5

Die Musik des Streicherensembles durchströmte den Ballsaal von Givons Grove, und die Stimmen der Gäste, ihr Lachen, das durch den Raum perlte wie der Champagner in den Gläsern, ebbten auf und ab wie das Meer an einem heiteren, windstillen Tag, umflossen Jeremy, ohne ihn zu berühren.

Bis vor wenigen Augenblicken hatte er sich in der wohltuenden Gewissheit gewiegt, nahezu unsichtbar zu sein in seinem zwar gebraucht gekauften, aber fast neuen und auf seine Maße abgeänderten Frack, auf den er lange gespart hatte. Als stiller Beobachter der tanzenden Paare stand er vor einem der Wandspiegel, die den Raum mit den roten Seidentapeten und den riesigen Ölgemälden, den üppigen Stuckleisten in Weiß und Gold noch größer erscheinen ließen.

Immer wieder spürte Jeremy die Augen des Colonels auf sich. Es wäre ihm ein Leichtes gewesen, sich unter die Ladys und Gentlemen zu mischen und sich unsichtbar zu machen, doch das wäre ihm feige vorgekommen.

Und so sah er Colonel Norbury unverwandt entgegen, als dieser seine Unterhaltung mit Lord Grantham und zwei weiteren Gentlemen gesetzteren Alters beendete und auf ihn zukam. »Colonel Sir.«

»Mr Danvers«, begann der Colonel. »Wie Sie wissen, pflege ich üblicherweise Profession und Privatleben klar voneinander zu trennen. Sehen Sie es mir also nach, wenn ich ausgerechnet hier und heute noch einmal auf unsere Auseinandersetzung in der letzten Stunde zu sprechen komme. Nicht als Ihr Professor – sondern als altgedienter Soldat, der das Wort an einen wenn auch nicht unerfahrenen, so doch wesentlich jüngeren Soldaten richtet.«

»Colonel Sir.« Jeremys Miene war ausdruckslos.

»Dass Sie im Gegensatz zur überwältigenden Mehrheit der Kadetten nicht unmittelbar von der Schulbank nach Sandhurst gekommen sind, sondern bereits Dienstzeit in der Armee vorzuweisen haben – das sehe ich als unschätzbaren Vorteil für Sie an. Doch gerade aufgrund dieser Erfahrung müssten Sie sich darüber im Klaren sein, dass Sie es mit Ihrer Einstellung, die Sie nicht nur in meinem Unterricht so offen zur Schau tragen, nach Ihrer Zeit in Sandhurst schwer haben werden.«

»Dessen bin ich mir durchaus bewusst, Colonel Sir.«

Colonel Norbury dämpfte die Stimme. »Warum behalten Sie Ihre Meinung dann nicht für sich?«

Eine steile Falte erschien zwischen Jeremys Brauen. »Weil ich keinen Grund sehe, nicht offen zu meiner Überzeugung zu stehen. Bislang haben Struktur und Strategie unserer Armee Erfolg gehabt – weil uns im Kampf die entsprechenden Gegner gegenüberstanden. Darauf können wir uns aber nicht ausruhen. Sollten wir eines Tages auf einen Feind treffen, der sich in der Schlacht nicht so verhält, wie wir es erwarten, steht uns ein böses Erwachen bevor.«

Der Colonel musterte den jungen Kadetten gründlich, ehe er im Takt seiner Worte auf Jeremy deutete. »Sehen Sie, Danvers – deshalb habt Ihr Männer aus der Mittelklasse einen solch schlechten Ruf unter den Offizieren. Ihr glaubt, die Armee bräuchte Eure großartigen neuen Ideen. Das Gegenteil ist der Fall: Ihr bringt Unruhe in die Reihen der Soldaten. Ihr nehmt in Kauf, die Armee zu zersetzen. Und das, Danvers – das ist das Gefährlichste überhaupt.«

Jeremys Kinn schob sich eine Spur vor, als er nachdachte. Er wusste, was der Colonel von ihm hören, wo er ihn hinhaben wollte. Der Weg des geringsten Widerstandes war indes noch nie seine bevorzugte Wahl gewesen. »Ich habe zwar bisher noch nicht in einem Krieg gekämpft, geschweige denn in mehreren, wie Sie, Colonel Sir, und meine vier Dienstjahre als Private in Irland lassen sich keineswegs mit Ihrer Erfahrung vergleichen. Und trotzdem bin ich bei allem Respekt Ihnen gegenüber von der Richtigkeit meiner Ansichten nach wie vor überzeugt.«

Bedauern erfüllte den Colonel, als er einmal mehr feststellte, dass Jeremy Danvers das Quäntchen an Starrsinn und Entschlusskraft zu viel hatte, das seinem eigenen Sohn fehlte.

