Kapitel 2

Ranett stieß einem schläfrig dreinschauenden Angestellten den Ellbogen in die Rippen und ließ mit routinierter Unachtsamkeit heißen Kaffee auf den Fettwanst eines anderen Bürokraten tropfen.

Während sie sich durch die Menge drängte, zog sie einen unablässigen Strom von Entschuldigungen hinter sich her: "Pardon ... Tut mir leid ... Wie ungeschickt von mir ..."

Wenn jemand aufmerksam genug gewesen wäre, hätte ihm auffallen können, daß Ranett sich mit der Geschmeidigkeit einer erfahrenen Kämpferin bewegte und mit erstaunlicher Geschwindigkeit durch die Menge glitt. Sie schlüpfte durch Öffnungen, erzwang Lücken, wo vorher keine gewesen waren. Die ganze Zeit über fixierten ihre Augen das angestrebte Ziel: die gewaltigen Türen, die in den Pressesaal von Schloß Arundel führten.

An der Tür wurde sie von einem schwarz

uniformierten Gebirge aufgehalten. Die goldenen Insignien am Ärmel des Wächters bestanden aus einem verzierten I und einem S, das sich wie eine Schlange drum herum wand. >Wundervoll<, stieß ihr Gehirn wütend hervor ... Die verfluchte Innere Sicherheit.

Sie ließ ihr süßestes Lächeln aufblitzen, das garantiert das Herz jedes heterosexuellen männlichen Wesens, das einigermaßen bei Trost war, zum Schmelzen brachte. "Entschuldigen Sie bitte ..." Ranett duckte sich unter seinem Arm weg und schlüpfte in den Pressesaal. Drinnen hörte sie die trockene Stimme eines Berichterstatters. >Diese Schwachköpfe haben bereits angefangen dachte sie.

>Dafür ziehe ich jemandem noch das Fell über die Ohren!<

Wieder versperrte ihr der IS-Mann den Weg:

"Nur für Pressevertreter", knurrte er. Ranett behielt das süße Lächeln bei. "Dann bin ich damit gemeint."

Sie zog ihre Ausweispapiere hervor und hielt sie keck vor die runden Äuglein des großen Trottels. Er warf einen forschenden Blick auf die

Ausweispapiere, dann auf ihr Gesicht. Er ließ sich verdammt viel Zeit damit.

"Sieht aus wie Sie, in Ordnung", meinte er. Dann schenkte er ihr ein boshaftes Grinsen. >Das wird ja immer besser<, dachte Ranett. >Ein Medienhasser.<

"Sie dürfen trotzdem nicht rein."

"Warum denn nicht, zum Henker?"

Ein innerer Ruck durchfuhr den IS-Mann. Das süße Lächeln auf Ranetts Gesicht war jetzt verschwunden. Ihr Tonfall war wie Eiszapfen. Aber nach einem zögerlichen Moment ignorierte der Wächter die Warnung.

"Befehle, darum", knurrte er. "Die Pressekonferenz ist bereits im Gange ... Niemand darf rein oder raus, bis sie zu Ende ist."

Einen Herzschlag später verwandelte sich sein selbstzufriedenes Grinsen in einen Ausdruck blanken Entsetzens, als Ranett ihre aufgestaute Wut entfesselte.

"Gehen Sie mir aus dem Weg, Sie aufgeblasener kleiner Sack", fauchte sie. "Sie lassen mich augenblicklich hinein, oder ich brate Ihre Eier zum Frühstück!"

Sie setzte ihm volle anderthalb fürchterliche Minuten lang zu. Überzog ihn und die

gegenüberliegende Wand mit Blasphemien und gemeinen Drohungen, wie der IS-Mann sie vorher noch nie gehört hatte; am Ende bezeichnete sie ihn sogar als den obersten Folterknecht des Imperators.

Während jede einzelne dieser neunzig Sekunden sich wie ein ganzes langes Jahr dahinzog, fing sein kleines Gehirn allmählich an, den Namen auf dem Presseausweis zu registrieren. Die Frau, die ihn da bei lebendigem Leibe in Stücke riß, war eine lebende Legende des Nachrichtenwesens. Ranett hatte von der Front über die Tann-Kriege berichtet; sie hatte die alptraumhaften Regierungsjahre des Privatkabinetts überlebt; sie hatte preisgekrönte Livie-Reportagen produziert, die sogar er mit Ehrfurcht angeschaut hatte. Über mächtige Regierungsmitglieder und Wirtschaftsbosse war bekannt geworden, daß sie, wenn Ranett mit ihrem Aufnahmeteam auftauchte, davonliefen wie kleine Jungs, die man bei unerlaubten Spielchen ertappt hatte.

