Kapitel 10

Die Livie-Übertragungen waren voll mit Berichten über Stens dramatischen Auftritt mit der Victory Des Imperators Experten für Öffentlichkeitsarbeit überschwemmten die Medien mit dramatischen Bildern seines Triumphzugs über die vor Ehrfurcht erstarrten Massen von Jochi und des Heldenempfangs, der Sten bei seiner Landung vor der Botschaft bereitet worden war.

Immer wieder wurde der beruhigende Einfluß der Flagge des Imperators auf die armen hysterischen Wesen des Altai-Clusters hervorgehoben. Der Tod des Khaqans wurde beinahe als Nebensache mitgeliefert, verbrämt mit den angemessenen Trauerworten des Imperators, der den Abschied von einem

»lieben Freund und Vertrauten« bedauerte.

Es gab die üblichen Verlautbarungen der Sprecher des Imperialen Hofes, daß die Ordnung wiederhergestellt sei und die Beauftragten des Imperators »eng mit den örtlichen Führungskräften zusammenarbeiteten, um die geordnete Übergabe der Regierungsgeschäfte zu gewährleisten«.

Sten stöhnte leise und schaltete den Nachrichtensprecher inmitten seines zähnebleckenden Grinsens ab. Er hatte diese übliche Schadensbegrenzungskampagne des Imperators er wartet, die zweifellos höchst effektiv war. Leider gaben die Teams des Imperators den Vorfällen einen derartig optimistischen Anstrich, daß Sten fürchtete, irgendwann einmal würde der kleinste Schluckauf als totale Katastrophe empfunden werden.

Eine Situation, die er mit allen Mitteln zu verhindern suchte.

Sten widmete sich wieder seiner Aufgabe und ignorierte das geschäftige Schwirren der Techs, die nach Alex' Anweisungen in der Nachrichtenzentrale der Botschaft arbeiteten. Er nahm bereits den zehnten Anlauf für seine diplomatische Mitteilung.

Das Problem bestand darin, wie er General Douw, Menynder, Youtang, Diatry und den anderen Anführern von Jochi erklären sollte, daß sie aus dem Rennen waren. Daß der neue Khaqan bereits gewählt war, und zwar ohne sie zu konsultieren.

Dr. Iskra war bereits unterwegs. Und Sten mußte es der Gruppe sehr bald mitteilen, sonst manövrierte er sich in eine noch peinlichere Situation.

Er sah es förmlich vor sich: »Guten Tag, verehrte Wesen«, würde Sten sagen. »Ich möchte Ihnen Ihren neuen Despoten vorstellen. Von höchster Stelle empfohlen. Wahrscheinlich kennen Sie diesen Gentleman bereits. Tut mir leid, daß ich die Sache nicht schon früher erwähnt habe. Aber der Imperator traut keinem von Ihnen über den Weg, es ist ihm eigentlich auch scheißegal, ob Sie leben oder sterben - solange Sie es tun, ohne dabei viel Staub aufzuwirbeln. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen ... Ich muß nur rasch die Barrikaden reparieren, und Sie, meine verehrten Wesen, werden die Sache unter sich auskämpfen.« Dann würde er sich so rasch wie ein Wirbelsturm von Jochi entfernen.

Herrje, es war so gut wie unmöglich, diese Angelegenheit in ein positives Licht zu rücken. Trotzdem konnte er sich nicht davor drücken. Die Mitteilung mußte verfaßt werden, das schon, aber die eigentliche Tat mußte er persönlich vollbringen.

Stens Gedanken wirbelten. Er blickte auf, um zu sehen, wie Alex mit seinem kleinen Spionageauftrag vorankam. Nicht zum ersten Mal wunderte sich Sten darüber, wie viele ihrer eigentlich hinterhältigen und häßlichen Fertigkeiten sie auch für ihre friedliche Arbeit einsetzen konnten.

