zeit zwischen Garths und Karigans Ankunft verbrachte er damit, in seinem Zelt auf und ab zu gehen, während er versuchte zu entscheiden, was er ihr sagen würde. Hallo Karigan, ich bin in deine beste Freundin verliebt, schien nicht gerade der ideale Ansatz zu sein. Dann verfiel er in tiefe Gedanken und fragte sich, wie sie wohl aussah und wie sie wohl sein würde. Ihm fiel wieder ein, dass sie ja jetzt »Sir Karigan« war. Inwiefern hatte sie sich verändert?

Zum Glück erlebte Estral seine Qualen nicht mit. Sie erteilte gerade einem Wächter, der dienstfrei hatte, eine Musiklektion.

»Du siehst aus, als hätten eine Horde Entenküken dich zu Tode gepickt!«, sagte Garth, der seinen Kopf ins Zelt steckte. »Bist du so aufgeregt, Karigan wiederzusehen?«

»Aufgeregt? Ja.«

Garth verstand ihn falsch und lachte.

Und dann ritten die Reiter in das Lager ein, und Alton und Garth gingen hinaus, um sie zu begrüßen. Sofort fiel ihm Lynx auf, den man so selten zu Gesicht bekam, und da waren auch Yates und Trace. Die anderen kannte er nicht. Abgesehen von Karigan, die neben einem Mann in der Kleidung eines Försters am Schluss des Zuges ritt.

Alton schnappte nach Luft. Da saß sie in der Haltung einer wahren Reiterin auf Kondors Rücken, die Zügel locker in den Händen. Ihr langes braunes Haar war zurückgebürstet und zu einem einzigen Zopf geflochten, genau wie sie es seiner Erinnerung nach früher oft getragen hatte.

Sie grinste ihn an. Er hatte das Gefühl, einen Stoß in den Bauch zu bekommen, und taumelte einen Schritt zurück. Er erinnerte sich an die Grübchen, an das Lächeln in ihren Augen und an einen oder zwei verstohlene Küsse. Er erinnerte sich auch daran, warum er sich so zu ihr hingezogen gefühlt hatte. Er merkte, dass er sie mit offenem Mund anstarrte.

Verflucht.

»Estral?«, rief Karigan, und darauf folgte ein Kreischen, bei dem Alton die Haare zu Berge standen. Karigan sprang von Kondors Rücken, und die beiden jungen Frauen rannten aufeinander zu, um sich zu umarmen. Alton, der Estrals Ankunft nicht einmal bemerkt hatte, fühlte sich ein wenig ausgeschlossen. Dale warf im einen amüsierten Seitenblick zu. Er blickte finster zurück. Garth lachte und klopfte ihm auf den Rücken.

Nachdem Karigan und Estral ein erregtes Gespräch geführt hatten, dem man unmöglich hätte folgen können, kam Karigan zu ihm, um ihn zu umarmen. Er stellte fest, dass sie beide etwas unsicher zögerten. Als er sie umschlungen hielt, fühlte sie sich leichter an, als er in Erinnerung hatte. Sie roch nach Erde und nach Fichtenduft und nach ihrem Pferd, keineswegs eine unangenehme Mischung. Als sie einander losließen, fragte er: »Wie ist es dir ergangen?«

»Gut«, antwortete sie.

Ihre Augen … zunächst erkannte er ihre Augen gar nicht. Sie waren erfüllt von der Nacht oder von etwas, das er nur als Nacht beschreiben konnte. Dunkelheit, endlose Dunkelheit, als wäre da noch ein anderer Teil von ihr, der ihn über einen gewaltigen Raum hinweg anblickte und von dem nicht einmal sie etwas wusste, aber der Eindruck verschwand innerhalb eines kurzen Augenblicks, und ihre Augen waren wieder so klar, wie er sie in Erinnerung gehabt hatte. Er schauderte.

Im nächsten Moment wurden ihm die Reiter vorgestellt, und auch der Förster, dessen Namen er prompt wieder vergaß.  Sie schwatzten fröhlich und zum Entzücken der anderen machte Yates ruppige Bemerkungen über die Soldaten, die sie begleitet hatten.

