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Ein Preis, der so selten ist, dass man ihn legendär nennen könnte …

Rydstrom raste mit seinem McLaren über eine verlassene Deichstraße hinweg. Seine Scheinwerfer zerteilten den Nebel, der aus den Sümpfen aufstieg. Diese rasende Energie in ihm, diese unerklärliche Anspannung, hatte einen neuen Höhepunkt erreicht.

Es war möglich, Omort zu töten.

Hundert Meilen pro Stunde. Hundertzehn …

Mit einem Schwert, das Groot der Metallurge geschmiedet hatte.

Rydstrom hatte schon so lange darauf gewartet, dass er es jetzt kaum fassen konnte. Wenn er auch dem Dämon Pogerth nicht vertraute, so vertraute Rydstrom doch seiner Verbündeten, Nïx, der Walküre und Hellseherin, die ihr Treffen ausgemacht hatte.

Nïx hatte gesagt, dass dieser Kampf eine Chance sei, Omort zu töten – Rydstroms letzte Chance. Entweder würde es ihm gelingen, den Hexer zu vernichten, oder aber dies bliebe ihm für alle Zeit versagt.

Bei allen Göttern, es war möglich. Aber als Bezahlung hatte Groot das Unmögliche verlangt. So schien es zumindest.

Hundertvierzig Meilen pro Stunde. Obwohl Rydstrom das Telefonat mit seinem Bruder schon vor einigen Minuten beendet hatte, stand sein Mund noch immer vor Verwunderung offen. Cadeon, das unzuverlässigste und unglaubwürdigste Geschöpf, das Rydstrom kannte, hatte ihm mitgeteilt, dass er sich bereits im Besitz des Preises befand, den Groot im Austausch für das Schwert verlangt hatte.

Widerwillig hatte Cadeon eingewilligt, sich mit Rydstrom an ihrem üblichen Treffpunkt nördlich von New Orleans zu treffen. Er würde den Preis dabeihaben, doch Rydstrom hatte noch eine halbe Stunde Fahrtzeit vor sich. Mehr als genug Zeit für Cadeon, sich die Sache anders zu überlegen. Falls er das nicht bereits getan hatte.

Bei diesem Gedanken trat Rydstrom das Gaspedal durch, sodass der Wagen auf hundertsechzig beschleunigte. Nicht schnell genug. Er würde seine rechte Hand dafür geben, sich wieder translozieren zu können. Aber Omort hatte die Kraft der Teleportation in ihm und Cadeon gebannt. Noch nie zuvor war Rydstroms Frustration über diesen Fluch so groß gewesen wie just in diesem Moment. Es steht zu viel auf dem Spiel.

Sicher, Cadeon hatte den Preis bereits aufgespürt, aber er würde ihn sicherlich nicht so leicht aufgeben.

Er wird sich aus dem Staub machen. Rydstrom musste ihn unbedingt erreichen, bevor er abhauen konnte.

Es vergingen einige lange Augenblicke, in denen er über seinen Bruder nachgrübelte. Im Bewusstsein, dass Cadeon ihn im Stich lassen würde, beschleunigte er noch weiter. Hundertsiebzig …

Rydstrom würde für sein Volk sterben. Warum konnte Cadeon nicht …?

Im Licht der Scheinwerfer starrte ihn ein Paar Augen an. Kein Tier – eine Frau.

Er trat das Bremspedal durch. Der Wagen scherte seitlich aus, geriet ins Schleudern und schließlich völlig außer Kontrolle.

Das Quietschen von Autoreifen durchschnitt die Nacht, als sich der Sportwagen des Dämons um sich selbst drehte. Doch irgendwie gelang es ihm, ihn wieder unter Kontrolle zu bringen.

»Er kriegt es hin.« Lanthe klang beeindruckt.

Sabine hob die Hände und murmelte: »Ich denke nicht, Dämon.« Gerade als es so schien, als hätte er die Kontrolle über den Wagen wiedererlangt, veränderte sie die Vision der Straße und verschleierte ihm die Sicht auf den Brückenpfeiler vor ihm.