»Unter uns, Mr Danvers: Ihre Leistungen in den einzelnen Fächern sind überragend. Wenn Sie dieses Niveau in den Prüfungen nächsten Monat halten, haben Sie gute Aussichten, unter die besten zehn dieses Jahrgangs zu kommen. Sofern Sie mit Ihren Ansichten nicht an der Prüfungskommission scheitern. Darin sitzen nämlich Offiziere, die derlei Äußerungen weitaus persönlicher nehmen als ich.« Als Jeremy schwieg, fügte er hinzu: »Ich nehme an, Sie wissen, dass es ein harter Kampf war, Ihre Aufnahme in Sandhurst durchzusetzen.«

Jeremy nickte. »Ja, Colonel Sir, das ist mir bekannt.«

Trotz seiner körperlichen Voraussetzungen, den Verdiensten seines Vaters auf der Krim und den Empfehlungen zweier seiner Vorgesetzten des 64. Infanterieregimentes von Staffordshire und trotz seiner hohen Punktzahlen bei der Eingangsprüfung in Algebra, Geschichte, Geographie und einer Fremdsprache hatte es erhebliche Bedenken gegeben, was seine nicht standesgemäße Herkunft betraf. Schließlich bewarben sich jedes Jahr über sechstausend Söhne aus den besten Familien des Königreichs um einen der höchstens einhundertfünfzig Plätze in Sandhurst. Söhne von Generälen und anderen hochrangigen Offizieren; Söhne, deren Vater ein Marquis war oder ein Earl oder ein Baron. Söhne, die die Tradition ihrer Väter und Großväter fortführen sollten, die Elite der Oberschicht zu stellen, indem sie die Offizierslaufbahn einschlugen. Söhne vor allem, die ihre vorangegangene Ausbildung in Cheltenham genossen hatten, in Winchester, Harrow und Eton – und nicht in der Freischule von Christ’s Hospital in Lincoln.

»Vermutlich wissen Sie nicht, dass ich einer von denjenigen war, die sich für Ihre Aufnahme eingesetzt haben?«

Ein überraschter Funke entzündete sich in Jeremys dunklen Augen.

»Doch, Mr Danvers, genauso war es. Ich war überzeugt, dass Sie Ihre Chance verdient haben. Eine Entscheidung, an der ich noch immer festhalte.« Der Colonel atmete tief durch. »Ich könnte Sie jetzt bei der Ehre packen und Sie darauf hinweisen, dass Sie mich in schlechtem Licht dastehen lassen, wenn Sie versagen. Aber darum geht es mir nicht. Mir geht es um Sie. Abgesehen von Ihren bedenklichen Ansichten halte ich Sie für einen vielversprechenden Offiziersanwärter, und die Vorstellung, dass Ihre Karriere zu Ende sein könnte, noch ehe sie wirklich begonnen hat, schmerzt mich.«

Er machte eine kleine Pause, und Jeremy glaubte die Andeutung eines Lächelns im Gesicht des Colonels gesehen zu haben. »Wäre schade um Sie. Unser Land braucht solche Männer.«

Ohne ein weiteres Wort ließ Colonel Norbury ihn stehen.

Jeremy senkte den Blick auf sein Glas. Sein Herz pumpte kraftvoller; stolz schlug es und stark. Setzte kurz aus, als ein ausgelassenes Lachen zu ihm herüberflog. Allzu vertraut, allzu verlockend. Er blickte auf.

Den Kopf in den Nacken gelegt, lachte Grace über die Bemerkung eines rotblonden Gentlemans, irgendeines Cousins von Leonard und Cecily, der sich im Erfolg seiner geglückten Pointe sonnte. Sie fing Jeremys Blick auf, und ihr Lachen verklang, wich einem stillen Lächeln.

Erst schien sie zu zögern, legte dann aber mit einer kurzen Entschuldigung die Hand in dem langen Seidenhandschuh flüchtig auf den Arm ihres Begleiters und kam auf Jeremy zu. Das Licht des Raums, gebrochen durch die unzähligen Kristalle der Lüster, fing sich in ihren tropfenförmigen Ohrringen, in der Stickerei aus goldenen und kupferfarbenen Metallfäden ihres ärmellosen Kleides, das an dem viereckigen Ausschnitt mit zimtfarbenen Federn gesäumt war. Der Widerschein der Lichtreflexe überstrahlte das orientalische Muster in Jadegrün, Malachit und Cognacbraun und umgab Grace’ Gestalt wie mit einer leuchtenden Aureole. Aber möglicherweise lag es auch an Jeremy selbst, dass ihm seine Wahrnehmung ein solches Trugbild vorgaukelte.

Einige Herzschläge lang standen sie stumm voreinander, bis Grace schließlich leise sagte: »Du hast heute noch gar nicht mit mir getanzt.«

Seine Mundwinkel verzogen sich fast unmerklich. »Auf deiner Tanzkarte wird auch gar kein Platz mehr frei sein.«

»Doch, sie ist so gut wie leer«, antwortete sie gelassen.

