DER VIERTE TAG
Dieser Ostländer war ein hässlicher Drecksack. Ein riesiger, breiter Kerl, von Kopf bis Fuß in stinkende, halb gegerbte Felle und ein bisschen verrosteten Kettenpanzer gehüllt, der jedoch mehr als Schmuck diente, als dass er wirklich Schutz geboten hätte. Fettiges schwarzes Haar, hier und da mit roh geschmiedeten Silberringen zusammengehalten und durchfeuchtet vom dünnen Regen. Eine große Narbe lief über eine Wange, eine zweite über seine Stirn, und sie waren umgeben von den zahllosen Kerben und Kratern kleinerer Wunden und Furunkel, die er als Junge gehabt hatte. Die Nase war platt und zur Seite geknickt wie ein verbogener Löffel. Seine Augen kniff er vor Anstrengung zusammen, die gelben Zähne, von denen vorn zwei fehlten, waren gebleckt. In die Lücke hatte er seine graue Zunge gepresst. Es war ein Gesicht, das nichts anderes kannte als den Krieg. Ein Gesicht, das durch das Schwert und die Axt und den Speer lebte und jeden Tag, den es am Leben blieb, als unerwartetes Geschenk betrachtete.
Für Logen war es beinahe, als ob er in einen Spiegel blickte.
Sie hielten sich umfasst wie zwei ungeschickte Liebende, die nichts von dem wahrnahmen, was sich um sie herum abspielte. Sie schwankten vor und zurück und torkelten dabei wie zwei ringende Betrunkene. Sie zupften und zerrten, bissen und stachen, packten und schubsten, in wilder Wut angespannt, und bliesen sich sauren Atem ins Gesicht. Ein hässlicher, ermüdender und tödlicher Tanz, und währenddessen fiel unablässig der Regen.
Logen bekam einen schmerzhaften Tritt in den Bauch und musste sich drehen und winden, um einen zweiten abzuschwächen. Im Gegenzug versuchte er es mit einer halbherzigen Kopfnuss, aber es gelang ihm lediglich, Drecksacks Gesicht mit seiner Stirn zu streicheln. Dann wurde er beinahe umgeworfen und kam ins Stolpern, und er fühlte, wie der Ostländer sein Gewicht verlagerte und versuchte, einen guten Stand dafür zu finden, ihn richtig aufs Kreuz zu legen. Aber schließlich schaffte es Logen, ihm den Oberschenkel in die Nüsse zu rammen, bevor der andere dasselbe tun konnte, und das reichte, damit ganz kurz die Kraft aus dem Klammergriff wich und er seine Hand an Drecksacks Hals legen konnte.
Mit Gewalt schob Logen die Hand weiter nach oben, einen schmerzvollen Zoll nach dem nächsten, und sein ausgestreckter Zeigefinger kroch über das narbige Gesicht des Ostländers, während der Mann mit schielendem Blick zusah und versuchte, den Kopf wegzudrehen. Schnell packte er nun schmerzhaft hart Logens Handgelenk und versuchte es wegzuziehen, aber Logen hatte die Schulter leicht geneigt und setzte sein Gewicht richtig ein. Der Finger schob sich an dem verzerrten Mund vorbei, an der Oberlippe und in Drecksacks gebogene Nase, und Logen fühlte, wie sein abgebrochener Fingernagel sich in das Fleisch an der Innenseite grub. Er bog den Finger, bleckte die Zähne und drehte seinem Gegner die Nase um, so gut es ging.
Der Ostländer zischte und trat mit den Füßen, aber er saß fest. Ihm blieb keine andere Wahl, als Logens Handgelenk mit der anderen Hand zu packen und so den bohrenden Finger aus seiner Nase zu ziehen. Aber damit hatte Logen nun eine Hand frei.
Schnell riss er das Messer heraus und keuchte, als er zustach; sein Arm zuckte vor und zurück. Schnelle Schläge, nur diesmal mit einem Stachel aus Stahl. Die Klinge drang in den Bauch des Ostländers, in seinen Schenkel, in den Arm, in die Brust, und Blut drang in dicken Strömen hervor, befleckte sie beide und rann in die Pfützen unter ihren Stiefeln. Als er oft genug zugestochen hatte, packte Logen seinen Gegner am Mantel, riss ihn mit zusammengebissenen Zähnen hoch in die Luft und schleuderte ihn mit lautem Gebrüll über die Zinnen. Er stürzte hinab, schlaff wie eine Leiche, die er nur allzu bald auch sein würde, und prallte zwischen seinen Landsleuten auf den Boden.
Logen beugte sich über die Brustwehr, zog keuchend die feuchte Luft ein, und die Regentropfen flogen um ihn herum. Hunderte tummelten sich in dem Schlamm am Sockel der Mauer, jedenfalls sah es so aus. Wilde Männer von der anderen Seite der Crinna, wo die Leute nicht mal richtig sprechen konnten und sich niemand um die Toten scherte. Sie waren alle durchnässt und mit Dreck bespritzt, versteckten sich unter roh gezimmerten Schilden und schwangen grob geschmiedete Waffen, brutal und mit Widerhaken versehen. Hinter ihnen standen ihre Standarten und flatterten in der Nässe, Knochen und ausgefranste Felle, die in dem strömenden Regen wie geisterhafte Schatten wirkten.
