4. KAPITEL
Courtney Pulanski
Courtney fand, dass die Maßnahmen ihres Vaters übertrieben und unfair waren. Okay, sie hatte sich ein bisschen Ärger eingefangen, indem sie sich frech den Lehrern gegenüber verhalten hatte und ihre Zensuren zusehends schlechter geworden waren. Allerdings hätte alles viel schlimmer sein können – wenn zum Beispiel die Polizei herausfinden würde, wer vor vier Jahren den Müllcontainer angezündet hatte. Aber wer konnte ihr das schon verdenken? Ihre Mutter war vor Kurzem gestorben, und Courtney hatte sich verloren und verwirrt gefühlt. Sie war immer aggressiver geworden. Inzwischen ging es ihr besser – nicht dass sie alles überstanden hätte. Sie würde es nie „überstehen“, obwohl ihre ahnungslosen Freundinnen das Gegenteil behaupteten. Doch mit der Zeit hatte sie sich etwas gefangen und hart gearbeitet, um die Highschool hinter sich zu bringen. Und jetzt so was!
Das Abschlussjahr würde sie bei ihrer Großmutter in Seattle verbringen. Während die Kids, mit denen sie aufgewachsen war, gemeinsam ihre Prüfungen machten, saß sie meilenweit entfernt am anderen Ende des Landes. Courtney liebte ihre Großmutter, doch sie konnte sich nicht vorstellen, ein ganzes Jahr bei ihr zu leben.
Aber es gab sonst niemanden. Keinen anderen Ort, an dem Courtney bleiben könnte, während ihr Vater als Ingenieur bei einem Brückenbau-Projekt in Brasilien arbeitete. Die Gegend, in der er sich aufhielt, wäre nichts für ein junges Mädchen im Teenageralter, behauptete er.
Jason, ihr älterer Bruder, war im Internat und hatte einen Job als Nachhilfelehrer für die Sommerkurse. Ihre Schwester Julianna absolvierte ihr Grundstudium an der Uni und hatte ebenfalls einen Job, und zwar in einem Ferienhaus in Alaska. Courtney war die Jüngste. Die Kosten für die Ausbildung ihrer Geschwister häuften sich. Ihr Vater benötigte schlicht und einfach Geld, ansonsten hätte er einen solchen Auftrag nicht angenommen, bevor Courtney die Schule abgeschlossen hatte. Allerdings war es unwahrscheinlich, dass sie dann ein Stipendium erhalten würde. Dummerweise waren ihre Zensuren nicht die besten, und die Chancen, einen geförderten Platz an der Uni zu erhalten, waren etwa so groß wie die, im Lotto zu gewinnen. Mit anderen Worten, ihr Vater wäre dazu gezwungen, auch für sie zu bezahlen. Das Jahr in Seattle zu verbringen war daher die naheliegendste Lösung.
Alles wäre anders gewesen, wenn ihre Mutter nicht bei diesem fürchterlichen Autounfall ums Leben gekommen wäre. Es war vor vier Jahren passiert, und noch immer kam es ihr vor wie gestern.
„Courtney!“, rief ihre Großmutter vom Treppenabsatz. „Bist du wach?“
„Ja, Grandma.“ Es war unmöglich zu schlafen, wenn der Fernseher schon um fünf Uhr morgens lärmte. Ihre Großmutter benötigte ein Hörgerät, aber sie weigerte sich, das einzusehen. Alle nuschelten, wenn es nach Vera Pulanski ging. Jeder Mensch auf dieser Welt!
„Ich mache gerade Frühstück!“, kam es von unten.
Courtney starrte an die Decke und verdrehte die Augen. „Ich habe keinen Hunger!“
„Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit des Tages!“
Sie wohnte genau seit einer Woche bei ihrer Großmutter, und bislang hatten sie jeden Morgen die gleiche Unterhaltung geführt.