Jeremy schnalzte mit der Zunge. »Sie lügen, ohne rot zu werden, Miss Norbury.«

Grace’ linke Braue hob sich, während ihre Augen vergnügt glänzten. »Und Sie vergessen sich, Mr Danvers – eine Lady der Lüge zu bezichtigen!« Unvermittelt wieder ernst, tastete sie sich gleichsam wie auf Zehenspitzen weiter heran. »Wir haben noch nie miteinander getanzt. Wenn ich genauer überlege, habe ich dich noch nie tanzen sehen.«

»Was daran liegen mag, dass ich mich nicht mit Dingen abgebe, für die ich kein Talent besitze.«

Grace biss sich auf die Unterlippe, und ihre Wangen brannten unter dieser Abfuhr, die sich anfühlte wie eine Ohrfeige. Unter halb gesenkten Lidern schluckte sie ihren Stolz herunter und sah Jeremy wieder an. »Und wenn ich dich einfach darum bitte? Um diesen einen Tanz?«

Er war versucht, Nein zu sagen, weil er ein Ja gewiss bereuen würde. Denn je näher er Grace kam, umso größer wurde der Hunger nach mehr, immer mehr. Ein Hunger, der ihn hilflos machte, weil er nicht wusste, wie er ihn je stillen sollte. Und dennoch stellte seine Hand das Glas auf einer der Wandkonsolen ab, und sein Arm bot sich Grace an. Seine Augen wanderten zu Boden, betrachteten die Spitzen der cognacfarbenen Pumps, die unter dem Saum hervorblitzten. »Schade um die schönen Schuhe.«

Grace lächelte. »So hat eben alles seinen Preis ...«

Dann schwiegen sie, denn kein Wort hätte auszudrücken vermocht, wie es sich anfühlte, sich so nahe zu sein, sich zu berühren, in diesem behutsamen Tanz, der seinem eigenen Takt folgte, in den sie beide von selbst fanden.

Der ein Stückchen Ewigkeit war und doch viel zu schnell vorbei.

»Du gestattest?« Leonard forderte mit entschuldigendem Lächeln sein Recht auf den nächsten Tanz ein.

Einen Wimpernschlag lang spielte Jeremy mit dem Gedanken, Grace einfach nicht loszulassen. Nie mehr. Doch gerade ihm würde ein solcher Bruch der Regeln nicht verziehen werden. Nicht solange er sich im Niemandsland befand zwischen Zivilist und Offizier, zwischen seiner Herkunft und der Stellung, die man ihm als Kadett in Sandhurst ebenso gnädig wie zähneknirschend einräumte und der er in allem verpflichtet war, was er sagte oder tat.

Ihm blieb keine Wahl. »Natürlich.«

Lady Grantham beobachtete gedankenvoll die tanzenden Paare in der Mitte des Saales. Ihr Fächer schnappte auf und wieder zu, während sie suchend umherblickte. Als sie sah, wie ihr Gatte sich bei Lady Norbury dafür entschuldigte, dass er sie für diesen Tanz der Gesellschaft seiner Schwester Lady Chesterton beraubte, zögerte sie keinen Augenblick.

»Ein hinreißendes Kleid, das Grace da trägt«, sagte sie, als sie unter dem Geraschel ihrer Seidenrobe in Tannengrün und Schwarz auf Lady Norbury zutrat.

»Sie wird sich freuen, das zu hören«, erwiderte diese belustigt. »Mir gefällt es zwar auch, aber ich fand es eine Spur zu dunkel für ihr Alter und ein klein wenig zu mondän. Grace hingegen meinte, sie sei inzwischen den hellen Tönen für den Abend entwachsen.« Sie schmunzelte über den Rand ihres Champagnerglases hinweg. »Natürlich hat sie sich durchgesetzt.«

»Ja«, meinte Lady Grantham versonnen, »Grace ist eine starke Persönlichkeit. Ein ganz besonderer Mensch.« Sie schwieg einen Augenblick, ehe sie fortfuhr: »Es ist vielleicht nicht der richtige Augenblick, es anzusprechen, aber ... Sollte Leonard um Grace’ Hand anhalten – dürfte er dann mit Ihrer Zustimmung rechnen?«

Constances Finger fuhr am Fuß des Glases entlang. »Hat Leonard sich dahingehend bereits geäußert?«

Lady Granthams Mund zeigte ein heiteres, etwas wehmütiges Lächeln. »Leonard hat sein Herz bereits vor langer Zeit an Grace verloren. Schon als Junge hat er immer gesagt, er werde sie eines Tages heiraten. Ich habe das viele Jahre lang als Kinderei abgetan, ich war überzeugt, er würde sich über kurz oder lang in eine andere verlieben. Gerade in den Monaten bevor Grace aus dem College zurückkehrte und Leonard sich im Ausland aufhielt. Da hatte ich jeden Tag mit einem Brief von ihm gerechnet, dass er seine zukünftige Frau gefunden habe. Obwohl«, sie holte tief Atem, »obwohl ich im Stillen immer auf Grace als unsere Schwiegertochter gehofft hatte.« Ihr zugeklappter Fächer wies in Richtung der Tanzfläche. »Die beiden sind wie füreinander geschaffen.«

Constance betrachtete Grace, die schwungvoll und lachend und leichtfüßig mit Leonard über den Parkettboden glitt. Leonard und Grace wirkten wahrhaftig wie aus ein und demselben Stoff gemacht, aus Sonnenlicht und aus den Sommerfeldern von Surrey. Als ob der Landstrich, in dem sie beide tief verwurzelt waren, ihre Seelen in vollkommenem Einklang schwingen ließe.

