7
»Glaubst du mir jetzt, dass ich die Deine bin?«
Wie schon einige Male zuvor erwiderte der Dämon ruhig ihren Blick mit seinen unergründlichen Obsidianaugen, sagte aber nichts. Sabine begann zu verstehen, dass das ein Zeichen dafür war, dass er versucht war zu lügen. Die meisten anderen hätten in dieser Situation ihren Blick abgewendet, aber seine Augen forderten sie heraus.
Sie beugte sich vor. »Ich kann mir nicht einmal annähernd vorstellen, wie frustrierend es sein muss, seinen Samen nicht vergießen zu können. Der Sex muss ziemlich erbärmlich sein. Ich wette, du fragst dich ständig, wie es wohl wäre, eine weiche, sich vor Lust windende Frau zu besteigen und deinen Samen in sie zu ergießen.«
Bei ihren Worten zogen sich seine Augenbrauen zusammen, als ob er Schmerzen hätte, und er ließ seine Fänge aufblitzen.
»Jetzt endlich kannst du aufhören, dich das zu fragen. Sag nur ein Wort und ich setz mich auf dich und steck ihn mir rein. Ich werde dich so hart reiten, Dämon, bis du nicht mehr länger kommen kannst.« Nichts würde sie lieber tun – sie war beinahe genauso erregt wie er.
Dies endlich zu wissen … sie hätte sich niemals vorstellen können, dass er ihr diesen letzten Schritt verweigern würde.
Seine Eichel war inzwischen völlig nass. Während sie einander anstarrten, gelang es ihr, einen seiner Gedanken zu lesen, weil er es ihr stumm befahl.
Lass deine Zunge darübergleiten! Es traf ihren Verstand wie ein Schwall heißer Luft.
»Tu es, tassia«, stieß er mit rauer Stimme hervor.
»Was bedeutet dieses Wort?«
»Boshaftes Weib, denn genau das bist du. Jetzt koste, was du mir abgerungen hast.«
»Das möchte ich«, murmelte sie aufrichtig, während sie sich hinabbeugte, immer tiefer, immer näher. Ihre Brüste schmerzten, ihre Nippel waren geschwollen und hart. »Ich werde es tun.«
Sie wusste genau, wann er ihren Atem auf seiner Haut spürte – jeder einzelne Muskel zog sich erwartungsvoll zusammen.
»Sag die Worte, Rydstrom. Mach mich zu deiner Königin.«
»Tiefer … nimm ihn in den Mund.«
Verdammt noch mal, er tut es schon wieder. Er verweigert sich mir. Sie zog sich zurück und sagte mit eisiger Stimme: »Dein Gelübde, Dämon. Oder ich gehe.«
»Niemals!«
Sie erhob sich und ließ ihn los. »Du kannst nicht gewinnen«, fuhr sie ihn an. »Du verschwendest nur meine Zeit!«
Seine Hände über den Handschellen ballten sich zu Fäusten. »Bring es zu Ende!«
»Es fehlten nur noch ein paar Worte!« Sie hüllte sich in die Illusion des Kleides, das sie früher am Abend getragen hatte. »Nächstes Mal vielleicht.«
Er verfiel wieder in die Dämonensprache, aber sie musste sie nicht verstehen, um zu wissen, dass er sie mit den widerlichsten Flüchen belegte. Das spielte keine Rolle. Sie wandte sich zur Tür und ließ ihn einfach dort liegen, wie er die Fersen in die Matratze grub und sein großer Schaft ins Leere stieß.
Draußen erwartete sie ihre allgegenwärtige Assistentin, bereit für ihre Anweisungen. Sabine nannte sie der Einfachheit halber »Inferi«. Sie nannte sie alle so. Obwohl Sabine nach ihrer Begegnung mit dem Gefangenen innerlich immer noch bebte, bemühte sie sich, ruhig zu klingen, als sie ihre Befehle erteilte. Sie ordnete an, dass er wieder ruhiggestellt, gewaschen und für die Nacht vorbereitet werden sollte. Danach sollte er mit einem Halsband an das Bett gefesselt und ihm die Hände hinter dem Rücken zusammengebunden werden; nur für den Fall, dass er sich entschied, ein wenig Dampf abzulassen.
Sabine vermutete, dass er nur ausreichend erregt sein müsste, dann würde sogar ein »kleines Miststück« wie sie wie ein Engel aussehen.
Tief in Gedanken versunken, verließ sie den Kerker und begab sich zu ihrem Turm, wo sie die sechs Treppen zu ihrem Zimmer hinaufstieg. Sie wusste, dass sie wachsamer sein müsste – Omort hatte ihr schon oft genug auf dem Weg zu ihrem Zimmer aufgelauert –, doch Rydstroms Körper ging ihr einfach nicht mehr aus dem Sinn.
