KAPITEL XLIV
Der Palast der Kongregation des Heiligen Offiziums erhob sich in der Nähe der Vatikansbasilika, direkt an der Piazza San Pietro. Er war ein imposantes Gebäude, das jedoch nichts von der Schönheit und Anmut der umgebenden Renaissancebauten hatte. Massig, quaderförmig und schmucklos, glich es eher einer uneinnehmbaren Festung als einem Ort christlicher Nächstenliebe.
Falls es in der Absicht seiner Erbauer gelegen hatte, Scheu und Furcht auszulösen, so war ihnen das vollauf gelungen.
Sobald Fulminacci das Gebäude betrat, fingen seine Knie an zu schlottern. Melchiorri hatte ihm wiederholt eingeschärft, eine demütige, ehrfurchtsvolle Haltung einzunehmen, und wenn der Großmeister für einen Moment in die Haut des Malers hätte schlüpfen können, wäre er vollkommen beruhigt gewesen.
Demut und Ehrfurcht waren genau das, was Fulminacci empfand.
Und natürlich Angst.
Falls irgendetwas schiefging, wäre kein Mensch mächtig genug, ihm ein grauenvolles Schicksal zu ersparen, und alles Beten und Flehen würde ihm nicht helfen.
Wenn man es mit der Inquisition zu tun bekam, war Erbarmen ein Fremdwort.
Während er hinter dem Großmeister herging, fragte sich Fulminacci, warum der Freund sich wohl in eine solche Gefahr begab.
Melchiorri hatte eine beneidenswerte Position erlangt; er verfügte über Geld, Diener, eine prunkvolle Wohnung, die Gunst der Mächtigen. Was brachte ihn dazu, sich in die Höhle des Löwen zu begeben? Andererseits hatte er auch schon in der Vergangenheit bewiesen, dass er die Gefahr mehr liebte als irdische Güter. Sein Missgeschick in Mailand, das ihn dazu gezwungen hatte, die lombardische Hauptstadt zu verlassen, war ein treffliches Beispiel dafür.
Und wenn Fulminacci nun überhaupt eine schwache Hoffnung nähren durfte, Beatrice frei und gesund wiederzusehen, so hatte er das vor allem der Abenteuerlust seines unverbesserlichen Freundes zu verdanken.
Von sich selbst konnte er nicht behaupten, diese Risikobereitschaft zu teilen. Wenn es nicht unbedingt nötig gewesen wäre, hätte er gut und gerne darauf verzichtet, sich in eine derart brenzlige Situation zu begeben.
Nicht, dass er feige gewesen wäre, im Gegenteil. Von Natur aus fürchtete er die Menschen nicht, und aus philosophischer Überzeugung jagten ihm auch die Launen der Götter keinen Schrecken ein, aber du lieber Himmel, die Inquisition war schließlich etwas völlig anderes!
Doch nun gab es kein Zurück mehr. Wer A sagt, muss auch B sagen.
Kaum hatte das düstere Trio das Vestibül durchschritten, wurde es von einem Wächter vor dem Haupteingang angehalten.
Melchiorri tuschelte lange mit ihm, aber der Maler, der sich wie besprochen im Hintergrund hielt, schnappte nur ein paar Worte davon auf und verharrte schweigend, während kalter Angstschweiß seinen Körper überzog.
Schließlich wurde die kleine Gruppe durchgelassen und betrat schlurfend das Innere des Gebäudes, wo sie sogleich nach rechts in einen dunklen, niedrigen Gang einbog, der zu der steilen Treppe ins Kellergeschoss führte.
Die drei Gefährten stiegen mehrere Treppenfluchten hinunter, bis sie in einem großen Raum mit gewölbter Decke ankamen, wo sie erneut aufgehalten wurden. Diesmal nicht von den üblichen Schergen, sondern einem Trupp Gefängniswärter, der um einen Tisch saß, Wein direkt aus einem großen Krug trank und mit Würfeln um einen Haufen abgelegter Kleider spielte. Fulminacci musste seine Fantasie nicht besonders anstrengen, um zu erraten, woher dieses armselige Kleiderbündel stammte.
Als die drei die letzten Stufen nahmen, trat ihnen einer dieser erbärmlichen Kerle entgegen und kratzte sich den dicken Bauch.
