21
Sabine stieß erschrocken den Atem aus, als sie Rydstrom mit wildem Blick im Spiegelbild erspähte. Und Lothaire? Der Vampir arbeitete mit ihm zusammen? Dieser Verräter!
Sie hob die Hände, um sich mit einer Illusion zu verhüllen, aber Rydstrom schoss mit einem Satz durch das Zimmer und hielt ihr die Hände auf dem Rücken fest. Ob er wohl wusste, dass sie das davon abhielt, Illusionen zu erzeugen? Sie stieß einen einzigen Schrei aus, ehe er ihr mit der anderen Hand den Mund zuhielt.
Hatte dieser Moment gereicht, damit die Inferi vor ihrer Tür die Wachen riefen?
Während Rydstrom ihr die Handgelenke mit einem Stück Schnur zusammenband, translozierte sich Lothaire zu ihnen hinüber, um ihm zu helfen. Sie kämpfte für zwei, als der Vampir ihr einen Knebel umband. Mit erstickten Flüchen verdammte sie den Verräter. Er zuckte mit den Achseln.
Draußen wurden Schreie laut, als in der Burg Alarm geschlagen wurde. Sekunden später platzten Wachen mit erhobenen Schwertern in das Zimmer, einige Wiedergänger, Sorceri und gefallene Vampire. Letztere nickten Lothaire zu und translozierten sich davon.
Rydstrom warf sie hinter sich, sodass sie stolpernd zu Boden fiel, und wandte sich dann den verbliebenen zehn Wachen zu. Seine Hörner wurden größer, und die Farbe seiner Haut verdunkelte sich in seinem Zorn. Seine Muskeln weiteten und dehnten sich vor ihren Augen.
Ehrfürchtig sah sie zu, wie sich der Dämon auf die Wachen warf und mit Fängen und Klauen um sich hieb. Seine Drachentätowierung schien lebendig zu werden und in schlangengleichen Bewegungen über seine schweißnasse Haut zu kriechen.
Lothaire stand lässig neben ihr, zog das Knie hoch und stützte den Stiefel an der Wand ab.
»Wir könnten uns auch einfach translozieren«, sagte er. »Aber vermutlich bist du ganz froh, wenn er sich erst mal ein bisschen abreagiert. Und ich habe Hunger.«
Wieder verfluchte sie ihn hinter ihrem Knebel, aber seine Aufmerksamkeit war voll und ganz auf das Handgemenge gerichtet. Rydstrom nahm die Soldaten mit solcher Brutalität auseinander, dass es sogar sie in Erstaunen versetzte. Und das ist mein Ehemann.
Lothaire selbst hob eine Augenbraue und blickte von Rydstrom zu Sabine und wieder zurück. Offensichtlich brachte er die wilde Reaktion des Dämons mit ihr in Verbindung.
»Ich werde es mir merken«, murmelte er.
Zwei Sorceri-Wachen griffen sie und Lothaire an. Der Vampir stieß sich von der Wand ab und bekämpfte die beiden. Anscheinend genoss er den Kampf und die Art, wie er ihren Schwertern mit seiner Translokation immer wieder mit Leichtigkeit auswich. Einen der Angreifer erschlug er, dann zog er den Körper des anderen wild um sich schlagenden Sorceri an sich und versenkte die Fänge in dessen Hals. Seine blonden Brauen zogen sich vor Verzückung zusammen. Sabines Blick wechselte in entsetzter Faszination zwischen seiner Brutalität und der des Dämons hin und her.
Dann schüttelte sie sich und rappelte sich auf, um aus dem Gemach zu fliehen. Fast hatte sie die Tür erreicht, aber der Dämon, der in einen Kampf mit zwei Wiedergängern verwickelt war, bewegte sich auf sie zu. Aus den Augenwinkeln sah sie einen Schwertknauf auf ihren Kopf zusausen.