Sein Blick wanderte über die langen Reihen von Bildschirmen, die eine ganze Wand des Nachrichtenraums bedeckten. »Komm schon, du elender Frick & Frack«, scherzte Alex, der an den Reglern herumfummelte. »Sei eine gute Fledermaus.«

Kilgour hatte sich einen vorläufigen Überblick über die Botschaft verschafft, um herauszufinden, welche Bonbons der vorhergehende Botschafter ihnen zurückgelassen hatte. Der erste Rundgang war überaus erfolgreich verlaufen. In den Vorratsräumen im Kellergeschoß hatte er einige hundert winzige automatische Beobachter entdeckt. Sie waren mit Flügeln versehen und ähnelten tatsächlich Fledermäusen. Alex nannte sie Frick & Frack Eins bis Tausend oder so, zu Ehren der echten fledermausähnlichen Wesen, die bei Mantisoperationen als Kundschafter eingesetzt wurden. Er hatte die Energiesysteme der Beobachter aufgeladen, sich mit seinem Team aus Techs und Experten für die Jochi-Kultur beratschlagt, diverse Patrouillensektoren einprogrammiert und die Fledermäuse zum Spionieren losgeschickt.

Inzwischen übertrugen sie jede Menge Bilder aus ganz Rurik auf die Bildschirme. Und diese Bilder erzählten von einer anderen Wirklichkeit als die Livie-Sendungen des Imperators.

Zugegeben, die Ruhe war wiederhergestellt. Aber nur im Vergleich mit dem Durcheinander, das bei Stens Ankunft hier geherrscht hatte. Der Bildschirm in der oberen linken Ecke zeigte eine Szene vor einem Militärkomplex. Friedlich ... von außen betrachtet.

Doch als Alex seinen kleinen Schnüffler näher heran dirigierte, erkannte Sten mehrere gepanzerte Kettenfahrzeuge.

Sie bewegten sich nicht, waren jedoch jederzeit einsatzbereit.

An anderen Panzern arbeiteten Instandsetzungsmannschaften in fieberhafter Eile. Er erblickte einige A-Grav-Stapler, die Munition und Nachschub herbeischafften.

Der Bildschirm darunter zeigte eine Einheit von Jochi-Rebellen, die einem intensiven Ausbildungsdrill unterzogen wurden. Auf einem anderen war ein Lager der Tork zu sehen, in dem gleichermaßen Waffen und wütende Reden aufblitzten.

Auch auf den anderen Monitoren spielten sich vergleichbare Szenen ab: Überall wurden die Barrikaden der Suzdal und der Bogazi wieder aufgebaut und verstärkt; Milizen patrouillierten durch die Straßen der Wohnviertel; in einem Fall ignorierten sie bewußt eine Gruppe Halbwüchsiger, die Glasflaschen mit geklautem, leicht entflammbarem Treibstoff füllten.

Die Gegend rund um das Stadtzentrum von Rurik war wie leergefegt. Die Läden waren verrammelt, vor einigen standen sogar eigens dafür angeheuerte Schlägertypen Wache. Sten sah mehrere Jugendbanden auf der Suche nach Zoff und Plündereien durch die Straßen ziehen. Eine von Alex'

Fledermäusen schoß an einer gesprengten Ladenfront vorbei, aus der mehrere Gestalten armweise Waren herausschleppten.

In diesem Fall handelte es sich bei den Plünderern um Soldaten, auch der eine oder andere Polizist befand sich darunter.

»Kuck mal, Freund Sten«, sagte Kilgour. »Hier ist das Mädel, von dem ich dir erzählt habe.« Er schaltete das Bild auf einen der größeren Zentralschirme um. Sten sah ein Joygirl, das gerade aus einer Seitenstraße herausschlenderte. Der eingeblendete Stadtplan zeigte, daß sie sich in der Nähe eines Militärgeländes der Jochianer befand. Ein anerkennendes Pfeifen aus einem der Lautsprecher sagte ihm, wie nah sie bereits war.

Der Blickwinkel änderte sich, und Sten erkannte einige Soldaten, die auf die spärlich bekleidete Frau reagierten. Das Joygirl blieb stehen und posierte vor ihnen mit in die Hüfte gestemmter Hand, wobei sie ihren Busen und andere runde Körperteile herausstreckte. Ein Soldat rief ihr etwas zu. Das Joygirl hob schnippisch den Kopf, drehte sich auf hohen Absätzen um und stöckelte in die Gasse zurück.

Die Soldaten sahen sich an und lachten. Zwei lösten sich aus der Gruppe und folgten dem Mädchen.

»Jetzt sieh dir genau an, wie dieses Mädel arbeitet«, sagte Alex, die Hand an einem winzigen Joystick, mit dem er die Fledermaus über der schmalen Straße kreisen ließ. Die Soldaten hatten das Mädchen eingeholt. Man verhandelte.

