Kapitel 30

Es dauerte drei schreckliche Tage, bis die Unterkünfte der Gardisten ausgegraben waren. Zu dem Zeitpunkt, da die Monsterbombe auf dem Transport-Gleiter detoniert war, hatten sich 580 Soldaten in dem Gebäude aufgehalten.

437 Tote. 121 Verwundete, die meisten davon mit schwersten Verwundungen, die so drastische Amputationen erforderten, daß das Chirurgenteam der Botschaft bei der Hälfte von ihnen eine Regeneration der betreffenden Gliedmaßen bezweifelte. 23 Soldaten waren unverletzt geblieben - körperlich unverletzt.

Zunächst waren es 26 gewesen. Drei Soldaten hatte man offenbar unversehrt aus den Trümmern gegraben. Einer von ihnen war sogleich aufgestanden, hatte breit gegrinst und gefragt: »Danke, ihr Blödmänner, und wer gibt jetzt einen aus?« Daraufhin war er fünf Schritte gegangen und tot umgefallen. Die anderen beiden waren still in ihren Krankenhausbetten gestorben. Auch die 23 Überlebenden erwiesen sich natürlich allesamt als Fälle für den Psychologen.

Niemand wußte, wie viele jochianische Zivilangestellte ums Leben gekommen waren; jedenfalls wurde es nirgendwo vermeldet.

Aber es dauerte drei Tage, bis der letzte schreiende Verwundete, der irgendwo in den labyrinthischen Trümmern des ehemaligen Palasttraktes begraben lag, heiser wurde und schließlich endgültig verstummte.

Dieses Bataillon der 3. Gardedivision hatte aufgehört zu existieren. Otho fand die Bataillonsfahne in der Nähe von Jeretys Leiche und ließ sie für die Rückführung zum Heimatdepot der Division einpacken. Nach einem angemessenen Zeitraum würde das Bataillon eventuell neu formiert werden. Vielleicht würde es auch nie wieder ins Leben gerufen.

Die Verwundeten und die verletzten Gardisten, die sich außerhalb ihrer Unterkunft befunden hatten, wurden auf die Victory gebracht und evakuiert.

Sten hatte Mason die Rettungsaktion übertragen; er selbst hatte, sooft es ging, den anderen Imperialen beim Ausgraben geholfen. Dann hatte er Mason befohlen, die Victory mit den Verletzten zur Erstwelt zu bringen. Eine Kopie des Befehls an Mason hatte er zur Erstwelt übermitteln lassen, sich aber nicht mehr darum gekümmert, ob eine Zustimmung des Imperators erfolgte oder nicht. Er war eher überrascht, als ihn die Zustimmung sowie ein kodierter Zusatz mit der Bewilligung sofortigen Ersatzes erreichte.

Das nächste Kommuniqué von der Erstwelt kündete Orden an. Einige wurden den Gurkhas und den Bhor überreicht, die Sten kommandiert hatte. Andere gingen an Colonel Jerety und die hochrangigen Offiziere des Gardebataillons. Hätten diese Offiziere den Anschlag überlebt, wären sie selbstverständlich entlassen oder sogar wegen Inkompetenz erschossen worden.

Auch Sten, Kilgour und Mason wurden mit Lametta behängt. Für sie waren diese Orden nicht mehr als bedeutungsloses Metall, das schon bald vergessen in einer Schublade herumlag. Man hätte die Katastrophe nicht mit Metall und bunten Bändchen unvergessen machen, sondern sie genau studieren und Lehren daraus ziehen sollen. Aber so war nun mal der Lauf der Dinge beim Militär.

Sten hatte inzwischen schon ganz andere Probleme zu bewältigen.

Der Anschlag, der die Gardeeinheit vernichtet hatte, schien eine Art Katalysator gewesen zu sein. Jochi schien komplett durchzudrehen.

Plötzlich war das Imperium der Feind des Altai-Clusters.

Dem Imperium mußte eine Lektion erteilt werden. Das Imperium hatte sich hier gefälligst nicht einzumischen.

Sten brachte der Kampagne sogar ein gewisses Maß an Bewunderung entgegen. In einem bestimmten Rahmen war sie tatsächlich spontan - Bauern brauchten nie eine besondere Anleitung für ihr neuestes Pogrom -, doch zu großen Teilen kam ihm das alles sorgfältig Choreographien vor.

Zunächst hatte sich Sten in einer reaktiven Position befunden: Er mußte mit Dr. Iskra und dem, was Iskra lächerlicherweise feine Regierung nannte, die korrekten Protestnoten absprechen; dann die entsprechenden Anworten, wobei er versuchte, sich die Livie-Reporter vom Hals zu halten

... und ganz nebenbei mußte er die Botschaft am Laufen und seinen Stab am Leben halten.

Er hatte Jochi sofort zum Krisengebiet erklärt und sämtliche Imperialen Welten darüber informiert, daß jeder Bürger, der den Altai-Cluster besuchte, das auf sein eigenes und sehr hoch einzuschätzendes Risiko tat. Er bestand darauf, daß die Erstwelt von jedem, der in den Cluster kam, ein Visum verlangte.