Als sie vor Schmerz aufschrie, brüllte der Dämon voller Wut los. Und dann … das absolute Nichts.
Er war nicht mehr in der Lage, klar zu denken. Jeder rationale Teil in ihm war verstummt. Sein Dämoneninstinkt hatte die Herrschaft über ihn übernommen.
Nimm dir deine Frau … und flieh.
Mehr Soldaten kamen mit lautem Geschrei die Treppen hinaufgestürmt. Rydstrom legte sich Sabine über die Schulter und zischte: »Bring uns fort von hier, Vampir!«
Lothaire ließ die Wache fallen, die er gerade aussaugte, und ergriff wieder Rydstroms Handgelenk. »Halt sie fest.«
Nach einem Augenblick vollkommener Schwärze erblickte Rydstrom in der Ferne hoch aufragende Berge. Das Licht des Mondes wurde vom Sand einer öden Ebene reflektiert. Der Vampir hatte sie ins Reich der Finsternis transloziert.
Rydstrom war frei, und Sabine befand sich in seinem Besitz. Er hob sie von seiner Schulter und nahm sie auf die Arme. Sie wirkte unschuldig, aber ihr zartes Gesicht täuschte. Sie hatte ihn wieder und wieder gequält.
Seine Gedanken wurden von verwirrendem Hass dominiert, sein Körper von Aggression und primitivem Verlangen.
Meine Frau. So blass und perfekt. Und ich kann mit ihr verfahren, wie es mir gefällt.
Er beugte sich herab, um ihren schlaffen Körper im Sand abzulegen, und untersuchte ihren Kopf. Es hatte sich eine Beule gebildet, nichts, was ihre Unsterblichkeit nicht rasch wieder beheben könnte.
»Ein Messer«, krächzte er, während er das Seil löste, mit dem er sie gefesselt hatte. Als Lothaire ihm einen Dolch reichte, schnitt Rydstrom Teile des Seils ab, die er um ihre Handgelenke legte wie Handschellen, dann band er die beiden mit einem weiteren Stück Seil zusammen.
Sobald er fertig war, warf Lothaire ihm einen schwarzen Umhang und ein Bündel zu. »Da drin ist eine Feldflasche mit Wasser und Proviant. Damit werdet ihr es ein paar Tage aushalten.« Dann löste er einen Schwertgurt von seiner Taille. »Und eine Waffe, mit der ihr euch gegen die wilden Tierchen hier verteidigen könnt.« Der Gedanke schien ihn zu amüsieren.
Rydstrom legte den Umhang an und gürtete sich das Schwert um.
»Du hast eine Woche, um ein Portal zu finden. Gehe von hier aus direkt nach Westen, dann wirst du wahrscheinlich auf andere Wutdämonen stoßen, Flüchtlinge, die den Weg kennen werden.«
Rydstrom hob Sabine wieder auf. »Was wirst du von mir verlangen?«
Die bleichen Augen des Vampirs richteten sich auf Rydstrom. »Etwas, das den gleichen Wert hat wie das, was ich verloren habe, als ich meinen Pakt mit Omort brach.«
»Wann?«
»Wenn die Zeit gekommen ist. In einer Woche, in zehn Tagen. Vielleicht in tausend Jahren.«
»Du bist nach wie vor mein Feind«, sagte Rydstrom. »Ich könnte dir nachstellen und dich töten.«
»Etwas anderes würde ich auch gar nicht erwarten. Du bist ein ehrlicher König, aber auch immer noch ein erbarmungsloser. Jetzt geh. Die Zeit läuft.«
Als Sabine erwachte, war der Mond noch nicht untergegangen. Sie wurde von rasenden Kopfschmerzen überwältigt, und da der Dämon sie sich einfach über die Schulter geworfen hatte, vergrößerte jeder seiner weit ausholenden Schritte die Schmerzen noch. Ihre Hände waren immer noch hinter ihrem Rücken gefesselt. Was bedeutete …
Ich bin machtlos.
