3

Han saß in einer dunklen Ecke des verräucherten Raumes. Er hatte dieses Kasino nicht mehr besucht, seit er, noch vor seiner Heirat mit Leia, den Planeten Dathomir in einem Sabaccspiel gewonnen hatte. Seit damals hatte das Kasino wenigstens fünfzehnmal den Besitzer gewechselt - jetzt nannte es sich Crystal Jewel, und einen unpassenderen Namen hätte man schwerlich finden können -, aber nichts hatte sich verändert. Es roch nach Fäulnis und Moder, vermischt mit Rauch und Alkohol. Eine mittelmäßige Band spielte betont desinteressiert Tatooine Blues. Rings um Han wogten die Gespräche, hoben und senkten sich mit dem Auf und Ab an den Sabacctischen.

Seine rechte Hand umschloß ein Glas mit blauem Gizerbier, das er einem Servodroiden weggeschnappt hatte. Hans Begleiter Jarril war vor ein paar Augenblicken auf der Suche nach der Bar verschwunden. Han wußte nicht, ob er überhaupt zurückkommen würde.

Er sah dem Sabaccspiel an dem Tisch neben ihm zu, wo ein Gotal gerade alles aufs Spiel setzte, was er besaß. Als er die Jetons über den Tisch schob, verlor er ganze Büschel von grauem Haar. Die meisten Gotals hatten gelernt, ihren Haarausfall unter Kontrolle zu halten. Dieser hier mußte ungewöhnlich nervös sein. Seine Begleiter schienen das indes nicht zu bemerken.

Ein Brubb, ein großes, braunes Reptil, kratzte sich die knollige Haut und übersäte den Boden mit Schuppen, während sein Schweif gegen den Metallsockel eines Servodroiden schlug; die zweiarmige Ssty zählte ihre Karten, ihre Klauen versahen sie mit kaum sichtbaren Kerben; der winzige Tin-Tin-Zwerg stand auf seinem Stuhl, seine rattenähnlichen Züge konzentrierten sich ganz auf den Berg Jetons in der Mitte des Tisches.

Die Croupierdroiden hatte man seit Hans letztem Besuch auf den neuesten Stand gebracht. Der Croupier am nächsten Tisch war an der Decke verschraubt, konnte sich aber im Gegensatz zu seinen Vorgängern auf Tischhöhe herunterlassen und widerspenstige Spieler vom Spieltisch verweisen. Genau das hatte er unmittelbar nach Jarrils Abgang getan und damit Hans Aufmerksamkeit erregt. Er hatte noch nie einen so aggressiven Droiden gesehen, wenn er auch zugeben mußte,, daß dieser hier genau am richtigen Ort war.

»Die Schlange war endlos.« Jarril nahm wieder Platz. Er hielt zwei Drinks, beide giftgrün, in der Hand. Sie wirkten nicht gerade anziehend.

Han hob sein Gizerbier. »Wenn ich gewußt hätte, daß du mich einlädst, hätte ich gewartet.«

Jarril zuckte die Achseln. Er war klein und hatte schmale Schultern, sein Gesicht war mit Narben übersät, kein Wunder in Anbetracht des Lebenswandels seines Besitzers. Doch um seine Hände hatte Han Jarril immer beneidet: Schmugglerhände, mit langen, dünnen, sich konisch verjüngenden Fingern, ideal geeignet für das Steuer eines Raumschiffs, einen Blaster und alle Glücksspiele, die manuelle Geschicklichkeit erforderten. »Dann springt eben mehr für mich raus«, sagte Jarril.

Das Glaubensbekenntnis eines Schmugglers. Han grinste.

Es lag eine Ewigkeit zurück, daß er zuletzt ein Lokal wie dieses besucht hatte. Wahrscheinlich hätte er Jarrils Anruf gar nicht erwidert, wenn Leia nicht gewesen wäre. Aber sie hatte wie die scharfzüngige Prinzessin ausgesehen, die er damals gerettet hatte, als er noch ein gleichermaßen scharfzüngiger Halunke gewesen war. Manchmal fehlte ihm jener Teil seines Wesens mehr, als er sich eingestehen mochte.

Han schob seinen Stuhl zurück, bis er an die Wand stieß. Er trug einen Blaster an der Hüfte; kein vernünftiger Mann betrat eine Spelunke wie diese ohne Schutz, das hatte er gelernt, noch ehe er laufen konnte. Außerdem wußte er wirklich nicht, was Jarril zu seinem Besuch veranlaßt hatte.