Er schickte Teams bewaffneter Gurkhas und Bhor aus, um alle Imperialen Bürger aufzusuchen und sie in die Sicherheit der Botschaft zu eskortieren.

Dank eines Gottes, der mit Gewißheit nicht aus dem Altai-Cluster stammte, hatte es sich bei den meisten Besuchern um Geschäftsleute gehandelt, die ein Gespür für brenzlige Situationen besaßen und sich rechtzeitig aus dem Staub gemacht hatten. Trotzdem gab es immer Ausnahmen von der Regel: das ältere Ehepaar, das sich in den Kopf gesetzt hatte, einen Teil des Universums kennenzulernen, den es noch nie besucht hatte; das Pärchen auf Hochzeitsreise, das sich Jochi offensichtlich aus einem hoffnungslos veralteten Reisefiche ausgesucht hatte. Sten konnte die alten Leute retten. Die Frischverheirateten erreichte er nicht mehr rechtzeitig.

Dann wurde die Botschaft selbst belagert. Zuerst rotteten sich lediglich kleine Gruppen von Jochianern vor der Botschaft zusammen, die jeden, der die Botschaft betreten oder verlassen wollte, mit Steinen bewarfen. Sten beratschlagte sich mit Kilgour. Alex stimmte seiner Einschätzung zu, daß die Situation sich zusehends verschärfte.

»Dann zeigen wir ihnen mal, wie man richtig Krawall macht.«

»Alles klar, Boß.«

Kilgour machte sich sogleich an die Arbeit. Die Gegenmaßnahmen auf das, was da vor ihrer Tür geschah, hätte er mittlerweile im Schlaf erledigen können. Es war beileibe nicht das erste Mal, daß er und Sten von einem »zivilen Mob«

auf einem »friedlichen Planeten« belagert wurden; sie hatten schon vor langer Zeit eine höchst effektive Verteidigungstaktik entworfen.

Dr. Iskras Handlanger J'Dean zufolge repräsentierten diese Leute den Zorn des aufgebrachten Volkes. Worüber sie sich eigentlich aufregten, danach fragte Sten schon gar nicht mehr.

J'Dean übermittelte ihm die Nachricht, daß Dr. Iskra, der zur Zeit leider überaus beschäftigt sei, nicht zögern würde, die Angelegenheit mit einem drastischen Truppeneinsatz aus der Welt zu schaffen, falls Sten das wünschte. >Genau<, dachte Sten. >Noch ein Massaker, das man eindeutig mir in die Schuhe schieben kann; ich weiß, daß diese Unterredung mitgeschnitten wird.<

»Nein«, lehnte er höflich ab. »Das Imperium wird nicht mit Waffengewalt gegen unschuldige Jochianer vorgehen, die aus freien Stücken ihrer politischen Meinung Ausdruck verleihen, was ihnen auch zusteht.« Dann unterbrach er die Verbindung.

Nicht einmal Iskras Manipulationsspezialisten würden aus dieser Aussage einen Befehl zum Abschlachten machen können.

Dann fingen Scharfschützen an, die Botschaft mit Projektilwaffen zu beschießen; Schützen, die zumindest ein Mindestmaß an Ausbildung genossen hatten. Eine Sekretärin erhielt einen Beinschuß, eine andere Angestellte erblindete zeitweilig, als ein Schuß sie knapp verfehlte und aus der Wand dicht neben ihr Staub und Steinchen in ihr Gesicht spritzen ließ.

Das reichte. Sten befahl sämtlichen Zivilisten, sich nur in den nach innen gelegenen Räumen aufzuhalten, und auch die Soldaten sollten bei Tageslicht nur die allernötigsten Tätigkeiten verrichten.

Die nächste Stufe würde zweifelsohne ein direkter Angriff sein.

Sten schickte alles Personal, das nicht dringend benötigt wurde, in die unterirdisch gelegenen Stockwerke der Botschaft.

Sämtliche Ein-und Ausgänge der Gebäude auf dem Areal wurden mit Leuten besetzt, die eine militärische Ausbildung mitgemacht hatten oder zumindest einigermaßen mit Waffen vertraut waren.

Die ganze Zeit über waren die Bhor damit beschäftigt, Kilgours Vorgaben auszuführen. Die ziemlich monströsen Kreaturen wurden meist als barbarische Mörder angesehen was sie natürlich auch waren -, doch sie verfügten auch über ein ungeahntes Geschick als Händler und Piloten. Das bedeutete, daß jeder von ihnen Talente als Mechaniker dritten Grades besaß, Eigenschaften, die inzwischen beinahe schon vererbt wurden. Jeder von ihnen konnte beispielsweise so ziemlich alles schweißen, inklusive radioaktiven Materials eigenhändig, sicher und mit einem Minimum an Abschirmung.

Oder eine kaputte Maschine reparieren, die er noch nie zuvor gesehen hatte. Und das alles mit dem Werkzeug eines Hobbyhandwerkers und innerhalb kürzester Zeit.

