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Mit einem kurzen Ruck am Zügel brachte Nora Arbuckles zum Stehen und blickte hinunter in den grünen Canon, den der alte Indianer als Chilbah-Tal bezeichnet hatte. Das Pferd war ganz verschwitzt und zitterte vor Aufregung, und auch Nora selbst fühlte sich müde und ausgelaugt vom anstrengenden Aufstieg auf das Devil's Backbone hinauf. Wieder hatte Nora den Pferden die Hufeisen abgenommen, so dass sie den gefährlichen Weg über den glatten Sandstein ohne größere Probleme gemeistert hatten.
Hier oben am Grat blies Nora ein frischer Wind ins Gesicht. Über den Bergen im Norden bildeten sich Gewitterwolken, doch der Canon vor ihr lag im Sonnenschein des frühen Nachmittags.
Smithback kam hinter ihr heraufgekeucht und blieb schwer atmend neben ihr stehen. »Da wäre es also, das Chilbah-Tal, der Hort alles Bösen«, sagte er nach einer kurzen Verschnaufpause. Sein Ton hätte spaßig klingen sollen, aber seine Stimme zitterte noch vor Anstrengung.
Nora erwiderte nichts, sondern ging in die Hocke, um den Pferden die Hufeisen wieder anzulegen. Als sie damit fertig war, klopfte sie sich den Staub von den Kleidern, holte ihr Fernglas aus der Satteltasche und suchte damit die Talsohle nach Swire und den Pferden ab. Nach dem langen Ritt durch die Wüste genoss sie den Anblick der Pappeln und des saftigen Grases unten im Tal. Sie entdeckte Swire nach kurzer Suche am Ufer des Flusses. Er saß auf einem Felsen und sah den Pferden beim Grasen zu. Plötzlich drehte er den Kopf und schaute direkt zu ihr herauf.
»Das Böse liegt im Menschen«, sagte Nora schließlich. »Nicht in einer Landschaft.«
»Das mag sein«, erwiderte Smithback. »Aber ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass etwas mit diesem Tal nicht stimmt. Es kam mir schon immer irgendwie unheimlich vor.«
Nora sah den Journalisten erstaunt an. »Dann war ich also nicht die Einzige«, meinte sie.
Sie stiegen auf und ritten schweigend hinunter ins Tal. Als sie den Fluss erreicht hatten, ließen sie die Pferde trinken, blieben aber im Sattel sitzen. Die Tiere wateten durch das seichte Wasser, das ihnen an den Beinen vorbeigurgelte. Aus dem Augenwinkel sah Nora, wie am anderen Flussufer Swire auf einem Pferd ohne Sattel und Zaumzeug heranritt.
Gegenüber von Nora und Smithback blieb er stehen und blickte zwischen den beiden hin und her. »Dann haben Sie also tatsächlich beide Pferde zurückgebracht«, sagte er mit nur schlecht verhohlener Erleichterung zu Nora. »Und was ist mit den Schweinehunden, die Crow Bait und Hoosegow den Bauch aufgeschlitzt haben? Haben Sie die erwischt?«
»Nein«, antwortete Nora. »Der Mann, den Sie auf dem Bergrücken gesehen haben, war ein alter Indianer, der weiter oben im Canon-Land sein Lager aufgeschlagen hat.«
Ein skeptischer Ausdruck huschte über Swires Gesicht. »Ein alter Indianer? Was, zum Teufel, hat der denn da oben auf dem Berg zu suchen?«
»Er wollte wissen, wer hier ist«, erwiderte Nora. »Er hat uns erzählt, dass die Leute aus seinem Dorf sich nicht hierher wagen.«
Swire blieb eine Weile stumm sitzen und kaute auf seinem Tabak herum. »Dann sind Sie wohl einer falschen Spur gefolgt«, sagte er dann.
»Wir sind den Spuren des Mannes gefolgt, den Sie gesehen haben.«
Anstatt einer Antwort spuckte Swire einen Strahl Kautabak in den Sand neben dem Fluss.