Schließlich hatte man sich über den Preis verständigt, und das Joygirl lehnte sich an die Hauswand. Der erste Soldat näherte sich ihr, wobei er an seinen Kleidern zerrte und seinem Kumpel eine scherzhafte Bemerkung über die Schulter zuwarf.

Als er das Joygirl hochhob, war da plötzlich eine Bewegung, so rasch, daß Sten sie beinahe übersehen hätte.

Das Joygirl hatte ein paar stämmige Freunde. Sie knüppelten die Soldaten zu Boden. Bis das Mädchen ihr knappes Kleid glattgestrichen hatte, waren die beiden bewußtlosen Soldaten bereits Waffen, Uniformen und Kennkarten los.

Sten sah, wie das Joygirl und ihre Gruppe davoneilten, um die nächste Falle aufzubauen. »Wie viele sind das jetzt schon?«

»An die zwanzig. Aber erst, seit ich mitzähle. Sie ist sehr schnell. Sie hat noch ein paar andere Jungs, die das Zeug sofort zu den Rebellen schaffen.«

»Straßenräuber für ein Freies Jochi, hm?« sagte Sten. »Das wäre fast lustig, wenn ich nicht befürchten müßte, daß der Deckel jeden Augenblick hochgeht.

Das schlimmste daran ist, daß wir nicht viel daran ändern können. Außer uns ruhig verhalten, auf eine glückliche Wendung hoffen und die Bewohner zur Geduld ermahnen. Und auf Dr. Iskras Ankunft warten.«

»Als wir uns kennenlernten, Freund Sten«, sagte Kilgour,

»warst du noch kein so verlogener Schönredner. Ich freue mich, daß du so rasch Fortschritte machst.«

»Vielen Dank ... oder auch nicht«, erwiderte Sten. »Das Problem liegt aber darin, daß ich jetzt wirklich kreativ werden muß.« Er tippte auf die diplomatische Mitteilung, die ihm soviel Kopfzerbrechen bereitete. »Wenn Iskra hier ankommt, wird es ein paar ziemlich lange Gesichter geben.«

»Du schaffst das schon, alter Junge. Lügner wie wir werden geschaffen, nicht geboren. Sonst hätten uns unsere guten Mütter schon als Kinder kaltgemacht.«

Sten stöhnte zustimmend. Doch welche Wahl blieb ihm noch? Er wußte, daß der restliche Cluster sich solange

»friedlich« verhielt, wie es auf Jochi einigermaßen ruhig blieb.

Die überschwengliche Freude, mit der seine Ankunft begrüßt worden war, hatte ungefähr so lange angehalten wie das plötzliche Frühlingswetter, und das war sofort wieder umgekippt. Mit der Schwüle stieg die Reizbarkeit. Unter dieser Feuchtigkeit ballten sich schwarze Wolken. Die Stimmung wechselte von Euphorie zu wütender Hoffnungslosigkeit, ein Zustand, der, wie Sten recht bald erkannte, sämtliche Spezies auf Jochi recht gut charakterisierte.

Am zweiten Tag baute sich hinter der Skyline von Rurik einige Stunden vor Sonnenuntergang ein ganzes Schlangennest voller Wirbelstürme auf, die kurz darauf mit dem unlogischen Verhalten des Unbeseelten herantosten, auf die Stadt zuhielten, alle zu Tode erschreckten und sich wieder verzogen, wobei sie pausenlos Bäume entwurzelten und Erde und Gebäudeteile durch die Luft wirbelten, was den Schrecken nicht gerade milderte. So plötzlich, wie sie gekommen waren, rasten sie wieder davon und verschwanden.

Seitdem richteten die Einwohner von Rurik immer wieder nervöse Blicke auf den Horizont - und aufeinander.

Und dann war, gleich am nächsten Tag, der Winter mit einer Frostwelle zurückgekehrt, gerade so, als hätte es den Frühling und die Schwüle und die Hitze niemals gegeben. Auch das gehörte zu den vielen Wundern von Jochi.

Sten widmete sich wieder seinem verlogenen Geschreibsel.

»... Wohingegen der Ewige Imperator ... in seinem tiefen Mitgefühl für alle Wesen des Altai-Cluster ...«

»Heiliges Kanonenrohr! Sieh dir das an!«

Stens Kopf schnellte hoch. Sein Blick folgte Alex'

ausgestrecktem Finger. Auf dem Zentralmonitor ging es drunter und drüber. Sten eilte hinüber, um eine bessere Sicht zu bekommen.

