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Versteck – der Stern – lugte gerade über den Horizont, als der Bauarbeiter Grant Papadelous den großen Schneidlaser auf eine graue Lavaformation richtete und das Gerät einschaltete. Die Schutzbrille verdunkelte sich sofort, als der helle, violette Laserpunkt auf der Oberfläche erschien und das Gestein pulverisierte. Eine dichte, von innen heraus leuchtende Wolke strebte himmelwärts, als der Punkt in einem glühenden, fünf Zentimeter breiten Loch verschwand.

Obwohl die Kabine der Zugmaschine mit Druck beaufschlagt worden war, arbeitete Papadelous in einem schweren, gepanzerten Raumanzug. Sicherheit war oberstes Gebot am Arbeitsplatz auf einem atmosphärelosen urwüchsigen Mond, der etwa siebentausend Lichtjahre von der Erde entfernt war.

Als der Punkt im glühenden Loch verschwand, scannte Papadelous die Instrumente mit der Langeweile von jemandem, der die gleiche Aufgabe schon tausendmal erledigt hatte. Laut Arbeitsanweisung handelte es sich hier um einen 200 Meter langen Kommunikationskanal von der Oberfläche zur neuen Galerie, die sie ins Innere von Sutton gefräst hatten. Zuerst sollten Kabel durch den Schacht gezogen und das Ganze dann wieder mit im Vakuum aushärtendem Epoxidharz abgedichtet werden. Danach würde die Galerie mit Druck beaufschlagt und eine Inneneinrichtung installiert, um das neue Habitat wohnlich zu machen.

Wozu die Kabel gebraucht wurden, wusste er allerdings nicht. Das war auch nicht sein Problem. Sein Auftrag lautete, dieses Loch zu bohren, und dann ein neues und wieder ein anderes – ad infinitum sozusagen. Als Junge in Griechenland hatte seine Mutter ihm die Sage von Sisyphus erzählt, den die Götter dazu verurteilt hatten, jeden Tag einen Felsbrocken bis zur Spitze eines Bergs hinaufzurollen, nur damit er durch sein eigenes Gewicht jede Nacht wieder herunterrollte. Irgendwie erinnerte sein derzeitiger Arbeitsplatz ihn an diesen Mythos – nur dass er dazu verurteilt worden war, endlos zu graben, bis er diesen ganzen hässlichen Mond ausgehöhlt hatte.

Er war auch nicht der einzige Vakuum-Heini, der an der Oberfläche arbeitete, während andere im Innern eifrig neue Tunnels vortrieben und Wohnquartiere aus dem Gestein hauten und lebende Galerien unten schnitzten. Mit achtzig Schiffen in der Bahn über dem atmosphärelosen Mond hatte die Brinks-Basis gerade die größte Bevölkerungsexplosion in ihrer kurzen Geschichte zu verzeichnen, und eine Erweiterung der Wohn- und Arbeitsareale hatte höchste Priorität.

Durch das plötzliche Auftauchen des Zentralgestirns des Systems über dem zackigen Horizont stach die Sonne Papadelous direkt in die Augen, sodass er plötzlich hämmernde Kopfschmerzen bekam. Der Stern war aber nicht schuld am Kopfweh. Der eigentliche Grund war die Abschiedsparty, die man am vorigen Abend für die Besatzungen der Ranger und Vaterland geschmissen hatte. Auf der Party war es ordentlich abgegangen, und Grant hatte sich bestens amüsiert; insbesondere beim zweiten Teil.

Er lächelte bei der Erinnerung an das Gelage. Die ersten paar Stunden hatte er sich mit einem weiblichen Leutnant unterhalten. Er und ungefähr die Hälfte der Männer seines Pionier-Bataillons … zumindest diejenigen, die vom schweren Tender runtergebracht worden waren. Es war schon nach Mitternacht, als er sie schließlich überredete, mit ihm in ihre Kabine zu gehen, die sie bald räumen würde. Was dann folgte, entschädigte ihn beinahe für die endlose Reise von der Erde. Seine neue – und sehr flüchtige – Freundin hatte ihn mit einer Intensität geliebt, die ihrer Aufregung entsprang, dass wieder ein neuer Mensch in ihr Leben getreten war. Seine Erinnerung an die Nacht wurde nur dadurch getrübt, dass er sich am nächsten Morgen nicht mehr an ihren Namen erinnerte. Er wusste nur noch, dass sie gesagt hatte, sie sei eine Astrogatorin von der Ranger.