Manche von ihnen schleppten nun wackelige Leitern nach vorn oder hoben jene wieder auf, die bereits einmal umgeworfen worden waren, suchten nach einem sicheren Stand vor der Mauer und versuchten sie aufzustellen, während Steine, Speere und durchweichte Pfeile auf sie niederprasselten. Andere kletterten schon nach oben, die Schilde über den Kopf gehoben. Zwei Leitern waren es an Dows Seite, eine bei Rotkapp und eine direkt links neben Logen. Zwei große Wilde schwangen schwere Äxte gegen die vernarbten Tore und hieben mit jedem Schlag nasse Splitter aus dem Holz. Logen deutete auf sie und brüllte sinnlos etwas in die feuchte Luft hinaus. Niemand hörte ihn, und es hätte ihn auch niemand hören können, so laut war der niederprasselnde Regen, das Krachen, Schlagen, Kratzen von Klingen auf Schilden, von Pfeilen, die in Fleisch eindrangen, von Schlachtrufen und Schmerzgeheul.
Er klaubte sein Schwert aus einer Pfütze auf dem Wehrgang. Wassertropfen schimmerten auf dem matt glänzenden Metall. Ganz in seiner Nähe war einer von Espes Carls in einen Kampf mit einem Ostländer verwickelt, der von einer der Leitern geklettert war. Sie tauschten ein paar Schläge aus, Axt gegen Schild, dann zischte ein Schwert durch die Luft. Als der Axtarm des Ostländers wieder emporfuhr, hackte Logen ihm das Glied am Ellenbogen ab und schleuderte ihn brüllend zu Boden. Der Carl erledigte den Rest, indem er dem Gegner einen Schlag auf den Hinterkopf verpasste und dann mit dem blutigen Schwert über Logens Schulter deutete.
»Da!«
Ein weiterer Ostländer mit großer Hakennase kletterte über die Leiter und lehnte sich über die Zinnen, den Arm mit einem Speer im Anschlag. Mit wildem Gebrüll stürzte Logen sich auf ihn.
Die Augen des Ostländers weiteten sich, und der Speer begann zu wanken. Zum Zustechen kam er nicht mehr. Er versuchte auszuweichen und klammerte sich dabei mit der freien Hand am nassen Holz fest, aber damit brachte er lediglich die Leiter ins Rutschen, die ein Stück an der Brustwehr entlangschrammte. Logens Schwert erwischte ihn unter dem Arm, und er zuckte keuchend zurück, wobei er den Speer hinter sich fallen ließ. Wieder stach Logen auf ihn ein, rutschte dann aus und fiel zu weit nach vorn, beinahe in die Arme seines Gegners. Großnase griff nach ihm und versuchte, ihn über die Zinnen zu ziehen. Logen schlug ihm mit dem Schwertgriff das Gesicht ein, und der Kopf federte zurück; ein zweiter Schlag nahm ein paar Zähne mit. Der dritte schlug den Mann bewusstlos, und er fiel von der Leiter, wobei er im Sturz einen seiner Kumpel mit sich in den Schlamm riss.
»Her mit der Stange!«, brüllte Logen dem Carl mit dem Schwert zu.
»Was?«
»Die Stange, du Arsch!«
Der Carl packte das nasse Holzstück und warf es Logen durch den Regen zu. Logen ließ sein Schwert fallen und klemmte das gegabelte Ende gegen eine der Leitersprossen, und dann drückte er, so gut er konnte. Der Carl sprang ihm bei und schob nun ebenfalls, und die Leiter knirschte, wackelte und neigte sich schließlich zurück. Das Gesicht eines Ostländers erschien über den Zinnen und nahm einen überraschten Ausdruck an. Dann sah er die Stange. Er sah, wie Logen und der Carl damit schoben. Und dann stürzte er ab, als die Leiter umkippte und den Drecksäcken unten auf die Köpfe fiel.
An einer anderen Stelle der Mauer war eine Leiter gerade wieder aufgerichtet worden, und die Ostländer kletterten hinauf, die Schilde über den Kopf erhoben, während Rotkapp und seine Jungs sie mit Steinen bedachten. Anderen war es gelungen, die Mauer an Dows Abschnitt zu überwinden, und von dort hörte Logen Gebrüll und den Klang des Tötens. Er kaute an seiner blutigen Lippe und fragte sich, ob er dort hinübereilen und die Männer unterstützen sollte, aber er entschied sich dagegen. Über kurz oder lang würde er hier gebraucht werden.
