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»Dann ist Sar-Say also ein Broa?«, fragte Nadine Halstrøm.

»Ja, Madame«, erwiderte Mark.

»Und jeder Irrtum ist ausgeschlossen?«

»Wir haben ihn damit konfrontiert. Er hat es dann auch zugegeben.«

»Und wie hat er die Nachricht aufgenommen, dass er entlarvt worden war?«

Lisa lachte. »Er ist ein frecher kleiner Bastard. Er hat versprochen, uns zu seinen persönlichen Sklaven zu machen und ein Leben in Luxus in Aussicht gestellt, wenn wir nach Glücksgriff zurückkehrten. Wir haben ihm geraten, sich zum Teufel zu scheren.«

»Wenn er schon in Bezug auf die eigene Person gelogen hat, dann muss er auch in anderer Hinsicht Lügen erzählt haben«, sagte die Koordinatorin nachdenklich.

»Das glaube ich nicht, Madame«, erwiderte Lisa. »Was die Souveränität selbst betrifft, scheint er buchstäblich die Wahrheit gesagt zu haben.«

»Weshalb hätte er das tun sollen?«

»Weil das für ihn die einzige Möglichkeit war, herauszufinden, wie viel wir wussten. Er hätte es sich nicht leisten können, bei einer Lüge ertappt zu werden, weil wir sonst Zweifel an seiner vorgeblichen Identität angemeldet hätten. Und irgendwann war es dann zu spät, seine Geschichte noch zu ändern. Also hat er uns sonst in jeder Hinsicht die Wahrheit gesagt, um seine Identität zu verschleiern.«

»Und aus welchem Grund?«

»Er hat das alles von vornherein geplant, weil er uns veranlassen wollte, ihn zur Souveränität zurückzubringen. Er hoffte wohl, dass er von dort aus eine Nachricht an die erstbeste Spezies übermitteln konnte, auf die wir stießen. In seiner Eigenschaft als Oberherr hätte man unverzüglich jeden Befehl befolgt, den er erteilte. Fast hätte es auch geklappt.«

»Fassen wir also zusammen«, sagte die Koordinatorin mit einem Anflug von Resignation in der Stimme. »Wir sind mit dem schlimmsten möglichen Fall konfrontiert. Es gibt tatsächlich eine broanische Souveränität, und sie ist auch wirklich so groß und bösartig, wie Sar-Say behauptet. Wir hatten Glück bei Neu-Eden. Bei einem anderen Verlauf der Dinge hätten nämlich die Broa die Expedition losgeschickt. Wir haben vielleicht jetzt schon ihre Stiefel im Genick. Und es gibt verdammt noch mal nichts, was wir dagegen tun könnten!«

»Nein, Madame«, erwiderte Lisa.

»Wie bitte?«

»Es gibt doch etwas, das wir dagegen tun können.« Lisa drehte sich zu Mark um. »Erzähl ihr von deiner Idee, mein Schatz!«


Die Messe der Ruptured Whale war ein deprimierender Ort während dieser langen Reise von Klys’kra’t. Mark Rykand war besonders niedergeschlagen, denn nur er wusste, dass Sar-Says Plan um ein Haar Erfolg gehabt hätte …

Als Reaktion auf eine beiläufige Bemerkung von Lisa hatte er eine so kühne Eingebung gehabt, dass er im ersten Moment zu träumen glaubte. Doch auch jetzt, ein Jahr später, vermochte er sich immer noch nicht vorzustellen, weshalb seine Idee nicht funktionieren sollte … es sei denn, die Menschheit hatte nicht den Mut, es überhaupt erst zu versuchen.

In dem Moment, wo Lisa sich zu ihm umdrehte, schwand jedoch seine Zuversicht und wich dem Zweifel. Was, sagte er sich, wenn ich mich irre?

Wenn man drei Jahre lang mit jemandem zusammenlebt, bekommt man ein Gespür für seine Befindlichkeit. Lisa spürte Marks inneren Aufruhr, drückte ihm sanft die Hand und lächelte ihn an. Mark schöpfte neuen Mut, atmete tief durch und ließ den Blick über die erwartungsvollen Gesichter schweifen. Dann räusperte er sich und setzte zu der Rede an, die er im Geiste seit einem Jahr geprobt hatte.