Als sie Pause machte, um Luft zu holen - oder neue Inspiration zu schöpfen -, setzte der IS-Mann alles daran, sich aus ihrem Gesichtsfeld zu verdrücken. Kopflos ließ er seinen Posten im Stich, denn lieber nahm er es mit seinem Sergeant und dessen Hyänenstimme auf als mit dieser Frau; da hörte er, wie die großen Türen aufzischten und sich wieder schlössen. Er schaute sich um. Es gelang ihm, Atem zu schöpfen ... lang und zitternd Luft zu holen. Ranett war drinnen. Bis zum Ende der Pressekonferenz war er gerettet, Befehle hin, Befehle her.

Flottenadmiral Anders, der Chef der Imperialen Raumflottenoperationen, stieß im Geiste ein paar Flüche aus, als er sah, wie Ranett sich in den überfüllten Raum hineinquetschte und einen jungen Trottel von seinem am Gang gelegenen Sitz wegkomplimentierte.

Bis jetzt war die Sache perfekt gelaufen. Sobald er die Nachricht von dem Mist erhalten hatte, der im Altai-Cluster geschehen war, hatte er den Krisenstab seiner Presseoffiziere in Bewegung gesetzt, noch bevor ihn entsprechende Befehle vom Imperator erreicht hatten.

Die Kritiker des Admirals, die jetzt

bezeichnenderweise alle mucksmäuschenstill waren, hielten ihn für viel zu jung für diesen Posten; außerdem war er ihnen zu gutaussehend und zu glatt.

Ein Mann, der weniger durch militärisches als durch politisches Talent so schnell zur Spitze aufgestiegen war. In der Tat hatte er seine Orden und Auszeichnungen ausnahmslos bei inszenierten Anflügen auf gerade vom Feind geräumtes Gebiet erworben. Er hatte viele wütende Schüsse abgegeben, aber vor allem sorgfältig kalkulierte Berichte und Pressemitteilungen erstellt.

Sein erster Akt als Chef der Flottenoperationen hatte darin bestanden, ein Presse-Pool-System für den Notfall zu schaffen, nach dessen Maßgaben die Leute operierten, die jetzt vor ihm saßen. Die Regeln waren einfach: l. Nur Pressevertreter, die von seinem Büro akkreditiert waren, durften an einer Krisenpressekonferenz teilnehmen. 2. Es wurde nur auf Fragen eingegangen, die sich auf die in der Krisenpressekonferenz präsentierten "Fakten"

bezogen. 3. Es war nur autorisierten Sprechern gestattet, Fragen zu stellen. 4. Jegliche Verletzung der ersten drei Regeln wurde als Verletzung der Imperialen Sicherheit angesehen und alle Beteiligten des Verrats angeklagt.

Jedoch gab es immer noch bestimmte Zwänge bei der Handhabung der Medien. Einige der

Anwesenden vor ihm waren Stars, nicht minder populär als die Herzensbrecher in den Livie-Serien.

Und sie verfügten über Gehälter in einer solchen Größenordnung, daß sie selbst einflußreiche Kapitalgesellschaften waren.

Glücklicherweise waren die meisten von ihnen zahm. Ein Teil von Anders Genie bestand darin, daß er erkannt hatte, daß sogar ein Störenfried der Institution, die er quälen will, beitreten muß, um ein reicher und berühmter Störenfried zu werden.

Ranett paßte nicht in diese Schablone. Sie war lediglich berühmt. Ihr ging es nicht um Wohlstand.

Sie scherte sich nicht um ihre Berühmtheit... außer, daß sie ein praktisches Werkzeug war, mit dessen Hilfe sie sich ihren Weg bahnte.

Aus diesem Grund sah sich Admiral Anders bei der Zusammenstellung der Liste der zu

verständigenden Reporter gezwungen, ihren Namen mit aufzunehmen. Aber er tauchte ganz unten auf. Er gab genaue Anweisungen, den Anruf so spät zu tätigen, daß Ranett unmöglich rechtzeitig ankommen konnte.

Trotzdem saß sie da. In voller Lebensgröße. Trotz der Uhrzeit -

Anders hatte den Beginn der

Pressekonferenz absichtlich auf zwei Stunden vor Morgengrauen angesetzt - sah Ranett erschreckend wach aus. Nicht wie ihre wie geräderten Kollegen, die um sie herum gähnten und vor sich hin dösten und Anders bevorzugtem Nachrichtenoffizier, der das jargonbefrachtete Geleier fortsetzte, nur halbherzig zuhörten.

