Kapitel 12
Stens Hammerschlag gegen Dusable erwischte den Ewigen Imperator völlig unvorbereitet. Wie Sten es sich erhofft hatte, war er immer noch vollauf damit beschäftigt, zu reagieren und seine Energie darauf zu konzentrieren, die Jagd auf Stens zusammengewürfelte Rebellenbande zu forcieren.
Als die Nachricht von der Attacke nach Arundel übermittelt wurde, schnappte der Imperator fast über. Militärische und politische Adjutanten wurden zusammengerufen, ganze Flotten umgeleitet, um andere AM2-Depots zu schützen, Diplomaten von ihren Posten abgezogen und quer durch das Imperium geschickt, um unsichere Verbündete an die Kandare zu nehmen.
Die Jagd auf Sten wurde mit doppeltem Eifer vorangetrieben und dann noch einmal forciert.
Bevor er diese Befehle ausgab, verhängte der Imperator selbstverständlich die umfassendste Nachrichtensperre in der gesamten Geschichte seiner Regierungszeit. Überall im Imperium wurden die Verantwortlichen der Pressedienste darüber informiert, bis auf anderslautende Anweisung kein Wort über Dusable oder die Cairenes verlauten zu lassen.
Die Emissäre des Imperators mußten nicht eigens erwähnen, worin die Strafe bei Zuwiderhandlung gegen dieses Edikt bestand.
Das überließen sie vielmehr der Phantasie der Medienhäuptlinge.
Doch zwischen der Erteilung dieser Befehle und ihrer Umsetzung verging ein winziges bißchen Zeit.
Ein journalistisches Niemandsland ...
"Hier meldet sich Ranett, mit einem Live-Bericht von Dusable.
Heute mußte der Ewige Imperator einen
schweren Schlag einstecken. Der flüchtige Rebellenführer Sten führte einen
Überraschungsangriff gegen den wichtigsten Verbündeten des Imperators durch.
In einer kurzen aber wirkungsvollen Aktion vernichteten Stens Streitkräfte ein hochwichtiges AM2-Depot und damit einen Vorrat an AM2, den Quellen vor Ort als ausreichend für zwei E-Jahre bezeichnen. Direkt nach diesem Angriff erfolgten verschiedene mit chirurgischer Präzision ausgeführte Attacken gegen militärische und logistische Schlüsseleinrichtungen auf Dusable.
Wie von hohen Stellen auf Dusable zu erfahren war, wird es mindestens ein Jahrzehnt dauern, bis diese Einrichtungen wieder funktionsfähig sind ...
falls überhaupt.
Augenzeugen berichten, daß Stens Truppe offensichtlich darauf bedacht war, die Wohngebiete der Zivilbevölkerung zu schonen. Die Verluste unter der Zivilbevölkerung werden demzufolge als minimal bezeichnet.
Die Folgeangriffe dauerten angeblich nur wenige Stunden, doch berichten gut informierte Quellen auf Dusable, daß dieser ehemals so pulsierende Exportplanet in diesen Stunden nachhaltig als Energielager und wichtiger Transportknotenpunkt ausgeschaltet wurde.
Die hier erfolgten Zerstörungen, die sich nach Meinung von Experten auf mehrere Trillionen Credits belaufen, könnten sogar noch stärkere Nachwirkungen auf das gesamte Imperium haben.
Hohe Stellen sind der Meinung, daß Stens Überfall dem Ansehen des Imperators weitaus größeren Schaden zugefügt habe. Viele Verbündete, heißt es, werden jetzt an den Fähigkeiten des Imperators zweifeln, seine Freunde vor ähnlichen Aktionen zu schützen.
Eine Quelle besagt, daß die Erniedrigung, die der Imperator hinnehmen mußte, und das Image eines David gegen den übermächtigen Goliath, das der Rebell Sten -"
Ranett erschrak, als ihr Monitorbild in einem Schneesturm aus Interferenzen zerstob. Ein schmerzhaftes Kreischen tobte aus den
Lautsprecherzellen.
Sie vergeudete keine Zeit damit, herauszufinden, was da geschehen war. Eigentlich war sie eher überrascht, daß ihre Sendung überhaupt so lange ungehindert ausgestrahlt werden konnte. Sie hatte damit gerechnet, bestenfalls die ersten beiden Absätze ihres Berichts durchzubringen, bevor die Zensoren des Imperators den Stecker herauszogen.