»Madame Koordinatorin, sehr geehrte Herren. Die Broa sind wahrscheinlich die größte Bedrohung, mit der die menschliche Rasse jemals konfrontiert worden ist. Aus diesem Grund haben Sie uns siebentausend Lichtjahre weit ausgeschickt, um die Geschichten eines schiffbrüchigen Außerirdischen auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Wenn auch nur die Hälfte von dem, was Sar-Say erzählt hat, der Wahrheit entsprach, hätten wir die Bedrohung auf keinen Fall ignorieren dürfen.

Wir überbringen nach unserer Rückkehr die Nachricht, dass die Souveränität höchst real und noch gefährlicher ist, als wir befürchtet haben. Dennoch sind wir nicht hilflos. Es gibt durchaus eine Handlungsmöglichkeit.«

»Dann lassen Sie sie uns hören!«, sagte Nadine Halstrøm ungeduldig.

»Jawohl, Madame. Damit das Ganze jedoch einen Sinn ergibt, muss ich ganz von vorn anfangen – also bei einem Ausflug, den Lisa und ich unternommen haben, als wir die Expedition planten.«


Die Planung für die Krebsnebel-Expedition hatte unter strengen Sicherheitsvorkehrungen auf der Erde in einem Ferienhotel an der nordafrikanischen Küste stattgefunden. Mark und Lisa waren Mitglieder von zwei verschiedenen Arbeitsgruppen – Mark bei der ›Astronomie‹ und Lisa bei ›Außerirdische Technologie‹. Am dritten Tag der Konferenz hatten sie frei. Also schlug Lisa vor, dass sie den nahen Felsen von Gibraltar besuchten, und fügte hinzu, dass einer ihrer Vorfahren die dortige britische Garnison während der Belagerung von 1782 befehligt hätte.

»Eine interessante Geschichte, Herr Rykand«, sagte Nadine Halstrøm, »aber was hat das mit unserer Situation zu tun?«

»Auf dem Rückzug von Klys’kra’t hatten ein paar von uns in der Messe gesessen und sich gegenseitig ihr Leid geklagt, als Lisa meinte, es sei eine Schande, dass wir keine unüberwindliche Festung wie Den Felsen hätten, um uns gegen die Broa zu verteidigen.

Diese Bemerkung brachte mich auf eine Idee. Ich wurde mir plötzlich bewusst, dass sie sich irrte. Wir haben nämlich eine solche Festung.«

»Ich bitte um Verzeihung, aber ich vermag Ihnen nicht zu folgen.«

»Die Broa herrschen über eine Million Sonnen, und soweit wir wissen, hat es seit Jahrtausenden noch keinen erfolgreichen Aufstand gegen sie gegeben.«

»Ich könnte mir vorstellen, dass Mikhail Vasloff genau das der Öffentlichkeit sagen wird. Wo ist Bürger Vasloff übrigens? Ich hatte erwartet, ihn hier zu sehen.«

»Er befindet sich in PoleStar in Quarantäne – auf Ihre Anweisung.«

»Auf meine Anweisung?«

Dieter Pavel räusperte sich. »Ich habe die Anweisung herausgegeben, Madame Koordinatorin. Ich hielt es für angebracht, ihn daran zu hindern, Unruhe zu stiften, bis Sie eine Gelegenheit hatten, den Expeditionsbericht zur Kenntnis zu nehmen.«

»Er ist aber nicht wirklich krank, oder?« »Sein Arzt glaubt, er hätte eine Erkältung. Ich sage immer, man kann gar nicht vorsichtig genug sein mit diesen Weltraum-Viren.«

»Sie werden es noch weit bringen in der Politik, mein Junge«, prophezeite sie ihrem Assistenten mit einem Lächeln. »Entweder das, oder Sie kommen aufs Schafott.« Dann wandte sie sich wieder an Mark: »Sie sagten, wir hätten eine unüberwindliche Festung, die uns schützt, Herr Rykand. Worum handelt es sich dabei?«

»Natürlich unsere Anonymität. Die Broa wissen nicht, wo wir zu finden sind. Sie wissen nicht einmal, dass wir überhaupt existieren. Das und der Sternenantrieb. Der Sternenantrieb verleiht uns Handlungsfreiheit.«