Dale und Garth führten die schnatternde Horde fort zum Pferch, damit sie sich um ihre Pferde kümmern konnten. Karigan warf ihm über die Schulter einen Blick zu, als sie Kondor wegführte. Estral blieb neben ihm stehen.

»Was sollen wir tun?«, fragte er.

»Die Wahrheit ist gewöhnlich ein guter Anfang«, antwortete Estral.

Aber was war die Wahrheit?, fragte er sich. Er hatte gemeint, es zu wissen, aber jetzt, da er Karigan wiedersah … Estral nahm seine Hand und schlang ihre Finger um die seinen. Als ihre Blicke sich trafen, verschwand seine Verwirrung.

Zumindest für den Augenblick.

 

Alton hatte das Gefühl, in zu viele Richtungen zugleich gezerrt zu werden. Die Reiter wollten etwas zu essen, sie wollten einen trockenen Platz für ihre Ausrüstung, sie überschütteten ihn mit Fragen, sie wollten das Lager erforschen, sie wollten noch mehr essen und sie wollten unbedingt den Himmelsturm besichtigen. Es war lange her, dass er so von anderen Reitern umringt gewesen war, und in der dunklen, stillen Zeit am Wall hatte er ganz vergessen, wie ausgelassen seine Kameraden sein konnten, vor allem die jüngeren. Lynx war nach wie vor kühl und schweigsam, gab sich aber interessiert. Karigan schwatzte hauptsächlich mit Estral über Selium und die Leute in der Schule dort, die sie beide kannten.

Zum Glück waren Dale und Garth da, um ihm beim Beantworten der Fragen und beim Organisieren zu helfen. Alton kam der Gedanke, dass die ganze Betriebsamkeit eigentlich eine großartige Ablenkung war, denn dadurch konnte er es vermeiden, Karigan gegenüber seine Gefühle für Estral zuzugeben.

Als sie auf ihrem Rundgang vor dem Himmelsturm standen, zeigte Dale ihnen, wie leicht es Reitern fiel, durch den Wall zu gehen, wobei sie sich bei dem Förster Ard entschuldigte, der sie nicht begleiten konnte. Die Reiter probierten es aus, zunächst vorsichtig und dann mit wachsender Begeisterung, und gingen mehrmals hinein und hinaus. Der nächststehende diensthabende Wächter beobachtete sie entsetzt.

Alton seufzte. »Am besten gewöhnen Sie sich daran, Dixon, denn sie bleiben hier. Jedenfalls die meisten.«

Als Alton selbst in den Turm trat, rissen die Reiter gerade neugierig die Schränke auf und blätterten in den Büchern auf dem Tisch. Er raufte sich beinah die Haare, denn er hatte die Bücher sehr penibel geordnet, aber er zwang sich zur Ruhe. Ihm fiel auf, dass Karigan nach oben zu dem fernen Loch im Dach starrte.

»Ich habe gehört, dass es den Turm ziemlich durchgerüttelt hat«, sagte sie zu ihm. »Aber ich wusste nicht, dass so viel Schaden entstanden ist.«

Bevor Alton antworten konnte, sagte Dale: »Wir wären fast zerquetscht worden!«

Karigans Augen weiteten sich. »Wie ich sehe, habt ihr es gut überstanden.« Als sie merkte, dass Estral ihnen in den Turm gefolgt war, wurden ihre Augen noch größer. »Estral? Wie ist sie hier hereingekommen?«

Alton lächelte. »Beim ersten Mal hat sie mich auch damit überrascht. Sie singt den Hütern etwas vor. Sie sagt, dass sie sie gern mögen.«

Karigan sah ihn an, als wollte sie sich vergewissern, ob sie richtig gehört hatte. Jemand schrie auf und beide fuhren zusammen. Es war Fern, die die erstaunlichste Sehenswürdigkeit des Turms gefunden hatte, nämlich die Graslandschaft innerhalb des Säulenkreises. Die anderen wollten das natürlich ebenfalls erleben, und es gab viele aufgeregte Diskussionen und Experimente, genau wie vorhin, als sie die Mauer des Turmes durchquert hatten.