"...So viel zur Geschichte und physikalischen Zusammensetzung des Altai-Clusters. In den Materialien, die wir Ihnen bereits ausgehändigt haben, werden Sie Näheres zu einzelnen Planeten finden, entsprechende Daten über die relative Schwerkraft sowie Zeitumrechnungstabellen", sagte der Offizier.

"Zusätzlich enthalten ist ein Informationsblatt über die vier Hauptrassen: die beiden menschlichen, die Jochianer und die Torks, und die

Nonhumanoiden, die Suzdal und die Bogazi. Es ist dabei ganz hilfreich, sich noch einmal ins Gedächtnis zu rufen, daß die Jochianer die Mehrheit darstellen und daß alle diese Rassen sich seit Jahrhunderten hassen."

Während der Offizier fortfuhr, hörte man das trockene Rascheln von Dokumenten. "Als nächstes

... der politische Hintergrund. Die Details sind Ihnen wohlbekannt, ich möchte trotzdem einiges rasch noch einmal zusammenfassen. Nach dem Tode des Khaqan, des langjährigen Alliierten des Imperators, drohte Anarchie auszubrechen. Der Khaqan gehörte der jochianischen Mehrheit an. Leider verhinderten die enorme Arbeitsbelastung und die von Details dominierte Arbeitsweise des Khaqan, daß er sich einen Nachfolger heranzog.

Der Imperator ernannte Doktor Iskra, einen prominenten jochianischen Wissenschaftler und ergebenen Bürger des Imperiums, zum neuen Führer..."

Ranett verstand allmählich, was hier gespielt wurde. An den glasigen Blicken auf den Gesichtern ihrer Kollegen konnte sie erkennen, daß bis jetzt noch nichts Wichtiges gesagt worden war. Dabei war die Pressekonferenz schon seit einer Stunde im Gange. Der Vortragende, der da so trocken seinen Sermon herunterleierte, war nur einer von vielen, die schon vor ihm gesprochen hatten. Es war offensichtlich, daß sie alle die gleichen unwichtigen Fakten umrissen hatten. Es war definitiv nichts Neues, daß es im Altai-Cluster drunter und drüber ging. Bereits vor einiger Zeit hatte man ihnen eine absolut wasserdichte Nachrichtensperre vor die Nase geknallt. Ranett selbst war gerade von einem Versuch zurückgekehrt, den Sektor zu besuchen.

Unmittelbar vor dem Ziel hatte jemand ganz weit oben in der Hierarchie der Erstwelt ihr Schiff zurückbeordert.

Sie ging rasch das Bündel Pressematerial durch, das sie auf dem Weg zu ihrem Sitzplatz

zusammengerafft hatte, und fand die Tagesordnung der Krisenkonferenz. Klar, die ersten Punkte der Tagesordnung liefen unter der Überschrift

"Hintergrundinformationen". Darauf folgte "Krise im Brennpunkt": Flottenadmiral Anders, Chef der Imperialen Flottenoperationen. Dann folgte "Frage

& Antwort". Nirgendwo auf der Tagesordnung oder im übrigen Material der Pressemappe befand sich ein Hinweis darauf, wie eigentlich das genaue Thema dieser Krisenpressekonferenz lautete. Mit Ausnahme der Tatsache, daß es etwas mit dem Altai-Cluster zu tun hatte. Und es ging wahrscheinlich um etwas Militärisches, da die Pressekonferenz vom Chef der Flottenoperationen geleitet wurde.

Wenn Ranett der Typ gewesen wäre, der pfeift, hätte sie es in diesem Augenblick getan.

Anscheinend sollte ihnen gleich irgendein gehöriger Mist aufgetischt werden. Sie hatte sich lange genug durch das Labyrinth Imperialer Politik geschlängelt, um zu wissen, daß gute Nachrichten sofort bekanntgegeben wurden. Schlechte Nachrichten hingegen wurden bis zum Ende verdrängt.

Sie bemerkte, daß Admiral Anders einen

flüchtigen Blick auf sie warf. Ihre Anwesenheit machte ihn eindeutig nervös. Guuuut! Sie schenkte ihm ihr widerlichstes Grinsen. Anders tat so, als hätte er nichts bemerkt, und widmete seine feierliche Aufmerksamkeit wieder seinem Presseoffizier.