»Handlungsfreiheit, um was zu tun? Uns zu verstecken?«

»Nein, Madame. Uns zu verstecken geht überhaupt nicht.«

»Aber wir haben uns doch schon so lange versteckt.«

»Wir hatten nur Glück. Evan, möchten Sie das übernehmen?«

Dr. Evan Thompson, seines Zeichens Alien-Technologe, nickte und sprang als Referent ein. »Früher oder später werden die Broa unseren ›Krähwinkel‹ im Universum doch entdecken.«

»Und wie?«

»Es gibt mehrere Möglichkeiten. Vielleicht platzt eins ihrer Schiffe in unser System. In Neu-Eden ist das doch schon passiert. Und dann wäre da unser elektromagnetischer Fußabdruck.

Wir strahlen seit Jahrhunderten Radio-, Tele- und Holovisionswellen in alle Himmelsrichtungen ab. Was, wenn irgendein Broa eins der frühen TV-Programme auffängt? Dann dürfte es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis ihre Kriegsflotte hier erscheint.«

»Die broanische Souveränität ist 7000 Lichtjahre von hier entfernt. Wenn ich meine Physik-Hausaufgaben gemacht habe, bedeutet das, dass unsere Radiowellen sie erst dann erreichen werden, wenn wir fünfstellige Jahreszahlen schreiben.«

»Das wissen wir nicht«, erwiderte Thompson und schüttelte die zottige Mähne. »Der Krebsnebel ist 7000 Lichtjahre entfernt. Soweit wir wissen, markiert der Nebel die entferntesten Ausläufer der Souveränität. Also wäre es möglich, dass eine broanische Welt schon bald von unserer sich ausdehnenden Radio-Blase erfasst wird.«

»Kein sehr wahrscheinliches Szenario«, murmelte Anton Bartok.

»Möchten Sie die Existenz der menschlichen Rasse darauf verwetten?«, fragte Mark ihn im Bestreben, die ›Diskurshoheit‹ zurückzuerlangen.

»Wenn wir uns nicht verstecken wollen, was sollen wir dann tun?«, fragte eine konsternierte Nadine Halstrøm.

Mark schaute sie mit einem Ausdruck felsenfester Entschlossenheit an. »Madame Koordinatorin, wir können uns nicht ewig verstecken. Und sobald sie uns entdecken, ist sowieso alles verloren. Aber wir haben ein Zeitfenster, in dem wir handeln können.«

»Und wie sehen diese Handlungen aus?«

Mark zuckte die Achseln. »Das ist doch ganz einfach: Wir greifen sie an, bevor sie uns angreifen!«


Das Subjekt der Konferenz saß in seiner Zelle in PoleStar und sann über seine Zukunft nach.

Es war nun fünf Zyklen her, seit Sar-Say den Menschen in die Hände gefallen war. Nachdem er den Hinterhalt in seinem Schiff überlebt hatte, musste er zu seinem Entsetzen feststellen, dass seine Retter ihn nicht sofort erkannten. Dieser Schock hatte sich noch vertieft, als er sich bewusst wurde, dass sie überhaupt keine Diener waren. Die Zivilisation schien ihnen gar kein Begriff zu sein. Die Vorstellung, dass er der Gefangene wilder Aliens wäre, erschreckte ihn noch mehr als der Mordversuch, der ihn in diesen unbekannten Raumsektor verschlagen hatte.

Und was noch schlimmer war: Ihr Schiff hatte keinerlei Ähnlichkeit mit den Schiffen, die er bisher gesehen oder von denen er auch nur gehört hatte. Es sprang nicht etwa durch Sternentore von einem Punkt zum andern. Stattdessen überquerte es die schwarzen Abgründe zwischen den Sternen, wie ein Schiff ein Meer befährt. Das allein war schon ein Beweis dafür, dass sie nicht der Zivilisation angehörten. Denn er vermochte sich keine andere Erfindung vorzustellen, die der natürlichen Ordnung so zuwidergelaufen wäre wie die Freizügigkeit zwischen den Sternen.

Er hatte viel Zeit zum Nachdenken auf dieser ersten Reise zum Heimatplaneten der Menschen. Als sie versuchten, Kontakt mit ihm aufzunehmen, stellte er sich taub. Wenn er ihre lauten Worte und pantomimischen Gesten irgendwann verstand, hätte er nämlich nur eine einzige Chance, ihnen seine Geschichte unterzujubeln.

