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D’Agosta stand ein wenig unsicher im Flur der sauberen, aufgeräumten Zweizimmerwohnung, die er gemeinsam mit Laura Hayward bewohnte. Streng genommen war es Lauras Wohnung, aber seit einiger Zeit teilten sie sich wenigstens die Miete. Allein sie dazu zu bringen hatte Monate gedauert. Und jetzt hoffte er inständig, dass die plötzliche Wendung der Ereignisse nicht all die harte Arbeit zunichtemachte, die er in die Reparatur ihrer Beziehung gesteckt hatte.

Er blickte durch die Tür ins Schlafzimmer. Hayward saß aufrecht im Bett und sah zauberhaft aus, obwohl sie erst vor einer Stunde aus tiefem Schlaf aufgewacht war. Der Wecker auf der Kommode zeigte zehn Minuten vor sechs. Erstaunlich, dass sein ganzes Leben in nur anderthalb Stunden auf den Kopf gestellt worden war.

Sie erwiderte seinen Blick, wobei ihre Miene jedoch kaum zu entziffern war. »Das wär’s also? Da kommt Pendergast quasi aus dem Nichts mit irgend so einer verrückten Geschichte, und bamm!, du lässt dich von ihm einfach entführen?«

»Laura, er hat gerade eben herausgefunden, dass seine Frau ermordet wurde. Er glaubt, dass nur ich ihm in dieser Sache helfen kann.«

»Helfen? Wie wär’s damit, dass du dir selber hilfst? Du bist nämlich immer noch dabei, dich aus dieser Grube zu ziehen, in die du wegen des Diogenes-Falls gefallen bist. Eine Grube, die, nebenbei bemerkt, Pendergast dir gegraben hat.«

»Er ist mein Freund«, antwortete D’Agosta. Was selbst in seinen Ohren lahm klang.

»Es ist unglaublich.« Laura schüttelte ihre langen schwarzen Haare. »Als ich zu Bett ging, hat man dich angerufen, damit du in einem ganz normalen Mord ermittelst. Und jetzt wache ich auf und stelle fest, dass du deine Sachen packst, um zu verreisen. Und du kannst mir noch nicht einmal sagen, wann du zurückkommst?«

»Liebling, es wird nicht lange dauern. Mein Job hier ist auch mir wichtig.«

»Und ich? Was ist mit mir? Der Job ist nicht das Einzige, was du zurücklässt.«

D’Agosta betrat das Zimmer und setzte sich auf die Bettkante. »Ich habe geschworen, dich nie wieder zu belügen. Und deshalb erzähle ich dir alles. Versteh doch, du bist das Wichtigste in meinem Leben.« Er holte tief Luft. »Wenn du mir sagst, ich soll bleiben, dann bleibe ich.«

Sie sah ihn verständnislos an. Dann wurden ihre Gesichtszüge weicher, und sie schüttelte den Kopf. »Du weißt genau, dass ich das nicht kann. Ich würde mich niemals zwischen dich und diese … diese Aufgabe stellen.«

Er fasste ihre Hand. »Ich komme so schnell wie möglich wieder. Und rufe jeden Tag an.«

Sie strich sich eine lose Haarsträhne hinters Ohr. »Hast du es Glen schon gesagt?«

»Nein. Ich bin von Pendergasts Wohnung direkt hierhergefahren.«

»Na ja, du solltest Glen anrufen und ihm mitteilen, dass du dich beurlauben lassen willst, Datum der Rückkehr unbekannt. Dir ist hoffentlich klar, dass er ablehnen kann. Und was machst du dann?«

»Ich muss das einfach tun.«

Hayward schlug die Bettdecke zur Seite und schwang die Beine aus dem Bett. Als sein Blick auf ihre Beine fiel, verspürte er plötzlich einen Stich körperlichen Begehrens. Wie konnte er diese wunderschöne Frau verlassen, und wenn nur für einen Tag – von einer Woche, einem Monat … einem Jahr ganz zu schweigen?

»Ich helfe dir beim Packen.«

Er räusperte sich. »Laura –«

Sie legte einen Finger auf seine Lippen. »Es ist besser, wenn du schweigst.«

Er nickte.

Sie beugte sich zu ihm vor und küsste ihn sanft. »Aber versprich mir bitte eines.«

»Alles.«

»Versprich mir, dass du gut auf dich aufpasst. Es würde mir nicht viel ausmachen, wenn Pendergast bei dieser sinnlosen Geschichte ums Leben käme. Aber wenn dir etwas zustößt, werde ich sehr böse sein. Und du weißt ja, wie unangenehm das sein kann.«