Als sie durch ihre Zöpfe hindurch aufsah, erkannte sie, dass sie sich in einem völlig anderen Teil von Rothkalina aufhielten, in einer trostlosen Ebene, weit weg von der Burg am Meer und dem grünen Wald. Es gab in Rothkalina nur eine einzige Region, die nicht von Wald bedeckt war: das so treffend benannte Reich der Finsternis.
In der Wildnis …
Sie befand sich mitten in einem höchst gefährlichen Territorium, und das zusammen mit einem Verrückten. Lanthe musste vor Sorge ganz außer sich sein, und Sabine hatte kein Morsus. Wenn sie nicht zurück zur Burg, zu Omort, gelangte, war sie wahrhaftig verdammt.
Und das alles nur wegen dieses Verräters Lothaire! Dieser Mistkerl hatte sie ins Reich der Finsternis transloziert. Sie würde ihn höchstpersönlich mit einem Pflock durchbohren!
Sabine konnte sich kaum vorstellen, wie Omort diesen Verrat aufnehmen würde … oder an wem er seinen Unmut auslassen würde. Sie glaubte Lanthe in Sicherheit und hoffte, dass ihre Schwester ihre Inferi würde beschützen können.
Allmählich, einen kopferschütternden Schritt nach dem anderen, wich die Ebene einem knorrigen, versteinerten Wald. Schatten des Mondes glitten über den Boden. Ungesehene Kreaturen schienen durch den Staub zu huschen.
Was aber noch viel erschreckender war: Ihr Rock hatte sich bis zur Taille hochgeschoben, sodass ihr Hintern nur noch von ihrem String »bedeckt« wurde. Die Hand, mit der er sie auf seiner Schulter festhielt, bedeckte ihre Kurven inzwischen vollständig, und er hatte begonnen, ihr rundes Fleisch zu kneten.
Was hat er mit mir vor? Sie wollte nicht noch einmal mit ihm Sex haben, vor allem jetzt nicht, in seinem aufgewühlten Zustand. Erstens war ihr Plan sowieso vereitelt. Und zweitens erinnerte sie sich noch zu gut an den Schmerz. Als sie sich entschlossen hatte, zu seiner Zelle zurückzukehren, war es mit der festen Absicht gewesen, diesmal die Oberhand zu behalten …
Rydstrom hielt abrupt inne und stellte sie auf die Füße. Im vergehenden Mondlicht glaubte sie, einen erwartungsvollen Blick in seinen wahnsinnigen Augen auszumachen. Seine Fänge waren gefletscht. Der ruhige, zuverlässige Rydstrom war übergeschnappt.
Offensichtlich hatte sich Sabine mit dem Falschen angelegt. Und der hatte sie soeben zu seiner Gefangenen gemacht. Aber nicht für lange.
»Rydstrom«, flüsterte sie.
»Was?«
Sie flüsterte noch leiser. Als er sich vorbeugte, rammte sie ihm ihre Kopfbedeckung gegen die Nase und trat ihm mit ihren stahlbewehrten Stiefeln zwischen die Beine …
Doch er schnappte sich ihre Knöchel und warf sie rücklings zu Boden. Im nächsten Augenblick hockte er über ihr. »Du bist ein bösartiges kleines Weibsbild.« Er drückte sein Gesicht in ihr Haar und atmete tief ein. »Hinterhältig.«
Als er begann, wie verrückt ihren Hals zu küssen, sah sie mit gerunzelter Stirn in den Himmel. Er küsste sie, als ob er sie vermisst hätte. So wie seine Einsamkeit etwas in ihr berührt hatte, tat es jetzt seine Sehnsucht.
»Aber nicht mehr lange.«
Sein Glied war bereits voll erigiert, und als er seinen Schaft an ihr rieb, durchzuckte sie ein Gefühl der Lust wie ein Stromschlag. Sie ließ sich von ihm anstecken, seine Erregung fachte die ihre an.