Vor einigen offiziell aussehenden Gebäuden paradierte eine gewaltige Menge auf und ab; die Architektur wirkte kolossal und eintönig, offensichtlich hatte sie der verstorbene Khaqan errichten lassen. Sten kamen die Gebäude wie gigantische Bienenkörbe vor, aneinandergekettet durch himmelhohe Brücken und Förderstraßen.

»Das ist die Pooshkan-Universität«, sagte eine ernst wirkende junge Tech. Sten fiel ein, daß sie Naomi hieß.

Er stöhnte. »Studenten? Oh, nein!«

»Genau. Wir haben Hormonprobleme, junger Freund«, sagte Alex. Er fummelte an den Reglern, und plötzlich sprangen ein Dutzend Ansichten der Universität auf den Hauptschirm.

Auf einem Bild wurden uniformierte Universitätspolizisten von jungen Leuten zum Ausgang gezerrt und durch den Bogen des Haupttors hinausgestoßen. In einem anderen Abschnitt des Uni-Geländes sah Sten, wie sich Studenten durch die Glasfront einer Cafeteria - zumindest glaubte Sten, es könnte eine sein

Zugang verschafften. Innerhalb einer halben Sekunde entbrannte ein wilder Kampf um die Nahrungsmittel.

Lehrpersonal suchte fluchtartig nach Deckung und konnte sich nur unvollkommen vor durch die Gegend geschleuderten Nahrungsmitteln und anderen Gegenständen in Sicherheit bringen. Überall auf dem Gelände loderten Freudenfeuer auf.

Sten war sich sicher, daß sie hauptsächlich mit den Unterlagen über diejenigen Studenten gefüttert wurden, die durchzufallen drohten.

Außerdem sah er hier und da nacktes Fleisch durch die Büsche blitzen und hörte gelegentlich die Lustschreie der Studenten, die ihrem Protest auf eine leidenschaftlichere Art Ausdruck verliehen.

Vor dem Haupttor der Pooshkan-Universität wurde eine riesige Barrikade errichtet. Der ganze Müll war so klug aufgetürmt, daß Sten sofort die Beteiligung einiger Studenten des Ingenieurwesens vermutete.

Ein weiterer Beweis für eine sorgfältige Vorbereitung waren die sauber gedruckten Fahnen, die jetzt entrollt wurden. Die Spruchbänder forderten so mancherlei, am häufigsten jedoch:

»Demokratie. Jetzt!«

»Wunderbar«, sagte Sten. »Genau das, was keiner hier in absehbarer Zeit kriegen wird.«

Er warf einen genaueren Blick auf die Nahaufnahmen von den Studenten. Erst jetzt fiel ihm das Besondere an diesen Studenten auf. Zunächst einmal handelte es sich um eine gemischte Gruppe. Ebenso viele jugendliche Suzdal und Bogazi wie Jochianer und Tork. Außerdem arbeiteten sie bei diesem Krawallmachen einträglich zusammen. Etwas Derartiges geschah so gut wie nirgendwo auf Jochi, schon gar nicht im restlichen Cluster, wo die strikte Trennung der Spezies die grundlegende Garantie des Status quo der Gesellschaft war.

»Was geht da vor sich?« fragte Sten, wobei ihm auffiel, wie gut genährt und gekleidet diese jungen Leute wirkten.

»Halt uns mal schnell 'ne Vorlesung«, forderte Alex die junge Tech auf.

Naomi schüttelte den Kopf. »Da muß ich nicht nachschlagen. Pooshkan ist die Vorzeige-Universität des ganzen Clusters. Hierhin schicken die Spitzen der altaiischen Gesellschaft ihre Söhne, Töchter, Küken und Würfe.«

»Reiche Kinder«, stöhnte Sten. »Es wird immer besser.«

Dann zuckte er die Achseln. »Von mir aus. Sieht mir eher wie ein Problem für die örtlichen Kräfte aus. Die Bullen kriegen das schon in den Griff.«

»Oh-oh«, sagte Kilgour.

»Was heißt oh-oh?« Sten fragte nur äußerst ungern.

»Kaum hast du deinen Wunsch ausgesprochen, schon wird er erfüllt«, entgegnete Alex. »Die Bullen kommen angerannt.

Und wie sie laufen!«

Sten sah, wie sich eine Phalanx von Polizisten auf das Haupttor zubewegte, voll ausgerüstet mit Helmen, Krawallschilden, Elektroknüppeln und - schon zog die erste Granate ihre Spur hinter sich her - Tränengas.

