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Droiden wurden häufig an Orten wie diesem konstruiert.

Deshalb verzichtete R2-D2 auch darauf, neugierig seinen Kopf kreisen zu lassen, als er aus dem Frachter blickte. Es war offensichtlich, daß ihn das, was er sah, nicht überraschte.

Er öffnete die Heckluke und rollte nach draußen. Als er auf dem Boden angelangt war, drehte sich sein Kuppelkopf suchend hin und her.

R2 fuhr seinen optischen Sensor aus und scannte seine Umgebung. Dann wandte sich sein Kopf dem Astromechbereich achtzig Meter zu seiner Linken zu. Er rollte eine Betonrampe hinunter; die ganze Anlage war offensichtlich für Droiden gebaut.

Am Ende des Weges stieß er auf C-9PO, der von Brakiss geschickt worden war, um R2 abzufangen, während dieser selbst Cole in Empfang nahm.

»Oh«, sagte 9PO. »Du bist keiner von uns, oder?«

R2 gab keine Antwort.

»Du solltest woanders hingehen, um dich überholen zu lassen. Ich bin sicher, man hätte sich deiner Probleme auch auf Coruscant annehmen können.«

R2 wurde schneller. Der Zugang zum Astromechgebäude war verschlossen. R2s optischer Sensor suchte nach anderen Zugängen.

Das Astromechgebäude schien nur selten genutzt zu werden, was angesichts der neuen Entwicklung, die Astromecheinheiten für X-Flügler und ähnliche Schiffe überflüssig machte, auch kein Wunder war. Aber Astromechdroiden wurden auch für andere Zwecke eingesetzt, nicht nur für die Navigation, und irgendwo mußten diese moderneren Einheiten ja gebaut werden.

R2 bog nach links ab und folgte der Betonrampe nach unten. C-9PO eilte hinter ihm her.

»Veraltete Droiden haben keinen Zugang zu dieser Anlage«, rief er. »Du mußt sofort anhalten.«

R2 rollte unbeirrt weiter. Der abschüssige Weg ließ ihn sogar noch schneller werden. Der Protokolldroide konnte unmöglich mit ihm Schritt halten.

»Mein Master hat mir Anweisung gegeben, dich warten zu lassen.« 9PO war offenbar beunruhigt.

Der Weg gabelte sich, und R2 entschied sich für die rechte Seite. Sie führte zu einer offenen Tür. Er fegte hinein, bremste und blieb stehen.

9PO rief: »Der Wartungsbereich ist oben.« Er wiederholte diesen Satz mehrere Male und sagte dann, wie im Selbstgespräch: »R2-Einheiten. Wirklich schrecklich. Die hören nie zu, wenn man ihnen etwas sagt.«

R2 lehnte sich gegen die Wand. Er schaltete einen winzigen Scannerstrahl ein, um nach einem Computer zu suchen. Das Paneel an der Wand diente lediglich dem Öffnen und Schließen der Tür. Wer auch immer die Anlagen auf diesem Mond entworfen hatte, mußte dabei an Droiden gedacht haben.

Aber R2 konnte keine Verbindung herstellen.

Da hörte er von oben die affektierte Stimme des Protokoll- droiden erklären: »Ich habe ihn hier unten verschwinden sehen. Ich glaube, wir müssen eine Suchaktion starten. Diese R2-F.inheit reagiert nicht rational.«

R2 scannte den Raum mit einem Lichtstrahl. Hauptsächlich Schrott, haufenweise korrodierter Draht und angerostete Bauteile. Am anderen Ende stand eine weitere Tür offen. Er rollte auf die Tür zu, und 9POs Stimme wurde schwächer.

R2 tauchte tiefer ins Innere der Droidenfabrik von Telti ein und nahm, allein und ohne Hilfe, Kurs auf das Unbekannte.

Leia hatte zu lange gebraucht, um Almania zu erreichen. Sie hatte den Planeten eine Weile umkreist, bis sie Luke gespürt hatte. Dann fand sie eine Andockbucht nahe dem Ort, an dem sie seine Präsenz gespürt hatte. Die Andockbucht war ideal für die Alderaan geeignet: die richtige Größe, die richtige Konstruktion, selbst die richtigen Gewichtsvoraussetzungen. Sie hatte keine Mühe, ihr Schiff in die Bucht zu manövrieren. Dann saß sie stumm in der Dunkelheit und wartete, daß irgend etwas schiefging. Sie war so aufgeregt, daß sie sich nicht länger auf ihr Gefühl verlassen wollte.

Und ihr Gefühl sagte ihr, daß mit diesem Planeten etwas nicht stimmte, daß hier irgend etwas gründlich schiefgelaufen war. Dieses Gefühl hatte sie in dem Augenblick erfaßt, als sie unterhalb der Überwachungssensoren des Planeten unentdeckt und unbeobachtet in die Atmosphäre eingetreten war.

Das hatte sie beunruhigt. Sie schickten ihrer Flotte Schiffe entgegen und bewachten nicht einmal ihren eigenen Himmel? Leia hielt dieses Vorgehen für eine List, wie sie Vader gut angestanden hätte, für eine Falle. Während der Vorbereitungen zur Landung hatte sie nach Nadelschiffen oder anderen Flugkörpern Ausschau gehalten, die sich hinter Wolken verstecken und plötzlich angreifen konnten.

Und auch hier, in der Andockbucht, war niemand zu sehen.

Der Planet machte einen verlassenen Eindruck. Und genau das war es, was sie so sehr beunruhigte.