Der Not gehorchend, war sein Plan ziemlich einfach. Sie durften ihn auf gar keinen Fall als einen Meister identifizieren. Sonst würden sie ihn vielleicht kurzerhand liquidieren. Die Aussicht auf lebenslängliche Käfighaltung behagte ihm freilich genauso wenig. Er musste sie irgendwie dazu bewegen, ihn nach Hause zurückzubringen, ohne dass sie sich dessen überhaupt bewusst wurden. Zu diesem Zweck musste er ihr Vertrauen gewinnen. Er gelangte zu dem Schluss, dass er ihnen in fast jeder Hinsicht die Wahrheit würde sagen müssen.

Sein Plan barg natürlich einige Risiken. In Unkenntnis der menschlichen Psychologie befürchtete er, die Wahrheit würde sie so sehr erschrecken, dass sie auf ›Tauchstation‹ gingen.

Diese Befürchtung war indes unbegründet, denn die Menschen reagierten mit der gleichen affenartigen Neugier, die auch seinem Volk zu eigen war. Nachdem sie die Himmelsblume identifiziert hatten, organisierten sie eine Expedition, um die Zivilisation ausfindig zu machen.

Sie hatten ihn als Berater auf die Expedition mitgenommen, und er hatte die Menschen bekniet, an der Begegnung mit den einheimischen Dienern teilnehmen zu dürfen – vorgeblich, um ihre Tarnung zu unterstützen.

Und sein Plan hätte wohl auch funktioniert, wenn das Schicksal ihm nicht im letzten Moment noch einen Strich durch die Rechnung gemacht hätte. Die Kontakt-Gruppe war eilig zum Schiff zurückgekehrt, und dann waren sie nach Klys’kra’t abgeflogen. Später konfrontierten sie ihn dann mit der Tatsache, dass sie über seine wahre Identität Bescheid wussten.

Falls die Gefangenschaft ihn etwas gelehrt hatte, dann war es Geduld. Er hatte ausgiebig Gebrauch vom Unterhaltungs-Monitor gemacht, den sie ihm bereitgestellt hatten. In dem Maß, wie er mit den Menschen vertraut wurde, gelangte er zu der Ansicht, dass die Erde – trotz ihrer Wildheit – eines Tages vielleicht eine erstklassige Kolonie abgeben würde, insbesondere mit ihm als Meister.

Also nahm Sar-Say trotz der herben Enttäuschung einen neuen Planungs-Anlauf für den Tag, da man ihm die Meisterschaft über die Erde zusprechen würde. Solange sie ihn in der Zelle an Bord ihres Orbital-Habitats eingesperrt hielten, vermochte er nichts zu tun. Sollte sich die Lage jedoch ändern, musste er bereit sein, jede Gelegenheit am Schopf zu packen, die sich ihm bot …


Lisa Arden stand auf dem Balkon des Ferienhotels am Bodensee und schaute zu, wie ein voller Mond über dem entfernten, von Bäumen gesäumten Horizont aufging. Unter ihr warf die Oberfläche des Sees die bunten Lichter des fernen Ufers zurück, während auf halber Strecke ein wie ein Christbaum illuminierter Vergnügungsdampfer Kurs auf Friedrichshafen nahm. Die leisen Klänge eines Streichquartetts trugen über das schwarze Wasser zu ihr herüber.

Lisa atmete tief ein, hielt die Luft für einen Moment an und stieß sie dann kraftvoll wieder aus. Es war gut, wieder auf der Erde sein! Heute Nacht war zumindest alles in Ordnung mit ihrer Welt. Die Brise war gerade so kühl, um belebend zu wirken. Drinnen hatte ihr Mann sich auf das breite Bett gefläzt und schnarchte leise, wie Männer das nach dem Liebesspiel oft tun. Der Mond ging auf und verwandelte die vom See reflektierten Lichter in ein buntes Kaleidoskop.

Am Himmel über ihr war Jupiter ein heller weißer Funken und Mars ein dunkler roter, und die Sterne funkelten, wie sie es seit Jahrmillionen getan hatten. In einer Nacht wie dieser hätte man sich leicht einzureden vermocht, dass die Sterne noch immer die gleichen wären wie seit Jahrtausenden: funkelnde Diamanten, die am nächtlichen Himmel für Liebende ausgestreut worden waren und nicht die Heimat einer wie Comicfiguren aussehenden Rasse größenwahnsinniger Affen.

