56

Das schlierige Wasser reichte Smithback bereits bis zu den Hüften. Allein das Gleichgewicht zu halten, kostete ihn jetzt enorme Kraft. Seine Beine fühlten sich schon seit langem ganz taub an, und er zitterte am ganzen Körper.

»Dieses Wasser steigt unheimlich schnell«, sagte D’Agosta.

»Na ja, dann müssen wir uns wenigstens nicht mehr allzu viele Sorgen wegen der Kreatur machen«, sagte Smithback hoffnungsvoll.

»Vielleicht nicht. Wissen Sie«, sagte D’Agosta langsam, »Sie waren ganz schön geistesgegenwärtig, vorhin, als Sie die Tür mit der Taschenlampe verriegelt haben. Ich schätze, Sie haben uns allen damit das Leben gerettet.«

»Danke«, sagte Smithback, dem D’Agosta immer besser gefiel.

»Aber lassen Sie sich das bloß nicht zu Kopf steigen«, rief D’Agosta über das Rauschen des Wassers hinweg.

»Sind alle noch okay?« fragte er nun nach hinten gewandt den Bürgermeister.

Der sah ziemlich mitgenommen aus. »Es geht gerade so. Ein paar allerdings leiden unter Schock oder Erschöpfung oder beidem. Wie geht es von hier aus weiter?« fragte er und blickte D’Agosta und Smithback erwartungsvoll an.

D’Agosta zögerte. »Das kann ich Ihnen noch nicht mit Bestimmtheit sagen«, meinte er schließlich. »Smithback und ich werden mal die rechte Abzweigung probieren.«

Der Bürgermeister blickte zurück auf die Gruppe und trat dann näher an D’Agosta heran. »Hören Sie«, sagte er mit flehendem Unterton. »Ich weiß, daß Sie sich verlaufen haben, und Sie wissen das auch. Aber wenn die Leute dahinten davon Wind bekommen, dann glaube ich nicht, daß sie auch nur einen Meter weitergehen werden. Es ist nicht leicht, in kaltem Wasser zu stehen, das zudem immer höher steigt. Warum also versuchen wir es nicht alle gemeinsam mit der rechten Abzweigung? Es ist ja eh unsere einzige Chance. Selbst wenn wir jetzt zurückgehen würden, dann würden es die meisten Leute gegen die Strömung wohl nicht mehr schaffen.«

D’Agosta sah den Bürgermeister einen Augenblick lang an. »Okay«, sagte er schließlich. Dann wandte er sich an die Gruppe. »Alle mal herhören«, rief er. »Wir nehmen jetzt den rechten Stollen. Alle geben sich die Hände und bilden eine Kette. Halten Sie sich gut fest. Und bleiben Sie so nahe wie möglich an der Wand – in der Mitte ist die Strömung jetzt zu stark. Wenn jemand ausrutscht, muß er rufen, aber er darf unter keinen Umständen die Hände der anderen loslassen. Haben Sie mich alle verstanden? Dann gehen wir.«

 

Die dunkle Silhouette kam langsam durch die zerschmetterte Tür und stieg behende wie eine Katze über die Holztrümmer am Boden. Cuthbert spürte, wie ihm die Beine weich wurden. Er wollte schießen, aber seine Hände gehorchten ihm nicht mehr.

»Geh weg, bitte!« sagte er so ruhig, daß es ihn selbst erstaunte. Die Kreatur blieb plötzlich stehen und blickte Cuthbert direkt an, der in dem schwachen Licht nur die große, kräftig gebaute Silhouette der Kreatur und kleine, rote Augen erkennen konnte, die ihm irgendwie intelligent vorkamen.

»Tu mir nichts«, sagte Cuthbert.

Die Kreatur blieb bewegungslos stehen.

»Ich habe eine Waffe«, flüsterte Cuthbert und zielte sorgfältig.

»Wenn du jetzt weggehst, dann schieße ich nicht«, sagte er ruhig.

