Kapitel vierundvierzig
Johnny Cartwright wurde Zeuge, wie Terry Campbell das Mädchen in den Raum schleifte. Die Kleine war völlig verängstigt und bestimmt schon mit Hilfe von Drogen willenlos gemacht worden. Man hatte ihr die Hände hinter dem Rücken zusammengebunden, und sie tat ihm furchtbar leid, denn er wusste, dass man sie heute Abend zusammen mit ihm den Partygästen zur Befriedigung ihrer abartigen Gelüste preisgeben würde. Mit ihrem langen dunklen Haar und den riesigen blauen Augen sah sie hinreißend aus, und er war überzeugt, dass sie die Aufmerksamkeit vieler geiler Gäste auf sich lenken würde.
Er befand sich schon seit Stunden in diesem Raum und hatte sich allmählich damit abgefunden, was ihm angetan werden sollte. Er verkaufte seinen Körper schon seit so langer Zeit, dass ihm die Aussicht auf eine bevorstehende Orgie zwar nicht fremd war, aber doch Angst einjagte.
Mit dem Mädchen verhielt es sich anders. An ihrer Furcht, der hübschen Kleidung und der gepflegten Erscheinung war abzulesen, dass sie nichts mit dem Milieu zu tun hatte. Zu Recht schloss er, dass man sie entführt hatte. Dass sie ein Schulmädchen und unberührt war, machte für die Leute, die zu dieser sogenannten Party kamen, sicher den größten Reiz aus.
Als Terry sie aufs Bett zerrte, widersetzte sich Kitty instinktiv mit aller Kraft. Um ihr Gesicht vor Verunstaltungen zu verschonen, schlug er sie so hart er konnte auf den Oberschenkel. Trotz der schmerzstillenden Wirkung des Demerols, das man ihr gespritzt hatte, schrie sie gepeinigt auf. Zwei Minuten später hatte Terry ihr den Mund zugeklebt und die Arme ans Kopfende des Betts gefesselt.
Terry steckte sich gerade einen Joint an, als die ersten Besucher eintrafen. Johnny saß stumm da und sah dem Mann und der Frau, die zur Tür hereinkamen, gefasst entgegen. Sie waren beide Mitte fünfzig und trugen gleiche Lederjacken. Wie der Oberkellner eines vornehmen Restaurants nahm Terry sie in Empfang. Die Frau war korpulent, hatte übertrieben geschminkte Augen und das Haar straff nach hinten gekämmt. Johnny hielt sie für eine in die Jahre gekommene Prostituierte, und der Mann war offenbar ihr Partner.
Die Frau verschlang Kitty mit Blicken, der Mann hatte nur für Johnny Augen. Der Junge hörte, dass Terry den beiden erklärte, die Kids stünden für eine Gemeinschaftssession zur Verfügung, die man filmen wolle. Sollte jemand an einer Einzelsession Interesse haben, sei das natürlich zu einem Sonderpreis möglich. Wenn sie ihr Video professionell geschnitten und vertont wünschten, sei das zu einem höheren Preis ebenfalls möglich und auf jeden Fall lohnenswert.
Die Frau feilschte gleich darauf mit Terry um eine Privatstunde mit dem kleinen Mädchen, und der Mann gesellte sich zu Johnny, zauste ihm den Haarschopf und verfiel augenblicklich den unergründlich grünen Augen des Strichjungen. Wenn Johnny ihn so beeindruckte, würde der Mann vielleicht eine Einzelstunde wünschen, und wenn er das Geld dafür hatte, würde Terry sich damit einverstanden erklären und für die anderen Kunden Ersatz beschaffen. Aber das Glück hatte Johnny nicht, denn leutselig begrüßte der Mann zwei Freunde, die eben eingetroffen waren.
Die beiden waren Bondage-Typen, und Johnny wusste aus Erfahrung, dass viele von ihnen sadistisch veranlagt waren und ganz besonders pervers und brutal sein konnten. Er lächelte, denn er wusste, dass seine Chancen, das HIV zu verbreiten, soeben gestiegen waren. Wenn sie ihn so behandelten, dass Blut floss, hätte er für heute Abend ein kleines Extrapräsent - außer seinem Körper und seiner Selbstachtung.