Die Botschaft verfügte über zwei altmodische Modelle gepanzerter Fahrzeuge zur Aufstandsbekämpfung. Nachdem man ihnen die Kanonen abmontiert hatte, ließ Alex die alten Schüsseln mit einer Bewaffnung nach seinem Geschmack bestücken. Vier weitere Botschaftsfahrzeuge, darunter der langgestreckte Luxusgleiter für offizielle Auftritte, den Sten von seinem Vorgänger geerbt hatte, wurden

auseinandergenommen und mit einer improvisierten Panzerung und der gleichen Bewaffnung wie die Einsatzfahrzeuge versehen.

Auch vier von den Truppentransportern der Gurkhas wurden modifiziert, indem man ihnen schwere, V-förmige Baggerschaufeln vor den Bug schweißte. Diese vier Transport-Gleiter wurden in der Nähe von einem der vier Ausfalltore der Botschaft stationiert.

Sten und Alex bastelten gut getarnte Bomben und versteckten sie auf Bodenniveau an den Außenmauern des Geländes.

An diesem Abend führte Lalbahadur Thapa, den Sten zum Jemedar befördert hatte, zwei unveränderte Transport-Gleiter und einen Zug Gurkhas aus einem Steiteneingang hinaus auf eine Organisationstour in ein zentrales Warenlager. Er kehrte ohne Verluste zurück. Seinen Auftrag hatte er zwar erfüllt, doch er berichtete Sten, daß er noch nie eine so große Lagerhalle mit einem derart kleinen Angebot gesehen hätte.

»Wie kommt es nur, daß diese Jochianer so viel Zeit darauf verwenden, ihren Nachbarn die Köpfe einzuschlagen, und sich gleichzeitig so wenig um ihre Unterkünfte und ihre Verpflegung kümmern?«

Sten konnte ihm die Frage auch nicht beantworten.

Kilgour zog zwölf Angehörige der botschaftseigenen Sicherheitskräfte für einen Spezialeinsatz ab. Sie wurden mit den gestohlenen »Waffen« ausgerüstet und erhielten, Alex'

archaischem Sinn für Humor entsprechend, den Decknamen

»Kater-Kommandos«.

Bei Morgengrauen war die Botschaft gerüstet. Sten erwartete den Angriff zwischen Mittag und Sonnenuntergang; es dauert eine gewisse Zeit, bis man einen aufgehetzten Mob organisiert, getrimmt, geschmiert und motiviert hat.

Die Gurkhas und die Bhor standen zum Gegenangriff bereit, falls die Meute durch die Tore brechen oder die Mauern übersteigen würde, oder falls aus sonstigen Gründen ein Eingreifen notwendig werden sollte.

Blieben noch zwei Aufgaben übrig.

Alex kümmerte sich um die erste. Er überprüfte die Sicherheitsvorkehrungen ein letztes Mal, wobei er sich auf die Gebäude konzentrierte, von denen aus man von außen Einblick in das Botschaftsgelände hatte und die sich als Kommandozentralen eigneten. Dafür kamen vor allem zwei Gebäude in Frage; eines davon war ein neuer Bürobau, das andere einer der so gut wie leerstehenden vertikalen Slums.

Jedes war mit einer neuen Funk-Antenne auf dem Dach ausgerüstet.

Sie wurden überwacht.

Cind hatte ihre besten Schützen im Hof der Botschaft postiert und sie Zielscheiben anvisieren lassen. Natürlich war die Entfernung kaum der Rede wert; das Ganze diente eher dazu, den Scharfschützen zu bestätigen, daß die Zielerfassungsgeräte ihrer Waffen weder eingerostet waren noch sich verbogen hatten, seit sie ihren letzten Schuß abgefeuert hatten.

Cind war froh darüber, daß die Munition aus AM£ und nicht aus normalen Projektilen bestand, denn so mußte sie sich nicht mit irgendwelchen Nullpunktberechnungen - womöglich auf den Zentimeter genau! - oder anderem steinzeitlichem Unsinn abgeben. AM2-Geschosse suchten sich ihr Ziel ohne Ablenkung auf einer schnurgeraden Flugbahn.

Die Bewaffnung ihres Teams bestand aus Imperialen Scharfschützengewehren, modifizierten Willyguns, die AM2

Standardmunition verschossen. Im Unterschied zu den üblichen Infanteriegewehren diente als »Treibmittel«

keinesfalls ein Laser, sondern ein zusätzlich am Lauf angebrachter modifizierter Linearbeschleuniger. Eine konventionell aussehende Zielvorrichtung berechnete automatisch die Flugbahn zum Ziel. Bewegte sich das Ziel außerhalb des Sichtbereichs, etwa hinter eine Mauer, stellte man das Zielfernrohr so ein, daß sich das Fadenkreuz dorthin verschob, wo der Scharfschütze das momentan unsichtbare Ziel auf der anderen Seite der Mauer vermutete. Jetzt mußte man nur noch den Abzug betätigen, und das Gewehr schoß buchstäblich um die Ecke.

Cind besaß ihre eigene Sonderanfertigung, ein Scharfschützengewehr, das mit allem bekannten Komfort ausgerüstet war, vom Schaft mit Daumenloch über den justierten Abzug bis zum schwereren Lauf. Einer der Gurkhas, Naik Ganjabahadur Rai, diente ihr als Artilleriebeobachter.