"... als die größte Schwierigkeit", sagte der Mann,

"haben sich dabei die zahlreichen

schwerbewaffneten Verbände erwiesen, die jede dieser höchst unberechenbaren Spezies unter ihrem Kommando stehen hat. Zunächst einmal wurden diplomatische Anstrengungen unternommen, sich mit den Kommandeuren der Verbände, die Dr. Iskra feindlich gegenüberstehen, an einen Tisch zu setzen.

Außerdem wurden so schnell wie möglich Imperiale Truppen entsandt, um Dr. Iskra beim Erhalt des Friedens Hilfestellung zu leisten. Diese Truppen standen unter dem Kommando eines der fähigsten und loyalsten Offiziere des Imperators, Admiral Mason..."

In Ranetts Kopf begannen Alarmglocken zu läuten. Warum dieses verschwenderische Lob für Mason ? Ihr war auch der Gebrauch der

Vergangenheitsform nicht entgangen: "... die Truppen standen unter dem Kommando ..." Dann wurden die Alarmglocken sogar noch lauter. Der Presseoffizier hatte ohne nähere Erklärung den Namen des Mannes unter den Tisch fallenlassen, der die diplomatische Mission angeführt hatte: der Bevollmächtigte Sonderbotschafter Sten. Sie wußte, daß Sten eine der prominentesten Persönlichkeiten im Stab des Ewigen Imperators war. >Armer Wicht<, dachte Ranett. Ihrer Einschätzung nach wurde Sten entweder als Sündenbock aufgebaut oder zur Exekution vorbereitet. Sie fragte sich, ob letztere vielleicht schon stattgefunden hatte.

"Trotz der vielen Schwierigkeiten", fuhr der Presseoffizier fort, "sind wir froh, Ihnen heute mitteilen zu können, daß sich die Situation im Altai-Cluster stabilisiert hat. Die Ordnung wurde wiederhergestellt. Wir gehen davon aus, schon in naher Zukunft in der Lage zu sein, die

Kommunikation mit dem Cluster sowie die Reiseverbindungen wieder freigeben zu können."

>Genauuu!< dachte Ranett. Sie wußte, wann sie bis zu den Kniekehlen im Dreck watete. "Nahe Zukunft", das bedeutete höchstwahrscheinlich ...

nicht mehr in ihrem Leben.

"Damit wäre der Hintergrundteil der Tagesordnung abgeschlossen", sagte der Nachrichtenoffizier mit einem falschen Lächeln.

"Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, verehrte Vertreter der Presse. Und jetzt wird uns Admiral Anders auf den Stand der neuesten Entwicklungen bringen. Wir heißen ihn in unserem Kreis herzlich willkommen."

Verhaltener Applaus, während Anders nach vorne kam. Das machte Ranett wütend. Ihr entging nicht, daß der meiste Applaus von den Starmoderatoren kam. Ob Menschen oder Nonhumanoide, für Ranett sahen sie alle gleich aus: prächtig, reich und selbstzufrieden.

"Dies ist ein sehr ernster Augenblick für mich, verehrte Anwesende", stimmte Anders an.

"Schweren Herzens teile ich Ihnen mit, daß einer der Unseren all das verraten hat, wofür ich ... und Hunderttausende von Angehörigen der Imperialen Streitkräfte ... standen und stehen."

Ranett beugte sich vor. >Jetzt kommt's<, dachte sie.

"Erst vor wenigen Stunden kam Admiral Mason einem Plan auf die Schliche, Seine Majestät, den Ewigen Imperator, zu stürzen."

Unter den Pressevertretern brach ein schnell anschwellendes Gemurmel aus. Anders hob eine Hand, um sich Aufmerksamkeit zu verschaffen. Er bekam sie.

"Der Putschversuch, der die Unruhen im Altai-Cluster als Tarnung benutzte, wurde bereits wenige Augenblicke, nachdem er Gestalt annahm, enttarnt.

Admiral Mason stellte die Täter - und vernichtete sie.

Diese Aktion kostete ihn selbst das Leben.

Ebenso wie alle anderen Truppen an Bord seines Schiffes."

Das grollende Gegrummel verwandelte sich in einen Donnerschlag. Nachrichtenleute sprangen auf die Beine und versuchten sich schreiend Gehör zu verschaffen. Ranett blieb sitzen und beobachtete Anders mit voller Konzentration. Sie bemerkte, daß seine linke Wange zuckte. Und seine Augen leuchteten allzu hell. Ihre Schlußfolgerung: der Admiral war ein verlogenes Stinktier.

