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Nora saß an einem Schreibtisch im institutseigenen Labor zur Analyse von Artefakten. Vor ihr lagen im Licht einer leise surrenden Neonlampe sechs Plastikbeutel voller Tonscherben, die alle mit schwarzem Marker als Rio puerco, Schicht I gekennzeichnet waren. In einem Schrank neben dem Tisch standen, sorgfältig zwischen Schaumstoff gepackt, vier weitere Beutel mit der Aufschrift Schicht II und einer mit der Aufschrift Schicht III. Insgesamt waren es fast fünfzig Kilo Tonscherben, die darauf warteten, von Nora untersucht zu werden.
Nora seufzte. Sie wusste, dass sie für ihren Bericht über die Ausgrabung am Rio Puerco jede dieser Scherben begutachten und klassifizieren musste. Und nach den Scherben kamen die Steinwerkzeuge und Pfeilspitzen sowie die Knochen- und Holzkohlenstücke, die Pollen und sogar die Überreste von Haaren, die alle von ihr gesichtet werden mussten. Sie öffnete den ersten Beutel, holte mit einer großen Pinzette die Scherben heraus und legte sie vor sich auf den weißen Tisch. Dann blickte sie hinauf zu dem winzigen vergitterten Fenster und sah ein Stück einer weißen Wolke am blauen Himmel vorbeiziehen. Man kommt sich ja wie in einem gottverdammten Gefängnis vor, dachte sie bitter. Dann wandte sie sich dem Bildschirm neben ihr zu, auf dem das Formular zur Dateneingabe zu sehen war.