Sten hoffte, daß das krachende Gewehrfeuer hinter der Botschaftsmauer einigen der möglichen Krawallmacher den Schneid abkaufen würde, doch er bezweifelte es.

Sie warteten ab.

Der Tag verging mit Gebrüll, Steinen, Flaschen und wüsten Gesängen, die über die Mauer des Botschaftsgeländes herübergeschleudert wurden. Erst am Nachmittag hatte Sten den Eindruck, daß die Meute aufgebracht und reif genug war, daß man sich ernsthaft um sie kümmern mußte. Vielleicht hatte es aufgrund der windigen und unbeständigen

Wetterverhältnisse so lange gedauert; schließlich herrschte nicht gerade das perfekte Wetter, um eine Botschaft zu zerstören.

Er ließ Cinds Scharfschützen das Dach der Botschaft besetzen. Ein Stockwerk tiefer lauerte Alex mit zwei Raketenabwehrteams der Bhor in einem Büro, dessen Fenster man herausgenommen hatte.

Stens gesamte Truppe verständigte sich auf einer einzigen Kommandofrequenz, was normalerweise sofort zu einem heillosen Funkgebrabbel geführt hätte. Da er es jedoch mit überaus erfahrenen Gurkha-und Bhor-Einheiten zu tun hatte, dachte Sten, daß sich das Gequatsche innerhalb vernünftiger Grenzen halten ließ.

Die Funkgeräte waren außerdem auf eine zusätzliche Frequenz eingestellt, die im Notfall alle anderen Gespräche übertönte.

»An alle Abschnitte, alle Einheiten«, fing er an. »Diese Frequenz bleibt auf Standby. Abschnittsführer, bitte beide Frequenzen sofort überprüfen und Bericht geben. Sten, Ende.«

Er funkte unverschlüsselt, da sie keine Zeit für Codes hatten, und auch keine eigentliche Veranlassung dazu. Wenn diejenigen, die diese »spontane Demonstration« leiteten, mithören und auf das Geschehen in der Botschaft reagieren wollten, konnten sie das gerne tun. Sten hatte nichts dagegen.

Alle Einheiten meldeten alles klar, mit der Ausnahme, daß ein Abschnittsführer zwei Funkgeräte austauschen mußte.

>Dereinst wird das Jahrhundert kommen<, dachte Sten, >in dem man endlich ein Infanteriefunkgerät erfindet, das auch noch fünf Meter jenseits der Bandstraße des Herstellers zuverlässig arbeitet. Dieses Jahrhundert ist es jedoch definitiv nicht.<

Sten setzte ein Hochleistungsfernglas auf einem Stativ in Position und beschloß, daß es an der Zeit war, die Situation draußen auf der Straße zu überprüfen.

Geschrei. Spruchbänder. Hupkonzert. Brüllende Anheizer.

Barrikaden, die die Seitenstraßen blockierten. Das dumpfe Patschen einiger Kleinkalibergewehre, auf welches Ziel auch immer abgefeuert. Die Botschaft war von einem Meer des Wahnsinns umgeben. Die Meute wogte hin und her und brüllte aus Leibeskräften.

>Ein Brüllen wie am Ort des Rauchs<, dachte er und schaltete dann einen Teil seiner Gedanken einfach ab.

>Eine gewaltige Menge<, dachte er. >Mindestens ...

Augenblick mal.< Er schätzte sie auf über einhunderttausend Personen.

»Woher weißt du, daß es so viele sind ?« fragte ihn Cind erstaunt. Sie lag zwei Meter von ihm entfernt ausgestreckt auf dem Boden.

»Ganz einfach«, erwiderte er. »Ich zähle die Beine und teile durch zwei. Paß auf, Cind. Zielvorgaben: Alpha. Dreizehn dreißig. Fünfhundert Meter. Bravo. Fünfzehnhundert. Vier

Korrektur, dreihundertfünfundsiebzig. Charlie.

Sechzehnhundert, vierhundert. Noch einer - Delta. Null neunhundert, sechshundert Meter. Sieht so aus, als könnte das der große Zampano sein. Monitor, bitte. Sten, Ende.«

Er benutzte ein Ortungsgerät, auf dem der Hauptboulevard, der von der Botschaft bis zum Palast verlief, genau auf zwölf Uhr lag; die Entfernungen waren in Metern angegeben.

Die Beobachter reagierten prompt. Sämtliche Ziele, die er vorgeschlagen hatte, befanden sich hinter der brodelnden Menge. Er hatte nach Personen Ausschau gehalten, die von erhöhten Standorten aus Reden schwangen, organisierten, anheizten.

Das Gebrüll der Menge schwoll an. >Wenn diese Redenschwinger lediglich aufgebrachte Bürger sind, die sich über die Ungerechtigkeit erregen<, dachte Sten, >dann müßten sie sich in den nächsten Augenblicken selbst in die vorderste Front des Mobs brüllen.<

Sie rührten sich jedoch nicht von der Stelle.