Also nahm er das Schwert des Schöpfers und nickte dem Carl zu, der ihm geholfen hatte, dann richtete er sich auf und holte tief Luft. Er wartete auf den nächsten Ansturm der Ostländer, während um ihn herum Männer kämpften, töteten und starben.
Teufel in einer kalten, nassen, blutigen Hölle. Vier Tage
dauerte es nun an, und ihm kam es vor, als ob er schon immer hier
gewesen wäre. Als ob er diesen Ort nie verlassen hätte. Vielleicht
hatte er das auch nie.
Als ob das Leben des Hundsmanns nicht schon schwer genug gewesen wäre, musste es auch noch regnen.
Nichts fürchtet ein Bogenschütze mehr als Nässe, das ist nun mal so. Na ja, außer vielleicht, von der Reiterei niedergetrampelt zu werden, aber das war auf einem Turm wenig wahrscheinlich. Die Bogen waren glitschig, die Sehnen dehnten sich, die Federn waren nass, und das alles sorgte für höchst geringe Treffsicherheit. Der Regen nahm ihnen ihren Vorteil, und das war ein Problem, aber er konnte ihnen noch mehr nehmen, bevor der Tag zu Ende ging. Drei wilde Dreckskerle machten sich am Tor zu schaffen, zwei schlugen mit Äxten auf das aufgeweichte Holz ein, und der dritte versuchte, eine Brechstange in die Lücken zu zwängen und damit die einzelnen Bohlen auseinanderzudrücken.
»Wenn wir die da nicht erwischen, dann hauen sie uns das Tor in Stücke!«, brüllte Hundsmann heiser in die feuchte Luft.
»Hm«, sagte Grimm und nickte mit dem Kopf, wobei Wassertröpfchen von seinem struppigen Haar flogen.
Allerlei Gebrüll und Fingerzeigen von ihm und Tul waren nötig, aber dann hatte Hundsmann eine Reihe seiner Jungs auf dem glitschigen Wehrgang aufgestellt. Drei mal zwanzig nasse Bogen senkten sich alle gleichzeitig, wurden knirschend ausgezogen und deuteten nun auf das Tor. Drei mal zwanzig Männer, die mit finsteren Gesichtern zielten, vor Nässe trieften und immer noch nasser wurden.
»Und Schuss!«
Die Bogen wurden fast gleichzeitig abgeschossen. Die Pfeile zischten nach unten, prallten von der nassen Mauer ab, blieben im rohen Holz des Tores stecken, staken überall im Boden, wo zuvor der Graben gewesen war, bevor er sich in ein Schlammloch verwandelt hatte. Die Schüsse waren recht ungenau, aber es waren sehr viele Pfeile, und wo keine große Treffsicherheit möglich ist, kann oft die bloße Menge diesen Umstand wettmachen. Der Ostländer an der rechten Seite ließ die Axt fallen. Drei Pfeile staken in seiner Brust, einer in seinem Bein. Der Linke rutschte aus und kippte zur Seite, dann suchte er, einen Pfeil in der Schulter, nach Deckung. Der Kerl mit der Brechstange ging in die Knie, schlug um sich und griff verzweifelt nach hinten, wo ein Pfeil ihn kurz über dem Steiß in den Rücken getroffen hatte.
»In Ordnung! Gut!«, brüllte Hundsmann. Von den anderen schien
keiner besonders scharf darauf zu sein, sich am Tor zu schaffen zu
machen, und dafür konnten die Verteidiger dankbar sein. Es gab
dafür noch genügend Männer, die es mit den Leitern versuchten, aber
mit denen konnten sie es von hier oben aus nicht so ohne weiteres
aufnehmen. Nur zu leicht hätten sie bei diesem Wetter die eigenen
Jungs oben auf der Brustwehr treffen können. Hundsmann biss die
Zähne zusammen und schoss einen harmlosen Pfeil ab, der in weitem
Bogen auf die Angreifer heruntersegelte. Sie konnten nichts tun. Um
die Mauer kümmerten sich Espe, Dow und Rotkapp. Um die Mauer
kümmerte sich Logen.
Ein Krachen ertönte, als ob der Himmel einstürzen wollte. Die Welt wurde plötzlich gleißend hell und zäh wie Suppe, während der Lärm von überall widerhallte. Logen stolperte durch diese Traumlandschaft, das Schwert rutschte ihm aus den ungeschickten Fingern, und er taumelte gegen die Mauer. Hastig versuchte er, die Waffe zu packen, während sie sich in seinen Händen wand und er zu begreifen versuchte, was gerade passierte, aber er hatte nicht auch nur die geringste Ahnung.
Zwei Männer rangelten miteinander um einen Speer, sie kämpften und schubsten sich, und Logen konnte sich nicht erinnern, wieso. Ein Mann mit langen Haaren wehrte einen langsamen Keulenschlag mit seinem Schild ab, ein paar Splitter flogen durch die Gegend, dann schwang er mit gebleckten, schimmernden Zähnen eine Axt, schlug sie einem wild aussehenden Mann in die Beine und riss ihn damit von den Füßen. Überall waren Männer, nass und wild, dreckig und blutverschmiert. Vielleicht war es eine Schlacht? Auf welcher Seite stand er?
