unter dem es immer noch recht lebhaft zappelte. „Wir wollen Ihnen nichts tun, ehrlich. Wir brauchen nur das Wasser.“
„Das wollte der alte Mann auch und dafür bekam ich immer etwas Bestimmtes.“
„Was denn?“, wollte Denny wissen.
„Das, was da in der Tasche ist. Das hat genauso geduftet wie vor zehn Jahren.“
Rüstem ließ das Männlein frei, das gierig zum Rucksack starrte.
„Meinen Sie Gemüse?“, fragte Denny.
„Ja, genau. Gmüs, Gmüs!“, strahlte
es.
„Meine Lieblingsspeise.“
Das Männchen richtete sich auf und hatte damit begonnen, sich gesanglich einzustimmen. Dann setzte er auf einmal an und quietschte: „Gmüs ist gut für Gsundheit!“
Denny blickte sich erschrocken um, denn das gesamte Tal war -soweit er schauen konnte - in hellem Aufruhr. Vögel stoben aus den Bäumen, Schwäne und Enten verließen fluchtartig den See und das Damwild sprang erschrocken über die Felder und Wiesen.
Erst jetzt verstand Denny, zu welchem Zweck sein Großvater auf seinen Reisen das Gemüse benötigte.
„Wer oder was sind sie?“, fragte Mian freundlich. „Für einen Zwerg sehen Sie irgendwie … anders aus.“
Mian lag mit ihrer Einschätzung nicht falsch. Das blondhaarige, bartlose Männlein starrte sie mit seinen runden hervorstehenden Augen an.
„Nun sag schon!“, forderte ihn Willi misstrauisch auf.
„Zuerst will ich meine Tarnkappe zurück“, verlangte es und hielt Willi, der einen Schritt zurück trat, seine knorrige Hand entgegen.
„Die nützt euch sowieso nichts mehr. Wenn mich jemand einmal gesehen hat, verliert sie bei dem jenigen ihre Wirkung.“
„Wir machen Ihnen einen Vorschlag“, warf Denny schnell ein.
„Sie verraten uns, wer Sie sind und wie wir an den <Grünen See> gelangen. Dafür erhalten sie ihre Tarnkappe zurück, bekommen unseren gesamten Proviant - einschließlich Gemüse - und wir versprechen Ihnen, immer, wenn wir vorbeikommen, zwei Rucksäcke Gemüse mitzubringen, ok?“
„Sagen wir drei!“, schlug es verschmitzt vor.
„Einverstanden.“ Denny bot ihm einen Handschlag an.
„Abgemacht!“ Dennys Gegenüber griff hastig beidhändig und mit einem Auge auf Willis Rucksack schielend nach der Hand.
„Krx!“, antwortete der kleine Kerl, der knapp einen Kopf kleiner war als Willi.
„Was?“, fragte Rüstem irritiert.
„Krx“, wiederholte er, „mein Name ist Krx Pantelli. Der Einfachheit halber könnt Ihr mich Pantelli nennen.“
„Und was sind Sie?“, wollte Denny wissen. „Sowas wie ein Zwerg?“
„Nein, nein! Bin ungefähr so groß wie einer und das, was man bei euch einen Puk nennt.“
„Was ist ein Puk?“
„Ich weiß es, Denny“, warf Mian ein. „Puks gehören zur Gruppe der Elfen und sind mit Hilfe ihrer Kopfbedeckung unsichtbar. Wenn man einen Puk regelmäßig mit Speisen und Getränken gut versorgt, gibt er es mit gleichem Wohlwollen zurück. Wenn sie schlecht behandelt werden, können die ganz schön ungemütlich werden.“
„Ok!“ Denny nahm Willi die Kappe aus der Hand und gab sie dem Puk zurück. „Wenn Sie uns jetzt noch verraten würden, was es mit dem <Grünen See> auf sich hat, können Sie all unseren Proviant bekommen.“
„Leg ihn rein“, meinte Pantelli nur knapp und hastete zappelig auf die Taschen zu.
Doch Denny stellte sich ihm in den Weg.
„Wie bitte? Wen soll ich reinlegen?“
„Na, du hast doch hoffentlich diesen Stein bei dir?“ Der Puk ließ seine Belohnung nicht eine Sekunde aus den Augen.
Denny fasste in seine Anzugtasche und hielt den Paraiba hoch.
„Meinen sie diesen hier?“
„Ja, nun mach schon. Du brauchst dann nur noch abzuwarten.“
Pantelli hatte es eilig und von einer Sekunde zur anderen warf er sich in Willis Rucksack hinein. Lautes Schmatzen war daraus zu hören. Denny - gefolgt von Mian und Rüstem - ging ans Ufer des Sees und tauchte den Turmalin vollständig ein.