»Roscoe«, fuhr Nora fort und bemühte sich, ihre Stimme neutral zu halten. »Wenn Sie diesen Mann mit eigenen Augen gesehen hätten, wären Sie genauso überzeugt wie wir, dass er Ihre Pferde nicht getötet hat.«
Swire kaute weiter. Eine ganze Minute lang herrschte angespanntes Schweigen, während Nora und der Cowboy sich über den Fluss hinweg anstarrten. Dann spuckte Swire ein zweites Mal aus. »Mist«, knurrte er. »Ich weiß nicht, ob Sie Recht haben, aber wenn das, was Sie sagen, stimmen sollte, dann laufen diese Schweine, die meine Pferde umgebracht haben, noch immer frei herum.« Ohne ein weiteres Wort schlug er seinem Pferd die Hacken in die Seite, ließ es umdrehen und am Fluss entlang zurücktraben.
Nora schaute ihm eine Weile hinterher und blickte dann hinüber zu Smithback. Der Journalist zuckte mit den Achseln.
Während sie durch das Tal zu dem nach Quivira führenden Slot- Canon ritten, blickte Nora hinauf zum Himmel. Im Norden hatten sich dichte Gewitterwolken gebildet. Sie runzelte die Stirn. Eigentlich sollte die sommerliche Regenzeit erst in ein paar Wochen beginnen, aber wenn der Himmel so aussah wie jetzt, würde es mit ziemlicher Sicherheit noch an diesem Nachmittag einen Wolkenbruch geben.
Nora gab ihrem Pferd die Sporen. Wir müssen durch den Slot-Canon durch sein, bevor das Gewitter losbricht, dachte sie. Bald waren sie am Eingang der Schlucht angelangt, wo sie die Pferde absattelten, die Sättel wasserdicht verpackten und sorgfältig versteckten. Dann ließen sie die Pferde frei, damit sie zum Rest der Herde laufen konnten.
Eine Stunde später erreichten sie nach einer langen, nassen und anstrengenden Kletterei das andere Ende des Slot-Canons. Schwer atmend gingen sie nebeneinander auf das Lager zu und schüttelten sich dabei den Schlamm und den Treibsand von den Beinen.
Auf einmal blieb Nora abrupt stehen. Irgendetwas war nicht in Ordnung. Das Lager lag verlassen da, und das Feuer brannte qualmend vor sich hin, ohne dass sich jemand darum kümmerte. Aus der Felswand, in der sich der Alkoven von Quivira verbarg, konnte sie aufgeregte Stimmen hören.
Trotz ihrer Erschöpfung streifte sie den Rucksack ab, lief hinüber zu der Strickleiter und kletterte nach oben. Als sie in dem Alkoven angelangt war, sah sie Sloane und Black, die auf dem Hauptplatz der Stadt miteinander sprachen. Etwas entfernt von ihnen saß Bonarotti im Schneidersitz auf dem Boden und schaute ihnen zu.
Als Sloane Nora erblickte, ließ sie Black stehen und rannte auf sie zu. »Nora!«, rief sie noch im Laufen. »Jemand hat unsere Funkgeräte zerstört.«
Erschöpft setzte sich Nora auf die Mauer am Rand des Alkovens. »Erzählen Sie mir alles der Reihe nach«, bat sie.
»Es muss wohl während der Nacht passiert sein«, begann Sloane, während sie sich neben ihr niederließ. »Beim Frühstück sagte Peter, dass er vor seiner Arbeit in der Stadt nach oben sehen und seine Geräte kontrollieren wolle. Ich hätte ihm am liebsten den Tag frei gegeben, denn er sah nicht gut aus, aber er bestand darauf. Er sagte, er habe in der Nacht ein seltsames Geräusch gehört. Kaum war er oben, da rief er auch schon nach mir, und ich kletterte zu ihm hinauf.« Sloane hielt inne. »Nora, unsere Funkgeräte sind nur noch Schrott. Jemand hat sie kurz und klein geschlagen.«
Nora schaute Sloane an. Die junge Frau sah ungewohnt mitgenommen aus. Ihre Augen waren gerötet und ihre Haare unfrisiert.
»Ist denn alles kaputt?«, fragte Nora.