Ranett tippte die Befehle ein, die ihr kleines Schiff aus seinem Versteck in einem Wäldchen nahe des zerstörten Zentralraumhafens von Dusable herausholten. Bei dem Fahrzeug handelte es sich um eine Luxusyacht, die sie Vorjahren einem Geschäftsmann aus den Rippen geleiert hatte, weil sie seinen Namen aus einer Serie über Sklavenarbeit herausgehalten hatte.
Dabei war ihre Unterlassung in Wirklichkeit nicht der Rede wert gewesen. Sie hatte keine
wasserdichten Beweise in der Hand gehabt, um den Sklaventreiber festzunageln, eine verpaßte Gelegenheit, die sie seither immer wieder einmal bedauert hatte. Doch diese Ungerechtigkeit würde sich jetzt wieder einrenken, spätestens dann, wenn die Imperialen Häscher mit der Registriernummer seiner Yacht in der Hand an seine Tür klopften.
Ranett lachte auf, als sie sich die
Unannehmlichkeiten vorstellte, die sie dem elenden Drecksack damit bereitete. Dann dachte sie nur noch daran, möglichst rasch von Dusable wegzukommen.
Anschließend hieß es, wie schon zu Zeiten des Terrorregimes des Privatkabinetts: irgendwo untertauchen und sich ruhig verhalten.
Sie würde sich irgendwo verkriechen, bis ein wenig Gras über die Sache gewachsen war. Sie machte sich keine Illusionen. Höchstwahrscheinlich mußte sie für den Rest ihres Lebens ein Dasein im Verborgenen fristen.
Als das Schiff das Gravitationsfeld von Dusable verließ und sich auf den Weg zur ersten Station von Ranetts sorgfältig vorbereiteter Fluchtroute machte, überdachte sie noch einmal den Bericht, den sie gerade verfaßt hatte.
Leider konnte sie ihn nicht weiter recherchieren und ergänzen. Ihrer Meinung nach war es der Startschuß für die wahrscheinlich folgenschwerste Pressestory in der langen, schmerzensreichen Geschichte des Imperiums.
Noch bedeutender als das Attentat auf den Imperator. Bedeutender als seine Rückkehr.
Bedeutender als jeder Krieg.
Es konnte gut sein, dachte sie, daß der Imperator einen ebenbürtigen Gegner gefunden hatte. Das eigentlich Unmögliche war jetzt immerhin zu einer vagen Wahrscheinlichkeit geworden.
Die romantische Seite von Ranetts
wettergegerbter Seele fragte sich, was wohl passieren würde, wenn Sten als Sieger aus diesem Kampf hervorging.
Würde er dann an des Imperators Statt regieren?
Sehr wahrscheinlich. Wenn ja - wäre Sten dann wohl jenes mythische Wesen, das nicht ganz so zerstreute Gelehrte einen "aufgeklärten Herrscher" nannten?
>Laß es gut sein, Ranett<, knurrte sie in Gedanken vor sich hin. >So etwas wie die Guten und die Bösen gibt es nicht. Nur diejenigen, die am Drücker sind, und diejenigen, die auch mal ranwollen.
Warum sollte ausgerechnet dieser Sten anders sein?
Bei der ersten Gelegenheit, die sich ihm bietet, wird er uns alle aufs Kreuz legen.<
Avri war der Meinung, in ihrem Leben schon so manchen Wutausbruch miterlebt zu haben. Doch keine ihrer Erfahrungen im Kreise der Mächtigen hatte sie auf das vorbereiten können, was sich im Gesicht des Ewigen Imperators abspielte.
Seine Haut schimmerte gespenstisch weiß, seine Augenbrauen zogen sich vor ungezügeltem Zorn zusammen. Seine Augen huschten hin und her wie zwei große Raubvögel auf Beutesuche.
Am meisten erschreckte sie jedoch dieses zuckende Grinsen.
Das zweitschlimmste war die völlige
Gelassenheit, die er dabei nach außen kehrte.
"Die Zeit verlangt nach Besonnenheit", erläuterte der Imperator seinem versammelten Stab. "Mit Hysterie wurde noch keine Krise bewältigt. Wir müssen unseren Problemen wie ganz normalen Unregelmäßigkeiten begegnen.
Und jetzt zur Tagesordnung ... Avri? Wie ist die Stimmung im Parlament?"