Wiederum hob Anders die Hand. Wieder kehrte Ruhe ein. "Der Putsch wurde von einer Person gesteuert", sagte er, "die wir alle für loyal hielten ...

von einem Mann, der, wie sich herausstellte, insgeheim ein krankes Verlangen nährte, unseren Imperator zu ermorden und wieder einmal Unheil über das Imperium zu bringen.

Sonderbotschafter Sten! Ein Mann, dem einst die Liebe und das Vertrauen des Imperators galten.

Sie werden sicher erfreut sein, zu hören, daß dieser intergalaktische Gesetzlose zwar überlebte, seine Streitmacht jedoch vernichtet oder zerstreut worden ist. Oder, wie wir es gerne ausdrücken: Sie werden einer nach dem anderen zur Strecke gebracht."

Zu diesem Zeitpunkt ließ Anders es

geschickterweise zu, daß er mit Fragen überhäuft wurde.

"Ein Wort zum Aufenthaltsort des Übeltäters, Admiral?" schrie einer der überbezahlten Moderatoren.

"Nichts, was ich hier offiziell bekanntgeben darf", meinte Anders. "Aber seien Sie versichert, daß Sten und sein Handlanger Alex Kilgour zwar weglaufen können - aber sie können sich nicht vor uns verstecken."

"Waren auch Rebellentruppen aus dem Altai-Cluster an der Sache beteiligt?" lautete die nächste Frage.

"Wiederum hindert mich die Sorge um die Sicherheit des Imperiums an genaueren Auskünften.

Zumindest kann ich sagen, daß Sten während seiner Laufbahn sehr oft mit den Rebellen zu tun hatte."

"Besteht die Gefahr, daß sich die Verschwörung ausbreitet?"

"Das kann ich nicht ausschließen. Aber ich kann sagen, daß ich glaube, daß wir sie lokalisiert haben.

Die Innere Sicherheit wird sämtliche Rädelsführer verfolgen."

>Es ist Zeit für eine Hexenjagd<, dachte Ranett.

"Wie hoch waren Admiral Masons Verluste insgesamt?"

"Tut mir leid ... Wiederum hindern mich Sicherheitsbedenken an einer Antwort. Ich kann nur sagen, daß alle Mann an Bord seines Flaggschiffs bei dem feigen Angriff getötet wurden."

"Wie viele von Stens Truppen wurden getötet oder gefangengenommen?" Anders zuckte mit den Achseln. "Ich kann mich nur wiederholen ... die Sicherheit des Imperiums und so weiter. Ich verspreche Ihnen allen, daß diese Fragen und alle anderen beantwortet werden ... wenn es an der Zeit ist."

Ranett griff in ihre Trickkiste und zog ihren Liebling heraus -den Donaldson. Ihr geübtes Gebrüll übertönte das der anderen Fragesteller: "ADMIRAL

ANDERS! ADMIRAL ANDERS!"

Es war unmöglich, sie zu ignorieren. Anders seufzte und forderte sie mit einem Wink auf, ihre Frage zu stellen.

"Welche Beweise haben Sie gegen diese vermeintlichen Verschwörer?" fragte sie.

Anders sah sie mißbilligend an. "Beweise? Ich sagte Ihnen doch ... Es gab einen Putschversuch." Er versuchte, sie auszulachen. "Ich weiß, es ist früh, Ranett, aber es wäre mir sehr lieb, Sie würden aufmerksam zuhören, wenn wir hier etwas vortragen."

"Ich habe Sie sehr wohl gehört, Admiral", knurrte Ranett, "Aber ich nehme an ... falls dieser Sten gefaßt wird -"

"Sobald, Ranett. Sobald!"

"Ihre Einschätzung, Admiral. Nicht meine. Aber egal. Falls oder sobald Sten - und dieser Alex Kilgour - gefaßt werden ... was für Beweise für diese Verschwörung haben Sie in der Hand? Für den Prozeß, meine ich. Haben Sie zum Beispiel irgendeines ihrer Gespräche überwacht?

Korrespondenzen zwischen den vermeintlichen Verbrechern aufgedeckt? Gibt es Zeugen, daß sie mit bekannten Feinden des Imperiums

zusammentrafen? Etwas in der Richtung?"

Anders stotterte. "Verdammt noch mal. Sie haben das Schiff von Admiral Mason angegriffen und zerstört! Was brauchen Sie noch für Beweise?"