Selbst die Bucht schien auf den zweiten Blick seit einer Ewigkeit nicht mehr benutzt worden zu sein. Von den Wänden hatten sich die Fliesen gelöst, und als die Alderaan aufgesetzt hatte, war eine mächtige Staubwolke aufgestiegen. Niemand überwachte die Ausgänge oder den Himmel über der näheren Umgebung. Wenn Leia auf Kollisionskurs mit einem Gebäude gegangen wäre, hätte sie niemand gewarnt.

Für einen Planeten, der soeben der Neuen Republik den Krieg erklärt hatte, kam ihr das äußerst seltsam vor.

Es sei denn, Kueller griff auf dieselben Tricks zurück, die die Rebellen im Kampf gegen das Imperium angewandt hatten: Immer

das Unerwartete tun, den Gegner überraschen.

Das würde darauf hindeuten, daß Kueller mit unterlegenen Streitkräften operierte. Kleine Flotten bedienten sich stets solcher Guerillataktiken; das verschaffte ihnen entscheidende Vorteile.

Leia wünschte sich, mit Wedge Kontakt aufnehmen zu können. Er würde seinen Angriff völlig anders staffeln, wenn er wüßte, daß Kueller nur über geringe Streitkräfte verfügte, und Leia hielt angesichts dieser Lage einen Frontalangriff für angebracht. Wenn Wedge jedoch glaubte, daß Kueller eine große Armada befehligte, so würde er es mit strategischen Mitteln versuchen und möglicherweise die Kampfpläne für den Ernstfall einsetzen, die Coruscant im Laufe der Jahre entwickelt hatte.

Leia konnte niemanden in ihrer Umgebung spüren. Sie holte ihr Lichtschwert und ihren Blaster und aktivierte die Alarmanlage der Alderaan. Anschließend machte sie die Selbstzerstörung scharf, für den Fall, daß irgend jemand, der nicht zu den wenigen Befugten gehörte, das Schiff ungeachtet der Alarmanlage betreten sollte. Damit waren Luke und Wedge die einzigen, die das Schiff außer ihr nutzen konnten.

Dann trat sie nach draußen.

Die Luft roch abgestanden. Bei jedem Schritt wirbelten Staubwolken auf. Die Geräte rings um sie waren verrostet; die Computerverschalungen aufgerissen. Diese Andockbucht war nicht bloß verlassen, man hatte sie mutwillig zerstört. Jemand hatte verhindern wollen, daß sie jemals wieder benutzt wurde.

Leia ging zum Tor der Bucht. Man hatte es aufgestemmt.

Winzige Fußabdrücke im Staub zeigten, daß jemand hiergewesen war - vermutlich nicht diejenigen, für die die Anlage erbaut worden war. Sie trat in das verblassende Tageslicht hinaus und sah Dutzende von Gebäuden in unterschiedlichen Stadien der Verwahrlosung.

Allem Anschein nach lebte schon lange niemand mehr auf Almania.

Und doch konnte sie Luke jetzt spüren - er schien ihr viel näher zu sein -, und sie spürte andere Präsenzen in der Macht, allerdings in großer Entfernung. Sie konnte nicht sagen, wie viele es waren.

Sie würde ihrem Gefühl folgen müssen, um Luke zu finden.

jemand beobachtete sie.

Leia wirbelte herum. Der plötzliche Eindruck überraschte sie ebenso, als hätte sie jemanden über die Straße huschen sehen. Aber sie war allein. Sie konnte niemanden entdecken, niemanden spüren, niemanden hören. Nichts hatte sich verändert. Trotzdem hatte sie auf einmal ein Kribbeln auf der Haut verspürt, und ihre Nackenhaare hatten sich aufgestellt. Sie ließ die Hand auf den Kolben ihres Blasters fallen, eine alte, tief verwurzelte nervöse Angwohnheit.

Die Schatten in der Andockbucht waren tief und schwarz, aber sie bewegten  sich  nicht.   Sie  hörte   keinen   Atem,  sah  nichts  in  der

Dunkelheit funkeln.

Sie war allein.

Jemand beobachtete sie.

Überwachung? Aber was an Überwachungsgeräten zu sehen war, war zerstört. Dazu die zerbröckelnden Plattenwege rings um die Türen, die eingeschlagenen Glasscheiben. Irgend etwas Schreckliches war an diesem Ort geschehen, und sie hatte keine Ahnung, was. Aber sie wußte, daß normale Überwachungs-methoden hier nicht funktionieren würden.

Leia atmete tief durch. Sie verspürte wenig Neigung, die Alderaan hinter sich zu lassen, wußte aber, daß sie keine andere Wahl hatte. Vielleicht war ja Luke der Ursprung ihrer seltsamen unbestimmten Empfindung.

Oder Kueller.

Wahrscheinlich Kueller. Er hatte gewollt, daß sie hierherkam. Er hatte ihr Luke gezeigt, und er hatte ihr Botschaften übermittelt. Und die Landung war viel zu leicht gewesen.

Vielleicht war es vor allem das, was sie so beunruhigte. Irgend jemand hätte auf sie aufmerksam werden müssen; irgend jemand hätte sie an der Landung hindern oder wenigstens inzwischen hier auftauchen müssen.

Aber sie hatte keine andere Wahl. Sie hatte diesen Kurs einmal eingeschlagen - und gemeinsam würden sie und Luke stärker sein als Kueller.

Das durfte sie nie vergessen.

Aber natürlich hing alles davon ab, daß sie Luke fand.

Ehe Kueller ihn tötete.