„Ich esse später was!“, versprach Courtney. Bei dem Gedanken an Großmutters vertrocknetes Rührei wurde ihr fast schlecht. Alles, von dem sie glaubte, dass es gut oder nicht gut für Teenager wäre, hatte sie aus dem Fernsehen. Offensichtlich schien es die sicherste Art der Zubereitung zu sein, wenn man etwas zu Tode kochte. Entsprechend schmeckten die Rühreier ihrer Großmutter wie Gummi. Nicht dass Courtney jemals Gummi probiert hätte, aber sie könnte wetten, dass es so ungefähr hinkam.
„Ich hasse es, Lebensmittel wegzuwerfen.“
„Tut mir leid, Grandma.“ Bei den vielen Mahlzeiten, die sie seit ihrer Ankunft hier ausgelassen hatte, müsste Courtney eigentlich abgenommen haben. Aber das war keineswegs so. Heute Morgen hatte die Waage geradezu anklagend ihr Gewicht angezeigt. Frisch aus der Dusche und vollkommen nackt war sie auf die altertümliche Badezimmerwaage gestiegen. Sie hatte die Augen zusammengekniffen, sie wieder vorsichtig geöffnet und dann auf die Anzeige hinuntergestarrt, auf diese komischen schmalen Linien zwischen den Zahlen. Ihre Großmutter schien noch nie etwas von Digitalanzeigen gehört zu haben. Courtney hatte nicht nur nicht abgenommen, sondern es sah so aus, als wäre ein Pfund dazugekommen. Am liebsten hätte sie geheult. Auf einer neuen Schule anzufangen war schlimm genug. Aber all diesen Fremden fett entgegenzutreten, war noch viel schlimmer.
„Courtney?“ Erneut rief ihre Großmutter von unten an der Treppe zu ihr nach oben.
„Ja, Grandma.“ Vera wollte an diesem Morgen offensichtlich nicht aufgeben.
„Ich muss in die Stadt, ein paar Besorgungen machen.“
„Ist in Ordnung.“
„Ich möchte gern, dass du mitkommst.“
Courtney setzte sich laut seufzend auf, schwang die Beine aus dem Bett und ließ mit hängenden Schultern die Füße auf den Boden fallen. „Kann ich nicht hierbleiben?“, bettelte sie. Nach dem Duschen hatte sie sich den Pyjama wieder übergestreift, da sie keinen Grund sah, sich anzuziehen. Jedenfalls keinen triftigen Grund.
„Es wäre wirklich sehr schön, wenn du mitkommen würdest. Du verbringst nämlich zu viel Zeit in deinem Zimmer.“
„In Ordnung.“
„Was hast du gesagt?“
Courtney erhob sich langsam, lief zur Tür und rief hinunter: „Ich bin gleich unten!“
Ihre Großmutter nickte lächelnd. „Gut.“
Vera Pulanski war eine wunderbare Frau, und Courtney hatte ihre Besuche in Chicago immer genossen. Aber nun war es etwas anderes. Sie hatte noch nie mit jemandem zusammengewohnt, der so alt war. Alles hier im Haus könnte man als Antiquität bei Ebay versteigern.
Missgelaunt zog sie ihre Jeans und ein übergroßes schwarzes T-Shirt an, das vorn mit dem Firmenlogo ihres Vaters bedruckt war. Als sie die Treppe hinunterging, lächelte Vera sie herzlich an und hielt sie an der untersten Stufe mit ausgebreiteten Armen auf. Sie umfasste Courtneys Gesicht und betrachtete sie eingehend.
„Du bist ein hübsches Mädchen.“
Courtney kommentierte das mit einem schwachen Lächeln.
„Mein jüngstes Enkelkind, mein Augapfel.“
„Ja, Grandma.“
„Es tut mir immer wieder leid, dass Ralph nicht lange genug gelebt hat, um dich kennenzulernen.“
Ihr Großvater war gestorben, als Courtney erst wenige Monate alt war. „Mir auch.“
„Was ich jetzt sagen werde, sag ich nur, weil ich dich so lieb habe.“
Courtney versteifte sich und machte sich auf eine weitere Gardinenpredigt gefasst. „Schon gut, schon gut, ich muss abnehmen, das weiß ich. Du brauchst es nicht zu sagen, okay?“, erklärte sie abwehrend. Es war ja nicht so, dass sie nicht in den Spiegel guckte. Sie war zu dick und sich dessen voll bewusst. Nach dem Unfall ihrer Mutter hatte sie wahnsinnig viel zugenommen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie noch Größe S getragen, und dann plötzlich – paff! – war sie bei L gelandet. Was Courtney am meisten nervte, war, dass sie ständig von wohlmeinenden Menschen daran erinnert wurde. Als wäre es das Einfachste der Welt, mal eben fünfzehn Kilo loszuwerden.