Augenblick mal … Was meinte er denn mit Aber nicht mehr lange? Hatte er wieder einmal vor, sie zu bekehren, sie zu verändern? Immer will er mich ändern!
Er drückte seine Lippen so fest auf ihren Mund, dass er sie fast erdrückte. Bevor sie sich im Rausch seines Kusses verlor, biss sie ihn fest in die Unterlippe.
Zischend stieß er einen Fluch aus, während er auf die Füße sprang. Er packte sie um die Taille und schleppte sie zu einem flachen Felsen. Nachdem er darauf niedergesunken war, legte er sie sich über die Beine.
»Was machst du da?« Da ihr die Hände gefesselt waren, konnte sie sich nicht gegen ihn wehren.
»Ich halte mein Versprechen.« Gerade als ihr klar wurde, was er damit meinte, schob er ihr den Rock bis zur Taille hoch.
»Rydstrom, warte!« Sie wand sich hin und her, während er ihr das Höschen bis zu den Fußknöcheln herabzog. »Dämon …«
Mit einem lauten Klatschen ließ er seine Handfläche auf sie niedersausen. Es brannte, aber eigentlich klang es schlimmer, als es sich anfühlte.
Das war seine Rache? Ob es ihm wohl etwas ausmachte, wenn sie unterdessen ein kleines Nickerchen einlegte? »Ist das alles, was du draufhast, Dämon? Sollte das jetzt eine Strafe oder eine Liebesbezeugung sein? Ich bin etwas verwirrt …«
Klatsch! Diesmal sog sie pfeifend den Atem ein und krümmte sich auf seinem Schoß. Ein weiterer Schlag, gefolgt von brennendem Schmerz, dann noch einer. Seine andere Hand knetete ihren Schenkel. Es erregte ihn, ließ ihn schneller atmen.
Und irgendetwas geschah mit ihr. Zu ihrem Erstaunen fühlte sie sich zunehmend erregt. Was hatte es nur mit diesem Dämon auf sich? Ob es wohl jemals eine Zeit geben würde, zu der er sie nicht dazu bringen könnte, ihn zu begehren? Vielleicht jetzt, da er ihr den Arsch versohlte und so kurz davorstand, sie zu erwürgen?
Aber Stärke zog sie nun einmal magisch an, und der Dämon war der stärkste Mann, dem sie je begegnet war. Niemals würde sie vergessen, wie er gegen diese Wachen gekämpft hatte, diese Wildheit in ihm …
Bei seinem nächsten Schlag verwandelte sich ihr Schrei in ein Stöhnen. Sie war völlig durcheinander. Selbst er hielt kurz inne.
Sie war eine wahre Tochter der Sorceri, eine Hedonistin, die sich ihr Vergnügen nahm, wo sie es fand. Da befand sie sich nun mitten in der Wildnis, die Gefangene eines Dämons, wurde geschlagen – und schon erhellte die Illusion eines Feuers die Nacht.
Was für eine Überraschung, dachte sie mit mattem Lächeln.
Sie rutschte auf seinem Schoß hin und her, bis sie ihre Knie zur Seite gelegt und die Beine gespreizt hatte. Sein Körper erstarrte. Seine Hand hielt mitten in der Luft inne. Sie konnte nichts mehr hören außer seinen keuchenden Atemzügen.
Dann stieß er ein harsches Stöhnen aus, während er sich zurücklehnte, um zwischen ihre Beine sehen zu können. »Will dich berühren …«
Sie nickte. Bei der ersten Berührung schrie sie auf. Dann stöhnte sie, als sein riesiger Finger in sie eintauchte. Hatte er da gerade seinen Schwanz befreit? Sie fühlte, wie er begann, ihn an ihr zu reiben.
Sein forschender Finger glitt hinein und heraus. »Du wirst so nass«, sagte er heiser. »Zauberin … du bringst mich um den Verstand.«