26
Zwölf Stunden später lag die Stadt Quivira im Schatten und die letzten Strahlen der Spätnachmittagssonne beschienen die Felswände auf der anderen Seite des Canons. Nora hockte unterhalb der Stelle, die sie >das Planetarium< getauft hatten, auf der alten Mauer und fühlte sich so erschöpft wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Aus der Stadt drangen die aufgeregten Stimmen der anderen Expeditionsteilnehmer, die von dem riesigen, gewölbten Hohlraum über den Ruinen seltsam verstärkt und verzerrt wurden. Sloane hatte eine Strickleiter und ein System von Flaschenzügen installiert, mit dem Menschen und Material relativ rasch hinauf zu der Stadt gelangen konnten. Aus dem Pappelhain tief unten im Tal, in dem Nora und Sloane die letzte Nacht verbracht hatten, stieg der Rauch von Bonarottis Kochfeuer auf. Der Italiener hatte zur Feier des Tages verkündet, dass er Medaillons von wilden Langnasen-Fledermäusen mit einer Mokka-Grillsauce zubereiten und - zu Noras Erstaunen - zwei Flaschen Chaeau Petrus spendieren wolle.
Dieser Tag, dachte Nora, war der längste und erfolgreichste Tag in meinem ganzen Leben. Auch Howard Carter hatte vom »Tag der Tage« gesprochen, als er zum ersten Mal König Tutanchamuns Grabkammer betreten hatte. Nora hingegen stand die Begehung des Großen Kivas noch bevor. Damit, so hatte sie beschlossen, wollte sie warten, bis sie sich einen allgemeinen Überblick über die Stätte verschafft hatte und wieder einigermaßen klar denken konnte. Im Laufe dieses langen, ersten Tages in Quivira hatte sich Nora mehrmals dabei ertappt, wie sie zwischen den Ruinen nach Spuren im Sand, Inschriften oder Anzeichen einer Grabung Ausschau gehalten hatte, aber sie hatte nicht den kleinsten Hinweis darauf finden können, dass ihr Vater hier gewesen war. Natürlich sagte ihr die Vernunft, dass herumstreifende Tiere etwaige Spuren ihres Vaters längst verwischt hätten, ganz zu schweigen von dem Wind, der permanent frischen Sand in die Stadt wehte. Außerdem wäre ihr Vater - so er denn hier war - vermutlich genauso überwältigt von der Größe und Würde der Stadt gewesen wie sie und hätte das Anbringen einer modernen Inschrift an den alten Wänden somit bestimmt als ein Sakrileg betrachtet.
Langsam kamen die anderen aus der Ruine zurück, wobei Sloane den Schluss bildete. Swire und Smithback gingen auf Nora und die Strickleiter zu. Während Swire, dessen Gesicht unter seiner lederartigen Bräune vor Aufregung gerötet war, sich einfach wortlos hinsetzte, blieb Smithback stehen und fing an, munter draufloszuplappem. »Das ist ja unglaublich!«, tönte er mit lauter Stimme, die in der Ruhe der Ruinenstätte schrill und unangenehm schallte. »Gott im Himmel, was für eine Stadt! Dies hier wird die Entdeckung von Tutanchamuns Grab aussehen lassen wie...« Er hielt inne und suchte nach Worten, fand aber keine. Einen Augenblick hatte es sogar ihm die Sprache verschlagen. Ohne zu wissen, warum, ärgerte sich Nora darüber, dass der Journalist dieselben Gedanken hatte wie sie. »Wissen Sie, ich habe mal für das Naturgeschichtliche Museum in New York gearbeitet«, fuhr Smithback fort, »aber die Sammlungen dort können den Sachen, die wir hier nur im Vorbeigehen gesehen haben, nicht im Entferntesten das Wasser reichen. Hier ist mehr Zeug als in sämtlichen Museen der Welt, verdammt noch mal. Wenn meine Agentin das hört, wird sie...«
Noras böser Blick ließ Smithback verstummen.
»Entschuldigung, Frau Chefin«, murmelte der Journalist schließlich und trat einen Schritt zur Seite. Dann zog er ein kleines, spiralgebundenes Notizbuch aus seiner Gesäßtasche und begann etwas hineinzuschreiben.