Avri zuckte zusammen. Nachdem sie als erste aufgerufen wurde, lagen ihre Nerven plötzlich bloß, doch sie hatte sich rasch wieder im Griff. "Nicht sehr gut, Euer Hoheit. Tyrenne Walsh mußte natürlich so schnell wie möglich nach Hause zurückkehren."
"Natürlich", sagte der Imperator, immer noch in einem verdächtig freundlichen Ton.
"Niemand redet offen darüber ... aber ich habe bei Ihren Verbündeten die eine oder andere
klammheimliche Positionsverschiebung festgestellt.
Jede Menge stille Post zwischen den
Hinterbänklern."
"Ich werde sie schon zur Räson rufen", warf der Imperator ein. "An wen wollen sie sich denn wenden? Aber ich weiß, was du damit meinst, Avri.
Ich lasse mir ein paar Programme einfallen, um ihnen den Rücken zu stärken.
In der Zwischenzeit kannst du ihnen ruhig meine Besorgnis und meine Anteilnahme ausdrücken.
Bejammere alles, was es zu bejammern gibt.
Versprich ihnen jede Menge Truppen, jede erdenkliche Soforthilfe. Ja, und laß hin und wieder fallen, daß Sten für seine Taten schon sehr bald zur Verantwortung gezogen werden wird."
"Jawohl, Euer Majestät", sagte Avri. "Aber ...
abgesehen von Sten ... Worüber sie sich am meisten Gedanken machen, ist der AM2-Nachschub. Sie sagen, die Lage sei schon vor Stens Anschlag schlimm gewesen, aber jetzt... Ich weiß nicht... Was die Zukunft angeht, sind sie ziemlich empfindlich."
Wieder zog der Imperator inmitten seines starren Lächelns die Oberlippe kraus. "Sie sollen AM2
meine Sorge sein lassen. Auf dieses Versprechen können sie sich wirklich verlassen.
Tatsache ist" - der Imperator deutete in die Richtung seiner Funkzentrale -, "daß ich vor fünfzehn Minuten neue Lieferungen in die Wege geleitet habe. Es dürfte nicht mehr lange dauern, bis die ersten Konvois ankommen."
"Jawohl, Euer Hoheit. Diese Nachricht wird sie aufmuntern, Sir."
"Poyndex?"
"Sir!"
"Diese Sendung von Ranett... Gibt es schon Einschätzungen darüber, wie viele meiner Untertanen sie tatsächlich erreicht hat ?"
Poyndex tat sein Bestes, seine Erleichterung zu verbergen. Eigentlich hätte er wegen dieses Mißgeschicks ein größeres Donnerwetter erwartet.
Trotzdem erging es ihm wie Avri: die äußere Ruhe des Mannes machte ihm Sorgen.
"Jawohl, Sir", antwortete er. "Die Nachrichten sind in dieser Hinsicht jedoch ziemlich unerfreulich, Euer Hoheit; obwohl der Schaden, den diese erste Sendung anrichtete, nicht so schlimm war wie befürchtet.
Zur fraglichen Zeit hatten sich nur ungefähr sechs Prozent der möglichen Zuschauer eingeschaltet. Das Problem besteht vielmehr darin, daß Kopien dieser Sendung zur Zeit auf dem Schwarzmarkt als das heißeste Ding aller Zeiten gehandelt werden."
Der Imperator winkte anscheinend unberührt ab.
"Na schön. Es zirkulieren also einige unlizenzierte Kopien. Damit werden kaum mehr als weitere drei oder vier Prozent der Zuschauer erreicht."
"Das trifft leider nicht ganz zu", deutete Poyndex an. "Die Zahlen deuten eher auf um die 20 Prozent...
allein am ersten Tag. Und dann ... um es in deren Worten auszudrücken ... brach es sämtliche Rekorde."
Poyndex unterbrach sich und schluckte hart angesichts dessen, was er als nächstes zu berichten hatte.
"Fahren Sie fort", sagte der Imperator.
"Jawohl, Sir ... Äh ... Es ist damit zu rechnen, daß innerhalb zweier E-Wochen über 80 Prozent der Bevölkerung des Imperiums Ranetts Bericht kennen."
Tiefes Schweigen von Seiten des Imperators.