>Also doch professionelle Unruhestifter, solche von der Sorte, die sich spätestens dann, wenn der Maskenball richtig losgeht, lieber nicht in den Kugelhagel stellen. Oder es sind ganz einfach Feiglinge. In diesem Fall tut mir das, was gleich passieren wird, beinahe leid.<

»Alex.«

»Hier, mein Junge.«

»Wenn du jetzt ein Päuschen einlegst, schnappen wir uns die Windbeutel.«

»Alles klar, Skipper. Hast du vielleicht Verwendung für ein paar zusätzliche Informationen?«

»Nein ... doch.«

»Ich habe mein kleines Ticke-Tacke dabei. Das mit dem Piepser für den protzigen Schießprügel, der irgendwo dort draußen rumschwirrt.«

Sten mußte kurz überlegen. Ach so, Alex redete von dem Detektor, der mit der Wanze in der Zierpistole in Verbindung stand, die sie in dem geheimen Waffenlager präpariert hatten.

»Sprich weiter.«

»Wie du schon vermutet hast: Dieser Oberzampano hat sie.«

>Elender Drecksack<, dachte Sten. Dann wurde dieser

»Mob« also tatsächlich gesteuert und manipuliert. Und wer auch immer diese Operation leitete, hatte die Finger auch ein wenig im privaten Terrorgeschäft stecken. Und er hatte keine Skrupel, auch wenn es unterm Strich so gut wie nichts einbrachte, einen Kamikazebomber loszuschicken, der vierhundert Imperiale Gardisten tötete.

»Du hast freie Hand, Alex. Verliere diesen Ticker bloß nicht aus dem Auge.«

»Dachte ich mir schon, Boß. Und ich erwarte, daß ich bei dir für meine aufopferungsvolle Tätigkeit hier was gut habe.

Ich bin jetzt aus dem Netz und beobachte weiter vom zentralen Nachrichtenraum aus. Alex, Ende.«

»Cind?« Sten hielt die Hand über das Mikro des Funkgeräts.

»Ich habe mitgehört.« Sie richtete jetzt ihr Wort über ihr offenes Mikro an die Scharfschützentruppe.

»Hier Scharfschütze Six Actual. Delta ist ein negatives Ziel.

Ich wiederhole: Delta ist ein negatives Ziel. Ende.«

Dieses Ziel - die Person, die Sten auf der anderen Seite der Menge entdeckt und als befehlshabenden Offizier des Pöbels ausgemacht hatte - trug die präparierte Pistole bei sich. So gerne er Delta sofort ausgelöscht hätte - dieses Ziel mußte bis später warten.

»Achtung! Sie kommen!«

»Unbekannte Einheit! Identifizieren Sie sich!«

»Entschuldigung. Haupteingang.«

Sten schwenkte sein Fernglas. Tatsächlich, da kam eine Horde Leute auf das Haupttor zu.

Eigentlich eher eine stolpernde Horde. Sten gab einen Befehl.

Reizgas zischte aus versteckten Düsen, die auf den Mauern der Botschaft eingelassen waren. Die Mischung war zehn zu eins verdünnt und obendrein mit einem Farbstoff versetzt worden; jeder, der mit dem Gas in Berührung kam, wurde gelb eingefärbt. Das hatte den Sinn, daß Sten im Zweifelsfall später jeden Krawallmacher identifizieren konnte, da die Farbe mindestens sieben Badeorgien überstand, bevor sie sich abschrubben ließ.

Das Gas war lediglich zur Abschreckung gedacht, andererseits sollte es als Hinweis darauf dienen, daß auch drastischere Mittel eingesetzt werden konnten.

Die erste Welle wankte mit tränenden Augen zurück. Dann stürmten die jetzt braungelben Unruhestifter erneut nach vorne.

Diesmal hielten sie Messer, selbstgebastelte Speere und Brandsätze in den Händen.

Sten drückte einige Tasten auf den Detonationskontrollen vor sich, woraufhin die von ihm und Alex vergrabenen Sprengladungen hochgingen. Es handelte sich dabei weniger um Bomben als um mit zusätzlichem Druck versehene Sprühdosen. Sie waren als Mülleimer, Laternenfüße und andere Einrichtungen getarnt gewesen, Dinge, die zu einer ganz normalen Straße gehörten. Jede Bombe enthielt mindestens zwanzig Liter Schmiermittel.

Damit wurde es entschieden schwierig, sich auf den glitschigen Straßen rings um die Imperiale Botschaft zu bewegen.

Im Anschluß daran schlugen die Kater-Kommandos aus den unvermutet auf-und sofort wieder zuklappenden Ausfalltoren zu.

Sie bestanden aus Zweimannteams. Einer trug eine Willygun und hatte Befehl, sie nur dann zu benutzen, falls das Team in einen Hinterhalt geriet; der andere trug einen großen Packen, der mit dem Diebesgut aus dem Warenhaus gefüllt war. Kugellager. Viele, viele Kugellager, die mit vollen Händen unter das Volk geschleudert wurden, wie Bonbons bei einem Festumzug.

Eine Kugellagermausefalle.

Kater-Kommandos.

Es wurde für die aufrechten Rebellen immer schwieriger, ihre aufrechte Position beizubehalten.

Der Pöbel zögerte. Die vorderen Reihen wurden plötzlich unsicher und wußten nicht mehr so recht, was da eigentlich vor sich ging, die hinteren Reihen wollten es genauer wissen und drängten nach vorne, wo jeden Augenblick die ersehnte Plünderung losgehen mußte.