Bald draufkamen auch Aragon, Holroyd und Black an den Rand des Alkovens. »Das ist die größte Entdeckung dieses Jahrhunderts«, verkündete Black. »Und die Krönung meiner Karriere.«
Holroyd hockte sich mit langsamen, unsicheren Bewegungen, die Nora irgendwie an einen alten Mann erinnerten, auf die Mauer. Der Staub auf seinem Gesicht war unter den Augen verschmiert, als habe er beim Anblick der Stadt geweint.
»Wie geht es Ihnen, Peter?«, fragte Nora leise.
Holroyd sah sie mit einem schwachen, dankbaren Lächeln an. »Fragen Sie mich das morgen noch mal. Ich kann es Ihnen jetzt nicht sagen.«
Nora sah hinüber zu Aragon und war gespannt, ob die Entdeckung der Stadt irgendeine Auswirkung auf dessen mürrische Reserviertheit hatte. Aragons Gesicht war schweißüberströmt, aber seine Augen glänzten wie der schwarze Obsidian, von dem sie in Quivira so viele gesehen hatte.
Aragon erwiderte Noras Blick, und zum ersten Mal, seit sie ihn kannte, zeigte sich ein richtiges, breites Lächeln auf seinem Gesicht, dessen dunkle Haut seine großen Zähne besonders weiß leuchten ließ. »Die Stadt ist fantastisch«, sagte er und drückte Nora ergriffen die Hand. »So fantastisch, dass ich es kaum fassen kann. Wir alle sind Ihnen zu Dank verpflichtet, und ich vielleicht sogar noch etwas mehr als die anderen.« Seine leise Stimme bebte von einer seltsamen Kraft. »Im Lauf der Jahre war ich zu der Überzeugung gelangt, dass wir die Geheimnisse der Anasazi nie völlig würden enträtseln können, aber jetzt denke ich anders darüber. Mit dieser Stadt haben wir den Schlüssel zu vielen ihrer Rätsel in die Hand bekommen, und ich erachte es als ein großes Privileg, dass ich bei dieser Entdeckung dabei sein darf.« Er streifte seinen Rucksack ab, stellte ihn auf den Boden und ließ sich neben Nora nieder. »Und ich muss Ihnen noch etwas sagen«, begann er zögernd. »Vielleicht ist ja jetzt nicht der richtige Zeitpunkt dafür, aber je länger wir hier sind, desto schwieriger wird es für mich werden.«
Nora sah ihn an. »Ja?«
»Sie wissen doch, dass ich der Zero-Site-Trauma-Lehre anhänge. Ich bin zwar nicht ganz so fanatisch wie manche andere, aber dennoch glaube ich, dass es ein schreckliches Verbrechen wäre, in diese Stadt einzudringen, sie ihrer Seele zu berauben und ihre Schätze in den Lagerräumen unserer Museen verschwinden zu lassen.«
Black schnaubte verächtlich. »Ach, hören Sie bloß auf mit diesem Unsinn. Der ganze ZST-Quatsch ist doch nichts weiter als eine Modeerscheinung im Kielwasser politischer Korrektheit. Ein Verbrechen wäre es, diese Stätte nicht zu untersuchen. Denken Sie nur daran, was wir hier alles lernen können.«
Aragon maß ihn mit ruhigem Blick. »Um etwas zu lernen, müssen wir die Stadt noch lange nicht ausplündern.«
»Seit wann gilt eine disziplinierte archäologische Ausgrabung denn als Plünderung?«, fragte Sloane sanft.