»Na, wollt Ihr mal wieder eine Ladung abholen?«, fragte der Wärter.
Der Großmeister nickte nur bestätigend.
»Die Bahren sind dort in der Ecke«, fuhr der Wärter fort, »aber diesmal müsst Ihr einen Aufschlag auf die Leihgebühr berappen. In den letzten Tagen war hier viel Kommen und Gehen, deshalb mussten wir die Preise ein bisschen erhöhen. Nichts Persönliches, versteht sich, Gott schütze die wohltätige Bruderschaft von San Pancrazio, aber Ihr wisst ja, wie das ist, das Gesetz von Angebot und Nachfrage…«
Kommentarlos holte Melchiorri einige Münzen aus seiner Kuttentasche und ließ sie in die geöffnete Hand des hinterhältigen Kerls fallen.
»Santino, geh mit den Brüdern«, rief der daraufhin einem der Männer am Tisch zu.
Der Betreffende stand unwillig auf, aber nicht ehe er noch einen großen Schluck Wein getrunken hatte.
»Nehmt eine Bahre, Brüder«, raunte Melchiorri und zeigte auf einen Stapel der Geräte.
Zane schnappte sich eine der primitiven Tragen, die aus nichts weiter als zwei mit einem schmutzigen Stück Hanfstoff verbundenen Stöcken bestanden, und folgte den anderen. Die Bahre war trotz ihrer primitiven Machart ein sperriger Gegenstand, doch in den Händen des Slawen wirkte sie wie ein Spielzeug.
Der Wärter namens Santino zog einen enormen Schlüssel aus seinem Gürtel und öffnete damit eine niedrige Holzpforte neben dem Tisch, an dem seine Kollegen die Würfelpartie wieder aufgenommen hatten, ohne die drei eines weiteren Blickes zu würdigen.
Sie gingen durch einen weiteren langen Gang, dessen Wände Feuchtigkeit absonderten und von in regelmäßigen Abständen aufgehängten Öllampen schummerig beleuchtet wurden.
Am Ende des Gangs mussten sie noch eine Treppe hinabsteigen, die tief ins Erdinnere vorzustoßen schien.
Je tiefer sie kamen, desto mehr sank die Temperatur, und schließlich fing der Maler trotz der schweren Kutte der Bruderschaft vor Kälte an zu bibbern.
Mehr um die angespannte Stimmung aufzulockern als aus wirklichem Interesse sagte er zu Melchiorri:
»Diese Sache mit den Bahren habe ich noch nicht ganz begriffen.«
Als der Wärter das hörte, drehte er sich ruckartig um und musterte den Maler neugierig.
»Entschuldigt, Santino, er ist neu«, sagte der Großmeister hastig. »Er leistet diesen Dienst zum ersten Mal in den Kerkern des Heiligen Offiziums. Bruder Gaspare, wie ich Euch bereits erklärt habe, dürfen keinerlei Gegenstände mit ins Gefängnis gebracht werden. Damit wir nun aber die sterblichen Überreste der armen Sünder, die hier ihre Seelen ihrem Schöpfer überantwortet haben, nicht auf den Schultern forttragen müssen, stellen die Wärter den barmherzigen Bruderschaften freundlicherweise diese Bahren zur Verfügung. Wie Ihr versteht, ist es nur recht und billig, dass sie dafür eine kleine Entschädigung erhalten. Doch jetzt wollen wir schweigen, aus Respekt vor denen, die an diesem Ort ihre furchtbaren Sünden abbüßen.«
Trotz des dämmerigen Lichts sah Fulminacci, wie die Augen des Freundes durch die Sehschlitze der hohen, spitzen Kapuze Blitze auf ihn abschossen.
»Hier ist es«, sagte der Wärter und blieb vor einer Zellentür stehen. »Macht schnell.«
Santino öffnete die Tür und ging den dreien in das enge Gefängnis voraus.
Es war jedoch niemand darin.
»Die… Die Zelle ist leer«, rief Fulminacci mit einem Beben in der Stimme. »Na, dann ist sie wohl schon weggebracht worden«, sagte der Kerkermeister mit einem kaum verhohlenen hämischen Grinsen. »Sieht so aus, als wärt Ihr umsonst gekommen.«
»Aber… wer kann die Leiche abgeholt haben?«, fragte Melchiorri, der seine Überraschung kaum besser verbergen konnte.