Wieder öffneten sich die Ausfalltore der Botschaft, und die beiden Fahrzeuge zur Aufruhrbekämpfung schwebten gemeinsam mit den vier anderen, die Sten hatte umbauen lassen, heraus und eröffneten sofort das Feuer.

Mit Wasser.

Mittlerer Druck. Nicht einmal so stark wie der Strahl eines Feuerwehrschlauchs.

Die ersten Reihen der aufgebrachten Volksmenge kamen schnell zu dem Schluß, daß es besser sei, nach Hause zu gehen.

Es war bitterkalt draußen.

Das wollte Sten ihnen auch geraten haben, denn jetzt röhrte seine zweite Welle schwerer Transport-Gleiter aus der Botschaft heraus. Schreie ertönten, Leute hechteten zur Seite, als die Bulldozerschaufeln auf sie zukamen; erst dann fiel ihnen auf, daß die Gleiter absichtlich in drei Metern Höhe angriffen.

Die Transport-Gleiter waren nicht als Waffen gedacht. Sie schoben sich mit gleichbleibender Geschwindigkeit auf die Barrikaden in den Einmündungen der Seitenstraßen zu. Sie rammten einmal dagegen, prallten zurück, krachten erneut in den aufgehäuften Sperrmüll, woraufhin Schutt und Zivilfahrzeuge zur Seite flogen. Die Straßen waren wieder frei.

Die Gleiter wendeten und kehrten mit erhöhter Geschwindigkeit wieder auf das Gelände der Botschaft zurück.

Keine Verluste. Sten seufzte erleichtert; das war der gefährlichste Teil seines Plans gewesen, derjenige, bei dem am ehesten mit Verlusten auf seilen der Imperialen zu rechnen gewesen war.

Der Pöbel schwankte unentschlossen.

Der Angriff der Transport-Gleiter war Stens humanitärer Beitrag, denn dadurch schuf er »seinem« Pöbel eine Hintertür für den nächsten Schritt des Plans. Er wollte wirklich, daß sie alle nach Hause gingen.

»Jetzt!»

Und ab jetzt starben tatsächlich Leute.

Bhorfinger betätigten Auslöser, zwei Sprengköpfe sausten aus Abschußrampen. Es handelte sich zwar um nichtgelenkte Geschosse, doch selbst blindlings abgefeuerte Granaten hätten ihr Ziel nicht verfehlen können. Beide detonierten am gewünschten Punkt. Eine auf dem Dach des Slumhochhauses, die andere im Penthouse des Bürogebäudes.

Allen Teilnehmern, die kein Interesse daran hatten, sich tatsächlich in folgenschwere Gewalttaten verwickeln zu lassen, von unkalkulierbaren Risiken ganz zu schweigen, blieben nur wenige Sekunden zum Nachdenken, nachdem die Sprengköpfe in zwei feurigen Leuchtspuren über ihre Köpfe hinweggezischt und detoniert waren.

Schockwellen breiteten sich aus ... und die Finger der Scharfschützen krümmten sich.

Alpha ... Bravo ... Charlie ...

Auch die Einpeitscher auf der Straße waren tot, bevor sie Zeit genug hatten, aufzublicken und die tödlichen Rauchwolken aus den Höhlen ihrer Vorgesetzten blühen zu sehen.

Der Pöbel war vor Schreck wie erstarrt.

In diesem Augenblick flogen die Tore der Botschaft weit auf.

Das Jammern, Schreien und Kreischen verstummte auf einen Schlag.

Es herrschte absolute Stille.

Und dann war das gleichmäßige Knirschen von Stiefeln auf Kies zu hören.

Flankiert von zwanzig Gurkhas kam Sten aus dem Botschaftstor herausmarschiert. Alle hielten ihre Kukris, die Messer mit der gebogenen Klinge von einem halben Meter Länge, einsatzbereit in einem Winkel von fünfundvierzig Grad vor ihrer Brust.

Nach zehn Schritten blieben sie stehen, ohne daß ein Befehl erteilt worden wäre.

Ihnen folgten zehn Bhor mit gezückten Willyguns, die sich sofort in V-Formation zum Flankenschutz formierten und ebenfalls abrupt zum Stehen kamen.

In der Menge erhob sich ein Murmeln. Das waren die Killer.

Die kleinen braunen Männer, die keine Gefangenen machten; Männer, die, wie in wüsten Erzählungen behauptet wurde, ihre eigenen Kinder töteten und verspeisten, wenn sie nicht mörderisch genug waren. Alle Verleumdungen, die die erfahrenen Propagandisten den nepalesischen Kriegern angehängt hatten, Greuelmärchen, um die sich die Gurkhas nie gekümmert hatten, fielen jetzt auf sie zurück. Diese Männer waren sogar noch schrecklicher als in den Erzählungen. Das waren keine Menschen, das waren blutrünstige Ungeheuer, die mit ihren langen Messern kurzen Prozeß machten und nichts als Blut und Schweigen zurückließen.