Poyndex und die anderen Anwesenden zitterten in Erwartung der explosionsartigen Reaktion des absoluten Herrschers des gesamten bekannten Universums. Er blieb einen langen, qualvollen Moment vollkommen ruhig. >Geradeso<, dachte Poyndex, >als würde er tief in seinem Inneren mit seinem Dämon Rücksprache halten.<
Dann rührte sich der Imperator wieder in seinem Sessel. Er zwang sich zu einem lautlosen Lachen.
"Ich muß zugeben, das sind nicht gerade entzückende Neuigkeiten", sagte er. "Trotzdem ist jetzt nicht der Zeitpunkt, wie ich bereits eingangs erwähnt habe, sich auf Negatives zu konzentrieren.
Wenn wir ruhig und überlegt handeln, wird auch diese Krise sehr bald vorübergehen. Ich habe derlei Geschichten schon früher durchgemacht. Es läuft immer auf das gleiche hinaus: meine Feinde sind tot oder in alle Winde zerstreut, und meine Untertanen lobpreisen meinen Namen."
Der Blick des Imperators zuckte über das Häuflein der Versammelten. "Natürlich wird bis dahin jede Menge Blut vergossen werden. Das ist immer so."
Er stockte. Als hätte er ihre Anwesenheit vergessen. Geistesabwesend griff er in seine Schreibtischschublade, zog eine Flasche Scotch hervor, goß sich ein Glas ein und trank einen Schluck; langsam und nachdenklich.
Dann fing er erneut zu reden an. Sehr schnell. Im Plauderton. Doch seine Worte schienen sich nicht an die hier Anwesenden zu richten. Es schien eher so, als hielte er ein spätabendliches Schwätzchen mit ein paar alten Freunden.
Avri bekam es mit der Angst zu tun. Wie alle anderen stand sie völlig regungslos da. Instinktiv hatten alle erfaßt, daß jetzt nicht der günstigste Moment war, die Aufmerksamkeit des Imperators auf sich zu lenken.
"Bei der Sache mit Sten muß ich mir selbst die Schuld zuschreiben. Was habe ich mir nur dabei gedacht? Von dem Augenblick an, als Mahoney mich auf ihn aufmerksam machte, wußte ich, daß ich einen jungen Mann mit enormem Potential vor mir hatte. Einem Potential, das zu meinen Diensten eingesetzt werden konnte. Ich hätte erkennen müssen, wie verdorben er war. Sein großer Makel war sein grenzenloser Ehrgeiz.
Erstaunlich, wie einem so etwas entgehen kann, vor allem, da wir es hier mit einem Ehrgeiz zu tun haben, der weit über jede Norm hinausgeht. Ja. Jetzt sehe ich es ganz deutlich vor mir. Von Anfang an hatte er es auf meinen Thron abgesehen."
Einen Augenblick konzentrierte sich sein Blick auf Poyndex. "Ich glaube, das reicht als Erklärung, oder nicht?"
Poyndex beging nicht den tödlichen Fehler, mit seiner Antwort zu zögern. "Absolut, Euer Hoheit", antwortete er eifrig. "Sten ist völlig durchgedreht.
Das ist die einzig mögliche Erklärung."
Der Imperator nickte geistesabwesend. "Ich vermute jedoch, daß er seine Handlungen rationalisiert", sagte er. "Nur wenige Personen sehen sich gerne als Übeltäter ...Wahrscheinlich hält er mich umgekehrt ebenfalls für wahnsinnig."
Seine Augen richteten sich auf Avri. Ebenso wie Poyndex wich sie seinem Blick nicht aus. "Wenn er so etwas denkt, Sir", stieß sie hervor, "dann muß er einfach verrückt sein."
Wieder dieses abwesende Nicken.
"Selbstverständlich wird seine Sichtweise ein - wenn auch begrenztes - Echo in der Öffentlichkeit finden", sagte der Imperator.
"Sehr begrenzt... wenn überhaupt", warf Poyndex rasch ein.
"So ist es nun einmal", seufzte der Imperator.
"Schlechte Zeiten kehren immer die miesesten Seiten der Untertanen eines Monarchen hervor."
Ein kaltes Lachen.
"In jeder Epoche scheint es diese Grundannahme zu geben, daß die Zeiten des Überflusses der Normalzustand sind. Schlechte Zeiten werden als Abweichung empfunden, für die man gewöhnlich die Regenten des bösen Staates verantwortlich macht."