Sloane nickte. »Die Funkgeräte, die Antennen, alles. Nur der Wetterempfänger funktioniert noch. Offenbar haben sie ihn oben im Baum nicht bemerkt.«
»Hat außer Holroyd sonst noch jemand etwas gehört oder gesehen?«
Black blickte rasch hinüber zu Sloane, bevor er an ihrer Stelle antwortete. »Nein, niemand.«
»Ich habe den ganzen Tag über besonders Acht gegeben«, sagte Sloane, »aber ich habe nichts und niemanden bemerkt.«
»Was ist mit Swire?«
»Der war schon bei den Pferden, als Holroyd seine Entdeckung machte. Ich konnte ihn also noch nicht fragen.« Nora seufzte tief. »Ich würde gerne mit Peter über die Sache reden. Wo ist er?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete Sloane. »Er ist vor mir die Strickleiter hinabgestiegen. Ich denke, er ist wohl in sein Zelt gegangen, um sich hinzulegen. Er war ziemlich fertig und... irgendwie durcheinander. Er hat sogar geweint. Ich schätze, die Geräte waren ihm sehr wichtig.«
Nora stand auf und ging zur Strickleiter. »Bill!«, rief sie hinunter in das Tal.
»Was gibt's, Madame?«, drang die Stimme des Journalisten herauf.
»Gehen Sie doch mal zu den Zelten und sehen Sie nach, wo Holroyd ist.« Während Nora wartete, ließ sie den Blick über den Canon-Rand schweifen.
»Er ist nicht in seinem Zelt«, rief Smithback nach einer Weile herauf.
Nora ging zurück zu der Mauer und setzte sich. Sie zitterte und bemerkte erst jetzt, dass ihre Kleidung vom Durchklettern des Slot- Canons noch ganz nass war. »Dann muss er wohl irgendwo in der Ruine sein«, sagte sie.
»Das ist möglich«, erwiderte Sloane. »Er hat gestern davon gesprochen, dass er das Magnetometer neu kalibrieren wolle. Irgendwie ist mir bei dem ganzen Trubel gar nicht aufgefallen, dass er nicht mehr da ist.«
»Was ist eigentlich mit den Pferdekillern?«, unterbrach Black. »Haben Sie sie gefunden?«
Nora zögerte einen Augenblick, bevor sie den Entschluss fasste, die anderen nicht mit Beiyoodzins Hexengeschichten zu beunruhigen. »Wir haben nur eine Spur entdeckt, und die führte in das Lager eines alten Indianers, der aber die Tiere nicht getötet hat. Dass unsere Funkgeräte gestern Nacht zerstört wurden, legt den Verdacht nahe, dass sich die Pferdekiller noch immer hier in der Nähe aufhalten.«
Black fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Toll«, sagte er. »Dann werden wir ab jetzt wohl Wachen aufstellen müssen.«
Nora blickte auf ihre Uhr. »Lassen Sie uns Peter suchen«, sagte sie. »Ich will wissen, ob er nicht eine Art Notsender zusammenbasteln kann.«
»Ich schaue mal in dem Haus nach in dem er zuletzt mit dem Magnetometer gearbeitet hat«, sagte Sloane und ging davon. Black folgte ihr. Bonarotti trat auf Nora zu und steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen. Nora wollte ihn eigentlich darauf hinweisen, dass in der Ruine Rauchen verboten war. aber ihr fehlte einfach die Kraft dazu.
Hinter sich hörte sie ein Geräusch und sah, wie Smithbacks zerzauster Kopf am oberen Ende der Strickleiter erschien. »Was gibt's?«, fragte er.
»Jemand war letzte Nacht hier und hat unsere Funkausrüstung zerstört«, erklärte Nora. Sie wollte noch mehr sagen, aber ein lautes Rufen aus der Stadt unterbrach sie. Einen Moment später kam Sloane aus einem der Häuser auf der anderen Seite des Hauptplatzes und winkte sie aufgeregt herbei.