„Das wollte ich eigentlich nicht sagen.“ Ihre Großmutter ließ sie los. „Ich finde, du solltest ein paar Freundinnen haben.“
„Das finde ich auch.“ Sie vermisste Chicago so sehr, dass sie hätte heulen können, wenn sie daran dachte, wen sie dort alles zurückgelassen hatte. Sogar ihr Haus fehlte ihr, das für ein Jahr vermietet war.
„Du wirst niemanden kennenlernen, wenn du dich in deinem Zimmer verkriechst, meine Kleine“, erinnerte ihre Großmutter sie freundlich. „Deshalb solltest du mehr rausgehen.“
Dagegen konnte Courtney absolut nichts sagen. Sie senkte den Blick. „Ich weiß.“
„Begleite mich, dann stelle ich dich allen vor.“
Sie öffnete den Mund, um zu widersprechen. Doch ihr wurde klar, dass es nichts nützen würde. Ihre Großmutter nahm sie bei der Hand und zog sie in die Küche. Die Rühreier standen auf dem Tisch, und Courtney hätte schwören können, es waren dieselben, die sie schon am Tag vorher serviert bekommen hatte.
„Ich dachte, wir gehen in die Bibliothek, dann zum Lebensmittelladen und danach in dieses Wollgeschäft.“
Mit anderen Worten, Courtney wurde durch die Gegend geschleift.
„Von mir aus können wir aufbrechen, meine Kleine, wenn du auch bereit bist.“
„Ich bin fertig.“ Je früher sie losgingen, desto eher kam sie wieder in ihr Zimmer zurück.
„Warte, ich will nur noch kurz nachsehen, ob die Vordertür abgeschlossen ist“, sagte ihre Großmutter.
Dann dauerte es noch ganze sieben Minuten, bis sie endlich das Haus verließen. Nachdem sie das Schloss überprüft hatte, war ihre Großmutter noch ins Bad gegangen, um ihren Lippenstift zu erneuern. Dann fiel ihr ein, dass sie die Eier nicht so draußen stehen lassen konnte, bedeckte sie mit einer zerknitterten Folie und stellte den Teller in den Kühlschrank, womit sie Courtneys Verdacht bestätigte. Es waren die Rühreier von gestern.
„Bist du jetzt so weit?“, fragte sie, als wäre Courtney diejenige, auf die sie hatten warten müssen.
„Jederzeit.“
„Ach, herrje!“, rief Vera. „Ich habe meine Tasche vergessen!“ Sie kicherte. „Himmel noch mal, ich hätte uns ja fast ausgeschlossen.“
Schließlich waren sie draußen. Das Auto, das in der Ausfahrt parkte, hätte im Museum stehen können. Nach Aussage ihres Vaters befand sich der 1968er Ford Ranch Kombiwagen in bestem Zustand. Na ja, das sollte er auch. Die Kiste war fast vierzig Jahre alt und hatte lediglich zwölftausend Kilometer auf dem Tacho. Die Tür wog eine Tonne und quietschte, als Courtney sie aufzog. Ohne ein weiteres Wort schlüpfte sie auf den Sitz neben ihrer Großmutter.