Der Imperator kippte seinen Drink. "Dabei entspricht das genaue Gegenteil der Wahrheit: In den allermeisten Zeiten ist... für die meisten Lebewesen ... das Leben die reinste Hölle.
Und uns, ihren Regenten, wollen sie dann die Hölle heiß machen, wenn wir ihnen keine Paradiese bieten."
Der Imperator richtete sein starres Grinsen auf Avri. "Es wäre natürlich schlechte Politik, wenn man sie auf diese Tatsache aufmerksam machte."
"Ganz meiner Meinung, Sir", sagte sie.
"Versprechen sind immer besser, als ständig den Teufel an die Wand zu malen."
Er gab ihr mit einer Handbewegung den Befehl, an seine Seite zu kommen. Sie gehorchte sofort. Er legte einen Arm um sie und zog sie noch näher an sich. Dann fing er an, sie langsam zu streicheln. Sie errötete. Es schien niemandem aufzufallen. Alle Blicke blieben auf den Imperator gerichtet, der jetzt wieder das Wort ergriff.
"Und doch... Der Druck lastet furchtbar auf einem Herrscher, der das Unmögliche in die Wege leiten soll." Avri erschauerte. Aus Angst, nicht aus Verlangen, auch wenn die Zärtlichkeiten immer intimer wurden.
Ein bitteres Lachen entrang sich der Kehle des Imperators. "Wenn wir ... diesen Erwartungen nicht entsprechen ... dann ist immer der Monarch an allem schuld. Unsere Untertanen wenden sich von uns ab."
Der Imperator schüttelte traurig den Kopf. "Es ist aber nicht gut für einen Monarchen, über diesen unseligen Dingen zu brüten. Sonst... treiben ihn seine Untertanen noch in den -"
Er unterbrach sich und starrte ins Leere. Dann flammten seine Augen wieder voller Tatendrang.
"Mein Gott", rief er. "Manchmal wäre ich froh, meine Untertanen hätten eine einzige Kehle. Ich würde sie ohne zu zaudern aufschlitzen."
Im ganzen Raum machten die Herzen einen Satz.
Poyndex bemerkte, daß er dem Imperator in die Augen starrte und dort wie aufgespießt hängenblieb; er hatte Angst, weiterzustarren, doch er traute sich auch nicht, zur Seite zu sehen.
Erst dann bemerkte er, daß der Imperator ihn gar nicht wahrnahm. Sein Gesicht war ausdruckslos, sämtliche Regungen spielten sich in seinem Innern ab. Der Drehsessel knarrte, als sich der Imperator wegdrehte und den Blick hob, um Avri anzusehen.
Plötzlich zog er sie auf seinen Schoß. Seine Finger fummelten an den Verschlüssen ihrer Kleider. Avri drehte sich instinktiv so, daß er besser herankam.
Poyndex gestikulierte mit dringlichen Gesten in Richtung der Anwesenden, die daraufhin
geräuschlos den Raum verließen. Er war der letzte, der hinausging.
Gerade als er die Tür hinter sich zuziehen wollte -
"Poyndex?"
Er wirbelte herum. Avri lag lang ausgestreckt nackt auf dem Schoß des Imperators.
"Sir?"
"Dieser Wunsch war nicht immer in mir", sagte der Imperator. Geistesabwesend ließ er einen Finger über Avris Haut wandern.
"Nein, Sir?"
"Er stammt von einem meiner Kollegen ... vor langer, langer Zeit." Sein Finger hielt plötzlich inne.
Der Daumen näherte sich auf der zarten Haut dem Zeigefinger.
"Sein Name war Caligula."
"Jawohl, Sir."
"Meiner Meinung nach ein ziemlich verleumdeter Herrscher.
Für Geldangelegenheiten hatte er keinen Sinn, aber auf vielen anderen Gebieten war er sehr talentiert. Leider neigen die Historiker dazu, sich auf seine persönlichen Eigenarten zu konzentrieren."
Er zwickte Avri tief und heftig ins Fleisch. Sie stöhnte vor Schmerz leise auf.
"Höchst unfair", sagte der Ewige Imperator.
"Jawohl, Sir."
Die Augen des Imperators wandten sich wieder Avris Körper zu. Poyndex war vergessen.
"Wie reizend", sagte der Imperator.
Poyndex ging leise hinaus und ließ die Tür sanft hinter sich zugleiten. Kurz bevor sie sich schloß, hörte er Avri aufschreien.