»Pah, was weiß ich. Vermutlich eine andere Bruderschaft. Zur Zeit herrscht hier unten ein dauerndes Hin und Her, sage ich Euch. Die Konkurrenz ist Euch offenbar zuvorgekommen!«
»Das halte ich für unwahrscheinlich«, widersprach der Großmeister. »Die Familie hat uns damit beauftragt, den Leichnam in Empfang zu nehmen. Sie wird gewiss nicht noch andere damit betraut haben.«
»Dann haben vielleicht die Kollegen die Tote fortgeschafft, weil sie dachten, dass niemand sie abholen kommt.«
»Wohin werden die Leichen gebracht?«
»Gewöhnlich in die Ställe. Jeden Abend kommt ein Wagen mit Heu, und wenn das Futter abgeladen ist, werden die Toten aufgeladen und weggekarrt. Fragt mich nicht, wohin, denn ich weiß es nicht.«
»Schnell, Santino, führt uns zu den Ställen«, sagte Melchiorri in drängendem Ton.
»Immer schön langsam, Bruder. Das war nicht abgemacht. Wenn ich Euch zu den Ställen bringen soll, müsst Ihr einen Zuschlag zahlen. Ich hab meine Zeit schließlich auch nicht zu verschenken.«
Der Maler war drauf und dran, dem widerlichen Kerl an die Gurgel zu gehen, doch Zane, der ihn im Auge behalten hatte, schritt rechtzeitig ein. Der Slawe wusste genau, dass die Wahrscheinlichkeit, mit heiler Haut und vor allem mit Beatrice davonzukommen, gleich null war, wenn hier unten in den Kerkern ein Handgemenge entstand.
»Also gut, Santino, nehmt diesen Dukaten«, sagte Melchiorri und drückte dem Wärter eine Münze in die Hand, »und nun führt uns rasch zu den Ställen.«
Auf dem Weg wurde der Maler von noch schlimmeren und heftigeren Kälteschauern erfasst, die jedoch wenig mit den eisigen Temperaturen in diesen finsteren Verliesen zu tun hatten.
Zu hören, wie Melchiorri und dieser zynische Wärter von Beatrice als »der Leiche« oder »der Toten« sprachen, hatte ihm das Blut in den Adern gefrieren lassen. Er sagte sich immer wieder, dass es ja nur eine List war, doch dieser unvorhergesehene Zwischenfall ließ plötzlich alles in einem neuen, unheilvollen Licht erscheinen.
Was, wenn der Trank tatsächlich tödlich gewirkt hatte?
Oder wenn Beatrice, der Himmel möge es verhüten, bereits tot gewesen war, als man ihr das Fläschchen gebracht hatte?
Oder wenn sie infolge der Misshandlungen gestorben war, denen ihr hilfloser Körper möglicherweise ausgesetzt worden war?
Oder wenn…?
Die schlimmsten Vorstellungen überstürzten sich in seinem Kopf und erzeugten immer neue Schreckensbilder, bis er, ohne es zu merken, die vor ihm gehenden Gefährten aus den Augen verloren hatte. In ihrer Eile, zu den Ställen zu gelangen, hatten die anderen nicht bemerkt, dass er zurückgeblieben war.
Als er seiner Umgebung wieder gewahr wurde, war er allein.
Fulminacci blieb erschrocken stehen, weil ihm klar war, dass er sich ohne Führer in diesem Gängelabyrinth nicht zurechtfinden würde.
Obendrein hatte die kleine Gruppe einen anderen Weg zu den Ställen genommen als den, den sie gekommen waren.
Er erinnerte sich vage, um mehrere Ecken gebogen zu sein, wusste aber, dass er nicht dieselbe Strecke zurückgehen konnte, ohne sich komplett zu verirren.