Die Laserbohrmaschine schaltete sich automatisch ab, als die Sensoren eine leichte Abschwächung der glühenden Wolke registrierten. Das bedeutete, dass der Bohrstrahl in eine Höhle im Gestein eingedrungen war … vermutlich Galerie A-17 in der neuen Anlage, wenn Grants dreidimensionales Diagramm stimmte. Der Computer schaltete den Laser so schnell ab, dass kaum mehr als ein Brandfleck an der anderen Wand zurückbleiben würde, auf die der Bohrstrahl sich nach dem Durchbruch für einen Moment fokussiert hatte.

Wo er das Loch nun gebohrt hatte und in ein paar Minuten das nächste in Angriff nehmen würde – eigentlich eine ganze Reihe von Löchern, in denen dann das Fundament eines Kommunikationsturms verankert würde –, legte Grant eine Pause ein und überflog den Horizont und den Himmel.

In der Ferne sah er die scharfen schwarzen Konturen eines Bergs. Es musste ein hoher Berg sein, sagte er sich, denn die unteren Hänge verbargen sich irgendwo hinterm Horizont. Es war auch dieser Berg, der die Strahlen von Versteck so lange abgeschirmt hatte. In geringerer Entfernung sah er zwei andere gelbe Baumaschinen, die Ausrüstung zu verschiedenen Punkten auf der zerklüfteten schwarzen Ebene zogen.

Die Menge an Ausrüstung, die sie von der Erde hierher geschafft hatten, war enorm. Aber die wurde auch benötigt. Die Brinks-Basis sollte zumindest so lange als Hauptquartier für den Krieg der Menschheit gegen die Broa dienen, bis das menschliche Sternentor-Netzwerk installiert und einsatzbereit war. Und selbst dann würde Brinks wohl noch von keinem Sternentor geziert werden. Das hing davon ab, wie weit entfernt die nächste broanische Welt war.

Falls nur ein paar Lichtjahre die Basis von einer feindlichen Welt trennten, wäre es zu riskant, wenn ein Schiff direkt zum Versteck-System sprang. Ihre heimliche Basis würde nur so lange geheim bleiben, bis die ersten Gravitationswellen den von Broa kontrollierten Raum erreichten. Dann würde man sich fragen, weshalb ein unbewohntes System über ein nicht registriertes Sternentor verfügte, man würde ein Schiff entsenden, um Nachforschungen anzustellen, und die ganze Sache würde auffliegen.

Über ihm durchquerten mehrere helle, wie an einer Schnur aufgereihte Sterne den Himmel in einer sichtbaren Bewegung. Das waren die Schiffe der Menschheit in der Umlaufbahn. Man musste nur für ein paar Minuten gen Himmel schauen, um zu sehen, wie trübere Lichter von den helleren sich lösten. Das waren die Landungsboote, die Nachschub von den Frachtern zur Basis transportierten. Außer den vielen Q-Schiffen, die bis unter die Rumpfplatten mit der notwendigen Ausrüstung angefüllt waren, hatten noch sechs große Kolonieschiffe die Flotte begleitet. Es würde über einen Monat dauern, um diese mächtigen Schatzkammern zu leeren.

Und hinter den sich bewegenden Schiffen stand Brinks selbst wie eine übergroße Erde. Die blau-weiße Welt befand sich zurzeit in der Halbphase mit einer sehr undeutlichen Terminatorlinie, die den Übergang zwischen Tag und Nacht kennzeichnete.

Die schwarze Linie des Horizonts mit den darüber hinausragenden Bergen, die Schiffe über ihm, die blau-weiße Kugel als Kulisse … all das hätte sich eigentlich zu einem ehrfurchtgebietenden Anblick verdichten sollen. Und vielleicht wäre dieser Effekt auch eingetreten, wenn Papadelous nicht solche Kopfschmerzen gehabt hätte.

Er fügte sich ins Unvermeidliche und murmelte einen Befehl, woraufhin ein kleines weißes Kügelchen in der Ausgabe des Helms vorm Kinn erschien. Er neigte den Kopf, sog die Pille ein und verzog das Gesicht beim bitteren Geschmack. Dann drehte er den Kopf, um an den Trinknippel zu gelangen. Er spülte die Schmerztablette mit einem Schluck lauwarmen Wasser hinunter und zählte die Sekunden, bis die Wirkung einsetzte.