»Du bist sicherlich nicht bloß deshalb nach Coruscant gekommen, um mich auf einen Drink einzuladen«, begann Han. Daß der Jarril, an den er sich erinnerte, nie einen anderen zu etwas eingeladen hätte, behielt er für sich. An seinem alten Kumpan hatte sich eine ganze Menge geändert, darunter auch die Qualität seiner Kleidung. Früher hatte Jarril seine Hemden so lange getragen, bis sie sich auflösten. Das Hemd, das er heute trug, war aus waschecht gefärbter grüner Gaberwolle - ein ungewöhnlich häßliches Kleidungsstück, aber ganz offensichtlich eine Neuerwerbung.

»Nein, das bin ich nicht«, nickte Jarril. Er leerte sein Glas mit einem Zug, hustete, wischte sich den Mund und grinste. Seine Zähne leuchteten einen Augenblick lang grün, ehe er die Flüssigkeit von ihnen leckte. »Ich wollte dich auf eine Chance hinweisen, dir einen Tip geben.«

Unglaublich. Eine Chance. Für Han Solo, den Helden der Allianz, der zugleich Ehemann, Vater und Familienoberhaupt war. »Ich habe Chancen genug«, sagte Han und fragte sich im gleichen Augenblick, um welche Chance es sich wohl handelte.

»Sicher, klar.« Jarril wischte sich eine Haarsträhne aus der zerfurchten Stirn. »Ich muß zugeben, du bist viel länger sauber geblieben, als ich geglaubt hätte. Ich habe damals gedacht, du sitzt nach sechs Monaten mit der Prinzessin wieder mit Chewie zusammen im Falken und setzt Kurs auf irgendein unbekanntes Ziel.«

»Hier gibt es genug für mich zu tun«, sagte Han,

»Zu tun vielleicht«, räumte Jarril ein. »Aber wenn du mich fragst, läßt du deine Talente verkümmern. Du und Chewie, ihr beiden wart die besten Piraten, die ich je gekannt habe.«

Han griff an seinen Blaster und tastete nach dem Abzug. »So lange bin ich aber auch noch nicht draußen, Jarril, daß ich mich so leicht reinlegen lasse. Was willst du?«

Jarril beugte sich über den Tisch. Sein Atem roch nach Pfefferminze, Bier und Schokolade. »Dort draußen ist Geld zu holen, mehr Geld, als wir uns je erträumt haben.«

»Ich weiß nicht«, entgegnete Han. »Ich kann mir eine ganze Menge erträumen.«

»Das kann ich auch.« Jarril sprach mit so leiser Stimme, daß Han ihn bei dem Lärm der Band kaum hören konnte. »Und ich habe so viel, daß ich gar nicht alles ausgeben kann.«

»Gratuliere«, sagte Han. »Soll ich darauf trinken?«

»Es Interessiert dich also nicht, wie?« fragte Jarril. Sein Blick war seltsam eindringlich.

»Vielleicht hätte es mich vor ein paar Jahren interessiert, Jarril, aber ich habe jetzt einen Lebensinhalt gefunden.«

»Und was für ein Leben«, sagte Jarril. »Den ganzen Tag herumsitzen und auf die Kinder aufpassen, während deine bessere Hälfte ihr ganz persönliches Imperium führt.«

Han beugte sich vor, und seine Hand packte mit einer geübten blitzschnellen Bewegung Jarrils Hemdkragen. »Paß auf, was du sagst, Kumpel!«

Jarril schnitt eine Grimasse, ein mißglückter Versuch, zu lächeln. Seine Augen wanderten von Hans Gesicht zu seiner versteckten Hand und dann wieder zurück. Gut. Han hatte nichts verlernt. »War nicht böse gemeint, Solo«, versicherte Jarril. »Ich habe das nur so gesagt, weißt du?«

Hans Hand schloß sich fester um Jarrils Hemd. »Was willst du?«

»Ich brauche Hilfe, Han.«

Han ließ Jarril los. Der plumpste auf seinen Sitz zurück und griff nach seinem zweiten Glas, schüttete das widerwärtig grüne Zeug hinunter und wischte sich den Mund ab. Han wartete, immer noch den Finger am Abzug. Schmuggler baten untereinander nie um Hilfe. Manchmal tricksten sie ihre Freunde aus und verschafften sich auf diese Weise einen Vorteil, aber um Hilfe baten sie nie. Und Jarril hatte gerade versucht, ihn auszutricksen. Allerdings ohne Erfolg.