Das Abenteuer, mit Vera Pulanski Auto zu fahren, ging man nicht freiwillig ein. Nachdem sie den Motor angelassen hatte, wandte sie sich an Courtney. „Sieh mal nach hinten. Kommt jemand?“
Courtney drehte sich um. „Alles frei, Grandma.“ Dann wurde ihr klar, dass ihre Großmutter diese Frage nicht aus reiner Neugier gestellt hatte. „Sag mal, warum hast du dich denn nicht selbst umgedreht, um nachzusehen?“
Ihre Großmutter straffte die Schultern. „Es geht nicht.“
„Es geht nicht?“
„Hörst du schlecht, mein Kind? Ich kann den Kopf nicht drehen, weil ich einen steifen Hals habe. Das ist schon seit zwanzig Jahren so. Der Arzt meint, da kann man nichts tun. Also leide ich. Ich will mich nicht beklagen, und sicher hätte ich nicht darüber geredet, aber da du nun mal gefragt hast …“
Obwohl sie als Beifahrerin in Veras Auto echte Panik verspürte, sagte Courtney kein Wort. Was würde das auch bringen? In den letzten Tagen hatte sie die Fahrten im Wagen ihrer Großmutter vermeiden können. Aber sie wusste auch, dass dieses Glück nicht ewig anhalten konnte.
Eine andere Frage drängte sich ihr auf. „Grandma, was hättest du denn gemacht, wenn ich nicht da gewesen wäre?“ Courtney fürchtete, dass ihre Großmutter einfach den Rückwärtsgang eingelegt hätte und losgefahren wäre.
Mit zusammengepressten Lippen beschäftigte sich Vera mit dem Rückspiegel, schob ihn mit beiden Händen erst zur einen, dann zur anderen Seite. „Dafür sind ja die Spiegel da.“
„Ach so.“
„Können wir jetzt?“
Offensichtlich hatte sie ihre Großmutter mit der Frage beleidigt. „Sicher“, erwiderte Courtney ein wenig schuldbewusst. Als sie an der ersten Ampel hielten, drehte sich ihre Großmutter halb zu ihr um und sah sie an. „Wenn du dir Gedanken um dein Gewicht machst, könnte ich dir helfen.“
Courtney sah sie misstrauisch an. „Wie denn?“
„Sport. Ich schwimme jeden Morgen mit meinen Freundinnen. Du könntest mitmachen, was meinst du?“
Das klang nicht gerade nach einem netten Zeitvertreib, aber dazu gehörte Sport ja wohl ohnehin nicht.
„Klar doch, mach ich gerne.“ Was eine absolute Übertreibung war, aber ihre Großmutter gab sich Mühe, ihr zu helfen, und sie hatte das Gefühl, es entsprechend honorieren zu müssen.
Ihr erster Halt, nachdem sie Queen Anne Hill, die Gegend von Seattle, in der ihre Großmutter wohnte, hinter sich gelassen hatten, war die ultramoderne Bibliothek. Vera erklärte ihrer Enkelin, dass das Gebäude nach einer gründlichen Sanierung gerade erst wieder eröffnet worden war. Während Vera ein bestelltes Buch abholte – der neueste Liebesroman eines lokalen Schriftstellers –, blätterte Courtney ein paar Vogue-Magazine durch und versuchte, angesichts der vielen eleganten, superschlanken Models nicht zu verzweifeln.
Als Nächstes fuhren sie zum Lebensmittelladen. Courtney wusste nicht genau, wie die aktuelle Bevölkerungszahl der City von Seattle lautete – sie war aber überzeugt, dass es sich um Millionen handelte –, und ihre Großmutter kannte mit Sicherheit die Hälfte davon. Courtney konnte die vielen Male gar nicht mehr zählen, die sie von irgendwelchen Freunden Veras aufgehalten wurden. Früheren Nachbarn, Bekannten aus der Kirche, Mitgliedern aus dem Bridge-Club … Courtney musste ungefähr um die dreißig Leute kennengelernt haben, und sie hätte schwören können, keiner von denen war unter siebzig.
„Und jetzt fahren wir in die Blossom Street“, kündigte ihre Großmutter an, als Courtney die Einkäufe zum Wagen trug. „Es dauert nicht lange, versprochen.“
Courtney biss sich auf die Zunge, um ihre Großmutter nicht daran zu erinnern, dass sie das bei ihrem letzten Halt auch schon gesagt hatte. Nach sieben weiteren Gesprächen waren sie losgefahren, und jetzt manövrierte Vera den Wagen auf den engen Parkplatz vor dem Wollgeschäft. Sie rollte ein paar Zentimeter vor, trat auf die Bremse, nahm ihren Fuß wieder herunter, damit sie weiterrollten, dann bremste sie wieder. Courtney hätte es voraussehen sollen, doch sie wurde überrumpelt. Ihre Großmutter knallte mit der Stoßstange so hart gegen die Parkuhr, dass sie beide nach vorn gerissen wurden.