Logen spürte, dass etwas Warmes auf sein Auge tropfte, und er berührte es mit der Hand. Dann sah er verständnislos auf seine roten Fingerspitzen, die sich im Regen rosa färbten. Hatte ihn dann also jemand auf den Kopf geschlagen? Oder träumte er das alles nur? Vielleicht war es auch nur eine Erinnerung an lang zurückliegende Dinge.
Er tauchte weg, gerade rechtzeitig, bevor die Keule herunterkrachte und seinen Kopf wie ein Ei aufgeschlagen hätte, und mit beiden Händen bekam er die Handgelenke des haarigen Dreckskerls zu fassen, der die Keule schwang. Plötzlich war die Welt schnell und laut, und Schmerz pochte in seinem Kopf. Er lehnte sich gegen die Brustwehr und starrte in ein dreckiges, bärtiges, zorniges Gesicht, das sich dicht an das seine drängte.
Logen ließ die Keule mit einer Hand los und griff in seinen Gürtel, um ein Messer herauszureißen. Er fand keins. So viel Zeit hatte er damit verbracht, die verdammten Dinge zu schärfen, und jetzt, da er eins brauchte, hatte er keins zur Hand. Dann wurde es ihm klar. Die Klinge, die er im Gürtel getragen hatte, steckte in dem hässlichen Drecksack, der irgendwo unten am Sockel der Mauer im Dreck lag. Er fasste suchend an die andere Seite und versuchte dabei immer noch die Keule festzuhalten, aber da er nur eine Hand dafür frei hatte, verlor er diesen Kampf allmählich. Nach und nach wurde Logen über die Brustwehr gezogen. Seine Hand ertastete den Griff eines Messers. In diesem Augenblick riss der haarige Ostländer die Keule wieder an sich und hob sie über seinen Kopf, und dann öffnete er den Mund und stieß einen stinkenden Schrei aus.
Logen stach ihn mitten ins Gesicht, und die Klinge fuhr in die eine Wange hinein und zur anderen hinaus und nahm auf dem Weg ein paar Zähne mit. Das Brüllen des Haarigen verwandelte sich in ein hohes Kreischen, er ließ die Keule fallen und stolperte mit hervorquellenden Augen davon. Logen glitt zu Boden und hob hastig sein Schwert auf, das beinahe unter die Füße der beiden Kerle geraten war, die um den Speer kämpften. Er wartete, bis der Ostländer wieder näher herangekommen war, bevor er ihm die Klinge von hinten in den Schenkel stieß und ihn mit einem Schrei fällte. Dann überließ er ihn dem Carl.
Dem Haarigen lief immer noch das Blut aus dem Mund, und er hatte eine Hand an den Griff des Messers gelegt, das er nun aus seiner Wange zu ziehen versuchte. Logens Schwert riss einen klaffenden, roten Schlitz in die nassen Pelze über seiner Hüfte, und er brach in die Knie. Der nächste Schlag spaltete ihm den Kopf.
Keine zehn Schritt von ihm entfernt war Espe in großen Schwierigkeiten. Drei Ostländer gingen ihn an, und ein weiterer schwang sich gerade von der Leiter; Espes Leute waren alle in eigene Kämpfe verwickelt. Er zuckte zusammen, als der harte Schlag eines Streithammers seinen Schild traf und ihm die Axt aus der Hand fiel, die klappernd über die Steine rutschte. Kurz ging Logen der Gedanke durch den Kopf, dass er vermutlich wesentlich besser dran wäre, wenn Espe der Kopf eingeschlagen wurde. Aber so, wie die Lage stand, würde er dann vermutlich der Nächste sein.
Also holte er tief Luft und ging brüllend zum Angriff über.
Der Erste drehte sich zu ihm um, gerade im rechten Augenblick, damit ihm das Gesicht und nicht der Hinterkopf gespalten wurde. Der Zweite riss den Schild hoch, aber Logen duckte sich und durchschlug ihm glatt das Schienbein, so dass sein Gegner schreiend auf den Rücken fiel und Blut aus der Wunde in die Wasserpfützen auf der Brustwehr strömte. Der Dritte war ein großer Drecksack, dem das rote Haar in allen Richtungen vom Kopf abstand. Vor ihm war Espe betäubt auf den Wehrgang gesunken, und Blut quoll aus einem Schnitt an seiner Stirn. Rothaar hob einen großen Hammer, um der Sache ein Ende zu machen. Bevor er jedoch dazu kam, erstach Logen ihn von hinten. Die lange Klinge glitt bis zum Heft ins Fleisch. Geh nie einen Mann von vorn an, wenn du ihn von hinten töten kannst, hatte Logens Vater immer gesagt, und diesen Rat hatte er stets zu beherzigen versucht. Rothaar trat um sich und kreischte, und noch in seinen letzten Atemzügen zuckte er wild und riss Logen mit sich, der immer noch das Heft des Schwertes umklammert hatte. Aber es dauerte nicht lange, bis er fiel.