»Weil die Archäologie von heute die Ausplünderung von morgen ist«, erwiderte Aragon. »Sehen Sie sich bloß an, was Schliemann vor hundert Jahren in Troja angerichtet hat. Er hat die Stätte im Namen der Wissenschaft praktisch platt gemacht und für künftige Generationen unwiederbringlich zerstört. Und so etwas galt seinerzeit auch als disziplinierte archäologische Ausgrabung<«
»Wenn Sie wollen, dann können Sie von mir aus auf Zehenspitzen durch die Stadt schleichen und Ihre Fotos schießen, ohne etwas zu berühren«, sagte Black mit lauter Stimme. »Aber ich für meinen Teil kann es kaum erwarten, mich durch die Abfallhaufen zu wühlen.« Er wandte sich an Smithback. »Für einen Laien mögen Schätze und Artefakte das Wichtigste bei einer solchen Ausgrabung sein, aber in Wirklichkeit gibt es nichts Informativeres als eine Müllhalde. Es wäre gut, wenn Sie das in Ihrem Buch einmal klarstellen könnten.«
Nora hatte diese Diskussion erwartet, wenn auch nicht so bald. »Selbst wenn wir wollten«, sagte sie, nachdem sie Black und Aragon angesehen hatte, »könnten wir die Stadt jetzt nicht ausgraben. Wir dürfen schon froh sein, wenn es uns in den nächsten Wochen gelingt, einen Plan von ihr zu erstellen und die Funde wenigstens annähernd aufzulisten.«
Black wollte protestieren, doch Nora hob abwehrend die Hand. »Wenn wir die Stadt jedoch ordentlich datieren und vermessen wollen, müssen wir uns ein Minimum an invasiven Ausgrabungstechniken gestatten. Diese Arbeit wird Dr. Black übernehmen, aber er wird dabei Sorge tragen, dass er seine Probegrabungen in den Abfallhaufen so begrenzt wie möglich hält. Ansonsten wird kein Teil der Stadt selbst ausgegraben, und die Artefakte werden nur dann berührt oder bewegt, wenn es absolut unvermeidlich ist. Selbst dies darf nur mit meiner ausdrücklichen Erlaubnis geschehen. Wir wollen die Störung dieser Stätte möglichst gering halten.«
»Jetzt spricht die auch schon von Störung«, murmelte Black mit einem verächtlichen Unterton, schien aber trotzdem mit Noras Entscheidung zufrieden zu sein.
»Ein paar Proben werden wir allerdings trotz aller Zurückhaltung zur Analyse ins Institut mitnehmen müssen«, fuhr Nora fort. »Aber wir werden uns dabei auf weniger bedeutende Artefakte beschränken, die zudem mehrfach in der Stadt vorhanden sein müssen. Was auf lange Sicht mit der Stätte zu geschehen hat, liegt dann im Ermessen des Instituts. Aber ich verspreche Ihnen, Enrique, dass ich mich dort dafür einsetzen werde, dass Quivira unberührt und im Großen und Ganzen so belassen wird, wie wir es vorgefunden haben.« Sie warf Sloane, die aufmerksam zugehört hatte, einen fragenden Blick zu. »Stimmen Sie mir zu?«
Nach einer kurzen Pause nickte Sloane.
Aragon sah die beiden Frauen an. »Unter den gegebenen Umständen finde ich diese Entscheidung akzeptabel«, sagte er, lächelte kurz und erhob sich.
Erwartungsvolle Stille machte sich in der Gruppe breit.
»Nora«, sagte Aragon schließlich. »Ich möchte Ihnen im Namen aller zum Erfolg dieser Expedition gratulieren.«
Als Nora hörte, wie die anderen in die Hände klatschten und Black sogar einen anerkennenden Pfiff losließ, spürte sie eine Woge der Freude in sich aufsteigen.
Als Nächster erhob sich Smithback und hielt eine Feldflasche in die Höhe. »Und ich möchte einen Toast auf Padraic Kelly aussprechen, den Mann, ohne den wir jetzt nicht hier wären.«
Bei der Erwähnung ihres Vaters, die noch dazu von Smithback kam, spürte Nora, wie sich ihr plötzlich die Kehle zuschnürte. Den ganzen Tag über hatte sie bereits an ihren Vater gedacht und gehofft, vielleicht doch noch eine Spur von ihm zu finden. Nun war sie Smithback dankbar, dass er an ihn erinnerte.
»Danke«, sagte sie, während Smithback einen Schluck aus der Feldflasche nahm und sie ihr weiterreichte.
Die Expeditionsteilnehmer verfielen in Schweigen. Obwohl die Dunkelheit hereinbrach und es langsam Zeit wurde, über die Strickleiter hinunter zum Abendessen zu steigen, schien keiner diesen magischen Ort verlassen zu wollen.
