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Es war ein eigenartiges Gefühl. Nein, eigentlich war es eher eine Mischung aus mehreren Gefühlen. Allem voran war da die freudige Aufregung, dass sie ihren Plan nun endlich umsetzen konnte. Sie hatte so lange darauf warten müssen. Aber da waren auch Unsicherheit und Zweifel und vor allem die Angst, etwas könnte im letzten Moment doch noch schiefgehen.
Natürlich war alles gut durchdacht und akribisch geplant – Jan und sie hatten sich so oft in ihrem dunklen Kellergefängnis darüber beraten –, aber dennoch war da diese unterschwellige Angst. Immerhin gab es nun kein Zurück mehr. Die erste Hürde war genommen. Nun kam der zweite und deutlich schwierigere Teil.
Reiß dich zusammen, forderte sie die Stimme in ihrem Kopf auf. Es war die Stimme ihres Vaters – kalt und hart, als spräche ein Eisblock zu ihr. Du kennst keine Angst! Verstanden? Nur Heulsusen fürchten sich.
Sie nickte, zuerst unsicher, dann bestimmt. Dann konzentrierte sie sich auf den Briefumschlag in ihren Händen. Die Idee war ihr gekommen, als sie vor Jans Haus gestanden hatte, und sie hielt es für einen großartigen Einfall. Dieser Brief würde ihr bei ihrem Plan als ein zusätzlicher Trumpf dienen. Nur für den Fall der Fälle.
Es war gar nicht so schwer gewesen, Jans Handschrift zu imitieren. Ein paar Schriftproben aus seinem Altpapiercontainer hatten ihr genügt, um sich einen Eindruck zu verschaffen. Er führte den Stift auf eine dezent geschwungene Weise, die eine romantische Ader verriet, aber dennoch wirkten die Buchstaben nicht verspielt. Jeder einzelne war klar und deutlich erkennbar, wie es für eine strukturierte Persönlichkeit typisch war. Selbst seine Unterschrift war leserlich, ganz im Gegenteil zu den hieroglyphenartigen Signaturen der anderen Ärzte, die sie so kannte. Es hatte nur wenig Übung gebraucht, und Janas Version war nicht mehr vom Original zu unterscheiden gewesen.
Beim Schreiben hatte sie Mozart gehört, was eine hervorragende Untermalung zum Schwung von Jans Schrift gewesen war, und natürlich hatte sie Handschuhe getragen. Dünnes Latex, das sie nicht einschränkte und dennoch keinerlei verräterische Spur hinterließ.
Auch jetzt trug sie diese Handschuhe, als sie im Schutz der Morgendämmerung auf das Haus zuging und den Umschlag in Carla Wellers Briefkasten schob.