Er raste direkt darauf zu.

Und dann krachte es mit der Wucht einer Explosion – das Stöhnen von Metall, das Zersplittern von Glas. Rauchsäulen stiegen in die Luft, und Dichtungen zischten. Der einstmals blitzende schwarze Wagen erlitt einen Totalschaden.

»Musstest du ihn denn mit diesem Tempo da reinknallen lassen?«, fragte Lanthe. Sie spitzte die Lippen und blies sich eine schwarze Strähne aus dem Gesicht. »Jetzt ist er bestimmt nicht mehr in romantischer Stimmung.«

»Du hast mir doch ins Ohr gebrüllt, dass er entkommt.«

Sobald Sabine aus der Ferne das sanfte Schnurren eines Motors vernommen hatte, hatte sie Lanthe unsichtbar gemacht und die Illusion eines Wagens geschaffen, der mit geöffneter Motorhaube am Straßenrand stand.

Die holde Maid in Not. Unfähig, ihren Wagen zu reparieren. Was für ein lächerliches Klischee. Aber notwendig.

Als er sein Tempo nicht verringert hatte, hatte sie mit den Armen gewunken, doch er war kein bisschen langsamer geworden. Sie konnte auf gar keinen Fall zulassen, dass er ihr entkam, also schuf sie eine Illusion von sich selbst mitten auf der Straße direkt vor dem Wagen. Da war er dann ausgewichen, um ihr Abbild nicht zu überfahren.

»Außerdem ist er ein Dämon«, fuhr Sabine fort. »Dämonen sind hart im Nehmen – und stark.« Seine Tür wurde aufgestoßen. »Siehst du?« Aber noch war er nicht ausgestiegen.

»Wieso braucht er denn so lange?«, fragte Lanthe, indem sie auf telepathische Kommunikation umstieg. Sie knabberte an ihren Fingernägeln, während sie stumme Zwiesprache mit ihrer Schwester hielt. »Was, wenn die Vrekener auf uns aufmerksam werden?« Auch nach all den Jahren verfolgten diese Unholde noch immer die Spuren, die die Magie der Schwestern hinterließ.

»Wir haben noch Zeit«, sagte Sabine, obwohl sie ungeduldig darauf wartete, endlich den Mann zu sehen, dem sie sich hingeben würde. Nicht zuletzt war sie gespannt, einen Blick auf einen der am meisten respektierten Anführer der Mythenwelt zu erhaschen.

Selbstverständlich hatte Sabine alles über Rydstrom gelesen und kannte jedes Detail seiner Vergangenheit. Er war fünfzehnhundert Jahre alt. Er hatte einst fünf Geschwister gehabt, von denen noch zwei Schwestern und ein Bruder am Leben waren. Er war ein Krieger gewesen, lange schon bevor er unerwartet die Krone von Rothkalina geerbt hatte.

Und sie kannte einige Details über sein Aussehen: Er war ein groß gewachsener Mann mit einer auffälligen Narbe im Gesicht und eindringlichen grünen Augen, die im Zorn – oder vor Verlangen – schwarz wurden. Da er ein Wutdämon war, waren seine Hörner nach hinten über seinen Kopf hinweg gebogen und ragten nicht nach vorne. Eines davon war beschädigt worden, noch bevor er den Zustand der Unsterblichkeit erreicht hatte.

Hörner. Und sie würde diesen Dämon in wenigen Augenblicken in ihren Körper eindringen lassen, falls ihr Plan funktionierte.

Wenn nicht, hatte sie immer noch ihren Giftring. Unter dem Rubin war ein Schlafpulver verborgen, das von der alten Hexe im Keller zubereitet worden war, der hauseigenen Gift- und Zaubertrankmischerin. Dämonen reagierten auf beides äußerst empfindlich.

Rydstrom zu vergiften war allerdings nicht Sabines bevorzugter Plan, aber wenn es sein musste, würde sie alles Nötige tun, um ihn in die Zelle im Burgverlies zu schaffen, die sie für ihn vorbereitet hatten – eine, aus der er trotz seiner dämonischen Stärke nicht entkommen konnte.