»Mir will noch immer nicht in den Kopf, weshalb die Anasazi das ganze Zeug zurückgelassen haben«, meinte Smithback. »Das ist ja fast so, als würde man von Fort Knox Weggehen und die Türen offen stehen lassen.«
»Dieses Verhalten war für die Anasazi nicht ungewöhnlich«, erklärte Nora. »Man darf schließlich nicht vergessen, dass diese Menschen zu Fuß unterwegs waren und keine Lasttiere hatten. Es war für sie einfacher, ihre Sachen zurückzulassen und sich woanders neue anzufertigen, als das gesamte Hab und Gut auf dem Rücken mitzuschleppen. Deshalb haben die Anasazi auf ihren Wanderungen nur ihre wichtigsten Heiligtümer und ihre Türkise mitgenommen.«
»Aber hier sieht es doch so aus, als hätten sie selbst die Türkise dagelassen. Zumindest liegt jede Menge von dem Zeug herum.«
»Das stimmt«, sagte Nora nach kurzem Nachdenken. »Dieses Verhalten ist eigentlich untypisch für die Anasazi. Mir kommt es übrigens fast so vor, als hätten sie alles dagelassen. Und das ist ja gerade einer der Umstände, der diese Stadt so einmalig macht.« »Der Reichtum der Stadt und die vielen zeremoniellen Artefakte lassen mich vermuten, dass es sich bei ihr um ein religiöses Zentrum gehandelt haben muss, das sogar Chaco in den Schatten stellt«, sagte Aragon. »Eine Stadt der Priester.«
»Eine Stadt der Priester?«, fragte Black mit skeptischem Unterton. »Warum sollte eine Stadt der Priester sich ausgerechnet hier befinden, weitab vom Schuss, am äußersten Rand des Anasazi-Gebiets? Was mich persönlich sehr viel mehr interessiert, ist der festungsartige Charakter der Stadt. Das beginnt schon mit der Lage, die sie praktisch uneinnehmbar macht. Man könnte fast glauben, dass die Erbauer von Quivira unter einer Art Verfolgungswahn gelitten haben.«
»Das würde ich wahrscheinlich auch wenn ich so viele Reichtümer hätte«, murmelte Sloane.
»Aber wenn die Stadt uneinnehmbar war, weshalb haben die Anasazi sie dann verlassen?«, fragte Holroyd.
»Möglicherweise haben sie das Tal zu intensiv landwirtschaftlich genutzt«, antwortete Black mit einem Schulterzucken. »Ausgelaugte Böden. So einfach kann das sein. Schließlich kannten die Anasazi noch keinen Dünger.«
Nora schüttelte den Kopf. »Das Tal reicht bei weitem nicht aus, um darin genügend Nahrung für eine Stadt dieser Größe anzubauen. Wer die gut hundert Kornspeicher füllen wollte, die wir da drinnen gesehen haben, musste die Nahrung tonnenweise von anderswoher importieren. Aber das wirft schon wieder die Frage auf, weshalb man eine so große Stadt ausgerechnet hier erbaut hat, wo sie nur über eine schwer passierbare Straße und einen engen Slot-Canon zu erreichen war, der noch dazu während der Regenzeit die meiste Zeit unpassierbar gewesen sein dürfte.«
»Wie ich bereits sagte«, meldete sich Aragon wieder zu Wort,
»War Quivira eine Stadt der Priester, die am Ende eines langen und beschwerlichen Pilgerpfades lag. Alles andere ergibt keinen Sinn.«
»Großartig, Herr Kollege!«, höhnte Black. »Wenn man nicht mehr weiterweiß, bringt man die Religion ins Spiel. Aber wie vereinbaren Sie diese Erkenntnis mit der Tatsache, dass es bei den Anasazi keine sozialen Hierarchien gab? In einer Gesellschaft, die auf dem Grundsatz der Gleichheit aller beruht, ist der Gedanke an eine regierende Oberschicht ebenso absurd wie der an eine Stadt der Priester.«
Wieder schwiegen alle.
»Was ich persönlich viel interessanter finde«, sagte Smithback schließlich, »ist die Frage, ob es Gold und Silber in dieser Stadt gibt.«
Jetzt fängt er schon wieder damit an, dachte Nora. »Ich habe Ihnen doch schon auf unserer Bootsfahrt erklärt, dass die Anasazi keine Edelmetalle kannten«, erwiderte sie etwas lauter, als sie vorgehabt hatte.