Logen klemmte sich Espe unter den Arm und zog ihn hoch. Der junge Mann runzelte die Stirn, und seine Augen wurden allmählich wieder klar. Dann sah er, wer ihm half. Schnell beugte er sich hinunter und hob die Axt auf, die ihm aus den Händen gefallen war. Kurz fragte sich Logen, ob er sie nun in den Schädel bekommen würde, aber Espe stand bloß da, und das Blut aus dem Schnitt an der Stirn lief ihm über das Gesicht.
»Hinter dir«, sagte Logen und deutete mit dem Kinn über seine Schulter. Espe wandte sich um, Logen tat dasselbe, und sie standen Rücken an Rücken da. Drei oder vier Leitern lehnten inzwischen an der Mauer in der Nähe des Tores, und der Kampf auf der Brustwehr hatte sich in einige kleinere, blutige Scharmützel aufgespalten. Weitere Ostländer kletterten über die Zinnen und stießen ihr sinnloses Geschnatter aus, und sie kamen mit harten Gesichtern und harten Waffen auf Logen zu, während immer mehr von ihnen die Mauer überwanden. Hinter ihm hörte er das Aufeinanderschlagen von Metall und das Keuchen von Espes Kampf, aber darauf achtete er nicht. Er konnte sich nur mit denen herumschlagen, die er vor sich hatte. Bei solchen Dingen muss man realistisch sein.
Er stolperte zurück, und die Erschöpfung, die er nun zeigte, war nur zur Hälfte gespielt. Aber als der Erste angriff, bleckte er die Zähne, sprang nach vorn und schlug seinem Gegner die Klinge quer über das Gesicht; der Mann schrie auf und presste sich die Hand auf die Augen. Logen stürzte sich auf den Nächsten und bekam einen derben Schlag mit einem Schild gegen die Brust, wobei ihn der Rand am Kinn erwischte und er sich unversehens auf die Zunge biss.
Fast wäre Logen über den ausgestreckten Leichnam eines toten Carls gefallen, aber er konnte sich gerade noch rechtzeitig fangen. Wild schlug er mit dem Schwert um sich, traf aber nichts, ließ sich von der eigenen Bewegung mitreißen und merkte dabei, dass etwas in sein Bein stach. Keuchend hüpfte er weiter, verlor das Gleichgewicht und hieb mit dem Schwert nach links und rechts. Dann sprang er auf einen sich bewegenden Pelz zu, aber dabei gab sein Bein unter ihm nach, und er prallte mit jemandem zusammen. Gemeinsam stürzten sie zu Boden, und Logens Kopf prallte schwer gegen harten Stein. Sie rollten hin und her, und Logen gelang es schließlich brüllend und sabbernd, sich nach oben zu arbeiten, wo er seine Finger in das fettige Haar des Ostländers krallte und ihm das Gesicht gegen die Steine schlug, wieder und wieder, bis sein Schädel sich weich anfühlte. Er schleppte sich zur Seite, hörte, dass eine Klinge dort, wo er eben noch gewesen war, auf den Wehrgang prallte, und kam mühsam auf die Knie, das Schwert locker in der klebrigen Hand.
So kniete er da, das Wasser rann sein Gesicht hinab, und er rang nach Luft. Noch mehr kamen nun auf ihn zu, und er konnte nicht mehr ausweichen. Sein Bein tat weh, und in seinen Armen war keine Kraft mehr. Sein Kopf fühlte sich leicht an, als ob er einfach davonschweben wollte. Keine Kraft mehr für einen Kampf, jedenfalls kaum noch. Immer mehr Feinde kamen auf ihn zu, ganz vorn einer mit dicken Lederhandschuhen, der eine große Keule in Händen hielt, deren spitzenbewehrter Kopf rot vor Blut war. So wie es aussah, hatte er schon einige Schädel damit eingeschlagen, und Logens sollte nun der nächste sein. Und dann hätte Bethod endlich gewonnen.
Wie ein Stich fuhr Kälte durch Logens Eingeweide. Ein hartes, leeres Gefühl. Seine Knöchel knackten, als sich die Muskeln seiner Hand versteiften und das Schwert schmerzhaft fest packten. »Nein«, zischte er. »Nein. Nein.
Nein.« Aber genauso gut hätte er sein Nein dem Regen entgegenschleudern können. Das kalte Gefühl breitete sich aus, erreichte Logens Gesicht und verzerrte seinen Mund zu einem blutigen Grinsen. Der Handschuhmann kam näher, seine Keule schrammte über den nassen Stein. Er blickte über seine Schulter.