Terry war angetan vom professionellen Verhalten des Jungen. Er wusste, dass zahlreiche Pädophile sich besser fühlten, wenn das Kind willig erschien, weil sie sich dann vormachen konnten, dass ihrem Opfer recht war, was sie mit ihm anstellten. Sie sahen sich in ihrer Meinung bestätigt, dass es den Kindern sogar gefiel, was auch immer die Experten sagen mochten.
Alle genehmigten sich einen Drink, sogar Johnny, der den Wodka durstig hinunterstürzte. Er hoffte, sich damit betäuben zu können. Er sah, dass Terry dem Mädchen Wodka einflößte, und hörte sie würgen. Alle lachten, denn anscheinend fanden sie es komisch. Terry zwang Kitty unbarmherzig, immer mehr Alkohol zu schlucken, bis sie schließlich ohnmächtig wurde. Johnny sah es mit einer gewissen Befriedigung und wünschte ihr, dass sie erst wieder zu sich kam, wenn alles vorüber war. Er betete darum, dass sie beide diesen Abend heil überstanden.
 
Trotz ihrer Benommenheit konnte Kitty die Frau erkennen, die sich über sie beugte. Sie stank nach Parfüm, ihr Gesicht war eine groteske Maske aus grellem Make-up. Doch es fiel Kitty schwer, sich zu konzentrieren und die Augen mehr als ein paar Sekunden offen zu halten. Sie hatte das dumpfe Gefühl, dass etwas Schlimmes geschehen war, konnte sich aber nicht daran erinnern, was es gewesen sein mochte.
Als sie die Augen noch einmal öffnete, erkannte sie, dass diese Frau ihre Brüste küsste. Augenblicklich wurde ihr so übel, dass sie sich erbrach und ihren Mageninhalt samt Wodka über Haar und Schultern der Frau spuckte. Sie hätte lachen und gleichzeitig heulen mögen. Aber ihr gelang nichts von beidem, denn es kostete sie schon genug Mühe, überhaupt zu atmen. Reste des Erbrochenen hatten sich in Hals und Nase gesammelt, und da sie mit gefesselten Armen auf dem Rücken lag, rang sie nach Luft.
Die Frau hatte sich aufgesetzt. Außer sich vor Wut versetzte sie dem wehrlosen Mädchen einen heftigen Schlag ins Gesicht.
Bevor sie wieder ohnmächtig wurde, dachte Kitty an ihre Mutter. Sie fragte sich, ob Cathy wohl nach ihr suchte, ob sie überhaupt wusste, dass jemand sie an der Schule abgefangen hatte.
Die Frau wollte sich gerade säubern, als sie Lärm aus dem anderen Zimmer hörte. Vorsichtig öffnete sie einen Spaltbreit die Tür. Nebenan herrschte das reine Chaos. Überall tummelten sich Menschen, uniformierte Polizisten, Kriminalbeamte in Zivil und mindestens zwei Transvestiten, wie sie trotz ihrer panischen Angst verblüfft wahrnahm.
Sie schloss die Tür und sah sich um. Nachdem sie die Vorhänge zur Seite gezogen hatte, wollte sie das Fenster öffnen. Doch es war zugenagelt. Das verstand sich von selbst, oder? Immerhin hatte es Kinder gegeben, die aus dem Fenster gesprungen waren und dadurch für das abrupte Ende einer Party gesorgt hatten.
In höchster Angst warf sie hektische Blicke um sich. Wenn sie hier allein mit dem Mädchen gefunden wurde, das inzwischen zu röcheln und zu keuchen begonnen hatte, konnte sie sich begraben lassen. Nicht nur ihr Job, sondern auch ihr Status in der Öffentlichkeit und in der Kirchengemeinde sowie ihr Ansehen bei den Nachbarn standen auf dem Spiel.
Sie nahm ein Stück Kaminholz und schickte sich an, das Fenster einzuschlagen. In dem Moment wurde die Tür aufgestoßen, und plötzlich stand dieser Strichjunge Johnny vor ihr. Er schrie so laut er konnte: »Hier drin ist das Mädchen! Kommt her, sie kriegt keine Luft mehr!«
Im nächsten Moment kniete er schon auf dem Bett und machte sich daran, die Fesseln an Kittys Handgelenken zu lösen. Die grässlich geschminkte Lesbierin stand wie erstarrt daneben, als eine kleine Blondine ins Zimmer stürzte, und sie wusste sofort, dass es die Mutter des Mädchens war. Nur eine Mutter konnte so wild entschlossen und hasserfüllt um sich blicken, wenn sie die Person vor sich hatte, die ihrem Kind etwas antat.