»Verdammt!« Mehr sagte Sten nicht dazu.

»Und da kommen auch schon die Schlachtenbummler«, setzte Kilgour noch einen drauf und zeigte auf mehrere Gruppierungen von Erwachsenen, die am Rande des Unigeländes zusammenliefen. Einige beschimpften die Polizisten, andere die Studenten. Wieder andere schrien sich gegenseitig an. Die Zuschauer unterteilten sich in mehrere homogene Gruppen aufgebrachter Spezies.

»Zum Teufel damit«, sagte Sten. »Trotzdem ist es immer noch ein Problem der Einheimischen. Wir werden uns auf keinen Fall einmischen.«

Noch während er redete, blinkte die Konsole mit den hereinkommenden Anrufen auf. Alex' Leute nahmen sie entgegen.

»... Imperiale Botschaft. Ja, wir haben von den Unruhen in der Universität gehört. Nein, der Botschafter gibt dazu keinen Kommentar ab ... Imperiale Botschaft... Der Pooshkan-Krawall? Ja, Sir. Nein, Sir ... Imperiale Botschaft...«

Völlig angewidert schnappte sich Sten seine

Aufzeichnungen und ging auf die Tür zu. »Stör mich nicht, es sei denn, es wird schlimmer«, rief er über die Schulter zurück.

»Besser noch - stör mich auch dann nicht -«

»Diese Anfrage beantwortest du besser gleich, alter Junge«, sagte Alex und streckte ihm ein Com Set entgegen.

»Wer ist dran?« fragte Sten beinahe knurrend.

»Ein kleines Kind aus Pooshkan«, sagte Alex. »Genauer gesagt, es ist das hier.« Er zeigte auf einen Bildschirm, der die Nahaufnahme eines herrischen jungen Jochianers zeigte. Ein gutaussehender Junge, trotz der sich schon früh abzeichnenden Fettpolster um die Kinnpartie. Sten sah, daß er in ein Funkgerät sprach, das offensichtlich mit dem Empfänger der Botschaft verbunden war.

»Der Rädelsführer, wie mir scheint«, fuhr Alex fort.

»Milhouz ist sein Name - angeblich.«

Naomi stieß einen leisen Pfiff aus. »Der Präsident des Studentenparlaments«, sagte sie. »Seine Eltern sitzen im Aufsichtsrat der Bank von Jochi.«

Sten dämmerte, was für ein heikler Ort diese Pooshkan-Universität war. In einigen Lagern würde man eine blutige Nase als glatten Mord auslegen.

»Ich höre, Sr. Milhouz«, sagte Sten aalglatt in das Mikro des Sets. »Hier spricht Botschafter Sten. Wie kann ich Ihnen helfen?«

Während er der brabbelnden Stimme an seinem Ohr lauschte und das gerötete, aufgeregte Gesicht auf dem Monitor betrachtete, wußte Sten, daß er die erste Regel brechen mußte, die er sich selbst für die erste Phase dieser Operation aufgestellt hatte. Sie lautete: Verlasse niemals die Botschaft.

Laß die anderen zu dir kommen.

»Wir sind in ungefähr fünf Minuten bei Ihnen, junger Mann«, sagte er und unterbrach die Verbindung. Als er sich umwandte, sah er, daß Cind den Raum betreten hatte. Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, wußte sie genau, was hier vor sich ging.

Einer der Bildschirme zeigte eine Gruppe Studenten, die die Polizisten mit Trümmern bewarfen.

»Diese verdammte Sache könnte der Funke sein, der die ganze Chose in Brand setzt«, erklärte er Cind. »Ich brauche sofort ungefähr zehn Gurkhas. Vielleicht fünfzig Bhor. Wir wollen uns aber trotzdem, soweit es geht, bedeckt halten.

Verborgene Waffen. Keine Uniformen. Wir wollen nicht wie die Sturmtruppen auftreten.«

»Eine ziemliche Herausforderung für die Bhor«, sagte Cind.

»Besonders für Otho.«

»Wenn die Sache richtig funktioniert«, sagte Sten, »dann sind alle so neugierig auf Otho und die anderen, daß sie vor lauter Staunen nicht mehr zum Krawallmachen kommen.«

»Ich bin soweit, wenn du soweit bist, alter Junge«, sagte Kilgour.

»Jungs und Mädels«, sagte Sten. »Gehen wir also wieder zur Schule.«