Das Wesen trat langsam zur Seite, hielt aber den Kopf noch immer Cuthbert zugewandt. Dann war es mit einer plötzlichen Bewegung verschwunden. Cuthbert stolperte in Panik rückwärts, so daß der Strahl seiner Taschenlampe wie wild über den Boden huschte. Nach ein paar Schritten drehte er sich abrupt um. Alles war ruhig. Der Gestank der Kreatur erfüllte noch immer den Raum. Ohne darüber nachgedacht zu haben, lief Cuthbert quer durch das Labor zur Halle der Dinosaurier. Als er drinnen war, warf er die Tür hinter sich zu. »Den Schlüssel!« schrie er. »Um Gottes willen, Lavinia, den Schlüssel!«

Gehetzt blickte er sich in der dunklen Halle um. In der Mitte vor ihm erhob sich das große Skelett eines Tyrannosaurus rex, davor waren undeutlich die dunklen Umrisse eines Triceratops mit gesenktem Kopf zu sehen. Die großen Hörner des Sauriers schimmerten schwarz im schwachen Licht der Taschenlampe. Cuthbert hörte ein Schluchzen, dann spürte er, wie ihm ein Schlüssel in die Hand gedrückt wurde. So schnell er nur konnte, verschloß er die Tür.

»Gehen wir«, sagte er dann und führte Rickman von der Tür weg und an der ausgestreckten Klaue des Tyrannosaurus vorbei. Sie gingen weiter in die Dunkelheit der Halle hinein. Auf einmal zog Cuthbert die PR-Chefin zur Seite und drückte sie hinunter in die Hocke. Angestrengt starrte und horchte er in die Dunkelheit. Eine geradezu tödliche Stille lag in der Halle der Dinosaurier. Nicht einmal das Geräusch des Regens drang bis hierher ins Allerheiligste des Museums, und nur ganz schwaches Licht sickerte durch die Fenster des Lichtschachtes herein.

Um sie herum befand sich eine Herde von kleinen, straußenartigen Skeletten, die man in einer U-förmigen Verteidigungsformation vor dem monströsen Skelett eines fleischfressenden Dryptosaurus aufgebaut hatte, das mit gesenktem Kopf, weit aufgerissenem Maul und gespreizten Krallen auf sie Jagd zu machen schien. Bisher hatte Cuthbert diese dramatisch in Szene gesetzte Skelettgruppe immer sehr gut gefallen, jetzt aber machte sie ihm angst. Er wußte nun selbst, wie es sich anfühlte, wenn man gnadenlos gejagt wurde.

Der Haupteingang zur Halle hinter ihnen war durch die schwere, stählerne Sicherheitstür blockiert. Das darüberliegende Wandgemälde, das fliegende Pterosaurier über einer Küstenlandschaft darstellte, war in dem schlechten Licht kaum zu erkennen. »Wo ist Henry?« flüsterte Cuthbert und spähte durch die Knochen des Dryptosaurus.

»Ich weiß es nicht«, stöhnte Rickman und packte ihn am Arm. »Haben Sie es getötet?«

»Ich habe es nicht einmal getroffen«, flüsterte Cuthbert. »Bitte, nehmen Sie Ihre Hände weg, so kann ich ja überhaupt nicht richtig zielen.«

Rickman ließ Cuthberts Arm los und kroch zwischen zwei nahe beieinanderstehende Skelette, wo sie sich mit einem erstickten Schluchzen zu einer embryonalen Stellung zusammenrollte. »Seien Sie still!« zischte Cuthbert.

Tiefe Stille kehrte wieder in der Halle ein. Cuthbert blickte sich um und versuchte, die Dunkelheit mit seinen Blicken zu durchdringen. Er hoffte, daß Wright ebenfalls in einer der vielen dunklen Ecken Unterschlupf gefunden hatte.

»Ian?« hörte er auf einmal eine gedämpfte Stimme leise rufen. »Lavinia?«

Cuthbert drehte sich um und bemerkte zu seinem Entsetzen, daß Wright nicht weit von ihm entfernt am Schwanz eines Stegosaurus lehnte. Er schwankte beträchtlich und konnte sich gerade noch einmal festhalten.

»Henry!« zischte Cuthbert. »Geh sofort in Deckung!«

Aber Wright taumelte weiter auf ihn zu. »Bist du das, Ian?« fragte er erstaunt. Er blieb stehen und mußte sich an der Kante eines Schaukastens abstützen. »Mir ist so schlecht«, sagte er leise.

Auf einmal raste ein Geräusch wie von einer Explosion durch die große Halle und wurde von Wänden und Deckengewölbe grotesk verzerrt zurückgeworfen. Gleich darauf folgte ein weiteres Krachen. Cuthbert sah, daß die Tür zu Wrights Labor nur noch ein gezacktes Loch war, aus dem eine dunkle Gestalt in die Halle kam.

Hinter ihm schrie Rickman auf und vergrub den Kopf in ihren Händen.

Durch das Skelett des Dryptosaurus hindurch konnte Cuthbert die Silhouette rasch über den Boden der Halle laufen sehen. Sie kommt direkt auf mich zu, dachte er – aber dann schlug die Gestalt auf einmal einen Haken und rannte auf den immer noch bewegungslos an dem Schaukasten lehnenden Wright zu. Die beiden Schatten schienen ineinander zu verschmelzen.