Ihre Überlegungen wurden durch das Geräusch einer sich öffnenden Tür unterbrochen und dann durch zwei starke Arme, die sie umfassten, und durch warme Hände, die sich durch die Öffnung in ihrem Nachthemd schoben und das warme Fleisch darunter liebkosten. Sie lehnte sich zurück an eine nackte muskulöse Brust und seufzte, zufrieden mit der Welt.

»Guten Abend«, flüsterte eine leise Stimme ihr ins Ohr, und Lippen küssten ihr zerzaustes Haar.

Sie legte den Kopf in den Nacken und gab ihm einen Kuss. »Willkommen zurück bei den Lebenden, mein Schatz. Ich habe dich doch nicht etwa aufgeweckt, oder?«

Ein sanfter, durch ein glucksendes Lachen erzeugter Lufthauch drang in ihr Ohr, und Zähne knabberten am Ohrläppchen. »Willst du es herausfinden?«

»Noch nicht«, erwiderte sie. »Später vielleicht. Im Moment möchte ich einfach nur die Nacht genießen.«

»Sie ist wirklich wunderschön, nicht wahr?«

»Schöner als irgendetwas, das ich jemals gesehen habe. Wenn man im Weltraum ist, vergisst man allzu schnell, wie schön die Erde überhaupt ist.«

»Ja, das stimmt. Aber wieso bist du überhaupt nach draußen gegangen, mein Schatz? Hat mein Schnarchen dich etwa aufgeweckt?«

»Nein, ich genieße nur die Nachtluft … und frage mich auch irgendwie, ob wir heute richtig gehandelt haben.«

»Sie haben immerhin zugehört«, erwiderte Mark und strich ihr übers Haar. »Mehr konnten wir nicht erwarten.«

»Aber haben sie uns auch geglaubt?«

»Ich glaube, die Koordinatorin hat unsere Argumente nachzuvollziehen vermocht und sympathisiert vielleicht sogar mit uns; aber das wird uns natürlich auch nichts helfen, wenn die politische Opposition sich auf Vasloffs Seite schlägt.«

Sie seufzte. »Sie können ihn nicht ewig eingesperrt halten.«

»Zumal das auch keinen Sinn hätte. Viele Leute würden sich lieber in der trügerischen Sicherheit des Versteckspiels wiegen, als sich dem Risiko einer Gegenwehr auszusetzen. So ist das immer schon gewesen, und so wird es auch immer sein.«

»Aber wir müssen kämpfen, Mark. Weil uns das nämlich im Blut liegt.«

»Du und ich, wir hatten schon die Gelegenheit, das durchzuspielen«, erwiderte er plötzlich ernst und zog sie noch enger an sich. »Die Milliardenbevölkerung der Erde wird aber Zeit brauchen, um die Risiken abzuwägen. Wer weiß? Vielleicht gibt es doch einen Mittelweg zwischen den beiden Möglichkeiten, ein Loch zu graben und sich darin zu verstecken und einen Feldzug gegen die broanischen Horden zu führen.«

»Das glaubst du doch selbst nicht.«

»Nein, glaube ich nicht. Aber viele andere werden es glauben.«

Sie verstummten und ließen für lange Minuten den Blick übers dunkle Wasser schweifen. Sie genossen die Gegenwart des jeweils anderen und die Nacht. Schließlich sagte Lisa: »Wir werden für den Rest unseres Lebens gegen die Broa kämpfen, nicht wahr, Mark?«

Er nickte in ihrem Haar. »Das wusstest du aber auch schon, als ich dir zum ersten Mal von meiner Vision von Gibraltar-Erde erzählt habe.«

»Stimmt wohl«, erwiderte sie. »Es ist nur so, dass man angesichts der Schwierigkeiten, die vor uns liegen, schier verzagen könnte.«

Er lachte. »Nenn mir mal eine Zeit, wo das nicht so gewesen wäre. Wenigstens wissen die Broa noch nichts von unserer Existenz. Und mit etwas Glück werden sie es erst herausfinden, wenn es zu spät für sie ist.«