Meine Mutter war, wie ich sonst immer dachte, nie Steinmagierin und kommt nicht aus Frankreich. Sie hatte schon immer in Deutschland gelebt.“
„Heißt das“, fragte Denny dazwischen, „dass du halb Elbe, halb Steinmagierin bist?“
„Im Moment ja. Nach meiner Zeit im Kolleg muss ich mich dann für eine Seite entscheiden. Es war von Anfang an so gewollt, dass ich mein Praktikum bei einer Elbe durchführe. Das hat mir Professor Hoffalt mitgeteilt, und zwar mit der Auflage, es niemanden zu sagen. Deswegen habe ich mich nicht in die Liste eingetragen.“
„Cool! Was machen Feuerelben denn so?“, wollte Rüstem wissen.
Denny merkte Fabienne an, wie gern sie von ihrer Praktikumszeit erzählte. Ein Lächeln zeichnete sich in ihrem Gesicht ab, als sie ihn anschaute. „Feuerelben besitzen sehr viel Energie und können ohne Probleme Menschengestalt annehmen. Sie kennen das Geheimnis vom Element des Feuers, können seine fressende Kraft zum Nutzen aller Lebewesen auf der Erde bändigen und begrenzen den Schaden, den das Feuer anrichten kann. Und wenn Menschen sie darum bitten, erhalten sie von ihnen Unterstützung bei Löscharbeiten. Sie können sogar Blitze leiten.“
Mike, der ebenfalls Fabiennes Worten gebannt folgte und wieder hellwach war, fragte: „Und wie viel Punkte hast du nach dieser Zeit?“
„Es wurden mir keine abgezogen. Ich erhielt stattdessen eine Einführung in das Leben der Elben.“
„Dann hast du sicherlich genau wie ich kein Abschiedsgeschenk erhalten“, stellte Juli fest, der man die Enttäuschung immer noch ansehen konnte.
Fabienne griff in ihre große Reisetasche und holte einen langen Kasten aus Kiefernholz heraus. Mit größter Sorgfalt legte sie ihn in die Mitte des Tisches. „Doch! Habe ich und es ist hier drin. Aber es ist in dem Sinne kein Abschieds-, sondern ein Einführungsgeschenk, welches jede Elbe bei der Offenbarung erhält.“
„Offenbarung?“, fragte Denny.
„Ja, es ist der Moment, in dem jemand erfährt, dass sie eine Elbe ist, und die anderen Elben sich der Neuen offenbaren. Normalerweise passiert das wesentlich früher, doch wenn ein Elternteil Steinmagier ist, erfolgt die Einführung erst mit der Aufnahme in das Kolleg für Steinmagie.“
„Und was ist da nun drin?“, drängelte Moana ungeduldig.
Rüstem konnte ebenso seine Neugier kaum noch zügeln. „Genau! Lass endlich mal sehen.“
Fabienne öffnete vorsichtig den Holzkasten. Alle beugten sich nach vorn. Ein goldener Bogen, reich verziert und mit Edelsteinen besetzt, kam zum Vorschein. Daneben lag ein ebenso mit Gold und Steinen verarbeiteter Köcher, auf dem der eingravierte Name von Fabienne zu lesen war. In dem Köcher steckte ein einziger Pfeil, dessen Funkeln den des Bogens übertraf.
Rüstem kroch fast in den Kasten hinein und hauchte: „Wie geil ist das denn?“
„Krasses Teil!“ Denny war wie alle anderen am Tisch überwältigt und fasziniert von dem, was da vor ihnen schimmerte.
„Ist der schön!“, säuselte Mian verträumt.
„Sag mal, tragen Elben etwa Waffen?“, fragte Denny irritiert. „So viel ich weiß, gelten Elben doch eigentlich als friedfertige Wesen.“
„Es ist keine Waffe, sondern ein Verhinderungsbogen“, klärte die Halbelbe sie auf. „Wo immer dieser Pfeil sein Ziel erreicht, dort verhindert er Schlimmeres.“
„Das kann dann höchstens einmal klappen“, stellte Rüstem fest und wies mit dem Finger auf den einzelnen Pfeil.
Fabienne zog diesen daraufhin aus dem Köcher und wie aus dem Nichts, kam ein neuer darin zum Vorschein. „Immer, wenn einer den Köcher verlässt, erscheint ein neuer.“ Fabienne steckte den Pfeil wieder an seinen Platz zurück. Der vorherige war wieder im Nichts verschwunden.
„Es ist zwar noch zu früh darüber nachzudenken, aber was passiert denn jetzt weiter mit dir, solange du die siebente Ebene noch nicht abgeschlossen hast?“, wollte Denny wissen.
„Ich werde bis dahin an den regelmäßigen Treffen und Feiern der Elben teilnehmen. Seid mir bitte nicht böse, wenn ich euch nicht sagen kann, wann und wo sie stattfinden. Das darf ich nämlich nicht.“ Sie verstaute den Kasten wieder in ihrer Tasche.
„Ist schon ok, Fabienn‘!“, erwiderte Mian verständnisvoll. „Und dein Elbengeheimnis, sofern es eins sein sollte, bleibt natürlich unter uns. Geheimnisse sind bei uns immer gut aufgehoben, nicht wahr Jungs?“ Augenzwinkernd lächelte sie Denny und Rüstem zu, die zurück grinsten.
Fabienne lächelte. „Das ist nett von euch. Im Moment wär es wohl das Beste, denn ich muss ja erst mal selber damit klarkommen.“
Sie saßen noch bis spät am Abend beisammen. Denny und seine drei besten Freunde ließen sich auf dem Heimweg zurückfallen, zumal Rüstem und die Zwillinge noch nicht alles wussten, was während Dennys Praktikum geschah.