Dann spaltete sich sein Kopf und Blut spritzte hervor. Crummock-i-Phail brüllte wie ein zorniger Bär, die Fingerknochen um seinen Hals schaukelten hin und her, und er schwang den schweren Hammer in großen Kreisen um seinen Kopf. Der nächste Ostländer wich aus und hob den Schild. Beidhändig schwang Crummock nun den Hammer, riss ihm die Beine weg, warf ihn zu Boden und schleuderte ihn bäuchlings auf die Steine. Der dicke Bergmensch sprang auf den Wehrgang, trotz seiner Leibesfülle behände wie ein Tänzer, und verpasste dem nächsten Angreifer einen Schlag in den Bauch, der ihn durch die Luft wirbelte und mit verdrehten Gliedern vor der Brustwehr zusammenbrechen ließ.
Logen sah schnaufend zu, wie sich ein paar Wilde gegenseitig umbrachten, und nun grölten und brüllten Crummocks Jungs, denen der Regen die Farbe auf ihren Gesichtern verwischt hatte. Sie überschwemmten die Mauer und hackten mit ihren groben Schwertern und schimmernden Äxten auf die Ostländer ein, trieben sie zurück und stießen ihre Leitern weg, schleuderten ihre Leichen über die Zinnen in den Dreck unten an der Mauer.
Er kniete in einer kleinen Pfütze und stützte sich auf den kalten Griff von Kanedias’ Schwert, dessen Spitze sich in den Wehrgang gebohrt hatte. Schwer atmend beugte er sich nach vorn, sein kalter Bauch dehnte sich aus und zog sich zusammen, sein Mund schmeckte salzig, und in seiner Nase war der Gestank von Blut. Er wagte kaum aufzusehen. Stattdessen biss er die Zähne zusammen, schloss die Augen und rotzte bittere Spucke auf die Steine. Dann drängte er das kalte Gefühl in seinem Bauch zurück, und es verschwand, jedenfalls für den Augenblick, um allein Schmerz und Erschöpfung in ihm zurückzulassen.
»Sieht aus, als hätten diese Drecksäcke jetzt genug«, ertönte Crummocks lachende Stimme durch den Nieselregen. Der Bergmensch warf den Kopf zurück, öffnete den Mund und streckte seine Zunge dem Regen entgegen, dann leckte er sich die Lippen. »Du hast heute gute Arbeit getan, Blutiger Neuner. Nicht dass es mir kein besonderes Vergnügen bereitet hätte, dir dabei zuzusehen, aber ich bin froh, dass ich auch meinen Teil beitragen konnte.« Er wog seinen mächtigen Hammer in einer Hand und wirbelte ihn dann wie eine dünne Weidenrute herum, um sich einen großen Blutfleck am Hammerkopf anzusehen, an dem noch Haare klebten, dann grinste er breit.
Logen sah zu ihm auf und spürte kaum noch genug Kraft, um den
Kopf zu heben. »O ja. Gute Arbeit. Morgen gehen wir dann aber in
die zweite Reihe, was, wenn du schon so versessen auf den Platz
hier bist? Du kannst die beschissene Mauer haben.«
Der Regen hatte ein wenig nachgelassen und ging nun als dünnes Nieseln nieder. Ein Schimmer verblassenden Sonnenlichts brach durch die tief hängenden Wolken und fiel auf Bethods Lager, seinen schlammigen Graben und die Standarten und Zelte, die über das Tal verstreut waren. Hundsmann kniff die Augen zusammen und glaubte, vor dem Lager ein paar Männer stehen zu sehen, die beobachteten, wie die Ostländer flüchteten; die Sonnenstrahlen brachen sich dort unten auf irgendetwas. Vielleicht auf einem Fernrohr, wie die Union sie verwendete, um damit normalerweise in die falsche Richtung zu gucken. Hundsmann fragte sich, ob Bethod dort unten war und zusah, was passierte. Es hätte ganz und gar Bethods Art entsprochen, inzwischen im Besitz eines Fernrohrs zu sein.
Er fühlte eine große Hand, die ihm auf die Schulter klopfte. »Denen haben wir aber eine Abreibung verpasst, Häuptling«, grollte Tul, »und was für eine!«
Daran bestand kein Zweifel. Viele tote Ostländer lagen im Schlamm am Sockel der Mauer, etliche Verwundete wurden von ihren Kameraden davongetragen oder schleppten sich selbst langsam und unter Schmerzen hinter die eigenen Linien. Aber auch auf ihrer Seite hatte es eine Menge Verluste gegeben. Hundsmann sah einen ganzen Haufen schlammiger Leichen im hinteren Bereich der Festung aufgetürmt, wo die Toten begraben wurden. Er konnte jemanden schreien hören. Es waren harte und hässliche Schreie, wie ein Mann sie ausstößt, wenn man ihm einen Arm oder Bein abnehmen muss oder das gerade eben geschehen ist.
