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Dr. John Felder kam sich vor wie das fünfte Rad am Wagen, während Poole mit Constance am Arm durch den Zoo im Central Park spazierte. Sie hatten die Seelöwen und die Eisbären besucht, und gerade eben hatte Constance darum gebeten, sich die japanischen Schneeaffen ansehen zu dürfen. Sie war extrovertierter, als er sie je erlebt hatte – nicht aufgeregt, das nicht, er konnte sich nicht vorstellen, dass jemand mit einem solchen Phlegma je aufgeregt sein könnte –, aber sie war zweifellos zu einem gewissen Grad aus sich herausgegangen. Nur wusste Felder nicht genau, was er davon halten sollte, dass Constance, die Dr. Poole zunächst mit Misstrauen begegnet war, sich mit diesem angefreundet zu haben schien.

Vielleicht ein wenig zu sehr angefreundet, dachte Felder säuerlich, der auf Constances anderer Seite ging.

Während sie sich dem Außengehege der Schneeaffen näherten, hörte er das Gekreische und Geschrei der Tiere, die miteinander spielten, in ihrem Gehege voller Felsen und Teiche herumtollten und einen Heidenlärm veranstalteten.

Er warf Constance einen kurzen Blick zu. Der Wind hatte ihr Haar nach hinten geweht, und eine leichte Röte überzog ihre meistens bleichen Wangen. Sie schaute den Affen zu und lächelte über die Possen insbesondere eines Jungtiers, das vor Vergnügen kreischend von einem Felsen ins Wasser sprang, genauso wie ein Kind, dann den Felsen wieder hinaufkletterte und noch einmal heruntersprang.

»Komisch, ihnen ist gar nicht kalt«, sagte Constance.

»Daher der Name Schneeaffen«, erwiderte Poole und lachte. »Dort, wo sie leben, fällt sehr viel Schnee.«

Sie sahen eine Weile zu, während Felder verstohlen auf die Uhr schaute. Ihnen blieb noch eine halbe Stunde, aber er hatte es ehrlich gesagt ziemlich eilig, Constance ins Mount Mercy zurückzubringen. Der Zoo war eine zu unbeherrschbare Umgebung, außerdem hatte er das Gefühl, dass Dr. Poole mit seinem Lachen, seinen Witzeleien und seinem Arm-Einhaken die sich geziemende Distanz von Arzt und Patientin allzu sehr verringerte, wenn nicht gar beseitigte.

Constance murmelte Poole etwas zu, woraufhin dieser zu Felder hinüberschaute. »Wir müssen leider die Damentoilette aufsuchen. Ich glaube, sie ist dort drüben, im Troparium.«

»Also gut.«

Sie gingen den Weg entlang und betraten das Troparium, das wie ein tropischer Regenwald angelegt war, mit lebenden Tieren und Vögeln in ihren jeweiligen Lebensräumen. Die Toiletten befanden sich am hinteren Ende eines langen Flurs. Felder wartete vorn im Flur, während Poole Constance bis zur Damentoilette begleitete, ihr die Tür aufhielt und dann davor Stellung bezog.

Einige Minuten vergingen. Felder schaute erneut auf die Uhr. Zwanzig vor zwölf. Um zwölf sollte der Ausflug enden. Als er den Flur entlangblickte, sah er Poole, der mit verschränkten Armen und nachdenklichem Gesichtsausdruck an der Tür wartete.

Wieder verstrichen mehrere Minuten. Langsam wurde Felder mulmig zumute. Er ging den Flur hinunter. »Sollen wir nachsehen?«, fragte er leise.

»Ich denke, ja.« Poole beugte sich mit dem Kopf an die Tür. »Constance? Ist alles in Ordnung?«

Keine Antwort von drinnen.

»Constance!« Er klopfte an die Tür.

Immer noch keine Antwort. Poole sah Felder erschrocken an. »Besser, ich gehe rein.«

Felder unterdrückte eine jähe Panik und nickte. Poole betrat die Damentoilette und kündigte sich allen darin lauthals an. Als die Tür zuschwang, hörte Felder, wie er Constances Namen rief, Kabinentüren öffnete und schloss.