Zunächst geschah nichts. Doch dann begann der ganze See zu sprudeln und das azurblaue Wasser verfärbte sich in ein helles Rot. Das Sprudeln ebbte ab und die Farbe ging in ein sattes Grün über. Denny und die anderen starrten wie gebannt auf den See. Pantelli lugte wieder aus der Tasche.
„Was ist los? Worauf wartet ihr denn noch? Grüner wird’s nimmer.“
Willi eilte mit den leeren Wasserbehältern an Denny vorbei. Nach einer Weile waren alle Kanister mit dem kostbaren Wasser gefüllt. Mian hatte währenddessen schnell die Rucksäcke geleert, wobei aus einem der Puk mitsamt Gemüse herausgerutscht war und unsanft auf dem Boden aufkam. Pantelli ließ sich kaum davon beeindrucken und kaute genüsslich weiter.
Der See hatte sofort sein herkömmliches Blau zurückgewonnen, als Denny den Paraiba aus dem Wasser nahm und in seinem Anzug verstaute.
„Und wann kommt der junge Hüter wieder zurück?“
Denny drehte sich um und sah auf den Puk, der ohne sein Mützchen mittlerweile mit ausgestreckten Beinen und weiter kauend auf einem Moosbett lag.
„Das wird nicht so lange dauern … denke ich. Sicherlich brauchen wir in Kürze mehr von dem Wasser. Keine Angst, wir halten unser Versprechen und bringen Ihnen Ihr <Gmüs>.
Zufrieden blickte Pantelli verträumt in den wolkenlosen Himmel.
Zügig schlugen die Vier den gleichen Weg zurück ein. Sie trennten die Monde von ihren Planeten - mit dem Ergebnis, dass sich der halboffene Saal wieder schloss. Dann sammelten die Jungs und Willi die Prasensteine des steinernen Torbogens ein und wirkten sie an ihren Platz. Die Quarzsteine, die sie in dem dunklen Waldstück bei dem schlafenden Lindwurm zurückgelassen hatten, leuchteten noch immer. Die Wanderstacheleibe war ihrer Wege gegangen und Moana schlief friedlich in der Kiefergabel. Behutsam bugsierte Rüstem sie mit seinem roten Achat heraus und legte sie direkt neben dem Lindwurm ab.
„Wartet mal“, rief er, „ich will kurz noch was erledigen.“
Rüstem schritt auf den Lindwurm zu und klopfte ein paarmal kräftig dessen hinteren Löwenschenkel.
„Ey, was machst du da?“, entfuhr es Mian schroff. „Willst du dich jetzt nicht lieber um Moana kümmern? Wir sollten zurück zum Beutling.“
Denny war der gleichen Meinung. „Mian hat Recht, es wird wirklich Zeit. Außerdem wird es auf dem Rückweg mit Moana mit Sicherheit länger dauern.“
„Tschuldigt“, reagierte Rüstem kleinlaut und nahm Moana sofort wieder auf. „Lindwurm klopfen - mir war so.“
„Na, dann kannst du von diesem einzigartigen Erlebnis ja mal deinen Kindern erzählen“, reagierte Willi genervt und schritt als Erster den von Tessa eingezeichneten Pfad bis zu seinem Ursprung zurück. „Geschafft!“, rief Denny nach hinten und blinzelte gegen die Sonne.
„Endlich!“, stieß Mian erleichtert aus. „Wir sollten unsere Laufsteine nutzen, schlage ich vor. Rüstem wird dabei sicher mit Moana keine großen Probleme haben.“
Rüstem, der wirklich keinerlei Probleme damit hatte, ihre Zwillingsschwester vor sich herzutragen, ging mit ihr als letzter in der Reihe und war kurz davor, ebenfalls ans Tageslicht zu gelangen.
„Denny, mein Junge!“, erklang es überraschend. Denny kannte diese Stimme und schreckte zusammen. Professor Sauer stand auf eine Böschung.
„Herr Direktor!“ Überrascht ging Denny ein paar Schritte auf ihn zu. „Wie kommen Sie hierher?“
„Denny! Junge! Was ich hier mache? Wir haben dich und deine Freunde überall in den Wäldern gesucht, nachdem man euch im Kolleg nirgends finden konnte.“
Der Schuldirektor machte keine Anstalten, ihnen entgegen zu kommen, sondern blieb neben einem Baum stehen.
„Wir haben jemanden in Südafrika finden können, der Wandereibenwurzeln vertreibt. Der Wurzelsaft wird morgen im Beutling eintreffen und Tessa endlich aus ihrem Tiefschlaf holen.“
Denny stutzte. Natürlich freute er sich sehr
darüber, dass seine Wächterin endlich wieder aufwachen würde. Doch
es kam ihm seltsam vor, dass es den Professor gar nicht zu
interessieren schien, woher sie kamen. Mit einer kurzen
Handbewegung deutete er Mian und Willi - die dicht hinter ihm
standen - an, zu Rüstem und Moana zurückzugehen.