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Black-Brake-Sumpf
Parker Wooten hatte sein Ruderboot ungefähr sieben Meter in einem Sackgassen-Bayou an der Nordspitze von Lake End geankert, oberhalb eines tiefen Kanals, dort, wo der Bayou mit dem eigentlichen See zusammentraf. Er angelte in aller Ruhe über einem Gewirr aus versunkenen Holzstämmen mit einem Feuerschwanzköder aus Plastik und warf die Angel sternförmig aus, wobei er sich zwischendurch immer mal wieder Schlucke aus seiner großen Flasche Bourbon gönnte, und zwar Woodford Reserve. Es war die perfekte Zeit zum Fischen in den hinteren Bayous, während alle anderen losgezogen waren, um die Umweltschützer zu jagen. Genau an dieser Stelle hatte er im letzten Jahr einen 4,621 Kilo schweren Großmaulbarsch geangelt, Rekord im Lake End. Seitdem war es fast unmöglich, im Lemonhead-Bayou zu angeln, ohne dass die Konkurrenz von allen Seiten aufs Wasser eindrosch. Trotz der Hektik war sich Wooten ziemlich sicher, dass da unten noch immer ein paar schlaue, alte Große lauerten – wenn man sie denn nur in einem ruhigen Moment an die Angel bekam. Die anderen verwendeten alle Lebendköder von Tiny’s, die vorherrschende Meinung war nämlich, dass schlaue alte Barsche alles über Plastikwürmer wussten. Aber Wooten war schon immer ein Querdenker in Sachen Angeln gewesen. Er schätzte, dass ein kluger alter Barsch, aggressiv und reizbar, wahrscheinlich eher bei etwas anbeißen würde, das anders aussah – zum Teufel mit den Maden und Regenwürmern, die die anderen zum Fischen nahmen.
Sein Walkie-Talkie – obligatorisch, wenn man im Sumpf war – war auf Kanal 5 eingestellt, so dass er alle paar Sekunden einen Wortwechsel zwischen den Mitgliedern von Tinys Suchtrupp mitbekam, die sich in den westlichen Bayous positioniert hatten und warteten, dass die Umweltheinis auftauchten. Parker Wooten wollte nichts damit zu tun haben. Er hatte fünf Jahre im Staatsgefängnis von Rumbaugh zugebracht, und nie im Leben würde er dahin zurückkehren. Sollten doch die anderen Hinterwäldler ihre Rübe hinhalten. Er würde stattdessen Barsche angeln.
Er warf nochmals aus, ließ den Köder sinken, dann gab er der Angel einen kleinen Ruck, zog die Schnur von einem versunkenen Baumstamm los und fing an einzuholen, dass sich die Spitze bog. Aber die Fische bissen einfach nicht an. Es war zu heiß, vielleicht waren sie auch ins Tiefe geschwommen. Er holte immer noch ein, als er das ferne Dröhnen eines Propellerboots hörte. Er steckte die Angel in eine Halterung, nahm sein Fernglas zur Hand und ließ den Blick über den See schweifen. Es dauerte nicht lange, da kam das Boot auch schon in Sicht; es huschte über die Wasseroberfläche, der untere Teil lag in dem tiefliegenden Nebeldunst, der über dem Wasser trieb, während der flache Boden immer wieder heftig aufs Wasser klatschte. Und dann war das Boot auch schon nicht mehr zu sehen.
Parker setzte sich in seinem Ruderboot zurück und trank, um besser nachdenken zu können, einen kleinen Schluck Woodford. Das waren die beiden Umweltfritzen, na klar, aber sie waren weit entfernt von der Gegend, wo sie eigentlich sein sollten. Alle waren in den westlichen Bayous, aber die beiden waren hier, weit im Norden.
Noch ein Schluck, dann griff er nach seinem Walkie-Talkie. »Hey, Tiny, ich bin’s, Parker.«
»Parker?«, ertönte Tinys Stimme nach einem Augenblick. »Ich dachte, du wolltest nicht mitmachen bei uns.«
»Ich mach auch nicht bei euch mit. Ich bin am Nordende, ich angel im Lemonhead-Bayou. Und weißt du was? Ich habe gerade eins von deinen Propellerbooten vorbeifahren gesehn, mit zwei Leuten drauf.«
»Kann nicht sein. Die kommen durch die westlichen Bayous rein.«
»Quatsch. Ich hab sie gerade eben vorbeifahren gesehn.«
»Siehst du die wirklich, oder hast du zu viel Woodford Reserve intus?«
»Nun pass mal auf«, sagte Wooten, »wenn du nicht auf mich hören willst, okay. Du kannst ja in den westlichen Bayous warten, bis du schwarz bist. Aber ich sag dir, die kommen von Norden rein. Ach, mach doch, was du willst.«
Wooten schaltete verdrießlich das Walkie-Talkie aus und steckte es in die Halterung zurück. Tiny wurde langsam größenwahnsinnig. Wooten trank einen Schluck von seinem Woodford und legte die kostbare Flasche zurück in ihren mit Holzwolle gefüllten Kasten, dann nahm er den Plastikwurm vom Haken, steckte einen anderen drauf und warf den Köder den Bayou aufwärts aus. Während er kurbelte und die Leine ruckartig einholte, spürte er plötzlich etwas Schweres. Langsam und behutsam hielt er die Leine einen Augenblick beinahe schlaff und ließ den Fisch damit wegschwimmen – und dann, mit einem ganz kurzen, aber nicht festen Ruck, setzte er den Haken. Die Leine straffte sich, die Spitze bog sich, und Parker Wootens Verärgerung verschwand sofort, als ihm klarwurde, dass er einen wirklich Großen am Haken hatte.