»Wie ich meinen Sohn kenne«, sagte Lady Grantham leise neben ihr, »würde er Grace die Sterne vom Himmel holen.«

Ihr Vater, der General, hatte Constance gelehrt, dass Herkunft, Stand und Vermögen nicht halb so viel zählten wie Charakter, und an diesen Grundsatz hatte sie sich immer gehalten. Es wäre jedoch naiv, wenn nicht gar heuchlerisch gewesen, nicht in Betracht zu ziehen, dass Leonard Hainsworth als eine der besten Partien von Surrey galt. Givons Grove war mehr als dreimal so groß wie Shamley Green, und gäbe Grace ihr Jawort, so wäre sie damit nicht nur eine Lady Hawthorne, sondern irgendwann in ferner Zukunft, wenn Leonard seinem Vater als Earl of Grantham nachfolgte, auch eine Countess of Grantham, auf Hawthorne House in Lincolnshire. Und welches Mutterherz, welche Vaterpflicht wünschte der Tochter nicht eine solch gesicherte, sorglose Zukunft?

Trotzdem war ihr wehmütig zumute bei dem Gedanken, Grace in nicht allzu ferner Zeit verlieren zu müssen. Ihr war, als sei es erst gestern gewesen, dass sie, etwas jünger sogar noch, als Grace es heute war, in der kürzesten Nacht des Jahres, an Mittsommer, dieses Kind auf Shamley Green zur Welt gebracht hatte, das vom ersten Atemzug an stark gewesen war und so voller Leben. Aber wenn sie ihre Tochter schon einem Manne anvertrauen musste – und das würde sie müssen, eines Tages –, dann war ihr keiner lieber als Leonard. Constance kannte ihn beinahe so lange und so gut wie ihre eigenen Kinder, und sie hegte nicht den geringsten Zweifel daran, dass Grace an seiner Seite glücklich werden würde.

»Grace ist bald mündig und bräuchte unsere Zustimmung nicht mehr«, sagte sie schließlich. »Natürlich kann ich nicht für Sir William sprechen, aber ich glaube nicht, dass er irgendwelche Einwände hätte. Und ich selbst könnte mir keinen besseren Mann für Grace vorstellen. Das letzte Wort liegt allerdings bei ihr ganz allein.«

Als sie jedoch sah, wie vertraut, geradezu herzenseinig die beiden in den ausklingenden Takten der Melodie die Köpfe zusammensteckten, schien es mehr als unwahrscheinlich, dass dieses letzte Wort von Grace ein Nein würde.

»Hast du nachher einen Moment für mich?«, flüsterte Leonard ihr zu. »Ich will dir etwas zeigen.«

»Hol mich einfach nach diesem Tanz ab, ja?«, antwortete Grace leise, als er sie an Henry Aldersley vom benachbarten Anwesen Headley Park übergab, dem sie die Polka versprochen hatte.

»Verlass dich drauf.« Er zwinkerte ihr zu und zog sich mit einem angedeuteten lässigen Winken von der Tanzfläche zurück, um zwischen den Umstehenden auf das Ende des Tanzes zu warten.

Stephen hockte am Fuß der großen Steintreppe auf der Rückseite des Hauses, in der Ecke, die im tiefen Schatten eines riesigen steinernen, auf seinen Vorderpfoten ruhenden Greifs lag. Nur ein blasser Schein aus den dottergelben Rechtecken der Fenster drang bis hierher, nur ein schwaches Echo der Musik. Vor ihm erstreckte sich der berühmte Garten von Givons Grove, ein Labyrinth aus getrimmten Buchsbäumen um edle Rosensträucher, geometrisch angelegte Blumenrabatten und seltene Ziersträucher, gut einhundertfünfzig auf fünfzig Yards groß, eingefasst von einer Backsteinmauer zum Schutz gegen das Wild aus den umliegenden Wäldern. In dieser Nacht erhellten den Garten unzählige japanische Lampions, die im Spalier der Kletterrosen hingen, und das leise Gemurmel der Gäste, die die Feier für einen kurzen Spaziergang unterbrachen, drang herauf, ihre raschelnden Schlenderschritte über den Kies, manchmal durchsetzt vom Kichern eines oder mehrerer Mädchen.

Von hinten näherten sich langsame Schritte, kamen zielstrebig die Stufen herab auf ihn zu.