Wieder ohne jeglichen Befehl machten Sten und die Gurkhas einen genau bemessenen Schritt vorwärts und blieben erneut stehen.

Noch ein Schritt.

Noch einer.

Noch fünf Schritte, dann waren sie auf Tuchfühlung mit dem Pöbel.

Die Menge brach auseinander. Die gleiche Meute, die noch vor wenigen angespannten Augenblicken drauf und dran gewesen war, die Botschaft zu verwüsten und jedes lebendige Wesen darin in Stücke zu reißen, verwandelte sich in einen wirren Haufen ängstlicher Seelen, deren vornehmstes Interesse darin bestand, ihre zarten Hinterteile möglichst schnell aus der Schußlinie zu bekommen.

Heulend und kreischend wieselten sie davon, weg von den Messern, weg von dem schrecklichen Geschehen dort vorne.

Sten und die Gurkhas zuckten nicht einmal mit der Wimper.

Sten nickte kaum merklich, und die Gurkhas machten in einer genau choreographierten Bewegung kehrt; mit dem gleichen gleichmäßigen Schritt marschierten sie hinter die Mauer des Botschaftsgeländes zurück. Die Bhor warteten, bis die Gurkhas hinter der Mauer waren, rissen die Gewehre vor die Brust und folgten den Gurkhas im Laufschritt.

Dann schlössen sich die Tore mit metallischem Scheppern.

Sten ging auf eine Mauer zu, vergewisserte sich, daß ihn niemand sehen konnte, und ließ sich daran herunterrutschen.

>Ein bißchen zu knapp<, dachte er.

Jemedar Lalbahadur Thapa kam auf ihn zu, stand stramm und salutierte.

Sten erwiderte den Gruß. »Sehr gut gemacht.«

»Nicht sehr gut«, sagte der Gurkha. »Schafe und Kinder erschrecken kann jeder. Die Toten der Imperialen Garde sind nach wie vor ungerächt.«

Jetzt setzte auch Sten einen grimmigen Gesichtsausdruck auf. »Heute abend«, versprach er. »Entweder heute oder morgen abend. Dann werden wir keine Kinderspielchen mehr spielen; und wir werden es nicht mit Kindern zu tun haben.«

Es dauerte allerdings noch drei Nächte, bis der wandernde Punkt, der die verräterische Pistole markierte, zur Ruhe kam.

Stens Einsatzplan erfolgte nur mündlich, ohne jegliche Aufzeichnung, und er fiel sehr knapp aus.

Zwanzig Gurkhas. Freiwillige. Bereithalten zu einer Sonderaufgabe um 23 Uhr. Nur Pistolen. Kasernenkleidung.

Beim letzten Punkt hatte Alex die Stirn gerunzelt. »Warum keine phototropischen Tarnanzüge?«

»Ich möchte nicht, daß sich später jemand über diese Sache den Kopf zerbricht«, sagte Sten kurz angebunden. »Es handelt sich hier um ein autorisiertes Gemetzel, nicht um einen privaten Rachefeldzug.«

Selbstverständlich meldete sich die komplette Gurkhaabteilung freiwillig.

Acht Bhor, alles Meisterpiloten. Vier Mannschaftsgleiter.

Standardbewaffnung.

Wieder teilte ihm Cind mit, daß ihr ganzes Team mitgehen wollte. Angefangen bei ihr, fügte sie hinzu.

Sten hatte noch nichts Genaueres über den Spezialeinsatz verlauten lassen. Offensichtlich war das nicht nötig.

Die Soldaten versammelten sich um 22 Uhr. Der Himmel draußen war teilweise bedeckt; schwarze Wolken trieben vor den Scheiben der vier derzeit sichtbaren Monde vorüber.

Die Gurkhas versammelten sich nicht wie gewöhnlich vor dem Kampf noch einmal in der Kaserne. Sie wußten, was ihnen bevorstand. So wie in gewisser Weise alle anderen in der Botschaft. Die Kantinen und Flure waren wie ausgestorben.

Sten und Alex schwärzten sich die Gesichter, legten Tarnoveralls an und überprüften ihre Waffen. Sten nahm sein Kukri, sein eigenes Messer und eine Pistole mit, Alex ein kurzläufiges Gewehr und eine Stahlstange von einem Meter Länge, die er mit nichtrutschendem Klebeband umwickelt hatte.

Alex ging noch einmal in den Nachrichtenraum, um einen letzten Blick auf ihr Ziel zu werfen. Sie hatten nicht nur das Signal aus der Pistole, sondern zusätzlich vier Frick-&-Frack-Teams über dem Gelände eingesetzt; acht weitere standen zur Überwachung der weiteren Umgebung bereit.

Die Gurkhas und ihre acht Bhorpiloten wurden in einer Garage der Botschaft zusammengezogen. Cind befehligte die Formation.

Sten salutierte zurück und befahl den Soldaten, sich zu einer raschen Inspektion zu rühren. Die Gurkhas standen mit gezogenen Kukris stramm. Die Kinnriemen ihrer Schlapphüte klemmten fest unter den Unterlippen, und die Augen waren auf die Unendlichkeit fixiert.