»Moment mal«, sagte Smithback, während er sein Notizbuch zuklappte und wieder in die hintere Hosentasche steckte. »Was ist denn dann mit den Berichten von diesem Coronado, die Holroyd uns vorgelesen hat? Da ist doch von Kelchen und Tellern aus Gold die Rede. War das alles bloß Blödsinn, oder was?«
Nora lachte. »Im Großen und Ganzen wohl schon. Die Indianer haben den Spaniern immer das gesagt, was sie hören wollten. Indem sie ihnen Gold verhießen, das sich irgendwo in weiter Feme befinden sollte, wollten sie erreichen, dass die Eroberer möglichst rasch weiterzogen.«
»Vielleicht ist auch etwas bei der Übersetzung verloren gegangen«, warf Aragon mit einem leisen Lächeln ein.
»Jetzt hören Sie aber auf«, wandte Smithback ein. »Die Existenz von Quivira hat sich ja schließlich auch nicht als Erfindung der Indianer herausgestellt. Warum sollte es sich mit dem Gold also nicht ebenso verhalten?«
Holroyd räusperte sich verlegen. »In dem Buch, das ich gelesen habe, steht, dass Coronado Proben verschiedener Metalle bei sich hatte. Als er sie den Indianern zeigte, vermochten sie Gold und Silber sehr wohl von Kupfer und Zinn zu unterscheiden. Sie wussten also, was Edelmetalle waren.«
Smithback verschränkte die Arme. »Sehen Sie?«
Nora verdrehte die Augen. Es war eine der grundlegenden Thesen der Archäologie des amerikanischen Südwestens, dass die Anasazi keine Metalle gekannt hatten. Das war so klar, dass es sich kaum lohnte, darüber zu debattieren.
»Überall im Südwesten«, ergriff Black das Wort, »hat man in Gräbern der Anasazi Papageien- und Keilschwanzsittichfedern gefunden, die aus dem Reich der Tolteken stammten. Sie waren in Mexiko beheimatet und die Vorläufer der Azteken. Umgekehrt fand man in einigen Tolteken-Gräbern Türkise aus dem Anasazi-Land. Wir wissen heute, dass die Anasazi mit den Tolteken und Azteken schwunghaften Handel trieben, und zwar mit Sklaven, Obsidian, Achat, Salz und Töpferwaren.«
»Worauf wollen Sie hinaus?«, fragte Nora.
»Ich will damit sagen, dass es angesichts dieser Handelsbeziehungen nicht ausgeschlossen ist, dass die Anasazi in den Besitz von Gold gekommen sind.«
Nora öffnete den Mund, schloss ihn aber wieder. Sie war erstaunt, dass ausgerechnet ein Fachmann wie Black nun auch so etwas behauptete. Holroyd, Swire und sogar Sloane schienen ihm aufmerksam zugehört zu haben. »Wenn die Anasazi wirklich Gold gehabt hätten«, sagte Nora schließlich, wobei sie sich zwang, ruhig zu bleiben, »dann hätten wir bei den Zehntausenden von Ausgrabungen, die wir in den vergangenen hundertfünfzig Jahren in ihrem Gebiet vorgenommen haben, etwas davon finden müssen. Aber nirgends ist auch nur das kleinste Fitzelchen entdeckt worden. Wo soll es also sein, das sagenhafte Gold der Anasazi?«
»Vielleicht ist es ja hier«, erwiderte Smithback gelassen.
Nora starrte ihn an und fing an zu lachen. »Jetzt geht aber die Fantasie mit Ihnen durch Bill! Ich jedenfalls habe heute ein Dutzend Räume voll von den unglaublichsten Schätzen gesehen, aber Gold war nicht darunter. Wissen Sie was? Wenn wir wirklich Gold in Quivira finden sollten, werde ich höchstpersönlich Ihren lächerlichen Cowboyhut verspeisen. Abgemacht? Und jetzt lassen Sie uns hinunter ins Lager klettern und schauen, was uns Meister Bonarotti heute Fantastisches zum Abendessen gekocht hat.«