»Wahrscheinlich wird es ihnen irgendwann langweilig … es fragt sich nur, wann«, sagte Karigan mit einem ironischen Lächeln. »Ich muss zugeben, dass ich mich an diesen Ort kaum erinnere.« Sie schlenderte fort, untersuchte die verschiedenen Nischen und Wandvertiefungen der Kammer und blieb eine ganze Weile stehen, um unter dem westlichen Bogengang hindurchzublicken, wo Hauptmann Mebstone sie beide vor fast einem Jahr nach ihren unterschiedlichen Erlebnissen im Schwarzschleierwald halb tot gefunden hatte. Sie entfernte sich von dem Bogen und ging zu den anderen Reitern an den Tempesstein, um sich die Graslandschaft anzusehen.

Estral kam zu Alton und beobachtete die Reiter mit amüsiert blitzenden Augen. »Nun wird es hier etwas lebhafter werden, meinst du nicht?«

»Wir werden sehen. Wenn ich sie erst bei den verschiedenen Türmen stationiert habe, gelingt es uns vielleicht, den Lärmpegel wieder zu einem langweiligen Dröhnen zu reduzieren.«

An diesem Abend entwickelte sich im Messezelt eine Art Fest. Estral wurde zum Singen und Spielen abkommandiert, und die Reiter tanzten ausgelassen, wobei die Soldaten, die dienstfrei hatten, sich zu ihnen gesellten. Alton überließ es Dale und Garth, auf die Reiter aufzupassen, damit sie nichts kaputt machten.

Er saß mit Karigan, Lynx und Ard an einem Tisch. Karigan schien tief in Gedanken versunken, und Lynx rauchte seine Pfeife, die Augen halb geschlossen, als befände er sich in einer ganz anderen Welt. Ard klatschte im Takt eines wilden Wirtshausliedes. Alton beobachtete Yates, der zum großen Vergnügen der anderen rückwärtige Saltos schlug.

»Allmählich glaube ich, Yates war in einem früheren Leben Akrobat«, sagte Karigan.

»Ich kann kaum glauben, dass Hauptmann Mebstone ausgerechnet ihn für die Expedition ausgewählt hat.«

»Er kann gut Landkarten zeichnen«, antwortete Karigan. »Und er hat sich freiwillig gemeldet.«

»Freiwillig? Ist er verrückt?«

Karigan sah ihn lange an. Abgesehen von ihm selbst war sie die Einzige, die wusste was es hieß, den Schwarzschleierwald zu betreten. Außer ihnen hatte niemand, der dort gewesen war, überlebt. Er begriff, dass dies etwas war, das sie beide verband – eine Verbindung, die keiner anderen glich.

»Selbst von hier aus kann ich die Unruhe im Wald spüren, obwohl der Wall ihn abschirmt«, sagte Lynx unerwartet. »Finstere Wesen mit ihren finsteren Gedanken.«

Alton schauderte, und Ard hörte auf zu klatschen. »Deine Worte flößen nicht gerade Zuversicht ein«, sagte der Förster.

»Das sollen sie auch nicht«, murmelte Lynx.

»Also, ich habe mich nicht gerade freiwillig für diesen Dienst gemeldet«, antwortete Ard. »Mein Vorgesetzter, Lord Spane, hat mich Lord Coutre empfohlen. Ich nehme an, es ist besser, wenn ich gehe, nicht irgendein jüngerer Mann mit weniger Erfahrung, der eine Familie hat. Außerdem würde ich alles für meinen Herrn und meine Herrin tun, und besonders für Lady Estora. Das soll nicht heißen, dass ich mich darauf freue.« Schweigen folgte seiner Aussage, und er stand abrupt auf. »Ich sehe mal nach, ob noch Kuchen übrig ist.«

Alton sah dem Förster nach, als er sich seinen Weg durch das Zelt zum Kochbereich bahnte. Ihm fiel auf, dass Ard von allen Anwesenden anscheinend am meisten daran lag, in Karigans Nähe zu sein. Selbst jetzt, über das ganze Zelt hinweg, richtete er seinen aufmerksamen Blick auf sie. Alton wusste nicht, was er davon halten sollte. Vielleicht wollte der Förster lediglich auf sie achtgeben. Sie war die einzige weibliche Expeditionsteilnehmerin, und vielleicht hatte Ard noch nicht begriffen, dass sie sehr gut auf sich selbst achtgeben konnte.