Dann hörte Cuthbert ein feuchtes, malmendes Geräusch, einen Schrei – und dann nichts mehr.

Cuthbert hob den Revolver und versuchte, durch die Rippen des Skeletts zu zielen. Als sich die Silhouette vor dem Schaukasten erhob, sah Cuthbert, daß das Wesen etwas im Maul hatte. Dann schüttelte es leicht den Kopf und gab ein schlürfendes Geräusch von sich. Cuthbert schloß die Augen und drückte ab.

Der Rückstoß der Waffe riß ihm die Hand nach oben, und gleichzeitig mit dem Schuß hörte er ein lautes Klappern. Dann sah Cuthbert, daß dem Dryptosaurus ein Teil einer Rippe fehlte. Hinter ihm schnaufte und wimmerte Rickman erbärmlich.

Die dunkle Silhouette der Kreatur war verschwunden.

Ein paar Augenblicke vergingen, und Cuthbert spürte, daß ihn sein Verstand langsam zu verlassen drohte. Dann, als ein Blitz durch den Lichtschacht hereinleuchtete, sah er ganz deutlich, wie das Wesen entlang der Wand neben ihm direkt auf ihn zu kam, seine kleinen roten Augen direkt auf ihn gerichtet.

Er riß die Waffe herum und feuerte wie wild drauflos, drei Schüsse rasch hintereinander, von denen jeder mit seinem Mündungsfeuer Regale voller dunkler Schädel, Zähne und Krallen erleuchtete, so daß sich das wirkliche Monster auf einmal zwischen all diesen ausgestorbenen Bestien zu verlieren schien – und dann klickte der Hammer nur noch auf leere Kammern. Wie in einem Traum, an den man sich am nächsten Morgen nur noch undeutlich erinnert, hörte Cuthbert in der Ferne auf einmal aus der Richtung von Wrights altem Labor das Geräusch menschlicher Stimmen. Wie in Trance rannte er, ohne sich um irgendwelche Hindernisse zu kümmern, hinüber zu der zerstörten Tür, quer durchs Labor und durch die zweite Tür auf den dunklen Gang hinaus. Er hörte, wie er etwas schrie, dann blendete ihn auf einmal das Licht einer starken Taschenlampe, und jemand packte ihn und drückte ihn mit dem Rücken an die Wand.

»Beruhigen Sie sich, Sie sind in Sicherheit! Da, seht her, er ist ganz blutig.«

»Nehmt ihm doch die Waffe ab!« sagte ein anderer.

»Ist das der Mörder, nach dem wir suchen?«

»Nein, das soll doch ein Tier sein. Aber geht kein Risiko ein.«

»Hören Sie auf, so herumzuzappeln!«

Noch ein Schrei löste sich aus Cuthberts Kehle. »Es ist da hinten!« schrie er. »Es weiß alles und wird euch alle töten. Ich habe ihm in die Augen geschaut. Es weiß alles!«

»Was soll es denn wissen?«

»Sprich nicht mit ihm, er redet doch nur wirres Zeug.«

Cuthbert sackte in sich zusammen.

Der Commander kam nach vorn und rüttelte Cuthbert an der Schulter. »Ist sonst noch jemand dort drin?« fragte er.

»Ja«, stieß Cuthbert hervor. »Wright und Rickman.«

Der Commander sah ihn mit durchdringenden Blicken an.

»Meinen Sie Henry Wright? Den Direktor des Museums? Dann müssen Sie wohl Dr. Cuthbert sein. Wo ist Wright?«

»Das Monster hat ihn erwischt«, sagte Cuthbert. »Es hat ihm den Kopf aufgebissen und sein Gehirn geschlürft. Es ist noch immer dort drin. In der Halle der Dinosaurier, gleich hinter dem Labor hier.«

»Bringt ihn hinunter in die Halle des Himmels, und laßt ihn von den Sanitätern rausbringen«, sagte der Commander zu zwei Männern seiner Gruppe. »Ihr drei geht mit mir.« Er hob sein Funkgerät an den Mund. »Rot eins an Mutter. Wir haben Cuthbert gefunden und schicken ihn raus zu euch.«

 

»Sie sind im Labor, genau hier«, sagte der Koordinator und deutete auf die Blaupause. Jetzt, wo das ganze Sondereinsatzkommando im Museum war, hatten sich er und Coffey in die mobile Kommandoeinheit zurückgezogen, wo sie besser vor dem noch immer heftig herunterprasselnden Regen geschützt waren.