Sie befand sich nur wenige Meter von ihnen entfernt.

Lanthe hatte gleich in der Zelle ein übergangsloses Portal geschaffen, das auf die Straße führte. Um es zu verbergen, hatte Sabine eine der kompliziertesten Illusionen ihres Lebens gewirkt, sodass der Kerker aussah, als ob er einfach nur ein Teil der Landschaft neben der Straße wäre.

Es schien eine Ewigkeit zu vergehen, ehe Rydstrom endlich aus dem rauchenden Wrack taumelte. Sie hatte nicht bemerkt, dass sie die Luft angehalten hatte, doch nun stieß sie einen tiefen Atemzug aus.

Da war er endlich.

Groß war er auf jeden Fall – sicherlich an die zwei Meter, mit breiten Schultern. Sein Haar war so schwarz wie die Nacht. Seine Hörner wuchsen ihm aus den Schläfen, krümmten sich nach hinten und schmiegten sich zu beiden Seiten an seinen Kopf. Ihr Perlmuttglanz war ein krasser Gegensatz zu seinem dichten Haar. Tatsächlich, eines von ihnen war beschädigt, die Spitze war abgebrochen.

Auch wenn seine ersten Schritte noch unsicher waren, schien er doch nicht allzu stark verletzt zu sein. Es war kein Blut zu sehen.

Sabine hob eine Augenbraue, während Lanthe ihr einen stummen Kommentar übermittelte: »Dein Dämon sieht wirklich … furchterregend aus.«

Sie wollte Lanthe schon berichtigen und sagen: »Nicht mein Dämon.« Aber der Mann dort vor ihnen würde tatsächlich bald ihrer sein. Zumindest für eine gewisse Zeit. »Ja, in der Tat ein Mann zum Fürchten, nicht wahr?«

Aufgrund seiner äußeren Erscheinung hätte Sabine vermutet, er wäre ein Auftragsmörder oder irgendein einfacher Halsabschneider. Wie merkwürdig – galt er doch als ein Bollwerk der Vernunft, ein weiser Anführer, der gerne Streitigkeiten beilegte und Lösungen für komplizierte Rätsel austüftelte.

Ein Gerücht in der Mythenwelt besagte, dass noch nie eine Lüge seinen Mund verlassen habe. Was an sich schon eine Lüge sein musste.

»Wirst du erst mal versuchen, ihn zu verführen, oder ihn einfach in die Falle locken?«

»Ich will ihn erst verführen, sonst rastet sein dämonisches Wesen noch aus, wenn er gefangen genommen wird.« Sie strich mit den Händen über ihr blassblaues Kleid.

»Du siehst fantastisch aus«, sagte Lanthe. »Süß. Es geht doch nichts über Pastellfarben, um ›Nimm mich!‹ zu sagen.«

»Das war jetzt völlig überflüssig, Lanthe

Da Sabine nicht wollte, dass er sie als Zauberin erkannte, hatte sie ein elegantes, wenn auch biederes, langweiliges Kleid angezogen. Sie dachte, es könnte nichts schaden, tugendhaft zu erscheinen, da sie annahm, dass ein guter Dämonenkönig dies bevorzugen würde. Sie hoffte nur, dass ihm ihr gruseliger neuer Look auch tatsächlich gefallen würde. Bis auf ihren Ring schmückte nicht eine einzige Unze Gold ihren Körper. Make-up hatte sie auch nicht aufgelegt. Ihr Haar, das sie ausnahmsweise offen trug, reichte fast bis zu ihrer Taille – ohne jede Kopfbedeckung. Und das fühlte sich so falsch an.

»Bist du sicher, dass du das durchziehen willst?«, fragte Lanthe. »Hast du dir das wirklich gut überlegt, die Drecksarbeit für die Bösen zu übernehmen?«

Den Blick unverwandt auf ihre Beute gerichtet, murmelte Sabine: »Oh ja, absolut.«

Ein Ziel, ein Plan, eine Möglichkeit … alles lag vor ihr.