Alton dachte, er solle sich vermutlich darüber freuen, dass Ard auf Karigan aufpasste, aber er ärgerte sich darüber. War er etwa eifersüchtig? Fast hätte er sich selbst laut ausgelacht. Er hatte kein Recht mehr, auf sie eifersüchtig zu sein, und außerdem war er davon überzeugt, dass Ard ohnehin nicht ihr Typ war. Er konnte sich jedenfalls nicht vorstellen, dass Karigan ihn anziehend fand.

»Keine Spur der Eleter?«, fragte Karigan.

»Nichts.«

»Na ja, sie haben ja auch noch einen ganzen Tag Zeit bis zur Tagundnachtgleiche.«

»Und wenn sie nicht kommen, was passiert dann?«

»Oh, sie werden schon kommen«, sagte Karigan mit ruhiger Überzeugung. »Sie werden kommen, und wir werden in den Schwarzschleierwald reiten. Schließlich war das Ganze ihre Idee.«

»Was bezwecken sie wohl damit?«, überlegte Alton.

»Genau das möchte unser König auch herausfinden«, sagte Lynx. »Früher war der Schwarzschleier ihr Reich Argenthyne, und ich nehme an, sie kehren dorthin zurück, um es wiederzusehen.« Mit dieser Feststellung stand er auf und verabschiedete sich für die Nacht.

Nun war Alton mit Karigan allein. Verlegen schwiegen sie einander an.

»Es ist lange her, nicht?«, sagte Karigan mit einem schüchternen Lächeln. »Wir wissen gar nicht, wo wir anfangen sollen.«

»Also, ich möchte alles hören, was du seit dem letzten Herbst erlebt hast«, antwortete Alton. »Ich habe ein paar Brocken über Lady Estora und das Silberholz-Buch aufgeschnappt, aber ich kann mir kein Gesamtbild machen. Du warst mit einem der neuen Reiter auf einem Trainingsritt, nicht wahr? Mit Fergal?«

»Ja, und ich war gar nicht glücklich darüber.« Karigan lachte und fing an, ihm von der Reise und ihren Erlebnissen mit Fergal zu erzählen, aber Alton merkte, dass sie wie immer gewisse Einzelheiten ausließ. Zum Beispiel erwähnte sie nicht, wieso Fergal von der Fähre in den Grandgent gefallen war, und was den Gasthof im Flusshafen anging, in dem sie übernachtet hatten, war sie unerklärlich zugeknöpft. Als sie von der Rettung Lady Estoras erzählte, betonte sie vor allem die Rollen, die andere dabei gespielt hatten. Es lag ihr nun einmal nicht, sich hervorzutun und Beifall einzuheimsen. Je weniger sie über sich selbst erzählte, desto sicherer war er, dass sie der entscheidende Faktor bei der Befreiungsaktion gewesen war.

Sie ist Sir Karigan, rief er sich ins Gedächtnis. Diese Auszeichnung ist seit zweihundert Jahren niemandem mehr zuteil geworden und wurde ihr als Einziger von allen, die an jenen Ereignissen beteiligt waren, verliehen. Mit Sicherheit hielt der König ihre Taten für außergewöhnlich. Er lächelte ein wenig vor sich hin, als ihm einfiel, wie Karigan als Schulmädchen gewesen war, aber selbst damals hatte sie erstaunliche Dinge getan, die schließlich zur Rettung des Königs führten, als sein Bruder den Staatsstreich versuchte. Alton erinnerte sich an die Dunkelheit, die er vorhin kurz in ihren Augen wahrgenommen hatte. Seitdem hatte er sie nicht mehr gesehen, aber ihn beschlich trotzdem der deutliche Eindruck, dass sich unter ihrem Äußeren jetzt irgendetwas wesentlich Komplexeres verbarg als früher. Etwas, das sie, so seltsam sich das auch anhörte, vom Rest der Welt absonderte.