Stephen schickte sich schon an, hastig seine Zigarette auszudrücken, als er Jeremys Stimme hörte. »Na?«

»Du bist’s«, seufzte er, als dieser sich mit einem Glas in der Hand neben ihn setzte. »Ich dachte schon, es wäre mein alter Herr. Der bekommt einen Anfall, wenn er mich beim Rauchen erwischt.«

»Ich hätte dich beinahe übersehen.«

»Das«, gab Stephen mit einer belehrenden Geste zurück, »ist der Sinn dieses Platzes.« Seine Stimme klang verwaschen, und neben der zerknüllten Frackjacke zu seinen Füßen blinkte der Hals einer Flasche auf.

Stephen schnippte die ausgerauchte Zigarette auf den Kies, stellte sein Glas neben sich ab und öffnete mit unsicheren Fingern das silberne Etui, hielt es Jeremy hin. »Auch eine?«

Er gab ihm Feuer und zündete sich selbst die nächste an.

Eine Weile rauchten sie schweigend, war nur ihr Inhalieren zu hören und das Ausblasen des Rauches.

»Wo hast du Becky gelassen?« Als Jeremy Stephen zuletzt im Ballsaal gesehen hatte, hatte dieser Beckys Drängen endlich nachgegeben und sich auf die Tanzfläche ziehen lassen.

»Weiß ich doch nicht. Ist mir auch egal.«

»Hab ich was verpasst? Bislang konntest du sie doch ganz gut leiden.«

»Nein. Das heißt – ja! Ich mag Becky. Wirklich! Sie ist nur oft so ... so ...« Die rote Glut kreiste durch die Luft, als Stephen mit einer fahrigen Geste nach dem passenden Wort suchte. »So überbordend.«

Jeremy lachte auf, kurz und trocken. »Oh ja, das ist sie.«

Stephen stieß heftig den Rauch aus, stützte den Ellenbogen auf sein Knie und betrachtete seine Zigarette. »Erzähl mir mal lieber, was das mit dir und Grace ist.«

Jeremy schwenkte den Rest Whisky in seinem Glas, trank einen Schluck und noch einen. »Keine Ahnung, was du meinst.«

»Ach komm!« Stephen schnaubte. »Ich mag zwar ein Versager sein, aber ich bin kein Volltrottel!«

Während Jeremy schwieg und sich allmählich mit dem Gedanken anfreundete, Stephen ins Vertrauen zu ziehen, lenkten eilige Schritte auf der Terrasse sie ab, und ihre Köpfe wandten sich im Schutz der Treppe um.

Leonard war schon auf der dritten Stufe angelangt, während Grace stehen geblieben war.

»In den Garten?«

Er drehte sich halb zu ihr um und lachte. »Warum nicht?« Er streckte die Hand nach ihr aus. »Oder traust du mir nicht?«

Grace ergriff seine Hand, und gemeinsam sprangen sie die Treppe hinab. Ihre Schritte auf dem Kies, ihr Lachen entfernten sich schnell und dennoch quälend langsam für Jeremy.

»Da hast du gerade alles gesehen, was es über Grace und mich zu wissen gibt.« Jeremy kippte den Rest seines Whiskys in einem Zug hinunter, doch der bittere Geschmack auf seiner Zunge blieb.

Wie er warf Stephen seinen Zigarettenstummel weg, griff nach der Flasche und schenkte Jeremy nach, bevor er sich selbst bediente.

»Jaaa«, seufzte er. »Der immer perfekte, immer strahlende, allseits beliebte Len, der alles kann und alles hat.« Überraschend harsch klang er.

»Ich dachte, ihr seid alte Freunde.«

»Sind wir auch. Ich find’s nur zum Kotzen, dass er mir dauernd als leuchtendes Beispiel vorgehalten wird. Ich bin nun mal nicht wie er.«

»Wer ist das schon«, murmelte Jeremy, und klirrend stießen sie mit ihren Gläsern an.

»Sind es die Prüfungen, die dir zu schaffen machen?«, fragte er nach einer Weile leise.

»Die Prüfungen.« Stephens Kopf wippte bedächtig auf und ab. »Sandhurst. Dieser ganze verfluchte Militärmist.«

Jeremy rieb sich nachdenklich mit dem Handrücken über das Kinn. »Und wenn du einfach durchfällst? Dann wärst du raus aus der Sache.«

»Und dann?! Glaubst du, mein Vater lässt mich dann endlich an die Universität? Nie im Leben! Dann stehe ich da, ohne rechte Ausbildung, ohne einen Penny. Womöglich enterbt mich der Alte und ich bekomme später nicht einmal mehr Shamley! Nein, Jeremy, aus der Sache komme ich so schnell nicht mehr raus!« Er war den Tränen nahe.

»Wo führst du mich denn hin?«

»Wirst du gleich sehen.«

»Ich sehe rein gar nichts, Len, weil es hier verflixt dunkel ist!« Grace verschluckte sich beinahe an dem Lachen, das ihr in der Kehle saß.