Niemals hätte sie erwartet, dass sie dermaßen beeindruckt von ihm sein könnte. Man hatte sie gelehrt, sich den Dämonen überlegen zu fühlen, sodass sie in diesem »Fortpflanzungsakt« lediglich ein Machtspiel gesehen hatte.
Aber abgesehen von seiner unerklärlichen Neigung zum Guten – und der Tatsache, dass er ihr Blutfeind war – übte Rydstrom eine gewisse Anziehungskraft auf sie aus. Er war so anders als die Männer, die sie bisher kennengelernt und mit denen sie sich zusammengetan hatte, dass er sie faszinierte.
Wie war er zu der Narbe in seinem Gesicht gekommen? Und zu denen an seinem Schaft? Jetzt, da sie den größten Teil von ihm zu Gesicht bekommen hatte, ging ihr der Anblick seiner Brust und dieser langen, sehnigen Arme nicht mehr aus dem Kopf. Und dann sein gewaltiges Glied …
Sabine seufzte. Heute Nacht würde sie eine Verabredung mit einem gewissen B.F. haben – ihrem batteriebetriebenen Freund.
Sobald sie die Schwelle zu ihrer Kammer überschritten und die Tür hinter sich verriegelt hatte, entspannte sie sich ein wenig und streifte die Illusion ihres Kleides ab. Sie war erschöpft, aber schließlich war sie auch gerade erst nach einem langen Arbeitstag nach Hause gekommen.
Sie blickte in ihren vergoldeten Spiegel. Ihre Karriere bedeutete ihr alles. Komplotte und Intrigen. Dafür war Sabine berühmt und gerade jetzt steckte sie mittendrin. Nur Omort, Sabine und Lanthe kannten die Wahrheit hinter Rydstroms Gefangennahme. Der Erbe des Dämons wurde nicht etwa dazu benötigt, irgendwelche Aufstände zu ersticken, sondern um den mysteriösen Seelenbrunnen inmitten von Tornins Burghof zu erschließen. Sabine wusste nicht, wie der Prinz die Macht des Brunnens freisetzen würde, nur dass er es tun würde.
Aber was Omort nicht wusste, war, dass Sabine dafür sorgen würde, dass ihr Sohn diese Macht für sie – sie ganz allein – freisetzen würde. Sie würde den Pravus entmachten. Und Omort selbst ebenfalls. Sabine plante, das Königreich von Rothkalina in ein Königinnenreich zu verwandeln.
Mit der Gefangennahme des Dämons hatte sie endlich das Mittel in der Hand, ihren Plan in die Tat umzusetzen. Jetzt musste sie ihn bloß noch dazu bringen, mit ihr ins Bett zu gehen.
Rydstrom hatte nicht geahnt, dass solch ein Schmerz überhaupt existierte. Sein Schwanz verursachte ihm Todesqualen. Er versuchte, den Druck darin zu ignorieren, versuchte die Ketten, die ihn banden, zu ignorieren, aber die Handfesseln schnitten tief in sein Fleisch.
Zudem brannte die Demütigung seiner Lage wie Säure in ihm. In seinem Kopf herrschte ein einziges Durcheinander. So viele Fragen, die auf ihn einstürmten … Würde sie heute Nacht zurückkehren? Wie lange würde sie ihn gefesselt lassen? Wie hatte Sabine so viel über Groots Abmachung erfahren können? Wie lange hatte sie diese Gefangennahme geplant?
Er musste freikommen – nur wie? Niemand entkommt den Kerkern von Tornin … Er musste Sabine als Geisel benutzen. Es sei denn, er könnte sie dazu bringen, sich gegen Omort zu stellen. Wie groß war ihre Loyalität gegenüber ihrem Bruder? Der Nutzen, eine Zauberin von ihrem Kaliber auf seiner Seite zu haben, wäre unschätzbar.
Er versuchte sich ins Gedächtnis zu rufen, was er über die Sorceri im Allgemeinen wusste. Er erinnerte sich daran, dass sie Reichtum anstrebten, sie waren fröhliche Hedonisten, deren Leben eine einzige Suche nach Vergnügen war – und nach Gold. Außerdem waren sie geheimniskrämerisch und paranoid, misstrauisch jedem Fremden gegenüber, der auf ihrer Türschwelle auftauchte. Die meisten von ihnen lebten in den abgelegensten Winkeln der Erde.
Und doch handelte es sich bei ihnen nicht um eine von Natur aus bösartige Rasse. Das denkst du doch nur, weil du sie begehrst. Vielleicht, aber die Möglichkeit bestand, und in diesem Moment war es die einzige, die ihm realistisch erschien.
Er konnte immer noch nicht glauben, dass sie möglicherweise die Seine war. Die Akzession führte häufig Paare zusammen, legte den Grundstein für Familien. Insgeheim hatte er die schwache Hoffnung gehegt, dass er während dieser Akzession vielleicht seine andere Hälfte finden könnte. Viele Jahre lang hatte er ununterbrochen von seiner Gefährtin geträumt, sich gefragt, ob sie wohl ein kehliges Lachen hätte. Glatte Haut. Einen Körper, in dem er sich verlieren könnte.