»Und so kam ich hierher«, sagte sie.

Überrascht merkte er, dass seine Gedanken ihn von der Zusammenfassung ihrer Erzählung abgelenkt hatten.

»Du bist dran«, sagte Karigan. »Was hast du alles erlebt?«

Alton spähte zu Estral hinüber, die den Reitern ein neues Lied beibrachte. Laternenlicht schimmerte in ihrem Haar, und bei ihrem Lächeln taumelte sein Herz. Er riss seinen Blick von ihr los, sah wieder Karigan an, erzählte ihr von seinen Mühen mit dem Wall und hätte sich fast durch Gelächter verraten, als er merkte, dass er ihr ebenfalls gewisse Dinge verschwieg, genau wie sie ihm. Er entschied, dass sie nicht zu wissen brauchte, wie tief der Wahnsinn gewesen war, in den er nach seiner Zeit im Wald versunken war. Das zu erwähnen wäre so gewesen, als würde man den Schorf von einer Wunde abkratzen, die beinah verheilt war. Es hatte eine Zeit gegeben, überlegte er, in der sie einander alles erzählt hätten. Nun benahmen sie sich wie Fremde. Als er fertig war, hatte er außer den dürren Fakten ihrer Ankunft nichts von Estral erwähnt.

»Mich wundert, dass sie überhaupt aus Selium weggegangen ist«, sagte Karigan, »und dann auch noch ausgerechnet hierher.«

»Wir … wir genießen die Musik sehr«, antwortete Alton, der nicht bereit war, mehr hinzuzufügen.

Sie schwiegen wieder und Karigan betrachtete ihn, als hätte sie mehr von ihm erwartet. Er versuchte, sich etwas einfallen zu lassen, irgendetwas, aber davon wurde ihm nur heiß unter seinem Kragen. Zum Glück rettete ihn Dale, die herantrat und sich auf die Bank neben Karigan fallen ließ.

»Na, ihr seid aber gefühlsselig«, stellte sie fest. »Alle anderen amüsieren sich königlich und ihr beiden seht aus, als würdet ihr am liebsten mit Bettlern und Totengräbern durchbrennen.«

»Wir haben einander unsere Neuigkeiten erzählt«, sagte Alton.

»Apropos«, sagte Dale und sah Karigan direkt an, »was habe ich da über den Maskenball des Königs gehört? Du warst die verrückte Königin Wüstina? Das war eins meiner Lieblingstheaterstücke. ›Königin Wüstina hat einundzwanzig Katzen, die tragen Hüte und fressen ’nen Batzen …‹«

»Neiiiiin«, heulte Karigan und vergrub ihr Gesicht in den Händen. »Nicht mal hier am Wall bin ich davor sicher!«

»Das fürchte ich auch«, sagte Dale vergnügt. »Erzähl mir alles

Während Karigan von der Maskerade erzählte, schielte Alton heimlich zu Estral hinüber. Die Reiter saßen in einem Halbkreis um sie herum, und sie erzählte ihnen irgendeine spannende Geschichte. Er verlor sich in Träumereien, aus denen Dale ihn riss, als sie mit spitzer Stimme schrie: »Mordversuch?«

Nun hörte Alton konzentriert zu, als Karigan von dem Anschlag auf König Zacharias’ Leben berichtete. Das Ganze schien ihm schlecht geplant und unbeholfen. Hätten die Waffen den Möchtegernmörder nicht aufgehalten, hätte der König dies bestimmt auch selbst tun können, und zwar mit verbundenen Augen und linkshändig, aber dennoch war Karigans Gesicht bleich, als sie die Geschichte erzählte.

»Der König hätte diesen Narren notfalls mit einem einzigen Blick umlegen können«, sagte Dale abfällig. »Keine der Waffen ist besser ausgebildet als er.«

»Ich weiß, ich weiß«, antwortete Karigan. »Er ist unser König und ich … ich will nicht, dass er verletzt wird, das ist alles.«

Alton zog die Augenbrauen zusammen. Hinter dieser Aussage steckte etwas Unausgesprochenes.