»Ich habe Peter gefunden!« Ihre Stimme hallte gespenstisch durch die leere Stadt. »Es geht ihm nicht gut! Er ist krank!«
Sofort sprang Nora auf. »Holen Sie Aragon«, sagte sie zu Bonarotti. »Er soll mit seinem Sanitätskasten sofort zu uns kommen.« Dann rannte sie zusammen mit Smithback quer über den Platz.
Gebückt betraten sie den im ersten Stock gelegenen Gebäudekomplex, in dem sie die Grabmulde entdeckt hatten. Nachdem sich Noras Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah sie, wie in einem der Räume Sloane neben dem auf dem Boden liegenden Holroyd kniete. Black stand, einen Ausdruck des Entsetzens im Gesicht, ein paar Schritte abseits. Neben Holroyd lag das geöffnete Magnetometer, von dem einige Bauteile auf dem Boden verstreut waren.
Nora schluckte schwer und kniete sich ebenfalls neben Holroyd hin. Sein Mund stand weit offen und wirkte so starr, als wäre sein Kiefer in dieser Stellung eingeschnappt. Holroyd hing die Zunge schwarz und dick geschwollen zwischen den aufgedunsenen, blau verfärbten Lippen heraus, und seine Augen waren ein Stück weit aus ihren Höhlen getreten. Mit jedem mühsamen Atemzug drang ein fauliger, nach Verwesung stinkender Geruch aus seinem Mund.
Nora bemerkte, wie Aragon hinter ihr in den Raum trat. »Halten Sie mir bitte die Lampe«, sagte er ruhig. Er gab Nora eine Taschenlampe, legte zwei Stoffsäcke auf den Boden und öffnete einen davon. »Würden Sie mir bitte die Neonlampe bringen, Dr. Goddard?«, bat er Sloane. »Und jetzt möchte ich alle bis auf Dr. Kelly bitten, den Raum zu verlassen.«
Nora richtete den Strahl der Taschenlampe auf Holroyd. Die Pupillen seiner glasigen Augen waren nicht größer als Stecknadelköpfe. »Peter«, sagte sie und nahm seine Hand in die ihre. »Enrique ist hier, um Ihnen zu helfen. Alles wird wieder gut.«
Aragon tastete Holroyds Brust und Unterleib ab, bevor er aus einem der Säcke eine Blutdruckmanschette und ein Stethoskop holte. Als er Peters Hemd aufknöpfte, um ihm die Brust abzuhören, bemerkte Nora zu ihrem Entsetzen, dass Holroyds blasse Haut mehrere dunkle Veränderungen aufwies. »Was ist das?«, fragte sie.
Aragon schüttelte lediglich den Kopf und rief Black herein. »Besorgen Sie ein Stück Leinwand und Stangen, aus denen man eine Trage bauen kann. Und sagen Sie Bonarotti, dass er Wasser kochen soll.«
Nachdem Aragon eingehend Holroyds Gesicht untersucht hatte, betrachtete er seine Fingerkuppen. »Zyanose«, murmelte er und holte aus dem zweiten Stoffsack eine kleine Sauerstoffflasche und ein paar Nasenschläuche. »Ich stelle den Durchfluss auf zwei Liter ein«, sagte er, während er Nora die Flasche gab und Holroyd die Schläuche in die Nasenlöcher steckte.
Nora hörte Schritte, und kurz darauf kam Sloane mit der batteriebetriebenen Neonlampe herein, die den Raum in ein helles, grünlichkaltes Licht tauchte. Aragon nahm die Bügel des Stethoskops aus den Ohren und blickte auf. »Wir müssen ihn hinunter ins Lager schaffen«, sagte er. »Der Mann gehört so rasch wie möglich in ein Krankenhaus.«
Sloane schüttelte den Kopf. »Unsere Funkgeräte sind alle zerstört«, erwiderte sie. »Das Einzige, was noch funktioniert, ist der Empfänger für den Wetterbericht.«
»Können wir denn daraus nicht einen Notsender basteln?«, fragte Nora.
»Der Einzige, der möglicherweise dazu in der Lage wäre, ist Peter«, entgegnete Sloane.