„Oh, verdammt“, murmelte Vera.
Wenn „verdammt“ das stärkste Schimpfwort war, das Vera Pulanski kannte, dann war Courtney gerade danach, ihr einige weitere beizubringen.
Sie kletterte aus dem Wagen, drückte die schwere Tür zu und folgte ihrer Großmutter in den Laden. Courtney ging sofort auf den Kater zu, der im Schaufenster lag, um ihn zu streicheln.
„Hallo, Vera, wie geht’s?“, begrüßte eine zierliche junge Frau Vera.
„Lydia, wie schön, dich zu sehen. Das ist meine Enkelin Courtney. Courtney, das ist Lydia.“
„Hallo.“ Courtney winkte ihr zu.
„Kannst du stricken?“, wollte Lydia wissen.
Courtney zuckte die Schultern. „Ein bisschen.“
„Ich hab’s ihr mal während eines Sommers beigebracht“, rühmte sich Vera. „Sie hat es ganz schnell gelernt.“
Courtney hatte das zwar ganz anders in Erinnerung, aber sie wollte nicht unhöflich sein.
„Meine Enkelin bleibt dieses Jahr bei mir, solange ihr Vater in Brasilien arbeitet.“
Da sie keine Lust hatte, noch einmal den langen Ausführungen über den wichtigen Ingenieursjob ihres Vaters in Südamerika zuzuhören, wandte sich Courtney von der Katze ab und schlenderte im Laden umher. Sie hatte keine Vorstellung davon gehabt, wie viele unterschiedliche Arten von Wolle es gab. Ein in bunten Farben gestrickter Schal, der in einem der Regale ausgestellt war, gefiel ihr besonders. Dann entdeckte sie noch einen Filzhut, eine Tasche, eine Weste und einen Pullover.
„So einen Schal könntest du an einem Abend stricken“, sagte Lydia und hielt ihn hoch, damit Courtney ihn besser betrachten konnte.
„Echt?“
„Ja.“ Sie lächelte. „Mit Nadeln Größe dreizehn und einem Knäuel Wolle ist das ganz leicht gemacht. Du schlägst fünfzehn Maschen auf und strickst jede Reihe, so einfach ist das.“
„Wow.“ Courtney hatte Geld dabei, aber sie zögerte. Zwanzig Dollar waren wahrscheinlich nicht genug für die Nadeln und Wolle, und sie wollte ihre Großmutter nicht anpumpen.
Fünf Minuten später, nachdem Courtney sich ein paar gemusterte Socken angesehen hatte, legte Vera ihre Auswahl auf den Tresen neben der Kasse. Courtney wusste nicht, woran ihre Großmutter gerade strickte, aber irgendetwas schien sie immer in Arbeit zu haben. Schnell ging sie zu ihr hinüber.
„Hast du diese Socken gesehen?“, fragte Vera sie. Courtney nickte. „Diese neuen Wollfarben sind wirklich erstaunlich, was?“
„So was könntest du auch stricken“, sagte Lydia zu Courtney.
„Auf keinen Fall.“
„Hättest du denn Lust dazu?“
Courtney dachte kurz nach. „Ich denke schon“, gab sie schließlich zu.
„Das heißt: ja“, übersetzte ihre Großmutter. „Trag sie ein.“
„Mich eintragen, für was?“, wollte Courtney wissen.
„Für den Socken-Kurs“, erklärte ihre Großmutter. „Es wird Zeit, dass du ein paar Leute kennenlernst, ein bisschen rausgehst und etwas erlebst.“
„Wir würden uns freuen, wenn du dabei wärst“, versicherte ihr Lydia.
„Auf meine Rechnung“, fügte Vera dazu.
Courtney grinste und versuchte, dankbar auszusehen. Tatsächlich war es keine schlechte Idee. Sie hoffte nur, dass es in diesem Kurs wenigsten noch jemanden gab, der unter neunzig war.