Jarril fuhr sich wieder mit der Zunge über die Zähne und nahm sich von einem vorüberziehende» Servodroiden ein neues Glas.

»Ein bißchen schnell, wenn ich bitten darf«, sagte Han. »Meine kleine Frau erwartet mich zu Hause, und das Essen muß auf dem Tisch stehen, wenn sie kommt.« Er kippte mit seinem Stuhl nach hinten, so daß er auf zwei Beinen stand, und lehnte den Kopf gegen die Wand. »Meine Schmugglerpastete ist berühmt.«

Jarril hob beide Hände. »Ich will dich nicht auf den Arm nehmen, Han. Wirklich nicht. Das Geld ...«

»Du hast gesagt, du brauchst Hilfe.«

»Die brauchen wir alle, denke ich.« Jarrils Stimme wurde wieder leise. »Das viele Geld hat seinen Preis. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nicht so viel Geld auf einem Haufen gesehen.«

»Das habe ich schon mitgekriegt«, sagte Han. »Du bist reich. Das bringt Probleme mit sich. Alles klar. Bloß daß mir nicht nach Jammern zumute ist.«

»Ich jammere nicht«, bemerkte Jarril und wurde wieder etwas lauter, wie um seinem Protest Nachdruck zu verleihen.

»Klingt für mich aber so, Kumpel.«

»Nein, du verstehst nicht, Han. Da draußen sterben Menschen. Gute Leute.«

»Ich wußte gar nicht, daß du gute Leute kennst, Jarril.«

»Ich kenne dich.«

»Willst du damit sagen, daß mich jemand bedroht?«

»Nein.« Jarril blickte verstohlen über die Schulter.

»Leia?«

»Nein!« Jarril schob seinen Stuhl näher heran. Han mußte den Winkel seines Blasters der Bewegung anpassen. »Schau, Han, jeder in unserem Geschäft, der auch nur ein bißchen Hirn besitzt, hat in den letzten paar Monaten ein Vermögen verdient. Jeder, den wir kennen, und außerdem Leute, denen du noch nie begegnet bist. Ein Vermögen. Smuggler's Run ist nicht mehr das, was es mal war. Im Run liegen mehr Kredits, als die Huts in einem ganzen Leben ausgeben könnten.«

»Und?«

»Und?« Wieder leerte Jarril sein Glas. »Am Anfang hat alles ganz prima ausgesehen. Dann sind ein paar Kumpels nicht mehr zurückgekommen. Gute Leute. So wie du und Calrissian.«

Han unterdrückte ein Grinsen. Er und Lando hatten früher immer als ein wenig sonderbar gegolten, weil sie gelegentlich anderen Schmugglern halfen, die in Schwierigkeiten geraten waren.. »Wo waren die Kollegen denn, ehe sie verschwanden?«

Jarril zuckte die Achseln. »Zuerst habe ich mir nichts dabei gedacht, bis mir klarwurde, daß immer die verschwanden, die in unserem Geschäft das Abenteuer und das große Geld suchen. Und da mußte ich an dich denken, alter Freund.«

»An mich?«

»Nun ja, ich dachte, du und Chewie, ihr könntet vielleicht mal nachsehen, was da los ist. Ganz inoffiziell. Vielleicht.«

»Ich habe Familie«, sagte Han.

Jarril biß sich auf die Unterlippe, wie um etwas nicht zu sagen, was ihm auf der Zunge lag. Schließlich meinte er: »Deshalb bin ich ja hierhergekommen. Du kennst eine Menge Leute. Vielleicht könntest du herausfinden, was da im Gange ist. Inoffiziell.«

»Seit wann braucht Smuggler's Run Hilfe, noch dazu legitime Hilfe?«

»Auf keinen Fall legitim!« Hans Worte schienen Jarril so verblüfft zu haben, daß seine Stimme plötzlich laut wurde und alle anderen Geräusche im Kasino übertönte.

Das allgemeine Gemurmel verstummte schlagartig. Han grinste, als er die vielen Gesichter sah, die sich ihnen zuwandten, alle betont desinteressiert, aber zweifelsfrei auf Blutvergießen aus. Er hatte gute Lust, seinen Blaster unter dem Tisch hervorzuholen und ein wenig damit herumzufuchteln.