Rydstrom bemühte sich vergeblich, sich an irgendetwas zu erinnern, das er an Sabines Aussehen verändern würde. Ihre Haut strahlte, ihre Wangen glühten rosig. Ihr glänzendes Haar hatte im Feuerschein geschimmert. Nicht ein einziger Makel verunstaltete ihre Haut. Als ihre Augen vor Begierde in diesem hellen, metallischen Blau geleuchtet hatten … das konnte sie nicht vortäuschen. Nicht die Reaktion ihres Körpers. Sie war nass zwischen den Beinen gewesen und ihre zarten Lippen völlig glatt. Seine Klauen gruben sich in seine Handflächen.
Nach den letzten Wochen kam es ihm so vor, als ob jemand Öl ins Feuer geschüttet hätte. Es gab viel zu viele Konflikte in ihm. So funktionierte sein Verstand einfach nicht. Normalerweise entfalteten sich potenzielle Entscheidungen zu präzisen Baumdiagrammen mit klaren Wahlmöglichkeiten und vorherzusehenden Folgen. Normalerweise war er rational und zog es vor, wenn die Dinge unkompliziert und eindeutig waren, ja, er brauchte diese Einfachheit und Klarheit sogar.
Doch nun war nichts mehr, wie es schien, oder wenn doch, lief es vollkommen falsch. Er war nach Hause zurückgekehrt, aber als Gefangener. Möglicherweise hatte er seine ihm vom Schicksal vorherbestimmte Königin gefunden, nur dass sie eine hinterhältige und amoralische Mörderin war. Bis es ihm gelingen würde, zu entkommen, lag sein Schicksal und das Schicksal seines Volkes in Cadeons Händen – und das war eine eher prekäre Lage. Vor allem jetzt, da Cadeon von der Frau begleitet wurde, die er einmal im Vollrausch als »Höhepunkt meiner Existenz« bezeichnet hatte.
Rydstrom war dabei gewesen, als Cadeon Holly Ashwin zum ersten Mal zu Gesicht bekommen hatte, und er hatte deutlich die Energie zwischen ihnen gespürt. Jedoch war es Cadeon nicht möglich gewesen, sie zu erproben, da er davon ausgehen musste, dass sie ein Mensch war. Mittlerweile wusste Cadeon, dass Holly eigentlich eine Walküre war, also stand den beiden nichts mehr im Weg.
Wie konnte Rydstrom von seinem Bruder erwarten, dass er nicht nur auf seine Frau verzichtete, sondern sie dazu auch noch an Groot, einen psychotischen Mörder, übergab, dessen einziges Ziel es war, sich mit ihr fortzupflanzen? Als das Königreich ihn beim letzten Mal gebraucht hatte, hatte Cadeon Rydstrom und ihrer ganzen Familie den Rücken gekehrt. Warum sollte es diesmal anders sein?
Als er so über Cadeon und Holly nachgrübelte, kam ihm ein neuer Gedanke. Diese beiden waren vollkommen gegensätzlich. Cadeon, ein Chaot und kaltherziger Söldner, hatte seine Gefährtin in einer genialen Mathematikerin mit Brille und Putzfimmel gefunden. Die Wissenschaftlerin mit Zwangsneurose und der Glücksritter ohne Zuhause – eine völlig unerwartete und absurde Paarung.
Rydstrom war als aufrichtig und gut bekannt, Sabine als heimtückisch und böse. Doch das schien keine Rolle zu spielen. Er konnte nicht ignorieren, wie sein Körper auf die Zauberin reagiert hatte. Er wusste instinktiv, dass das Siegel brechen würde, wenn er erst einmal in sie eintauchte. Endlich würde er wissen, wie es war, seinen Samen zu vergießen, und von da an würde er für alle Zeit dazu fähig sein.
Kürzlich hatte er die Hellseherin Nïx über seine Zukunft befragt. Sie hatte mit einem Grinsen geantwortet: »Erste Sahne.« Anscheinend hatte sie sich insgeheim prächtig amüsiert, als ob sie eine gewisse Ironie gesehen hätte.
Nichts konnte ironischer sein, als dass Sabine Rydstroms Königin war. Diese Situation wäre in der Tat etwas, woran Nïx ihren Spaß hätte. Die Walküren verehrten das Schicksal wie eine Religion. Und sie waren die Ersten, die zugeben würden, dass das Schicksal ein launisches Biest war.
Ich kann es leugnen …
Die Zellentür öffnete sich mit lautem Ächzen, und einige Diener traten ein. »Wir sollen Euch für diesen Abend vorbereiten.« Wieder spürte er das Brennen von Pulver in seinen Augen.