Nachdem er die Kopfschmerzen ambulant behandelt hatte, suchte er auf dem Monitor den nächsten Einsatzort und setzte das Fahrzeug in Bewegung. Während es über den unebenen Untergrund zu der Stelle rumpelte, wo der Funk-Mast auf der Oberfläche lag, sagte Grant sich, dass dieses Rütteln und Schütteln die Kopfschmerzen auch nicht gerade linderten.


»Haben Sie sich gestern Abend gut amüsiert?«, fragte Dan Landon seinen Stab. Die Dutzend Offiziere, das sich um den langen Tisch aus Nickeleisen aus hiesiger Produktion versammelt hatten, machten geschlossen den Eindruck, als ob sie am liebsten desertiert wären. Die meisten wirkten lustlos, und ein paar schauten nervös auf die offene Tür, als ob sie vorm geistigen Auge den schnellsten Weg zur nächsten Toilette suchten. Ihr Zustand war eine beredtere Antwort auf seine Frage als irgendwelche Worte. »Also Schluss mit lustig«, sagte er mit dröhnender Stimme und maliziösem Unterton. »Kommen wir zur Sache. Commander Aster. Was haben Sie gestern in Erfahrung gebracht?«

Aster, ein kleiner charismatischer Mann mit einem unbändigen blonden Haarschopf, beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf den Tisch. Dann aktivierte er seinen Daten-Com. Nach einer Sekunde antwortete er auf Landons Frage.

»Nur das, was Sie bereits wissen, Sir. Das Stützpunkt-Personal hat in unserer Abwesenheit fünf potenzielle broanische Systeme entdeckt. Vier von ihnen befinden sich in Richtung Erde, und eine im galaktischen Norden.«

»Analyseergebnisse?«

»Zwei dieser Kontakte haben jeweils eine einzelne Gravitationswelle emittiert. Zwei weitere haben drei Wellen emittiert, und eine hat sogar mehr als ein Dutzend erzeugt.«

»Dann ist die Annahme plausibel, dass dieser spezielle Kontakt eine broanische Hauptwelt ist?«, fragte Landon.

»Es ist eine hinreichend begründete Annahme«, erwiderte Aster. »Die letzte Entdeckung ist mehr als 200 Lichtjahre von hier entfernt. Also täuscht der Umstand vielleicht, dass es nur eine einzige Welle gegeben hat. Der Verkehr in diesem System könnte in den letzten zwei Jahrhunderten auch deutlich zugenommen haben.«

»Was ist mit den optischen und Radiobeobachtungen?«

Leutnant Gretchen Stephens aus der Astronomie-Abteilung meldete sich. »Ich habe die Aufzeichnungen überprüft. Es sind bestimmte Radiosignale von drei nahe gelegenen Sternsystemen sowie zwei bestätigte Fälle monochromatischer Strahlung registriert worden.«

»Kommunikationslaser?«

»Jawohl, Sir. Offensichtlich sind diese Systeme bewohnt, aber es gibt noch keine Hinweise darauf, ob sie auch Sternentore in Betrieb haben.«

»Keine Gravitationswellen in fünf Jahren?«

»Nein, Sir.«

Landon runzelte die Stirn. »Was schließen Sie daraus?«

»Sir?«

»Schließen Sie daraus, dass diese Systeme nicht über Sternentore verfügen und deshalb keine Subjekte der broanischen Souveränität sind?«, fragte Landon.

»Nein, Sir. Wir wissen von ihnen, dass sie so etwas nicht zulassen würden.«

»Was wir über sie wissen, stammt in erster Linie von Sar-Say, und ich habe Grund, ihm zu misstrauen«, erwiderte Landon kalt.

Ein paar Leute nickten knapp. Der beinahe gelungene Fluchtversuch des Broa von der Erde hatte den Offizieren der Sternenforschung – von denen die meisten zur Weltraum-Marine gewechselt waren – einen gewaltigen Schrecken eingejagt.