»Haben Sie etwas gesehen, das Ihnen nicht gefällt?« fragte Han die Ssty, die Ihn über ihre Stuhllehne hinweg ansah. Sie schüttelte ihr eckiges, mit Pelz bedecktes Gesicht.

Han schob die Augenbrauen hoch, ließ seinen Blick durch den ganzen Raum wandern und stellte den übrigen Gästen stumm dieselbe Frage. Alle Gesichter wandten sich nacheinander wieder ab.

Han wartete ein paar Sekunden, bis der Geräuschpegel sich wieder normalisiert hatte, ehe er fortfuhr: »Wenn es nicht legitim sein darf, weshalb kommst du dann überhaupt zu mir?«

»Weil ihr beide, du und Chewie, die einzigen seid, die ich kenne, die zwischen Smuggler's Run und der Republik vermitteln können, ohne daß jemand neugierige Fragen stellt.«

»Was ist mit Lando? Talon Karrde? Mara Jade?«

»Karrde will nichts damit zu tun haben. Jade war mit Calrissian zusammen, und du weißt ja, was mit ihm und Nandreeson los ist.«

»Nicht, daß ich wüßte«, entgegnete Han. Er log. Er wußte es sehr wohl, dachte aber, die Angelegenheit sei schon vor Jahren beigelegt worden.

»Jetzt komm schon, Solo. Mach es mir nicht so schwer. Nandreeson hat ein Kopfgeld auf Calrissian ausgesetzt, damals, als es das Imperium noch gab.«

»Hoch kann das nicht gewesen sein. Jeder weiß doch, wo Lando steckt.«

»Calrissian versteht sich darauf, Freunde zu gewinnen«, sagte Jarril. »Aber in den Run wagt er sich nicht mehr.«

»Und du glaubst, das Problem liegt im Smuggler's Run?«

»Ich denke, daß man dort ein paar Antworten finden könnte.«

Han seufzte und lockerte dann den Finger am Abzug seines Blasters. »Und warum kümmerst du dich nicht selbst darum, Jarril?«

Jarril zuckte die Achseln. »Damit ist nichts zu verdienen.«

»Jarril«, sagte Han, seine Stimme klang leise und drohend.

Jarril atmete tief durch und beugte sich dann so weit über den Tisch, daß sein Mund beinahe Hans Ohr berührte. »Weil ich zu tief in die Sache verwickelt bin, Han«, sagte er dann im Flüsterton, »viel zu tief.«

C-3PO stand vor dem Kinderzimmer und erholte sich. Er hatte den Vormittag mit den Zwillingen Jacen und Jaina sowie ihrem Bruder Anakin verbracht - ein besonders anstrengender Vormittag für 3PO. Die Kinder hatten ihren Überfall am Abend zuvor geplant. Sie hatten ihre Hausaufgaben über den Ursprung der Alten Republik nicht gemacht und, um 3PO abzulenken, einen Streit um ihr Abendessen vom Zaun gebrochen.

Das Ablenkungsmanöver hatte funktioniert. 3PO, über und über mit Salthiabohnen und gestockter Milch bedeckt, hatte vergeblich herauszubekommen versucht, wie der Streit angefangen hatte und wie das Essen überhaupt ins Kinderzimmer gekommen war, und er beklagte, als das Gezänk nicht aufhören wollte, den Mangel an Disziplin seitens der Kinder.

Besonders deutlich wurde dieser Mangel, nachdem Mistress Leia und Master Solo gegangen waren. Die beiden waren nachsichtige Eltern. Winter, die an der Erziehung der drei Kinder von Anfang an mitgewirkt hatte, zeigte wenigstens Verständnis für den Wert der Disziplin.

Zum Glück war sie eingetroffen, ehe Anakin seine Schleuder gefunden hatte.

Sie hatte 3PO zur Tür hinausgeschoben und ihm gesagt, er solle sich ausruhen, worauf er ihr klarzumachen versuchte, daß Droiden keine Ruhe brauchten. Aber sie hatte ihn nur verständnisvoll angelächelt. Noch lange, nachdem sie die Tür des Kinderzimmers hinter ihm geschlossen hatte, stand er da, verwirrt von Winters Anweisung oder weil er keine Lust hatte, den Schauplatz der jüngsten Katastrophe zu verlassen.