Nachdem er ein paar Schritte über Glasscherben und andere Trümmer zurückgestolpert war, um sich den Schaden an seinem Wagen genauer anzusehen, sog der Dämon bei dem Anblick, der sich ihm bot, zischend die Luft ein. Doch dann wandte er sich wieder von dem Wrack ab.

»Ist hier jemand?«, rief er. Mit jeder Sekunde ließ er den Unfallort ein Stück weiter hinter sich. Seine Schultern strafften sich, sein Kinn hob sich, sein ganzes Auftreten war unmissverständlich königlich. »Sind Sie verletzt?«

Sabine konzentrierte sich ganz auf seine Stimme, statt zu antworten. Sie lag in einem angenehmen tiefen Bereich, dazu kam der britisch klingende Akzent, der adlige Wutdämonen für gewöhnlich auszeichnete.

Während er sich auf sie zubewegte, zog er ein Handy aus der Tasche und starrte auf den kleinen Bildschirm. Sie hörte, wie er »Verdammter Mist!« sagte. Hier draußen hatte er keinen Empfang.

Er trug eine dunkle Jacke über einem dünnen schwarzen Pullover, der sich eng an seine breite Brust schmiegte. Seine Kleidung war schlicht, wirkte allerdings teuer. Maßgeschneidert, selbstverständlich. Bei seiner gewaltigen Statur und diesen breiten Schultern würde ihm sowieso nichts passen, was von der Stange kam.

Die Narbe in seinem Gesicht, die von einem Kampf stammte, zog sich in einer Kurve über seine Stirn, um in einer schartigen Linie auf seiner Wange zu enden. Er musste diese Verletzung erlitten haben, bevor die Unsterblichkeit seinen Körper »eingefroren« hatte – ihrer Schätzung zufolge im Alter von vier- oder fünfunddreißig Jahren –, denn sonst wäre sie spurlos verheilt.

Diese Narbe verlieh ihm eine gefährliche Ausstrahlung, die so gar nicht zu seinem königlichen Auftreten und der teuer wirkenden Kleidung passte; genau wie seine Hörner, seine Fangzähne, seine schwarzen Klauen …

»Ich würd’s mit ihm machen«, sagte Lanthe.

»Da du es mit jedem machen würdest, ist dein Kommentar definitiv bedeutungslos.«

»Du bist doch nur eifersüchtig.«

Ja. Ja, das war sie.

Als er wieder aufblickte, sah er Sabine direkt in die Augen. Sie leuchteten in dem erstaunlichsten Grün, das sie je gesehen hatte.

»Geh jetzt«, wies sie Lanthe an. »Halte dich bereit, das Portal direkt hinter uns zu schließen. Sobald ich ihn gefangen genommen habe, berichtest du Omort von meinem Erfolg. Und zwar laut – vor all den Idioten bei Hof.«

»Mach ich. Los, schnapp ihn dir, Tigerin!«

Nachdem Lanthe gegangen war, widmete Sabine ihm ihre volle Aufmerksamkeit. Er kniff die Augen zusammen, als sie die Nacht wie einen Traum erscheinen ließ. Die Sterne leuchteten strahlender für ihn, der Mond schien noch voller am Himmelszelt zu hängen. Er ging auf sie zu, die Augenbrauen vor Verwirrung zusammengezogen.

Sie konnte sehen, wie er sie musterte. Sein Blick zuckte über ihr langes Haar und über das schlichte Kleid, das zum Glück in der dunstigen Nacht feucht geworden war und sich an ihre Brüste schmiegte. Als er auf den Umriss ihrer harten Brustwarzen starrte, fuhr er sich mit der Hand über den Mund.

Zeit, ihn durchs Portal zu führen.

Als sie sich von ihm entfernte, indem sie die Straße entlangschlenderte, sagte er: »Nein, warte! Geht es dir gut?«

Sie drehte sich zu ihm um, ging aber gleichzeitig rückwärts weiter auf das Portal zu.