»Nur noch ein kleines Stück!«

Leonard hatte sie an der Schmalseite der Gartenmauer entlanggeführt und dann über den Rasen, weiter als der Lichtschein aus dem Haus und von den Lampions reichte, die hier nur noch als schimmernde Flecken zu sehen waren. Er zog sie durch eine Lücke im Gebüsch hindurch und ließ ihre Hand los, drehte sich auf dem Absatz um und ging rückwärts weiter.

Grace blieb stehen, als sie das weiße Leuchten vor sich sah. Eine Gruppe alter knorriger Apfelbäume stand in voller Blüte und warf das Licht der Sterne zurück. So wie die weiß blühende Fliederhecke dahinter, die einen betäubenden Duft verströmte. In eine Zauberwelt hatte Leonard sie entführt, die sie überwältigte und stumm machte.

Leonard konnte den Blick nicht von ihr wenden, sich nicht sattsehen daran, wie sich das Nachtlicht über sie ergoss, sodass sie aussah wie eine Fee, so als wäre sie nicht ganz von dieser Welt. Und doch war es immer noch dieselbe Grace, mit der er beinahe sein ganzes Leben lang herumgealbert und gelacht hatte. Von der er wusste, dass auf ihrem rechten Knie eine winzige Narbe prangte, weil er dabei gewesen war, als sie es sich mit sieben an einem Stein auf einem Feldweg aufgeschlagen hatte. Die ihm mehr als einmal beim Spielen in den Sommerwiesen einen Bienenstachel herausgezogen, die pochende Stelle mit ihrer Spucke benetzt und darauf gepustet hatte, um sie zu kühlen. Mit der er über die Felder gestreift war, sommers wie winters, Jahr um Jahr. Jahre, in denen sie wuchsen und reiften wie der Weizen aus dem Keimling.

Am Fuß eines der Bäume bückte er sich und hob etwas auf.

»Gib mir deine Hand.«

Sie kam näher, und er legte es in ihre ausgestreckte Handfläche: ein kleiner Strauß aus Gänseblümchen, die Stängel zusammengebunden und noch nass von dem Wasser, in dem sie gestanden haben mussten.

»Erinnerst du dich?«, fragte er leise.

»Natürlich erinnere ich mich«, wisperte sie, ein flatteriges, glückliches Lächeln auf den Lippen.

Ein Nachmittag auf Givons Grove, in einem Mai, der lange zurücklag. Komm mit, Gracie, ich hab was für dich! Zwei Kinder, die barfuß durch das Gras rannten. Der Junge mit dem flachsblonden Lockenkopf vorneweg, das Mädchen mit der großen Schleife im weizenhellen Haar hinterher. Blühende Apfelbäume, in denen Hummeln summten, und der Duft von weißem Flieder. Eine Handvoll Gänseblümchen, die Enden der Stängel aufgeweicht und glitschig. Die hab ich für dich gepflückt! Und während die kleine Grace sich noch an den Blumen freute, um die sie die Finger geschlossen hatte, legten sich heiße Jungenhände auf ihre Wangen, und ein Mund drückte sich fest auf den ihren, ein Mund, der nach Äpfeln schmeckte und nach Butterkuchen.

»Ich war sechs und du fünf«, raunte er.

Grace nickte, überschwemmt von gemeinsamen Erinnerungen.

»Wir sind keine Kinder mehr.« Seine Stimme klang tief, tief und zärtlich.

»Ich weiß«, flüsterte sie und sah auf.

Er stand dicht vor ihr und lächelte, und Grace begriff.

Bitte nicht, Len. Bitte. In Abwehr wollte sie den Kopf schütteln, doch sie war wie gelähmt.

Noch vor einem Jahr hätte sie es geschehen lassen. Da wäre dies ein Moment des Herzklopfens und des vollkommenen Glücks für sie gewesen. Weil sie geglaubt hatte, was jeder in und um Shamley Green und Givons Grove glaubte: dass sie und Leonard füreinander bestimmt waren. Nicht, Len. Ich will dir nicht wehtun müssen.

Nicht Leonard, den sie so lieb hatte wie Stephen. Genau so, auf dieselbe Weise, wie Zweige, die aus demselben Wurzelstock hervorgegangen waren, unter derselben Sonne, demselben Regen gewachsen waren. Nicht mehr und nicht weniger, wie sie inzwischen wusste. Aber nicht genug. Nicht so, wie sie Jeremy liebte. Nicht gleich zu Beginn, nicht schon an jenem Samstag im November, als Stephen ihn für das Wochenende aus Sandhurst mitgebracht hatte. Es hatte Zeit gebraucht, einen ganzen Winter und ein Frühjahr, bis sie es fühlte. Bis die vage Ahnung, was mit ihr geschah, zur Gewissheit wurde.

Bitte nicht, Len.