Einen Augenblick später kam er, aschfahl im Gesicht, zurück. »Sie ist weg! Und das Fenster auf der Rückseite steht offen!«

»O mein Gott«, sagte Felder.

»Sie kann nicht weit sein«, sprudelte es aus Poole heraus. »Wir müssen sie finden. Gehen wir nach draußen – Sie nach links, ich nach rechts, wir gehen ums Gebäude herum … und um Gottes willen halten Sie die Augen offen!«

Felder spurtete zum Ausgang, stürmte durch die Tür und bog nach links, lief um das Gebäude herum und sah sich in allen Richtungen nach Constance um. Nichts.

Er gelangte zur Rückseite des Gebäudes, dort, wo sich die Toiletten befanden. Da war das Toilettenfenster, es stand offen, aber es war vergittert.

Vergittert?

Er sah sich hektisch nach Poole um, der den anderen Weg eingeschlagen hatte und aus der anderen Richtung eintreffen müsste. Aber Poole erschien nicht. Fluchend lief Felder weiter um das Gebäude herum und erreichte eine Minute später den Eingang.

Kein Poole.

Felder schärfte sich ein, ruhig zu bleiben, das Problem logisch zu durchdenken. Wie hatte Constance durch ein vergittertes Fenster fliehen können? Und wo zum Teufel steckte Poole? Verfolgte er sie? Das musste es sein. Ihm fiel ein, dass der Zoo vollständig von einer Mauer umgeben war. Es gab nur zwei Ausgänge. Der eine lag an der Ecke 64. Straße und Fifth Avenue, der andere am Südende. Er sprintete zum Südausgang, stürmte durchs Drehkreuz und blickte hinaus in den Central Park – Bäume mit kahlen Ästen, lange Promenaden. Es gingen kaum Leute spazieren; angesichts der Tageszeit wirkte der Park merkwürdig leer.

Constances auffällige Gestalt war nirgends zu sehen, ebenso wenig wie Dr. Poole.

Ganz klar, sie befand sich noch im Zoo. Oder sie hatte ihn durch den anderen Ausgang verlassen. Plötzlich ging Felder auf, in welch schreckliche Lage er geraten war: Constance war eine Mörderin, die das Gericht für geistig unzurechnungsfähig erklärt hatte. Er selbst hatte diesen Ausflug organisiert und seine Position in einer städtischen Behörde dazu genutzt. Sollte Constance aus seiner Obhut entkommen, dann war seine Karriere beendet.

Sollte er die Polizei rufen? Noch nicht. Ihn schwindelte, als er sich die Schlagzeilen in der Times vorstellte …

Reiß dich zusammen. Poole musste Constance gefunden haben. Er musste es. Ihm blieb nur eines übrig: Poole aufzuspüren.

Er lief zum Eingang an der 64. Straße, betrat erneut den Zoo und begab sich zurück auf den Weg zum Troparium. Er schaute sich in dem Areal gründlich um, suchte im Gebäude, um Poole oder Constance zu finden. Poole hat sie unter seine Kontrolle gebracht, dachte Felder. Er hatte sie eingeholt und hielt sie fest, irgendwo hier in der Nähe. Vielleicht brauchte er ja Unterstützung.

Felder zog sein Handy hervor und wählte Pooles Nummer, doch sofort schaltete sich die Mailbox ein.

Er ging zur Damentoilette zurück und stürmte hinein. Das Fenster stand immer noch offen, aber es war vergittert. Felder starrte darauf. Und plötzlich wurde ihm voll und ganz bewusst, was das bedeutete.

Er hätte schwören können, gehört zu haben, wie Poole die Kabinentüren geöffnet und geschlossen und dabei Constances Namen gerufen hatte. Aber warum hatte er das getan, wenn das Fenster vergittert war und keine Fluchtmöglichkeit bestand? Er sah sich in der kleinen, leeren Toilette um, aber es gab hier keinen Ort, an dem man sich hätte verstecken können.

Und dann erkannte Felder mit jäher, fürchterlicher Klarheit, dass es nur eine Erklärung gab. Poole musste an der Flucht mitgewirkt haben.