Der Eingang zum Kinderzimmer ließ das Chaos, das dort herrschte, nicht ahnen. Der Raum war achteckig, und an jeder Wand stand ein Stuhl. Früher hatte man den Raum neben einem wichtigen Konferenzsaal als Lauschkammer benutzt; heutzutage diente er lediglich als Flur. Niemand saß auf den Stühlen, und die Kinder rutschten immer bloß auf Strümpfen über den Marmorboden. Der Reinigungsdroide, der für diesen Flügel zuständig war, hatte sich mehr als einmal über die Spuren beklagt, die sie dabei hinterließen.

Etwas klapperte und ließ 3PO aufblicken. Das Geräusch entpuppte sich als das Klappern von Schritten. Die Tür glitt in die Höhe, und ein Kindermädchendroide rauschte herein. Die vier Hände des Kindermädchens waren über dessen von einer Schürze bedeckten Bauch gefaltet, die silbernen Augen leuchteten, und die Mundwinkel waren in einem permanent freundlichen Blick nach oben gezogen.

 

»C-3PO?« Die Stimme strahlte Wärme aus. »Ich bin TDL3.5. Ich soll dich als Kindermädchen ablösen.«

»Oh, du meine Güte.« 3PO sah sich nach der Tür des Kinderzimmers um. »Darüber bin ich nicht informiert.«

»Dies ist eine etwas ungewöhnliche Konstellation«, sagte der Kindermädchendroide. »Ein Protokolldroide, der für die Kinder sorgt? Du hast kein synthetisches Fleisch, keine Umarmungsstromkreise, und, ganz offengestanden, mein Lieber, du bist ein wenig veraltet. Es gibt einige wenige aktualisierte Protokolldroiden mit der nötigen Programmierung für einen so schwierigen Auftrag, aber ...«

»Ich versichere dir«, wandte 3PO ein. »Ich habe diesen Kindern stets gut gedient.«

»Bestimmt hast du das.« Der Kindermädchendroide war sichtlich bemüht, 3PO nicht zu widersprechen. »Und du wirst für deine Dienste sicher reichlich belohnt werden. Aber ich bin jetzt hier, um dich abzulösen.«

»Ich habe nichts von dieser Ablösung gehört«, beharrte 3PO.

»Droiden werden nie informiert.«

»Ich nehme in dieser Familie einen besonderen Platz ein. Man kann mich nicht einfach entlassen, wie einen einen ...«

»... einen verrosteten Hygienedroiden?« Das maschinelle Kindermädchen gluckste. »Wir überschätzen ein bißchen unsere Wichtigkeit, nicht wahr?«

»Ich überschätze meine Wichtigkeit keineswegs«, empörte sich 3PO. »Ich behaupte sogar, daß ich der bescheidenste Droide bin, den ich kenne.«

»Was du mir ja oft genug versichert hast.« Winter lehnte im Türrahmen, den ihre hochgewachsene Gestalt beinahe ausfüllte.

Jaina lugte zwischen Winters Röcken hervor. »Wie kann er bescheiden sein, wenn er die ganze Zeit von nichts anderem redet?«

»Psst, Kind«, wies Winter die Kleine zurecht.

»Mistress Winter«, sagte 3PO. »Ich glaube wirklich, daß das Protokoll verlangt, daß Sie mich informieren, ehe Sie mich ablösen.«

»Schickst du 3PO weg?« fragte Jacen. Er kam jetzt an die Tür, und sein siebenjähriges Knabengesicht wirkte wie eine jüngere Ausgabe von dem Master Solos. »Wirklich, Winter. Da hätte ich dich für klüger gehalten. Wir hacken auf ihm herum - aber doch nur, weil wir ihn mögen.«

»Ich hatte nicht vor, ihn wegzuschicken«, sagte Winter. Sie strich sich eine Strähne ihrer inzwischen schneeweißen Haare aus der Stirn. »Und deine Eltern hatten das auch nicht vor.«

»Ich bin speziell für dieses Kinderzimmer ausgewählt worden«, blieb der Kindermädchendroide fest. »Ich bin TDL3.5, und ich bin hier, um C-3PO gemäß Anweisung Bantha 456 abzulösen.«

»Bantha?« fragte Winter. »Das ist kein Familiencode.«

»Ich kann nichts dafür!« schrie Anakin aus dem anderen Zimmer.