»Du legst dich wohl besser schlafen.« Jeremy hob die Frackjacke auf, ließ die ausgetrunkenen Gläser, die geleerte Flasche stehen und zog Stephen hoch. »Stell dich schon mal drauf ein, dass es dir morgen miserabel gehen wird.«

Stephen brummte etwas Unverständliches, während Jeremy sich einen seiner schlaffen Arme um den Nacken legte und ihn eine Stufe nach der anderen hinaufschleppte.

Ein Mädchen stolperte über die Türschwelle auf die Terrasse und wäre um ein Haar in die beiden hineingerannt: Ada, die Augen weit aufgerissen, rote Flecken in ihrem sonst kreidebleichen Gesicht.

»Habt ihr Grace gesehen?«, quiekte sie. »Ich finde sie nirgends, und ich hab schon überall nach ihr gesucht!«

Jeremy ruckte mit dem Kopf in Richtung Garten. »Ist vorhin mit Len dorthin verschwunden.«

Ada nickte zitternd und rannte mit gerafften Röcken die restlichen Stufen hinunter.

»Grace? Grace?« Je weiter sie sich vom Haus entfernte, desto schriller klang sie. »Gracie! Gracie!«

Stephen wandte den schweren Kopf und sah ihr mit gefurchter Stirn hinterher. »’s war doch meine Schwessster!«, bekundete er mit träger Zunge und mit einer schlenkernden Bewegung seiner Hand. »Also, nicht die! D’annere!«

»Gracie? Gra-ciieee!«

Grace fuhr herum. Leonard packte sie bei der Hand, dass die Gänseblümchen zu Boden fielen, und sie liefen los, durch die Lücke in den Sträuchern hindurch, hinüber zum Garten.

An der Ecke der Backsteinmauer stand Ada, geistergleich im hellen Schimmer der fließenden blassrosa Seide, die Arme in den passenden langen Handschuhen steif an den Körper gepresst und die Fäuste geballt.

»Gracie!« Sie löste sich aus ihrer Erstarrung, flog auf ihre Schwester zu und umschlang sie mit aller Kraft.

»Ads! Ads, Liebes! Was ist denn?«

»Ich wusste nicht, was ich tun soll! Er stand die ganze Zeit nur da – und dann ... und dann ...«

Grace strich ihr über das glühende Gesicht, und ihre Gedanken wirbelten wild durcheinander. »Beruhig dich, Ads. Erzähl mir langsam und der Reihe nach, was passiert ist!«

Ada holte tief Atem, einmal, zweimal. »Er stand die ganze Zeit neben mir und hat kein Wort gesagt. Und ... und ich wusste auch nicht, was ich sagen soll. Und dann fragt er mich auf einmal, ob ich mit ihm tanzen will.«

»Und dann?« Grace verzog das Gesicht. »Und wer denn überhaupt?«

»Si... Simon«, stammelte Ada. »Ich wusste nicht, was ich antworten sollte! Mama wollt ich nicht fragen, und dich habe ich nirgendwo mehr gesehen!«

Es fiel Grace schwer, nicht loszulachen. Ihre kleine Schwester in ihrem hübschen Pariser Abendkleid, die in die Fremde geschickt worden war, um ihre übergroße Schüchternheit zu überwinden, verlor die Fassung, weil ein junger Mann sie zum Tanzen aufforderte. Sie sah zu Leonard hinüber, der sich halb abgewandt hatte und hinter vorgehaltener Faust ebenfalls das Lachen unterdrückte.

»Und deshalb schreist du den halben Garten zusammen?«

Ada schob die Unterlippe vor, die bereits gefährlich bebte. »Ich darf doch eigentlich noch gar nicht in der Öffentlichkeit tanzen. Nicht vor meinem Debüt. – Oder etwa nicht?« Unsicher sah sie Grace an. Adas offizielle Einführung in die Gesellschaft war für den Herbst geplant, ein wichtiges Ereignis, das sorgfältiger Vorbereitung bedurfte.

»Im Grunde stimmt das.« Grace brauchte nicht lange nachzudenken. »Aber da das heute ja eine Feier im kleinen privaten Kreis ist, hat bestimmt niemand etwas dagegen einzuwenden.«

»Oh«, machte Ada erleichtert. Erst dann dämmerte ihr, spät, viel zu spät, wie sie sich aufgeführt hatte, und sie schlug die Hände vors Gesicht. »Oh nein. Wie stehe ich denn jetzt da? Ich hab mich doch völlig blamiert!«

Grace löste Adas Hände vom Gesicht und fasste sie unter dem Kinn, wischte die ersten Tränen weg, die ihr über die Wangen liefen. »Alles halb so schlimm. Wir gehen jetzt wieder hinein und sorgen dafür, dass du mit Simon tanzt, ja?«

An Grace’ Hand und begleitet von Leonard, ging Ada wieder die Stufen zur Terrasse hinauf.