Ranett kaufte es ihm nicht ab. "Ein gewissenhafter Staatsanwalt wird mehr als Ihr Wort verlangen, Admiral", meinte sie. "Das werden Sie sicher auch einsehen. Zeigen Sie uns zum Beispiel Bilder von dem Angriff. Mitschnitte der Kommunikation zwischen den Kommandobrücken.

Alles, was als Beweis taugt."

"Ich muß wiederum Sicherheitsbedenken anführen", sagte Anders. "Wir werden Ihnen all diese Dinge zugänglich machen ... nach

Möglichkeit."

"Zu gegebener Zeit?" fragte Ranett.

"Ich hätte es selbst nicht besser ausdrücken können", sagte Anders.

In diesem Moment wußte Ranett, daß niemand die Absicht hatte, Sten gefangenzunehmen.

Jedenfalls nicht lebend.

Der Admiral verkniff sich ein Lächeln und wollte sich gerade abwenden.

"Eine andere Frage noch, Admiral... wenn Sie erlauben."

Anders unterdrückte ein Stöhnen. "Fahren Sie fort, Ranett. Eine Frage noch."

"Deutet dieser Vorfall mit dem Sonderbotschafter auf schwerwiegende Schwachstellen in unserem diplomatischen Corps hin?"

Anders war sichtlich verblüfft. "Ich verstehe Sie nicht recht. Es handelt sich hier um einen Einzelfall.

Ein Mann, der gemeinsam mit einer kleinen Gruppe gestörter Individuen agiert. Nicht mehr."

"Und was war dann mit Ian Mahoney?"

Anders lief purpurrot an. "Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun", knurrte er.

"Oh? War Mahoney nicht ebenfalls im Altai-Cluster eingesetzt? War er nicht faktisch zu einem bestimmten Zeitpunkt der Vorgesetzte des Bevollmächtigten Sonderbotschafters Sten? Und ist er nicht erst vor kurzem exekutiert worden?

Ebenfalls des Verrats angeklagt - mit großem Tamtam, wenn ich das vielleicht noch hinzufügen darf? Und hatte er nicht, wie Sten ebenfalls sein ganzes Leben im Dienst des Imperators verbracht?

Kommen Sie schon, Admiral. Entweder ergeben eins und eins zwei, oder wir haben einen eigenartigen Zufall, der zumindest auf eine Unzufriedenheit mit der Imperialen Politik hindeutet. Loyale und fähige Wesen, die ihre ganze berufliche Laufbahn damit verbracht haben, die Schlachten des Imperators zu schlagen, verwandeln sich doch nicht über Nacht in Verräter. Sofern nicht etwas ganz entschieden falsch läuft."

"Schreiben Sie einen Leitartikel, Ranett?", knurrte Anders.

"Nein, Admiral. Ich stelle nur Fragen. Das ist mein Job. Sie zu beantworten, ist der Ihre."

"Ich werde Ihre Bemerkungen nicht dadurch aufwerten, daß ich sie beantworte", sagte Anders. Er wandte sich den übrigen Nachrichtenleuten zu. "Und

... ich warne Sie alle ... Das Areal, in das Ihre Kollegin gerade eingedrungen ist, ist nach den Regeln der Krisenpressekonferenzen verboten. Sie und der Rest von Ihnen - werden sich darauf beschränken, nur die Details zu erfragen und zu verbreiten, die gemäß diesen Regeln autorisiert sind.

Drücke ich mich deutlich genug aus?"

Im Pressesaal war es merkwürdig still. Niemand schaute zu Ranett hinüber. Die hatte genug Wut im Bauch, um Anders die Haut abzuziehen und ihn zu kochen, und sie öffnete den Mund, um eine weitere beißende Frage zu stellen.

Dann sah sie den tödlichen Blick in Anders'

Augen. Sah, wie ein IS-Offizier sich auf ihn zubewegte, bereit, jeden Befehl des Admirals entgegenzunehmen. Ihr Mund schloß sich mit einem Schnappen.

Sie lächelte, zuckte mit den Achseln und wühlte in ihren Notizen.

Ranett war eine Überlebenskünstlerin. Sie würde ihre Fragen beantwortet bekommen - auf die eine oder andere Art.

Als die Pressekonferenz aufgelöst wurde und alle gehetzt den Raum verließen, dachte Ranett ein weiteres Mal über Sten nach.

Armer Wicht. Er hatte nicht die geringste Chance.

Sten 8 Tod eines Unsterblichen
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