»Ja, wir haben ihnen eine Abreibung verpasst«, murmelte der Hundsmann, »aber sie haben uns auch ganz schön eingeschenkt. Ich bin mir nicht sicher, wie viele solcher Abreibungen wir noch aushalten werden.« Die Fässer, in denen ihre Pfeile steckten, waren höchstens noch halb voll, und Steine hatten sie kaum mehr welche. »Schickt am besten mal ein paar Leute raus, um die Toten abzugrasen!«, rief er über seine Schulter hinweg einigen Männern zu. »Lasst uns bergen, was wir können, solange es geht!«
»In einer solchen Zeit kann man nie genug Pfeile haben«, sagte Tul. »Heute haben wir eine ganze Menge von diesen Crinna-Drecksäcken um die Ecke gebracht. Wahrscheinlich haben wir heute Abend mehr Speere als heute Morgen.«
Hundsmann brachte ein Grinsen zustande. »Ist doch nett, dass sie uns ein paar Waffen mitbringen.«
»Joh. Außerdem würden sie sich wahrscheinlich ganz schön langweilen, wenn uns die Pfeile ausgingen«, lachte Tul und schlug dem Hundsmann härter denn je auf die Schulter, so heftig, dass ihm die Zähne klapperten. »Wir haben uns gut geschlagen! Du hast dich gut geschlagen! Wir sind immer noch am Leben, oder nicht?«
»Ein paar von uns.« Hundsmann sah zum Leichnam eines Mannes, der
oben auf dem Turm gestorben war. Ein alter Krieger mit fast ganz
grauem Haar, dem ein Pfeil im Hals steckte. Das war Pech, an einem
so nassen Tag wie heute einen Pfeil abzubekommen, aber in einer
solchen Schlacht hatte man nun mal eben nicht nur Glück, sondern
auch mal Pech. Er sah ins Tal herunter, über dem allmählich die
Dunkelheit heraufzog. »Wo, zur Hölle, bleiben die Jungs von der
Union?«
Wenigstens hatte der Regen aufgehört. Man musste auch für die kleinen Dinge im Leben dankbar sein, zum Beispiel für ein rauchendes Feuer nach der ganzen Nässe. Man musste für kleine Dinge dankbar sein, wenn jede Minute die letzte des Lebens sein konnte.
Logen saß neben der mickrigen Flamme und rieb sich sanft die rechte Handfläche. Sie war wund, rotgescheuert und steif, weil sie den ganzen Tag den rauen Griff des Schwerts des Schöpfers umklammert hatte, und an den Fingergelenken zeigten sich Blasen. Am Kopf hatte er fast überall irgendwelche Verletzungen. Der Stich an seinem Bein brannte, aber er konnte immer noch einigermaßen laufen. Es hätte viel schlimmer kommen können. Inzwischen hatten sie drei mal zwanzig Mann begraben, und man hatte sie tatsächlich in Gräber zu je einem Dutzend gelegt, ganz wie Crummock es vorhergesagt hatte. Drei mal zwanzig und mehr waren wieder zu Schlamm geworden, und doppelt so viele waren verletzt, manche davon schwer.
Drüben am großen Feuer war Dow zu hören, der mit grollender Stimme davon erzählte, wie er einem Ostländer ein Messer in die Nüsse gerammt hatte, und dann erklang Tuls dröhnendes Lachen. Logen fühlte sich kaum noch zu ihnen zugehörig, jetzt nicht mehr. Er fragte sich, ob er das je getan hatte. Eine Gruppe Männer, gegen die er gekämpft und die er besiegt hatte. Leben, die er verschont hatte, obwohl es keinen vernünftigen Grund dafür gab. Männer, die ihn mehr gehasst hatten als den Tod, die ihm aber zur Gefolgschaft verpflichtet waren. Sie waren kaum mehr seine Freunde als Espe. Vielleicht war der Hundsmann sein einziger wahrer Freund im ganzen Weltenrund, und selbst in seinen Augen konnte Logen von Zeit zu Zeit Spuren jenes alten Zweifels aufflammen sehen, Spuren der alten Angst. Er fragte sich, ob er sie jetzt sehen konnte, als der Hundsmann aus der Dunkelheit trat.
»Glaubst du, sie kommen heute Nacht?«, fragte Hundsmann.
»Früher oder später wird er es im Dunkeln probieren«, sagte Logen, »aber ich vermute, dass er damit warten wird, bis wir etwas mürber sind.«
»Kann man denn noch mürber sein als jetzt?«
»Das werden wir wohl rausfinden.« Logen verzog das Gesicht, als er die schmerzenden Beine ausstreckte. »Aber irgendwie macht es doch den Anschein, als wäre einem dieser ganze Scheiß früher mal leichter gefallen.«
Hundsmann gab ein schnaubendes Geräusch von sich. Kein Lachen, jedenfalls nicht so richtig. Eher so, als wollte er Logen einfach wissen lassen, dass er ihn gehört hatte. »Das Gedächtnis spielt einem manchmal Streiche. Erinnerst du dich an Carleon?«
»Klar.« Logen blickte auf seinen fehlenden Finger, und er ballte die Hand zur Faust, damit sie so aussah wie früher. »Komisch, früher war das alles irgendwie einfacher. Für wen man kämpfte und warum. Über so was habe ich mir früher irgendwie nie Gedanken gemacht.«
»Ich schon«, sagte Hundsmann.