»Nur weil wir noch keine Gravitationswelle von diesen anderen Systemen registriert haben, bedeutet das noch nicht, dass es dort keine Broa gibt, Admiral.«

»Kein Schiffsverkehr in fünf Jahren? Das ist aber ein großer Abstand zwischen den Visiten, meinen Sie nicht auch?«

»Ja, Sir.«

Landon wandte sich einem kleinen unscheinbaren Mann zu, der an diesem Morgen wie Pik Sieben da hockte. Komisch, sagte Landon sich, er hätte Dr. Luigi Penda ganz bestimmt nicht für einen Partylöwen gehalten. Penda trug die Uniform der Raummarine mit den Abzeichen eines Leitenden Wissenschaftlers. Aber sie entsprach nicht der Kleiderordnung. Manche Menschen wirkten immer derangiert, unabhängig von ihrer Garderobe.

»Dr. Penda. Wäre es möglich, dass diese Systeme doch Gravitationswellen aussenden und wir sie nur nicht empfangen?«

»Wie weit sind diese Systeme weg?«, fragte der Wissenschaftler.

»Alle im Radius von einem Dutzend Lichtjahren«, erwiderte Gretchen Stephens.

»Jedenfalls nicht nach unserer Theorie der Wirkung von Gravitationswellen, Admiral. Gravitationswellen werden durch die Diskontinuität einer im Tor materialisierenden Masse verursacht. Gemäß der Theorie müssten diese Wellen sich in alle Richtungen ausbreiten.«

»Ob die Broa diese Systeme vielleicht übersehen haben, obwohl sie Funkwellen und Kommunikations-Laserstrahlen aussenden?«

»Nein, Sir. Wenn wir sie schon entdeckt haben, dann gilt das auch für die Broa.«

»Wäre es – unter der hypothetischen Voraussetzung, dass diese Systeme keine Gravitationswellen aussenden, weil sie keine Sternentore haben – eine logische Annahme, dass die Broa bewusst darauf verzichtet haben, sie zu besetzen?«

Penda schüttelte heftig den Kopf und schien das dann zu bereuen. »Ich stimme mit Leutnant Stephens überein. Das passt nicht zu dem, was wir über ihr Verhalten zu wissen glauben.«

»Trotzdem sind die Systeme seit fünf Jahren nicht mehr übers broanische Sternentor von Sternenschiffen angeflogen worden«, sagte Landon dezidiert. »Wenn die Broa diese Welten bewusst links liegen lassen, was sagt uns das über ihre Situation?«

Penda zuckte die Achseln. »Vielleicht sind die Wesen, die diese Systeme bewohnen, einfach zu verschieden. Sie wären einfach nicht imstande, eine Kolonie auf Gasriesen wie Bonnie und Clyde zu gründen, selbst wenn sich herausstellen sollte, dass diese Riesen von intelligenten Spezies bewohnt werden. Und wenn man auf einem Planeten in nächster Nähe zu ihrem Stern – sagen wir auf Merkur-Distanz – eine intelligente Spezies findet, dürfte ihre Unterwerfung sich auch schwierig gestalten. Allein schon wegen des Unterschieds in der Physiologie. Wie sollten die Broa einer intelligenten Gesteinsschmelze wohl ihren Willen aufzwingen?«

»Oder sie sind in technologischer Hinsicht zu primitiv, um eine Gefahr für die Broa darzustellen«, sagte ein anderer Offizier.

»Unwahrscheinlich«, erwiderte der Wissenschaftler. »Sie brauchen Ackerland, um Getreide anzubauen und Gruben, um Metall und Rohstoffe aller Art zu fördern. Wir wissen, dass sie auch sonst unwirtliche und unbewohnbare Welten ausbeuten. Ein Planet mit einer Bevölkerung potenzieller Sklaven wäre als Rohstoffquelle besonders wertvoll.«

Landon runzelte die Stirn. Mit seinen Leuten war heute Morgen einfach nichts anzufangen. »In Ordnung«, fuhr er fort. »Sie haben also keinen Anlass, eine bewohnte Welt – zumindest eine mit Sauerstoffatmern – zu ignorieren. Was folgt daraus, wenn sie es doch tun?«

»Ich vermute, dass es ein Beweis dafür ist, was wir schon vermutet haben – dass ihre Eroberungen die Schwelle des abnehmenden Grenzertrags erreicht haben«, erwiderte Dr. Penda. »Wenn es ihnen an Arbeitskräften oder Ressourcen fehlt, die Eroberungen unbegrenzt fortzuführen, werden sie sich – wie wir auch schon vermutet haben – die Rosinen aus ihren Opfern herauspicken. Besonders wertvolle Welten werden erobert, während die ›zweite Wahl‹ ignoriert wird.«