Der Junge richtete das Mädchen auf, und die kleine Blondine wischte ihr das Gesicht ab, säuberte ihr Mund und Nase. Plötzlich hustete das Mädchen und holte keuchend Luft. Erst jetzt dämmerte der Frau, dass die Kleine beinahe gestorben wäre, erstickt an ihrem Erbrochenen.
Sie sah wie gebannt zu, wie die Blondine ihre kleine Tochter in die Obhut des Jungen gab, vom Bett aufstand und durchs Zimmer auf sie zukam. Sie war so winzig wie ein kleines Püppchen.
Die Lesbierin war groß und massig. Sie hatte ein breites Gesicht, dessen Wangenknochen slawische Vorfahren verrieten. Ihre ausladenden Hüften und klobigen Schenkel waren die einer Arbeiterin.
Sie war stark.
Aber nicht stark genug für diese Frau in ihrer rasenden Wut. Die Mutter des Mädchens attackierte sie wie eine Furie und hätte sie um ein Haar kopfüber durch das Fenster gestoßen, durch das sie vorher hatte fliehen wollen.
Dann war alles vorüber. Ein baumlanger Mann mit kahlem Schädel und Schmerbauch zog die Angreiferin zurück. Lachend sagte er zu ihr: »Komm, Cathy, überlass den Rest der Polizei. Wir haben Kitty gefunden. Ihr geht es gut. Komm bitte, lass sie.« Er versuchte, Kittys Finger zu lösen, die sich im Haar der Frau verkrallt hatten.
»Ich bring dich um, du Dreckstück, hast du verstanden? Auch wenn sie dich ins Gefängnis sperren, krieg ich dich zu fassen, Lady. Ich krieg dich überall! Dein Arsch gehört mir!« Im leeren Raum hallte Cathys Flüstern wider. »Du hast mein Kind angefasst - mein kleines Mädchen! Ich reiß dir das Herz raus!«
Estelle Parkinson erlebte sich zum ersten Mal als Opfer hemmungsloser Aggression. Richard betrachtete die Szene, die sich vor ihm abspielte, und sagte zu Estelle: »Das Veilchen, das du dir eingehandelt hast, und die Haarbüschel, die jetzt schon fehlen, das ist nur ein kleiner Vorgeschmack dessen, was einer Lesbe, die sich an Kindern vergreift, im Knast blüht. Jedenfalls kannst du dich von deinem bisherigen Leben erstmal verabschieden.«
Estelle sah ihn wie gebannt an. Sie spürte seinen Hass und wusste, dass eben das auch seine Absicht war. Sie senkte als Erste den Blick. Als sie aus dem Zimmer geführt wurde, schlug ihr ein großer Transvestit so heftig auf den Hinterkopf, dass sie und ihr Bewacher nach vorn stolperten.
Alle lachten, teils erleichtert, teils verlegen. Für viele der Polizeibeamten war es die erste Begegnung mit dem Sexgewerbe, und sie hofften, dass es vorerst die letzte blieb.
Desrae kam ins Zimmer gestürmt und erkannte mit einem kurzen Blick auf Cathy, dass Kitty in Sicherheit war. Dann erblickte er Johnny, sein schönes Haar und die hinreißenden Augen, und erkannte sich selbst als Jungen wieder. Er hatte damals das Glück gehabt, Joey zu finden. Wen mochte dieser Junge haben? Desrae nahm ihn in den Arm und zog ihn an sich.
»Okay, okay, Sohn. Du bist jetzt in Sicherheit. Die Kavallerie ist gerade noch rechtzeitig eingetroffen, und die netten Polizisten schaffen die Mistkerle weg, die dir was antun wollten.« Er lächelte den Jungen an, der jetzt endlich weinen konnte.
Desrae tröstete ihn und wusste sofort, dass dieser Junge in seinem zukünftigen Leben eine wichtige Rolle spielen würde, Nicht aus irgendwelchen sexuellen Motiven, sondern einzig deswegen, weil er zur rechten Zeit am rechten Ort gewesen war.
