8

Der Skyline Drive bog um die Kurve der Panoramastraße Stormtower Ridge, dann kam die Freizeitanlage Manahoac Lodge and Resort in Sicht, eine Ansammlung von Eigentumswohnungen und Spitzdachhäusern, die ein Hotel und einen Golfkurs am Fuß des Stormtower Mountain umgab. Dahinter erstreckten sich die Blue Ridge Mountains, Schicht um Schicht, bis in die dunstige Ferne.

Dajkovic nahm den Fuß vom Gaspedal, der Wagen näherte sich dem Eingang der Freizeitanlage und kam am Tor zum Stehen.

»Ich checke nur ein«, sagte er. Man winkte ihn durch.

Crew hatte im Luna Motel seine Nachsendeadresse hinterlassen und sie, laut dem Angestellten, »falls jemand ihn sucht«, aufgeschrieben. Mittlerweile war Crew in dem Resort abgestiegen – isoliert gelegen, weite Anfahrt, zweifellos von Unmengen Videokameras überwacht. Entweder er bereitete sich, so wie Tucker gesagt hatte, darauf vor, einen anderen Agenten zu treffen … oder es handelte sich um eine Falle. Letzteres kam ihm wahrscheinlicher vor. Aber eine Falle für wen? Zu welchem Zweck?

Dajkovic bog auf die Zufahrt, parkte vor dem Eingang und drückte dem Hoteldiener fünf Dollar in die Hand. »Ich bin in fünf Minuten zurück.«

»O ja«, antwortete die Dame am Empfangstresen auf seine Anfrage. »Ein Gideon Crew hat heute Morgen hier eingecheckt.« Sie tippte auf der Tastatur. »Er lässt ausrichten, dass er den Stormtower Mountain besteigt …«

»Mir?«

»Nun ja, die Nachricht, die er hinterlassen hat, lautet, dass ein Mann hierherkommt, der sich mit ihm treffen will, und dass wir ihm ausrichten sollen, wohin er gegangen ist.«

»Verstehe.«

»Hier steht, dass er auf dem Sawmill Trail zum Stormtower hinaufsteigt und damit rechnet, um sechs zurück zu sein.«

»Wie lange dauert die Tour?«

»Ungefähr jeweils zwei Stunden für Hin- und Rückweg.« Sie lächelte ihn an und ließ den Blick an ihm auf und ab gleiten. »Für Sie vermutlich nicht so lange.«

Dajkovic sah auf die Uhr. Zwei Uhr. »Er muss gerade eben losgegangen sein.«

»Ja. Die Nachricht wurde am Empfang hinterlassen … vor zwanzig Minuten erst.«

»Haben Sie eine Karte von der Bergregion hier?«

»Selbstverständlich.«

Sie holte eine Landkarte hervor, eine ausgezeichnete topographische Karte, auf der die Wanderwege deutlich markiert waren. Dajkovic ging damit zum Wagen zurück und stieg ein. Der Ausgangspunkt des Sawmill Trail lag weiter unten an der Straße, und laut Karte handelte es sich um einen Serpentinenweg, der bis zum Grat des Berges führte und offenbar einer ehemaligen Brandschneise folgte.

Es war zwar möglich, dass Crew die Angaben hinterlassen hatte, damit sein Kontaktmann ihn finden konnte. Allerdings war das eher unwahrscheinlich. Niemand, der mit Spionage zu tun hatte, würde sich derart dusselig anstellen, einen solchen Weg zu verlassen. Ja, wahrscheinlicher war, dass es sich um eine Falle handelte. Nicht um eine Falle speziell für ihn, sondern für jeden, der Crew auf den Fersen war. Und wenn das zutraf, dann war Crew auf dem Berg – und wartete längs des Sawmill Trail, um eventuelle Verfolger aus dem Hinterhalt zu überfallen.

Dajkovic studierte die topographische Karte. Eine sehr viel schnellere, direktere Route zum Gipfel führte geradewegs die Hauptschneise für den Skilift hinauf, auf der Rückseite des Berges.

Nachdem Dajkovic durch die Freizeitanlage und am Golfkurs vorbeigefahren war, gelangte er auf den Parkplatz für das Skigebiet. Er stieg aus, klappte den Kofferraum auf und hob eine Gewehrtasche heraus. Wieder im Auto, schloss er die Tasche auf und holte einen M1911-Colt und ein Schulterholster hervor, streifte es über, schob die geladene Waffe hinein und zog eine Windjacke an. Ein Stilett kam in den Gürtel, ein kleineres Messer in den Stiefel und eine 22er Beretta in die Hosentasche. In einen kleinen Rucksack verstaute er ein wenig Ersatzmunition, ein Fernglas sowie zwei Flaschen Mineralwasser.

Wieder studierte er die Karte. Sollte Crew einen Hinterhalt planen, gab es dafür einige nahe liegende Stellen, dort, wo der Sawmill Trail durch ein Gebiet mit freiliegenden Felsen führte.

Und während Dajkovic auf die Karte blickte, kam er zu der Überzeugung, dass genau dort der Hinterhalt stattfinden würde.