»Ich tu dir nichts.« Der Dämon beeilte sich, ihr zu folgen. »Steht dein Wagen hier irgendwo?«

»Ich brauche deine Hilfe«, erwiderte sie und fuhr damit fort, die schöne Maid in Bedrängnis zu spielen.

»Selbstverständlich. Wohnst du hier in der Nähe?« Endlich näherten sie sich dem Rand des Portals.

»Ich brauche deine Hilfe«, sagte sie noch einmal und duckte sich hinter etwas, was wie eine Weide am Rande des Wassers aussah, aber in Wirklichkeit eine Illusion innerhalb des Kerkers war.

Er folgte ihr, und Sabine spürte, dass sich das Portal schloss. Die Falle war zugeschnappt und er hatte nicht das kleinste bisschen gemerkt.

»Ich muss jetzt in die Stadt zurück«, sagte er, »aber dann kann ich wiederkommen und dir helfen.«

Bevor sie etwas dagegen tun konnte, fiel ihr Blick auf die tiefe Narbe in seinem Gesicht. Sie sah sie nun zum ersten Mal aus der Nähe.

Ihr Blick entging ihm nicht, und er schien auf ihre Reaktion zu warten.

Die Narbe störte sie nicht ansatzweise so sehr, wie sie ihn störte. Das konnte sie gegen ihn einsetzen. Alles in allem war er völlig anders, als sie ihn sich vorgestellt hatte. Er war … besser. Und wenn sie nur lange genug in diese ernsthaften Augen sähe, könnte sie beinahe vergessen, was er war. Als sie sich zu ihm vorbeugte, wich er mit argwöhnischer Miene zurück.

»Hilf mir jetzt«, sagte sie hastig. Sie packte eine seiner gewaltigen Hände, küsste sie mit lächelnden Lippen und legte sie auf eine ihrer Brüste.

Er umfasste sie mit einem Knurren, so als ob ihm gar nicht bewusst wäre, was er tat.

»Das ist es, was ich brauche«, murmelte sie und presste sich an seine raue Handfläche.

»Und die Götter wissen, dass ich es dir geben will, gleich nachdem ich alles erledigt …«

»Ich brauche es« – sie nahm seine andere Hand und legte sie auf ihren Oberschenkel – »jetzt

Er drückte ihre Brust und ihr Bein viel zu fest, als hinge sein Leben davon ab, dass er sich an ihr festhielt. Und dennoch schien er nahe daran zu sein, sie einfach stehen zu lassen.

Sie versuchte, in seinen Verstand einzudringen, um seine Gedanken zu lesen, aber Dämonen konnten sich schützen, sodass sie nur vereinzelte Gedankenfetzen auffing, und das auch nur, weil sie so intensiv waren.

Aber ich habe schon so lange keine Frau mehr gehabt … Ich kann sie nicht haben … Verantwortung.

Wie lange er wohl schon abstinent lebte? Und zog es dieser Grobian tatsächlich in Erwägung, sie zu verschmähen? Aus Verantwortungsgefühl?

Faszinierend.

Sie wusste, dass männliche Dämonen es liebten, wenn ihre Hörner liebkost wurden, und dass sie es genossen, ihren Frauen beim Sex das Ruder zu überlassen. Seine Hörner waren durch die Erregung dunkler geworden und hatten sich aufgerichtet, also hob sie die Hände und umfasste sie mit ihren Fingern.

Er erschauerte wie in Ekstase.

»Küss mich, Dämon.« Sie versuchte mit festem Griff, ihn hinunterzuziehen, und endlich senkte er den Kopf. Als sich ihre Lippen trafen, löste sich ein Stöhnen aus den Tiefen seiner Brust.

… Verbindung mit ihr, vielleicht ist es die Verbindung …

Oh ja, er spürte bereits, was sie für ihn bedeutete. Jetzt wird er mir endlich gehorchen.

Er küsste sie, seine Zunge wand sich gemächlich um ihre. Sie hatte den Eindruck, er versuche, zärtlich mit ihr umzugehen. Vermutlich fürchtete er, sie zu erschrecken. Aber als sie seiner Zunge entgegenkam und ihr einige herausfordernde Stupser versetzte, landeten seine Hände auf ihrem Hintern und zogen sie gegen seine gewaltige Erektion.