Desrae liebte es, sich um Menschen zu kümmern, und jetzt hatte er wieder ein Sorgenkind gefunden, das es aufzupäppeln galt. Gott sei Dank wartete das Leben immer wieder mit neuen Überraschungen auf.
 
Nachdem man Kitty den Magen ausgepumpt hatte, war sie von den besten Ärzten untersucht worden. Man hatte sich nicht an ihr vergangen.
Cathy dankte Gott. Sie saß an Kittys Bett und hielt ihre Hand. Mit ein bisschen Glück würde das Mädchen so lange schlafen, bis die Wirkung der Drogen und der Schock überstanden waren. Mit ein bisschen Glück würde sie sich vielleicht kaum daran erinnern können, was geschehen war. Anderenfalls würde Cathy die besten Ärzte aufbieten, damit ihre Tochter mit deren Hilfe das Trauma überwand.
Richard, der neben ihr saß, nahm sie in die Arme und streichelte sanft ihren Rücken. »Alles wird gut, Cathy. Sie wird es überstehen, das verspreche ich dir.«
Sie lächelte mit Tränen in den Augen. »Was würde ich ohne dich nur tun, Richard? Du warst vom ersten Tag an für mich da. Ich wusste gleich, dass ich dir vertrauen konnte - auch wenn ich bis dahin noch nie jemandem begegnet war, der so furchterregend aussah. Ich erkannte etwas in dir: Güte und Fürsorglichkeit. Desrae hat mich ausgelacht, aber ich wusste es besser als alle andern. Die meisten halten dich für einen gemeingefährlichen Grobian, der sich als Polizist ausgibt, und dabei bist du ein so liebenswerter Mann.«
Er grinste. »Lass das bitte niemanden hören.«
Desrae kam ins Zimmer, warf einen Blick auf die beiden und stöhnte theatralisch. »Ihr zwei hockt da wie die Turteltäubchen. Da kann man ja eifersüchtig werden.« Er schaute Kitty an und schüttelte traurig den Kopf. »Das arme Ding! Hör mal, Cathy, ich möchte dir nicht zu nahe treten, Liebes, aber du siehst einfach furchtbar aus. Sieh zu, dass du nach Hause kommst. Hier sagt man, Kitty wird bis morgen früh schlafen, und du brauchst jetzt einen anständigen Drink und ein heißes Bad …«
Cathy schüttelte noch den Kopf, als Richard sie von ihrem Stuhl hochzog.
»Er hat Recht. Komm, Mädchen. Ich bring dich nach Hause; gönn mir ein paar Stunden Schlaf, dann bring ich dich wieder hierher, bevor ich zur Arbeit fahre. Okay?«
Desrae schob die beiden zur Tür. »Morgen werden sie Kitty befragen. Sie wird dich an ihrer Seite brauchen, Cathy, und du musst auf Draht sein. Also leg dich schlafen, verdammt!«
Widerwillig fügte sich Cathy dem Rat ihres alten Freundes; mit einem letzten Blick auf ihre Tochter folgte sie Richard nach draußen.
Sie brauchten keine zwanzig Minuten bis zu Cathys Wohnung, und sie verschwand im Bad, während Richard in der Küche Kaffee machte. Als er mit einer Tasse Kaffee, einem Brandy und einer Zigarette ins Badezimmer kam, räkelte sie sich bereits im dampfend heißen Wasser.
Dankbar lächelte sie ihn an. »Du verwöhnst mich, Richard.«
»Du hast es nicht anders verdient«, erwiderte er.
Als unter dem Schaum kurz ihre Brust aufblitzte und er spürte, was der flüchtige Anblick bei ihm auslöste, verließ er schnell das Badezimmer und setzte sich in den Salon, wo er seinen Brandy genoss.
Eine Weile später kam sie herein, in ein großes weißes Handtuch gehüllt, die Haut rosig vom heißen Wasser, nach Sandelholz und Menthol riechend. »Jetzt geht es mir schon viel besser.« Sie kuschelte sich neben ihn aufs Sofa, und er verspürte das Verlangen, sie zu nehmen, ob sie ihn wollte oder nicht.
Aber er tat es nicht. Er reagierte wie immer, wenn sie einander begegneten: Er behielt seine Wunschträume für sich und behelligte sie nicht damit. Er wusste, dass sie ihn als Freund liebte, und gab sich damit zufrieden.