»Das Labor ist sauber«, kam die monotone Stimme des Commanders aus dem Funkgerät. »Wir gehen jetzt in die Halle der Dinosaurier. Auch die andere Tür ist aus den Angeln gebrochen worden.«

»Gehen Sie rein, und machen Sie das Ding fertig!« schrie Coffey. »Aber passen Sie auf, daß Sie dabei Dr. Wright nicht verletzen. Und halten Sie eine Frequenz frei. Ich möchte alles mithören, was Sie tun!«

Coffey wartete gespannt in seinem Sitz und hörte dem leisen Zischen und Knistern über die offene Frequenz zu. Dann waren auf einmal das Entsichern einer Waffe und leises Flüstern zu hören. »Riecht ihr das?« Coffey beugte sich näher an den Lautsprecher. Jetzt waren sie fast dran. Vor lauter Aufregung mußte er sich an der Tischkante festhalten.

»Ja«, antwortete eine andere Stimme.

Dann war ein Klappern zu hören.

»Macht das Licht aus und haltet euch möglichst in der Dunkelheit. Rot sieben, du deckst die linke Seite dieses Skeletts da. Rot drei, geh nach rechts. Rot vier, Rücken zur Wand, paß auf den Sektor dahinten auf.«

Dann war es lange still. Coffey konnte schweres Atmen und leise Schritte hören.

Auf einmal kam ein scharfes Flüstern aus dem Lautsprecher: »Rot fünf, da drüben liegt jemand.«

Coffey spürte, wie sich sein Magen zusammenkrampfte.

»Ohne Kopf«, hörte er. »Wie hübsch.«

»Hier ist noch jemand«, flüsterte eine Stimme. »Siehst du’s? Da drüben bei der Gruppe von Dinos.«

Mehr Klicken und Klappern von Waffen, dazu angestrengtes Atmen.

»Rot sieben, deck unseren Rückzug. Es gibt nur diesen einen Ausgang hier.«

»Vielleicht ist es immer noch hier drinnen.«

»Das ist weit genug, Rot fünf.«

Coffey sprang auf und ballte die Hände so verzweifelt zu Fäusten, daß ihre Knöchel weiß hervortraten. Warum machten sie nicht endlich Schluß mit dem Vieh? Diese Burschen benahmen sich wie ein Haufen alter Waschweiber.

Noch mehr metallische Geräusche.

»Da bewegt sich was! Dort drüben!« Die Stimme war so laut, daß Coffey aufschreckte. Dann war plötzlich das Knattern von automatischen Gewehren zu hören, so laut, daß das Funkgerät automatisch den Kanal abschaltete, weil es ihm sonst den Lautsprecher zerrissen hätte.

»Mist, Mist, verdammter Mist«, schrie Coffey in einem fort. Dann hörte er einen Augenblick lang lautes Geschrei, bevor sich das Gerät abermals abschaltete. Dann eine kurze Salve aus einem Maschinengewehr, gefolgt von Stille. Bis auf ein leises, klirrendes Geräusch. Was mochte das wohl sein? Kleine Dinosaurierknochen, die auf den Marmorboden fielen und herumrollten?

Coffey verspürte eine kühle Welle der Erleichterung. Was immer das Ding gewesen sein mochte, nun war es ganz bestimmt tot. Nichts auf der Welt hätte ein derart massiertes Feuer aus großkalibrigen Militärwaffen überstehen können. Der Alptraum war nun endlich vorbei. Langsam setzte sich Coffey hin und hörte weiter zu.

»Rot fünf! Hoskins! Ach, du Scheiße!« kreischte auf einmal die Stimme des Commanders aus dem Funkgerät. Kurz darauf ging sie in einem Stakkato aus Gewehrfeuer unter, so laut, daß das Gerät sich kurz wieder abschaltete. Oder war das ein Schrei, der aus dem Lautsprecher gellte?

Coffey sprang auf und drehte sich zu dem Agenten um, der hinter ihm stand. Er öffnete den Mund, um zu sprechen, brachte aber keinen Ton heraus. In den Augen des Agenten konnte er seine eigene Angst widergespiegelt sehen.

»Rot eins!« rief er ins Mikrofon. »Rot eins! Hören Sie mich?« Coffey hörte nichts als ein Rauschen.

»Melden Sie sich, Commander! Hören Sie mich? Hört mich denn irgendwer da drinnen?«

Mit zitternden Fingern stellte er den Kanal der Gruppe ein, die sich in der Halle des Himmels befand.