Reglos und mit angehaltenem Atem spitzte er die Ohren und lauschte auf die Schritte der Gefährten, um sich an ihnen zu orientieren. In den Korridoren gab es eine Vielzahl von Geräuschen: quietschende Türangeln, leises Stöhnen, das Schlurfen von Gefangenen, die sich in den Zellen bewegten, und das alles gedämpft und verworren durch den Hall in diesen endlosen unterirdischen Gängen. Fulminacci zögerte lange und versuchte, den richtigen Weg mithilfe irgendeines kleinen Hinweises zu erraten. Als er sich der Vergeblichkeit seines Tuns bewusst wurde, schlug er wahllos irgendeine Richtung ein.
Sein Bestreben war es, baldmöglichst eine Treppe zu finden, die nach oben führte. Das Wissen um die Masse von Stein über seinem Haupt verursachte ihm plötzlich Platzangst, und er lechzte nach offenem Himmel, nach Licht und Luft.
Er nahm einen Gang, der nach links abbog, und fand sich kurz darauf an einer Wegkreuzung wieder, von der drei gleich aussehende Tunnel abgingen. Auf gut Glück wählte er einen davon, denn manchmal hilft das Glück auch den Verzweifelten, und er schien eine gute Wahl getroffen zu haben, denn nach ein paar Biegungen stand er vor einer sich aufwärts windenden Wendeltreppe.
Ohne Zaudern stieg er die Stufen hinauf und achtete dabei auf mögliche Laute aus den oberen Etagen. Die Treppe führte in eine Art Vorraum mit einem Tisch und vier Hockern, auf denen zum Glück niemand saß. Auf dem Tisch lagen einige Kleidungsstücke, ein untrügliches Zeichen dafür, dass sich auch hier normalerweise Wärter aufhielten. Fulminacci nahm den erstbesten Gang und fing an zu laufen, begierig, diesen bedrückenden Ort so schnell wie möglich zu verlassen. Als er um die zigste Ecke bog, stieß er heftig mit jemandem zusammen, der ihm aus der anderen Richtung entgegenkam.
Es war ein kleiner Mann von skelettartiger Magerkeit mit einer langen Hakennase und der schwarzweißen Ordenstracht der Dominikanermönche.
Der Mönch stürzte und schlug gegen die raue Wand des Gangs, wobei er ein eher überraschtes als schmerzhaftes Wimmern ausstieß.
Auch der Maler bekam den Stoß zu spüren. Er fiel zwar nicht, strauchelte aber und fuchtelte mit den Armen, um das Gleichgewicht zu halten.
Nach dem ersten Schreck blieben die beiden Männer einen Augenblick lang starr, dann stützte sich der Dominikaner an der Wand ab und erhob sich, wobei er den Maler mit seinem Blick durchbohrte.
Die Augen des Mönchs blitzten vor Ärger und verletzter Würde, aber nicht das war es, was Fulminacci vorübergehend lähmte. Das Funkeln im Blick des Paters war wie eine scharfe Klinge, die das geheimste Innere seiner Gedanken zu durchdringen schien. Das Funkeln von Fanatismus und Wahnsinn.
Auf einmal erkannte er, dass der Mönch gleich um Hilfe rufen würde, und beschloss zu handeln. Der Dominikaner war noch nicht ganz aufgestanden und öffnete gerade den Mund zum Schrei, als ihn Fulminaccis Faust am Kinn traf. Der Schlag wurde mit voller Kraft ausgeführt, eine präzise Gerade nach allen Regeln der Kunst und unter Zuhilfenahme der Schulter, um noch mehr Wucht hineinzulegen. So viel Einsatz wäre gar nicht nötig gewesen, denn schon ein leichter Haken hätte bei der Statur des Mönchs zum gleichen Ergebnis geführt.
Der Kopf des Paters flog nach hinten, und er hatte bereits das Bewusstsein verloren, bevor sein schmächtiger Körper auf dem Boden auftraf.
Fürs Erste war die Bedrohung abgewehrt, doch der Maler wusste, dass er sich noch immer in Gefahr befand. Es war nur eine Frage der Zeit, bis einer der Wärter durch diesen Gang kam, und eine glaubwürdige Erklärung dafür zu finden, was er hier neben dem ohnmächtigen Dominikaner machte, würde nicht leicht sein.
Er musste sich etwas einfallen lassen, und zwar schnell.