»Bei dir fühle ich mich sicher«, sagte sie und ließ es zu, dass er den Arm um sie legte. »Wie ich schon immer gesagt habe, du bist ein …«
Er beendete den Satz für sie: »Ich weiß, ich bin ein liebenswerter Mann, und das soll auch auf meinem Grabstein stehen: ›Hier ruht Richard Gates. Er war ein liebenswerter Mann‹.«
»Ein sehr, sehr liebenswerter Mann, wahrhaftig.« Inzwischen kniete sie auf dem Sofa. Sie beugte sich vor und küsste ihn sanft auf die Lippen. Sie wusste, was er begehrte, und ihre Dankbarkeit war so groß, dass sie bereit war, ihm alles zu gewähren.
»Liebe mich, Richard. Liebe mich, wie immer du möchtest.«
Er sah ihr in die Augen. Sie war beschwipst, wusste aber genau, was sie tat.
Als sie das Handtuch zu Boden gleiten ließ, sah er sie zum ersten Mal unbekleidet. Er sah das zarte Rosa ihrer Haut, die weiche Rundung ihres Bauchs, die sanften Konturen ihrer Rippen. Er atmete schwer, und Schweißtropfen traten ihm auf die Stirn. Er sah den rosa Schlitz zwischen ihren Beinen, als sie sich auf dem Sofa zurücklehnte und die Arme nach ihm ausstreckte. Er konnte sie riechen, und sie roch so verführerisch, wie er geahnt hatte.
Der Flaum zwischen ihren Beinen war honigfarben, und er spürte das unstillbare Verlangen, sein Gesicht daraufzupressen, sie zu kosten und zu nehmen, wie er es sich so oft vorgestellt hatte. Stattdessen bedeckte er sie mit ihrem Handtuch, zog sie an sich und hielt sie fest.
Ihre Stimme war zaghaft. »Willst du mich denn nicht?«
Er schloss die Augen. Wie oft er davon geträumt hatte, dass sie diese Frage stellte! Aber er wollte sie nur, wenn sie ihn ebenfalls begehrte und nicht nur aus Dankbarkeit handelte oder um ihm einen Gefallen zu erweisen. So sehr er versucht war, sie jetzt zu nehmen, wusste er doch, dass er es nicht tun durfte, denn hinterher würde er sich hassen, weil ihre Beziehung nie mehr dieselbe sein konnte.
Er hob sie hoch und trug sie hinüber in ihr Schlafzimmer. Er ließ sie aufs Bett fallen und sagte beherrscht: »Komm, Mädchen, mach deine Augen zu. Ich hau mich aufs Sofa und weck dich morgen früh mit einem heißen Tee.«
Sie sah ihn an und bedauerte, was sie getan hatte. Sie machte ein so betrübtes Gesicht, dass ihn Mitleid überkam.
»Hör zu, Cathy, es ist nicht so, dass ich dich nicht begehre, aber wenn wir zusammenkommen, dann möchte ich, dass wir es als Erwachsene tun, die füreinander empfinden wie Mann und Frau. Und nicht, weil du meinst, mir etwas zu schulden. Okay?«
Sie nickte traurig, und er küsste sie leicht auf die Wange, bevor er das Zimmer verließ.
Ihr standen die Tränen in den Augen, denn plötzlich ging ihr auf, dass sie ihn wollte, uneingeschränkt und als Frau. Nicht aus Dankbarkeit, sondern weil er ein Mann war, der ihr etwas bedeutete und den sie respektierte. Sogar liebte.
Warum war ihr das nicht früher bewusst geworden?
Jetzt hatte sie ihn vor den Kopf gestoßen. Nach allem, was er für sie getan hatte. Sie hatte seine Liebe ihr Leben lang als selbstverständlich hingenommen, und erst jetzt sah sie, warum sie seine Gesellschaft so geschätzt hatte, warum sie so gute Freunde waren: Weil sie Richard Gates ebenso begehrte, wie er sie anscheinend begehrte. Aber jetzt hatte sie alles ruiniert.
Sie schlief in dieser Nacht nicht, obwohl sie doch so müde und ausgelaugt war, körperlich wie seelisch. Auch Richard schlief nicht.
Beide lagen wach bis zum Morgengrauen und wussten sehr wohl, dass nur eine Tür sie voneinander trennte.
Die Aufsteigerin
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