Sten ging die Reihen ab. Eher aus Formalitätsgründen überprüfte er eine oder zwei Klingen. Sie waren natürlich per Hand auf die Schärfe von Rasierklingen geschliffen worden.

Er übergab die Formation wieder an Cind, die daraufhin befahl, die Waffen wieder in den Scheiden verschwinden zu lassen und die Reihen zu schließen. Alex kam mit grimmigem Gesichtsausdruck aus einem Treppenschacht.

»Wir haben es mit einem kleinen Treffen unter Freunden zu tun«, sagte er. »Leben, o leben, schrie sie. Die Sensoren zeigen fünfzehn Geier auf einem Fleck an. Sie halten eine Konferenz ab, vielleicht feiern sie sogar 'ne Party, jedenfalls sieht es aus, als hätte sich die ganze verdammte Zelle an einem Ort versammelt.«

Stens anerkennendes Lächeln war ebenso humorlos.

Dann teilte er seine Befehle aus:

Viermann-Teams. Nach der Landung sofort Richtung Zielgebiet vordringen. Befehl zum Angriff abwarten.

Schußwaffen nur im äußersten Notfall einsetzen.

Und:

Keine Verwundeten. Keine Gefangenen.

Sie trabten auf den Hof hinaus, wo die Mannschaftsgleiter schon warteten. Die Bhor schoben sich hinter die Armaturen, die Gurkhas bestiegen die ersten beiden Fahrzeuge - die anderen wurden nur zum Aufräumen mitgenommen -, die Gleiter hoben ab und flogen sehr niedrig und mit hoher Geschwindigkeit über die Stadt in Richtung ihres Angriffsziels.

Das Ziel lag weniger als zwanzig Flugminuten entfernt.

Keiner sagte ein Wort. Sten beugte sich über den rechten Pilotensessel und beobachtete die Landkarte auf dem großen Projektor und den blinkenden Punkt, der die Pistole und das Operationsziel markierte.

Er war vor zwei Tagen in einer großen, von ausgedehnten Ländereien umgebenen Villa am Ufer eines Flusses ein wenig außerhalb flußaufwärts von Rurik zur Ruhe gekommen. Ein Hauptquartier? Eine konspirative Wohnung?

Sten war das ziemlich egal. Darum würde er sich mit Alex schon kümmern - hinterher.

Die Gleiter gingen einige hundert Meter von dem ausgedehnten Gebäudekomplex entfernt nieder.

Vor dem Anwesen stand ein schläfriger Posten Wache; ein zweiter am Hintereingang. Sie wurden zum Schweigen gebracht.

Alex überprüfte den Haupteingang nach

Alarmvorrichtungen. Es gab keine.

Sten zog seinen Kukri. In einer wellenförmigen Bewegung blitzten einundzwanzig andere Klingen im Mondlicht.

Dann verblaßte der leichenhafte Schimmer, als sich dicke Wolken vor die Monde schoben.

Sie machten sich auf den Weg.

Es dauerte fünf Minuten und ging ohne jeden Laut über die Bühne. Als es vorüber war, lagen die Leichen von fünfzehn getöteten Terroristen und der beiden Wachen auf dem wild wuchernden Rasen aufgereiht. Cind suchte nach Hinweisen zur Identifizierung der Toten und nach anderen wissenswerten Informationen. Es gab kaum etwas.

Sten und Alex holten tragbare Scheinwerfer aus einem der Gleiter und inspizierten die Villa auf die schnelle und gründliche Art, wie sie es bei der Grundausbildung beim Geheimdienst gelernt hatten. Keiner von ihnen sagte etwas.

Erst danach brach Alex das Schweigen. »Ich habe Anzeichen dafür, daß Fans von Iskra den Pöbel gestellt haben.

Sieh dir nur die Unmengen von Propagandamaterial an. >Jochi den Jochianern< und all so was, immer der gleiche Mist. Ich hätte allerdings nicht gedacht, daß sie diesen Mist so ernst nehmen.«

»Ich auch nicht.«

»Verdammt! Warum zum Henker hat er sich heute abend nicht aus dem Palast geschlichen, um hier mit seinen gedungenen Halsabschneidern zusammenzutreffen? Das wäre ein Wiedersehen gewesen!«

»So was gibt es nur in den Livies.«

»Weiß ich auch, aber man darf doch wohl noch ein bißchen träumen. Komm schon, Sten, für uns gibt's hier nix mehr zu tun. Soll ich die Bude abfackeln?«

»Ja.«

Die Leichen waren bereits in die beiden zusätzlichen Gleiter geladen worden. Sten wartete, bis er die Flammen im Innern der Villa züngeln sah, und gab dann den Befehl zum Rückzug.

Die siebzehn Leichen würden weit draußen über dem Meer über Bord geworfen werden.

Von außen gesteuerter Terrorismus war ein zweischneidiges Schwert. Nachdem diese Zelle in Nacht und Nebel verschwunden war, dürften Dr. Iskras Leute bestimmt einige Schwierigkeiten haben, neue Kampfzellen zu rekrutieren.

Dann fuhren die blutrünstigen Ungeheuer wieder davon. Sie hatten mit ihren langen Messern kurzen Prozeß gemacht und nichts als Blut und Schweigen hinterlassen.