»Ehrlich? Hättest du mal was gesagt.«
»Hättest du zugehört?«
»Nein. Vermutlich nicht.«
Eine Minute saßen sie schweigend da.
»Meinst du, wir werden das hier lebend überstehen?«, fragte der Hundsmann.
»Vielleicht. Wenn die Union hier morgen aufkreuzt, oder übermorgen.«
»Meinst du, das wird sie?«
»Vielleicht. Wir können es zumindest hoffen.«
»Nur weil man sich etwas erhofft, muss es noch lange nicht passieren.«
»Normalerweise tritt sogar eher das Gegenteil ein. Aber jeder Tag, den wir überleben, birgt eine neue Hoffnung. Vielleicht klappt es dieses Mal.«
Hundsmann sah mit düsterem Gesicht auf die tanzenden Flämmchen. »Da ist ziemlich viel ›vielleicht‹ im Spiel.«
»So ist der Krieg.«
»Wer hätte gedacht, dass wir uns auf einen Haufen Südländer verlassen müssen, damit sie unsere Probleme lösen, was?«
»Ich denk mal, man löst seine Probleme immer mit den Mitteln, die gerade griffbereit sind. Da muss man realistisch sein.«
»Also seien wir mal realistisch. Meinst du, wir werden das hier überleben?«
Logen dachte eine Weile darüber nach. »Vielleicht.«
Stiefel traten mit schmatzendem Geräusch auf die weiche Erde, und Espe näherte sich still ihrem Feuer. Ein grauer Verband war um seinen Kopf geschlungen, über dem Schnitt, den er sich zugezogen hatte, und sein Haar sah feucht und fettig darunter hervor.
»Häuptling«, sagte er.
Hundsmann lächelte, als er aufstand, und klopfte ihm auf die Schulter. »Alles in Ordnung, Espe. Das war heute gute Arbeit. Ich bin froh, dass du zu uns gestoßen bist, Junge. Das sind wir alle.« Er warf Logen einen langen Blick zu. »Wir alle. Ich glaube, ich werde mich einen Augenblick ausruhen. Wir sehen uns, wenn sie wieder angreifen. Das ist wahrscheinlich ohnehin schon bald.« Er verschwand in der Dunkelheit und ließ Espe und Logen allein, die einander anstarrten.
Wahrscheinlich hätte Logen seine Hand an eines seiner Messer legen und auf plötzliche Bewegungen achten sollen und so. Aber dazu war er zu müde und zu zerschlagen. Also saß er einfach da und sah Espe an. Der presste die Lippen zusammen und ließ sich auf der anderen Seite des Feuers auf den Boden nieder, langsam und zögernd, als müsse er etwas essen, von dem er wusste, dass es verdorben war.
»Wäre ich an deiner Stelle gewesen«, sagte er nach einer Weile, »dann hätte ich zugesehen, wie mich diese Arschlöcher umgebracht hätten.«
»Das hätte ich vor ein paar Jahren sicher auch so gemacht.«
»Was ist anders geworden?«
Logen dachte mit gerunzelter Stirn darüber nach. Dann zuckte er mit seinen verspannten Schultern. »Ich versuche heute besser zu sein als damals.«
»Meinst du, das reicht?«
»Was könnte ich sonst tun?«
Espe sah finster ins Feuer. »Ich wollte sagen ...« Er schob die Worte im Mund hin und her und spuckte sie dann aus. »Dass ich dankbar bin, ja. Du hast mir heute das Leben gerettet. Das weiß ich.« Er war nicht glücklich, als er das sagte, und Logen wusste, warum. Es ist hart, wenn einem ein Mann, den man hasst, einen Gefallen tut. Es ist danach so viel schwerer, ihn zu hassen. Es kann schlimmer sein, einen Feind zu verlieren als einen Freund, jedenfalls, wenn man ihn lange genug gehabt hat.
Also zuckte Logen nur wieder die Achseln. »Keine große Sache. Nur das, was ein Mann für seine Leute eben tun sollte. Ich stehe dir gegenüber in einer viel größeren Schuld. Das weiß ich. Was ich dir schulde, werde ich nie begleichen können.«
»Nein. Aber es war schon mal ein Anfang, würde ich sagen.« Espe stand auf und tat einen Schritt. Dann blieb er stehen, und der Feuerschein zuckte über eine Seite seines harten, zornigen Gesichts. »Es ist nie so einfach, dass ein Mann nur gut oder nur schlecht ist, oder? Nicht mal du. Nicht mal Bethod. Niemand.«
»Nein.« Logen saß da und sah den tanzenden Flammen zu. »Nein, so einfach ist es nie. Wir haben alle unsere Gründe. Gute Männer und schlechte Männer. Es ist alles eine Frage des eigenen Standpunkts.«