»Wir holen jetzt die letzten Leichen hier raus, Sir«, kam die Stimme eines Sanitäters über den Äther. »Die Nachhut des Sondereinsatzkommandos hat gerade Dr. Cuthbert über das Dach nach draußen gebracht. Eben haben wir von oben Gewehrfeuer gehört. Müssen noch mehr Leute evakuiert werden?«

»Hauen Sie sofort ab!« schrie Coffey. »Sehen Sie zu, daß Sie da rauskommen, und ziehen Sie die Leiter hinter sich hoch!«

»Und was ist mit dem Rest des Sondereinsatzkommandos, Sir? Wir können die Leute doch nicht einfach –«

»Sie sind alle tot! Kapiert? Und jetzt raus! Das ist ein Befehl!« Er legte das Mikrofon beiseite, lehnte sich zurück und blickte aus dem Fenster. Ein Leichenwagen fuhr gerade langsam auf das Museum zu.

Jemand tippte Coffey auf die Schulter. »Sir, Agent Pendergast möchte über Funk mit Ihnen sprechen.«

Coffey schüttelte langsam den Kopf. »Aber ich will mit dem Arsch jetzt nicht reden. Haben Sie verstanden?«

»Aber Sir, er –«

»Erwähnen Sie mir gegenüber nie wieder seinen Namen.«

Ein weiterer Agent öffnete die hintere Tür des Wagens und kam herein. Sein Anzug war völlig durchweicht. »Sir, sie bringen jetzt die Toten raus.«

»Welche Toten meinen Sie denn?«

»Die Toten aus der Halle des Himmels. Siebzehn Menschen sind bei der Panik umgekommen. Keine Überlebenden.«

»Und was ist mit Cuthbert, dem Burschen aus dem Labor? Ist der schon draußen?«

»Sie haben ihn gerade auf die Straße heruntergelassen.«

»Ich möchte mit ihm reden.«

Coffey stieg aus und rannte hinüber zu den im Kreis aufgestellten Krankenwagen. Sein Gehirn war wie betäubt. Wie hatte das alles bloß passieren können? Wie konnte ein ganzes Sondereinsatzkommando so mir nichts, dir nichts ausradiert werden?

Draußen kamen zwei Sanitäter mit einer Krankentrage vorbei. »Sind Sie Cuthbert?« fragte Coffey die reglose Gestalt auf der Trage.

Der Mann starrte stumpf vor sich hin.

Ein Arzt zwängte sich an Coffey vorbei, schnitt Cuthbert das Hemd auf und leuchtete ihm in die Augen.

»Sie sind ja voller Blut«, sagte der Arzt. »Sind Sie verletzt?«

»Ich weiß nicht«, sagte Cuthbert.

»Blutdruck im oberen Normalbereich, Temperatur leicht erhöht, EKG kommt in einer Minute«, sagte ein Sanitäter.

»Sind Sie in Ordnung?« fragte der Doktor. »Ist das Ihr Blut?«

»Ich weiß nicht.«

Der Arzt tastete rasch Cuthberts Beine ab, besah sich seinen Schritt und untersuchte seinen Hals.

»EKG im Normalbereich«, sagte der Sanitäter.

»Er ist in einem stabilen Zustand«, sagte der Arzt. »Fahren Sie ihn zur Beobachtung in ein Krankenhaus.« Die Sanitäter brachten die Trage weg.

»Cuthbert«, rief Coffey, der neben der Trage entlangtrabte.

»Haben Sie es gesehen?«

»Was gesehen?« fragte Cuthbert.

»Na, das verdammte Monster natürlich!«

»Es weiß alles«, sagte Cuthbert.

»Was weiß es?«

»Es weiß alles, was hier vor sich geht. Es weiß genau, was als nächstes passieren wird.«

»Was, zum Teufel, meinen Sie denn damit?«

»Es haßt uns«, antwortete Cuthbert.

Während die Sanitäter die Türen des Krankenwagens aufrissen, rief Coffey: »Wie hat es ausgesehen?«

»Es hatte traurige Augen«, sagte Cuthbert. »Unendlich traurige Augen.«

»Der Kerl ist komplett übergeschnappt«, sagte Coffey vor sich hin.

»Sie werden es nicht töten«, fügte Cuthbert mit ruhiger Gewißheit hinzu.

Die Türen des Krankenwagens wurden zugeschlagen.

»Und ob ich das werde!« schrie Coffey dem davonfahrenden Krankenwagen nach. »Sie können mich mal, Cuthbert. Und ob ich das werde!«