»Und was ist mit den Handys?«, wollte Aragon wissen. »Wie weit sind wir von der Reichweite der nächsten Mobilfunkstation entfernt?«
»In der Gegend von Escalante dürfte es wieder Empfang geben«, antwortete Sloane. »Oder am Hafen von Wahweap.«
»Dann geben Sie Swire ein Handy, und sagen Sie ihm, dass er losreiten soll. Wir brauchen dringend einen Hubschrauber.«
Es entstand eine kurze Pause, bevor Nora langsam sagte: »Ein Hubschrauber kann hier nicht landen. Die Canons sind zu schmal, und an den Klippen gibt es gefährliche Aufwinde. Ich habe mich mit diesem Problem ausgiebig auseinandergesetzt, als wir die Expedition planten.«
»Ist das ganz sicher?«
Nora nickte. »Die nächste Ansiedlung ist drei Tagesritte entfernt. Können wir Peter nicht mit den Pferden dort hinschaffen?«
Aragon blickte hinab zu Holroyd. »Das wäre sein Tod.«
Smithback und Black kamen zurück und brachten eine primitive Trage, die aus einem zwischen zwei langen Holzstangen befestigten Stück Segeltuch bestand. Vorsichtig legten sie Holroyds steifen Körper darauf und trugen ihn hinaus auf den Hauptplatz.
Aragon folgte ihnen mit seiner Ausrüstung. Er machte einen niedergeschlagenen Eindruck. Als sie unter dem Felsüberhang heraustraten, spürte Nora einen kalten Tropfen auf ihrem Arm. Es hatte angefangen zu regnen.
Auf einmal ließ Holroyd ein ersticktes Husten hören. Seine geröteten Augen traten noch weiter aus ihren Höhlen hervor und blickten in Panik unruhig umher. Seine Muskeln krampften sich zusammen, und seine Lippen zitterten, als wolle er seinem weit aufgerissenen Mund mit Gewalt ein paar Worte entringen. Das Seil, mit dem Black und Smithback ihn an der Trage festgebunden hatten, spannte sich ächzend.
Aragon befahl, die Trage abzusetzen, und kniete sich neben Holroyd nieder, während er in einem seiner Säcke herumkramte. Schließlich holte er einen Endrotrachyaltubus hervor, an dessen einem Ende ein schwarzer Gummiball befestigt war.
Erstickte Worte kamen aus Holroyds Mund. »Ich habe versagt, Nora«, brachte er unter großer Anstrengung hervor.
»Das stimmt nicht, Peter«, sagte Nora und drückte ihm fest die Hand. »Ohne Sie hätten wir Quivira niemals gefunden.«
Peter rang nach weiteren Worten, aber Nora legte ihm sanft ihren Zeigefinger auf die Lippen. »Sparen Sie sich Ihre Kräfte, Peter«, flüsterte sie.
»Ich werde ihn jetzt intubieren«, erklärt Aragon, während er Holroyd sanft den Kopf nach hinten drückte. Dann schob er ihm den durchsichtigen Plastikschlauch in die Luftröhre und gab Nora den schwarzen Gummiball in die Hand. »Drücken Sie den alle fünf Sekunden«, sagte er, wobei er die Muschel seines Stethoskops auf Holroyds Brust setzte. Bewegungslos horchte er so mehrere Minuten lang. Ein Zittern lief durch Holroyds Körper, seine Augen verdrehten sich. Aragon richtete sich auf und begann mit einer Herzdruckmassage.
Wie in einem bösen Traum kauerte Nora neben Holroyd und blies ihm in regelmäßigen Abständen Luft in die Lungen. Der Regen wurde heftiger und lief ihr über Gesicht und Arme. Die einzigen Geräusche außer dem Platschen der Tropfen waren das Trommeln von Aragons Fäusten auf Holroyds Brust sowie das leise Seufzen des Blasebalgs.
Und dann war es vorbei. Aragon hörte mit der Herzmassage auf und sah Nora an. Sein schmerzhaft verzerrtes Gesicht glänzte von Regen und Schweiß. Er blickte kurz hinauf zum Himmel, bevor er sein Gesicht in den Händen vergrub. Peter Holroyd war tot.