»Wäre das überhaupt machbar?«, fragte Commander Connors, die am Ende des Tischs auf derselben Seite wie Penda saß. Antoinette Connors war eine statuenhafte Brünette mit einer aggressiven Persönlichkeit. Sie war auch Landons fähigster strategischer Planer. »Müssten sie denn nicht jeden Planeten mit einer technologisch fortgeschrittenen Rasse unterwerfen? Sonst würden sie doch riskieren, dass ihnen ein Konkurrent erwächst. Im Grunde genau das, was wir nun vorhaben.«

Penda schüttelte den Kopf. »Ohne den Sternenantrieb oder Sternentore sind diese freien Spezies doch in ihren Heimatsystemen gefangen. Sie sitzen so lange dort fest, bis es opportun für die Oberherren ist, sie sich einzuverleiben. Vergleichen Sie sie mit Ölreserven, die noch im Boden schlummern.«

»Angenommen, dass diese Hypothese richtig ist«, sagte Landon. »Inwiefern ändert das dann unsere strategische und taktische Situation?«

»Wieso sollte überhaupt irgendeine Änderung eintreten, Sir?«

»Weil, Doktor, unabhängige Systeme innerhalb der Souveränität potenzielle Verbündete sind. Vermutlich sind die umgangenen Sternsysteme sich ihrer Situation und des Schicksals bewusst, das sie schließlich erwartet.«

»Ja, Sir.«

»Beauftragen Sie ein paar Ihrer Leute mit dem Studium der Implikationen. Das könnte unsere Strategie ändern. Wir kennen also fünf Systeme, die broanische Lehen sind. Was unternehmen wir in dieser Hinsicht?«

Die Besprechung geriet im weiteren Verlauf zu einer Operationsplanung.

Ihr Auftrag in Bezug auf eindeutig identifizierte broanische Sternsysteme war klar. Sofern keine zwingenden Gründe dagegensprachen, sollten solche Systeme von einer aus zwei Schiffen bestehenden Aufklärungseinheit erkundet werden. Die Erstaufklärung sollte von der Peripherie des Sternsystems aus erfolgen, wobei die Aufklärungsschiffe sich in den Proto-Kometen und den Eisbergen der Oort’schen Wolke verbargen.


»Wir haben einen Auftrag«, sagte Mark seiner Frau, als sie in der Kommandantur zu Mittag aßen. Wie jede andere Räumlichkeit des Stützpunkts war auch diese Kammer mit Verpackungskisten und Ausrüstung angefüllt, die riskant zwischen den Metalltischen und Bänken gestapelt war.

»Wer ist ›wir‹?«, fragte Lisa. »Wir beide oder das ganze Schiff?«

»Das Schiff«, erwiderte er. »Die New Hope soll auf eine Erkundungsmission gehen.«

»Wohin?«

»Das Ziel heißt Gamma. Es ist das System mit dem dichten Sternentor-Verkehr.«

»O je! Wir sollen uns an einen Stern anschleichen, der wahrscheinlich die Hauptbasis der ganzen abgefuckten broanischen Weltraumflotte ist!«

»Nicht sehr damenhaft«, rügte Mark sie.

Seine Antwort wurde mit einer Anmerkung quittiert, die noch viel weniger über die Lippen einer Dame hätte kommen dürfen.

»Das wäre ein großer Glückstreffer«, erwiderte Mark. »Wenn wir den größten Flottenstützpunkt des Feinds schon in diesem frühen Stadium ausfindig machen, wäre das eine Sensation, von der wir noch unseren Enkeln erzählen könnten.«

»Falls wir dann noch so lange leben, um überhaupt welche zu haben«, entgegnete Lisa. »Wann fliegen wir los?«

»Das entscheidet Captain Harris. Ich weiß nur, dass das zweite Schiff die Galloping Ghost ist. Sie hat aber noch nicht einmal mit dem Entladen begonnen. Das wird mindestens eine Woche dauern.«

»Gut«, erwiderte Lisa. »Dann habe ich ja noch genug Zeit, mein Broanisch aufzufrischen.«