Die Gerüchte über männliche Dämonen waren also doch nicht übertrieben.

Als sie fühlte, wie er seinen Schaft fast unmerklich gegen ihren Körper stieß, dachte sie: Schon besser so. Wenn ein Mann erst mal so weit war, dann stellte er für gewöhnlich seine Gehirnaktivitäten ein.

Da ihre Anspannung jetzt etwas nachließ, begann sie seinen Kuss regelrecht zu genießen. Er schmeckte gut, seine Lippen waren fest, und er wusste sie zu benutzen. Es folgten weitere fordernde Küsse, wieder und wieder drückte er sie an sich, begann ihren Körper zu erforschen.

Aber immer wenn Sabine sehr aufgeregt war, begann sie, ohne es zu wollen, Illusionen von Feuer zu schaffen. Wenn er das sähe, würde er ihre Identität erraten. Gerade als sie zu befürchten begann, dass ihre Reaktion auf ihn tatsächlich so intensiv werden könnte, riss er sich von ihr los.

»Ich … kann das jetzt nicht tun. Ich muss jemanden treffen. Davon hängt sehr viel ab.«

Das kann doch wohl nicht sein Ernst sein!

»Liebe mich!«, flüsterte sie und drängte sich noch enger an ihn. »Hier. Unter diesem Baum, im Mondlicht. Ich verzehre mich nach dir.« Und vielleicht war das sogar die Wahrheit.

»Nein. Ich habe Verpflichtungen.« Seine Stimme klang rau, seine Gedanken waren in Aufruhr, sodass seine Schutzmechanismen sie nicht mehr aus seinem Kopf heraushalten konnten.

… wie üppig sie ist … mein Schwanz sehnt sich nach ihr … Hörner richten sich auf … Nein! Die Bedürfnisse des Königreichs haben stets Vorrang vor denen des Königs.

Oh ja, es hieß, Rydstrom sei sowohl geduldig wie auch weise. Offensichtlich konnte sie dieser Liste noch eine weitere Eigenschaft hinzufügen: Selbstlosigkeit.

Als er sich von ihr zurückzog, öffneten sich ihre Lippen erstaunt. Er wird mich zurückweisen. Sie hatte ihm ihren Körper angeboten, ihn nahezu angefleht, sie zu nehmen, und er hatte abgelehnt.

Wie überraschend. Das Einzige, was Sabine genauso schätzte wie einen ausgefeilten Plan, war eine Überraschung. Er hatte ihr widerstanden – der Frau, die ihm vom Schicksal zugewiesen wurde. »Dann lässt du mir keine andere Wahl, Rydstrom.«

Noch während er die Stirn in Falten legte und zweifellos darüber nachgrübelte, woher sie seinen Namen kannte, begann sie mit der Auflösung ihrer Illusion. Die Straße und die mondbeschienene Nacht verschwanden nach und nach, und es zeigte sich stattdessen die verriegelte Zelle. In seinen Augen spiegelte sich Erkennen, und er wirbelte herum.

»Du bist Omorts und Groots Schwester, Sabine, die Königin der Illusionen.«

»Sehr gut, Rydstrom.«

Die Begierde in seinem Blick verschwand und machte einem Ausdruck der Abscheu Platz. »Zeig mir deine wahre Gestalt.«

»Das ist sie.« Sie fuhr mit ihren Handflächen über ihre Brüste nach unten. »Ich bin hocherfreut, dass sie dich dermaßen zu erregen vermag.« Und doch ist es nicht genug gewesen.

»Warum hast du mir das angetan, Sabine?«, fragte er und kämpfte ganz offensichtlich gegen seine Wut an.

Sie zeigte auf das Bett, das jetzt deutlich sichtbar in der Mitte der Zelle stand – ein Bett mit Ketten an Kopf- und Fußteil. »Ist das nicht offensichtlich?«