Den Mönch zu verstecken kam nicht infrage, denn die Zellentüren schienen alle verschlossen zu sein, und er konnte sich nicht erinnern, unterwegs irgendeine Nische gesehen zu haben, in der er ihn unterbringen könnte, ohne dass er gleich entdeckt würde.
Von Panik erfasst lief Fulminacci zu dem Vestibül zurück, wo er den Tisch voller Kleider gesehen hatte. Dort wühlte er in dem Haufen, bis er eine Art Laken fand, das groß genug für seine Zwecke war. Hastig kehrte er zum Ort des Zusammenstoßes zurück, wickelte den besinnungslosen Körper in den groben Stoff und lud ihn sich auf die Schultern.
Es war ein verrückter Plan, geradezu selbstmörderisch, aber in der Hektik und der Aufregung wusste er sich keinen besseren Rat.
Ungeachtet seiner geringen Größe und seiner Magerkeit wog der Mönch doch gut einen Zentner, und es war daher ein ächzender und schnaubender Fulminacci, der sich durch die Gänge schleppte und nach einem Ausweg aus dieser albtraumhaften Falle suchte.
Sollte ihn jemand anhalten, hatte er sich vorgenommen, seine Rolle als barmherziger Totengräber weiterzuspielen und darauf zu hoffen, dass niemand sich die Mühe machen würde, das Bündel auf seinen Schultern zu inspizieren.
Seine Tarnung wurde schon bald auf die Probe gestellt, denn nach wenigen Dutzend Schritten traf er auf einen Wärter, der in die andere Richtung unterwegs war.
»Wir verschaffen Euch ordentlich Arbeit, was?«, sagte der Wärter in dem heiteren, leutseligen Ton eines Mannes, der reichlich dem Wein zugesprochen hatte.
»Äh, ja, ganz recht…«, antwortete der Maler. »Verzeiht, Kerkermeister, aber ich glaube, ich habe mich verlaufen. Ich muss zu den Ställen, wo mich meine Brüder erwarten. Könnt Ihr mir vielleicht den schnellsten Weg dorthin weisen?«
»Ach, ein Neuling! Aber gewiss, Bruder, das ehrenwerte Wachkorps der heiligen Inquisition wird doch den guten Männern, die eine so wichtige Aufgabe verrichten, nicht die Hilfe versagen. Wenn unsere Freunde von den Bruderschaften nicht wären, um die Leichen wegzuschaffen, würden diese Gänge bald… wie soll ich sagen… zum Himmel stinken!«
Ein dröhnendes Lachen begleitete diesen makabren Scherz.
»Also, lasst mal sehen…«, fuhr der Wärter fort, als sein Hohngelächter verebbt war, »… am Ende dieses Korridors geht Ihr nach rechts bis zur nächsten Weggabelung, dort biegt Ihr wieder nach rechts ab. Nach ein paar Metern kommt Ihr zu einer Treppe, die Ihr zum oberen Stockwerk hinaufsteigt. Von dort aus haltet Ihr Euch immer links und gelangt so in den Innenhof. Die Ställe liegen direkt gegenüber auf der anderen Seite, Ihr könnt sie nicht verfehlen.«
»Seid bedankt, Kerkermeister«, sagte Fulminacci und rückte das Gewicht des Dominikaners auf seinen Schultern zurecht.
»Keine Ursache, Bruder, keine Ursache.«
Der Mann ging in der anderen Richtung davon, wobei er weiter vor sich hin gluckste.
Ohne Zögern folgte Fulminacci seiner Beschreibung und kam bald zu der Treppe. Der Aufstieg war alles andere als leicht. Die Last auf seinem Rücken brachte ihn zum Keuchen, und er musste sich gehörig anstrengen, um die nächste Etage zu erreichen.
Die Wegbeschreibung erwies sich immerhin als genau, sodass er kurz darauf den Innenhof überquerte und schnaufend die Ställe des Palastes betrat, ohne einer lebenden Seele zu begegnen.
Als er durch das niedrige, lang gestreckte Gebäude schlurfte, war er am Ende seiner Kräfte. Der Schweiß rann ihm in die Augen, doch wegen der Kapuze, die er nicht abzunehmen wagte, konnte er ihn nicht abwischen.
Fast blind vor Erschöpfung und von den salzigen Tropfen merkte Fulminacci nicht, dass jemand auf ihn zukam.