»Ich glaube nicht, daß es ihm gefallen hat, als du gesagt hast, er sei zu alt für die Geschichte vom kleinen verlorenen Bantha-Lämmchen«, flüsterte Jacen 3PO zu.

»Also wirklich«, meinte 3PO. »Diese Geschichte ist doch schon seit Jahren überholt. Noch letzte Woche hat Master Solo seiner Erleichterung darüber Ausdruck verliehen, daß keines von euch Kindern sie mehr hören will.«

»3PO«, sagte Winter, und ihre Stimme klang jetzt vorsichtig. Sie trat neben ihn. »Verzeih uns, TDl.3.5. Offenbar hat jemand von uns in einem Bereich des Shopping-Netzes gesurft, den er besser gemieden hätte.«

»Ein Grund mehr für angemessene Aufsicht«, mischte sich der Kindermädchendroide wieder ein. »Unter meiner Aufsicht sind Kinder immer artig. Ein überaltertes Protokollmodell wie das, von dem Sie die Kinder beaufsichtigen lassen, kann sie ganz offensichtlich nicht im Zaum halten. Sie brauchen Erfahrung ...«

»Ja, allerdings.« Winter verschränkte die Arme vor der Brust. »Hast du je machtsensitive Kinder aufgezogen?«

»Kinder sind Kinder«, sagte das Kindermädchen. »Ganz gleich, welche speziellen Talente sie besitzen. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß übertriebene Sensitivität auf einen Mangel an Disziplin ...«

»Dachte ich mir doch«, fiel Winter dem Droiden ins Wort. »3PO ist mit diesen Kindern außergewöhnlich gut ausgekommen. Alles in allem glaube ich, daß ein Kindermädchendroide eine Katastrophe wäre, für die Kinder ebenso wie für die Erwachsenen.«

»Dann entlassen Sie mich?« wollte der Kindermädchendroide wissen.

»Du bist von einem Kind bestellt worden«, erwiderte Winter.

»Aber nicht von mir!« ließ sich Anakin vernehmen.

Jaina schlug beide Hände vor den Mund; Jacen kehrte ins Kinderzimmer zurück. »Anakin, lügen ist sinnlos. Der Code hat dich verraten. Und jetzt können wir ihn nicht mehr benutzen.«

»Allerdings nicht«, sagte 3PO. »Man stelle sich vor, Kinder mit Zugang zum Shopping-Netz. Was wird ihnen wohl als nächstes in den Sinn kommen?«

»Etwas noch Unerhörteres«, sagte Winter und sah dabei immer noch den Kindermädchendroiden an, der sich nicht von der Stelle bewegt hatte. »TDL3.5, du hast hier nichts mehr verloren. Du bist entlassen!«

»Verzeihen Sie, Mistress«, antwortete die Maschine. »Ich glaube, Sie machen einen Fehler.«

»Wie unhöflich«, erregte sich 3PO. »Mistress Winter ist verantwortlich für diese Kinder.«

»Ich komme schon zurecht, 3PO.« Winter lächelte jetzt. »Ich werde deinen Einwand notieren«, wandte sie sich an den Kindermädchendroiden. »Für die Aufzeichnungen.« Das Kindermädchen gab einen angewiderten Laut von sich, dann drehte es sich um und rollte aus dem Vorraum. Die Tür schloß sich lautlos.

»Aufzeichnungen«? fragte 3PO. »Ich wußte gar nicht, daß Sie Aufzeichnungen führen.«

»Tu ich auch nicht«, sagte Winter.

»Was meinst du?« konnte man Jacens Stimme durch die offene Tür hören.

»Das Holo war hübsch«, sagte Anakin.

Winter sah 3PO lächelnd an und ging dann eilig zu den Kindern, um den wieder aufflackernden Streit zu schlichten. »Anakin ist einmal von einem Kindermädchendroiden gerettet worden, weißt du. Möglicherweise hat er sich nur die Sicherheit zurückgewünscht, die er als Baby empfand.«

»Ich habe nicht ...«, setzte Anakin an und hielt dann inne, als wäre ihm das Wort im Hals steckengeblieben. 3PO eilte ins Kinderzimmer. Anakins Gesicht war aschfahl.

»Was ist denn?« fragte Winter.

Auch Jacen und Jaina waren wie erstarrt. Ihre Augen weiteten sich, und dann fingen alle drei Kinder gleichzeitig zu weinen an.