»Warte kurz.« In dem großflächigen Lichtviereck, das aus den Fenstern und Türen des Saales fiel, musterte Grace das Gesicht ihrer Schwester und wischte mit den Daumen sanft die Tränenspuren fort. Eine dicke Haarsträhne, die sich über dem Ohr gelöst hatte, steckte sie wieder mit einer der funkelnd besetzten Nadeln fest.

»Magst du ihn denn? Simon?«, flüsterte sie.

Ada sah Grace ratlos an. Ada mochte Lammpastete und Karamell, Chopin und Bach, Nebeltage und den Duft frisch abgepellter Orangenschalen. Wie konnte Grace da fragen, ob sie Simon mochte?

»Ich weiß es nicht«, gab sie dennoch mit dünner Stimme zur Antwort und fügte verzagt hinzu: »Ich kenne ihn doch gar nicht.«

Mit bedrückter Miene harrte Simon am Rand der Tanzfläche aus.

»... ich für meinen Teil könnte mir niemals vorstellen«, schnatterte neben ihm Helen Dunmore, die Patentochter von Lady Grantham, »den ganzen Sommer in London zu verbringen! Im Sommer muss man doch aufs Land, besser noch ans Meer!« Hoffnungsvoll fügte sie hinzu: »Somerset im Juli stelle ich mir zauberhaft vor ...« Als Simon nichts darauf erwiderte, hakte sie nach. »Wie ist es denn dort im Sommer?«

Es dauerte einige Augenblicke, ehe Simon bemerkte, dass sie mit ihm gesprochen hatte. »Ehm ... Nett. Wirklich nett ist es dort.« Dann versank er wieder in dumpfes Brüten.

Unmut zeichnete sich auf dem elfenbeinhellen, sommersprossigen Gesicht von Helen Dunmore ab, das Simon noch vor wenigen Wochen so anziehend gefunden hatte, dass er ihr hinter der Ligusterhecke einen Kuss raubte. »Wir fahren ja meistens nach Kent«, fuhr sie tapfer fort. »Vielleicht wäre Somerset eine schöne Abwechslung ...«

Ein Zucken ging durch Simons Herz, als Ada mit Grace hereinkam.

»... findest du nicht auch, Simon?« Helen Dunmore blickte zutiefst gekränkt drein. »Simon?«

Wie von einer unsichtbaren Hand vorwärtsgeschoben, ging Simon auf Ada zu, blieb dann jedoch stehen, als Leonard ihm ein Zeichen gab und Grace mit dem Kopf in Richtung ihrer Eltern ruckte – ein behutsamer Hinweis, dass Simon um ein Haar einen gesellschaftlichen Fauxpas begangen hätte. Auf der Stelle machte er kehrt, und mit jedem Schritt kehrte seine altvertraute Forschheit zurück.

»Verzeihung, Colonel Sir!« Er schlug die Hacken zusammen und verbeugte sich gleich darauf. »Lady Norbury! Ich möchte Sie höflichst darum bitten, mit Miss Ada tanzen zu dürfen!«

Für die Norburys gab es keinen Grund, der dagegen sprach, und mit ihrer Erlaubnis eilte Simon auf Ada zu, verbeugte sich mit leuchtenden Augen vor ihr. »Darf ... darf ich dich um diesen Tanz bitten, Ada?«

Sie konnte nur nicken, und in dem Blick, den sie ihrer Schwester über die Schulter zuwarf, als Simon sie auf die Tanzfläche führte, stand alles Glück dieser Welt.

»Danke.« Grace nahm das Champagnerglas entgegen, das Leonard ihr hinhielt. Obwohl er sich den Anschein gab, als sei nichts gewesen, als hätte es jene Augenblicke unter den geisterhaft leuchtenden Apfelbäumen nie gegeben, hatte sich etwas verändert zwischen ihnen. Als ob die unbeschwerte, fröhliche Vertrautheit der Kindertage unwiederbringlich verloren gegangen wäre. Ein Gedanke, der Grace traurig stimmte.

Vergeblich hielt sie unter den Gästen nach einem ganz bestimmten Gesicht Ausschau: eines, das hart und unbeugsam war und nur so selten, so verhalten zugänglich. Jeremys Gesicht.

»Wer hätte das gedacht«, sagte Leonard zwischen zwei Schlucken, »dass es ausgerechnet Simon einmal so erwischen würde.«

Grace nickte nachdenklich. Es war offensichtlich, wie es um Simon, aber auch um Ada stand, so selbstvergessen, wie sie miteinander tanzten, so ineinander versunken.

Colonel Norbury blieb dies ebenfalls nicht verborgen; eisig hing sein Blick auf Simon Digby-Jones. Selbst wenn Simon den Colonel davon überzeugen sollte, dass er ehrenhafte Absichten hegte, blieb er dennoch, was er war: gerade einmal achtzehn Jahre alt, der jüngste der vier Söhne von Baron Alford, ohne Aussicht auf ein Erbe und noch weit, weit davon entfernt, ein gemachter Mann zu sein, der für Frau und Kinder sorgen konnte.