VISSERINE
»Krieg ohne Feuer ist so langweilig
wie ein Würstchen ohne Senf«
HEINRICH V.
Die Tausend Klingen kämpften für Ospria gegen Muris. Sie kämpften für Muris gegen Sipani. Sie kämpften für Sipani gegen Muris, dann wieder für Ospria. Zwischendurch überfielen sie aus einer Laune heraus Oprile. Einen Monat später überlegten sie, dass sie vielleicht nicht gründlich genug gewesen wären, plünderten die Stadt erneut und ließen dieses Mal nur noch rauchende Trümmer zurück. Sie kämpften für alle gegen jeden und für jeden gegen alle, und das, obwohl es in dieser Zeit kaum echte Schlachten gab.
Aber Raub und Plünderung, Brandschatzung und Überfälle, Vergewaltigung und Erpressung waren an der Tagesordnung.
Nicomo Cosca umgab sich gern mit schillernden Figuren, um sich selbst den Hauch von Eigenwilligkeit und Romantik zu verleihen. Eine neunzehnjährige Degenfechterin und ihr jüngerer Bruder, die unzertrennlich waren, passten schön in dieses Muster, also behielt er sie in seiner Nähe. Zuerst fand er sie lediglich spannend. Dann wurden sie nützlich. Schließlich kam er nicht mehr ohne sie zurecht.
An kalten Morgenden traten er und Monza gern gegeneinander an – Stahl blitzte und sang, und ihr keuchender Atem blies weiße Wölkchen in die Luft. Er war stärker, und sie war schneller, das glich sich aus. Sie verhöhnten sich, spuckten sich an und lachten. Die Männer der Kompanie versammelten sich, um ihnen zuzusehen, und sie lachten, wenn ihr Hauptmann von einem Mädchen besiegt wurde, das halb so alt war wie er, wie es durchaus häufig geschah. Alle lachten, nur Benna nicht. Er war kein Degenfechter.
Allerdings hatte er ein Talent für Zahlen, und schließlich übernahm er die Bücher der Kompanie, dann den Erwerb von Lebensmitteln. Später verwaltete er die Beute, kümmerte sich um den Weiterverkauf und die Verteilung des Gewinns. Er verdiente ihnen allen gutes Geld und hatte eine gewinnende Art, daher war er sehr beliebt.
Monza lernte schnell. Sie verschlang die Werke von Stolicus, von Verturio, von Bialoveld und Farans. Sie saugte alles auf, was Nicomo Cosca ihr beibringen konnte. Sie lernte alles über Taktik und Strategie, über Manöver und Nachschub, wie man ein Gelände einschätzen und den Feind beurteilen konnte. Erst lernte sie, indem sie zusah, dann lernte sie, indem sie handelte. Sie machte sich mit allen Künsten und Wissenschaften vertraut, die einem Soldaten nützen konnten.
»Du hast den Teufel im Leib«, sagte Cosca zu ihr, wenn er betrunken war, und das kam nicht selten vor. Sie rettete ihm bei Muris das Leben, und er rettete anschließend ihres. Alle lachten wieder, nur Benna nicht. Er war kein Lebensretter.
Der alte Sazine starb an einem Pfeilschuss, und die Hauptmänner der Kompanien, aus denen die Tausend Klingen bestanden, wählten Nicomo Cosca zu ihrem neuen Generalhauptmann. Monza und Benna gingen mit ihm. Sie überbrachte Coscas Befehle. Später sagte sie ihm, wie diese Befehle aussehen sollten. Dann gab sie selbst Befehle, wenn er wieder einmal betrunken umgefallen war, und tat so, als wären es seine. Schließlich hörte sie auf, so zu tun, und das störte niemanden, weil ihre Befehle besser waren, als seine es gewesen wären, selbst wenn er nüchtern gewesen wäre.
Die Monate vergingen und wurden zu Jahren, und Nicomo war immer seltener einmal nüchtern. Er gab nur noch in der Taverne Befehle. Und sein einziges Duell focht er mit der Flasche aus. Wenn die Tausend Klingen einen Landstrich abgegrast hatten und es an der Zeit war, weiterzuziehen, dann suchte Monza die Gasthäuser, die Rauchhäuser und die Hurenhäuser nach ihm ab und schleppte ihn ins Lager zurück.
Sie hasste es, und Benna hasste es, ihr dabei zusehen zu müssen, aber Cosca hatte ihnen ein Zuhause gegeben, und sie waren ihm etwas schuldig, also tat sie es trotzdem. Wenn sie sich in der Dämmerung wieder auf den Weg zum Lager machten – er stolpernd unter der Last der zahllosen Becher und sie unter der Last seines Körpers –, flüsterte er ihr ins Ohr:
»Monza, Monza. Was täte ich nur ohne dich?«