»Na gut, Königin Wüstina«, sagte Dale, »wollen wir nicht zu den anderen gehen und mitsingen?«

Karigan stöhnte, und Dale lachte. Dale nahm ihre Freundin bei der Hand und führte sie zu den anderen.

Alton stieß einen erleichterten Seufzer aus, weil er für diesmal davongekommen war, ohne die Wahrheit über seine Zuneigung zu Estral zu gestehen.

Pfad der Schatten reiter4
titlepage.xhtml
cover.html
e9783641094324_fm01.html
e9783641094324_ata01.html
e9783641094324_toc01.html
e9783641094324_ded01.html
e9783641094324_c01.html
e9783641094324_c02.html
e9783641094324_c03.html
e9783641094324_c04.html
e9783641094324_c05.html
e9783641094324_c06.html
e9783641094324_c07.html
e9783641094324_c08.html
e9783641094324_c09.html
e9783641094324_c10.html
e9783641094324_c11.html
e9783641094324_c12.html
e9783641094324_c13.html
e9783641094324_c14.html
e9783641094324_c15.html
e9783641094324_c16.html
e9783641094324_c17.html
e9783641094324_c18.html
e9783641094324_c19.html
e9783641094324_c20.html
e9783641094324_c21.html
e9783641094324_c22.html
e9783641094324_c23.html
e9783641094324_c24.html
e9783641094324_c25.html
e9783641094324_c26.html
e9783641094324_c27.html
e9783641094324_c28.html
e9783641094324_c29.html
e9783641094324_c30.html
e9783641094324_c31.html
e9783641094324_c32.html
e9783641094324_c33.html
e9783641094324_c34.html
e9783641094324_c35.html
e9783641094324_c36.html
e9783641094324_c37.html
e9783641094324_c38.html
e9783641094324_c39.html
e9783641094324_c40.html
e9783641094324_c41.html
e9783641094324_c42.html
e9783641094324_c43.html
e9783641094324_c44.html
e9783641094324_c45.html
e9783641094324_c46.html
e9783641094324_c47.html
e9783641094324_c48.html
e9783641094324_c49.html
e9783641094324_c50.html
e9783641094324_c51.html
e9783641094324_c52.html
e9783641094324_c53.html
e9783641094324_c54.html
e9783641094324_c55.html
e9783641094324_c56.html
e9783641094324_c57.html
e9783641094324_c58.html
e9783641094324_c59.html
e9783641094324_c60.html
e9783641094324_c61.html
e9783641094324_c62.html
e9783641094324_c63.html
e9783641094324_c64.html
e9783641094324_c65.html
e9783641094324_c66.html
e9783641094324_c67.html
e9783641094324_c68.html
e9783641094324_c69.html
e9783641094324_c70.html
e9783641094324_c71.html
e9783641094324_c72.html
e9783641094324_c73.html
e9783641094324_c74.html
e9783641094324_c75.html
e9783641094324_c76.html
e9783641094324_c77.html
e9783641094324_c78.html
e9783641094324_c79.html
e9783641094324_c80.html
e9783641094324_c81.html
e9783641094324_c82.html
e9783641094324_c83.html
e9783641094324_c84.html
e9783641094324_c85.html
e9783641094324_c86.html
e9783641094324_c87.html
e9783641094324_c88.html
e9783641094324_c89.html
e9783641094324_c90.html
e9783641094324_c91.html
e9783641094324_c92.html
e9783641094324_c93.html
e9783641094324_c94.html
e9783641094324_c95.html
e9783641094324_c96.html
e9783641094324_c97.html
e9783641094324_c98.html
e9783641094324_c99.html
e9783641094324_c100.html
e9783641094324_c101.html
e9783641094324_c102.html
e9783641094324_c103.html
e9783641094324_c104.html
e9783641094324_c105.html
e9783641094324_c106.html
e9783641094324_c107.html
e9783641094324_c108.html
e9783641094324_c109.html
e9783641094324_ack01.html
e9783641094324_cop01.html