Doch als Caesar am frühen Morgen des vierten Januar die Volksversammlung einberief, ahnte er noch nicht, daß Bibulus und Cato die Absicht hegten, jemand anderen noch viel tiefer in Ungnade fallen zu lassen als Metellus Nepos — ihn selbst.

Er traf mit seinen Liktoren sehr früh auf dem unteren Forum ein, und bereits jetzt war offenkundig, daß das Komitium dem Andrang nicht gewachsen sein würde. Caesar schlug unverzüglich die Richtung zum Tempel von Castor und Pollux ein und gab einer kleinen Gruppe von Sklaven Anordnungen für den Fall, daß sie gebraucht würden.

Für viele war der Castor-und-Pollux-Tempel das imposanteste Heiligtum des Forums, denn er war erst vor kaum sechzig Jahren von Metellus Dalmaticus wiedererrichtet worden, und dieser Pontifex Maximus hatte noch im großen Stil gebaut. Er war groß genug, um dem vollständig versammelten Senat Platz zu bieten.

Der Fußboden des einzigen Innenraums erhob sich acht Meter über der Erde, und innerhalb dieses gewaltigen Podiums befand sich ein Labyrinth aus Räumen. Vor dem ursprünglichen Tempel hatte einst ein steinernes Tribunal gestanden, aber als Metellus Dalmaticus ihn abreißen und neu aufbauen ließ, integrierte er diese Struktur in das Ganze und schuf auf diese Weise eine Plattform, die beinahe so groß war wie die Rostra. Anstatt diesen wunderbaren Lauf aus flachen Marmorstufen vom Tempeleingang bis ganz hinauf auf die Höhe des Forums zu ziehen, hatte er sie an der Plattform enden lassen. Vom Forum gelangte man über zwei schmale Seitentreppen auf die Plattform. Auf diese Weise diente die Plattform als Rostra, und der Castor-Tempel ließ sich als Abstimmungsort verwenden; die Volksversammlung oder die Plebs stand unten im Forum und blickte hinauf.

Rund um den Tempel standen kannelierte, rot getünchte Steinsäulen, jede von ihnen gekrönt von einem ionischen Kapitell in verschiedenen Blautönungen und mit vergoldeten Voluten. Metellus Dalmaticus hatte darauf verzichtet, den Tempelraum innerhalb der Säulen von einer Wand einfrieden zu lassen. Man konnte durch den Castor-Tempel hindurchblicken; luftig und frei, wie die beiden Götter, denen er gewidmet war, ragte er in den Himmel. Während Caesar den öffentlichen Sklaven dabei zusah, wie sie die schwere Bank für die Tribunen auf die Plattform schleppten, berührte ihn jemand am Arm.

»Ein Wort an den Weisen«, sagte Publius Clodius, und seine dunklen Augen funkelten. »Es steht Ärger bevor.«

Beim Blick über die wartende Menge war es Caesar nicht entgangen, daß viele der Gesichter dort unten ihm nur aus einem einzigen Zusammenhang bekannt waren: Sie gehörten zu den vielen Muskelmännern, die in Rom herumliefen, ehemaligen Gladiatoren, die nach ihrer Freilassung aus Orten wie Capua in die Stadt geströmt waren, um sich hier als Rausschmeißer, Gerichtsdiener oder Leibwächter zu verdingen.

»Es sind nicht meine Leute«, sagte Clodius.

»Wessen denn?«

»Ich weiß es nicht, sie sind nicht sehr gesprächig. Dafür sind ihre Togen verdächtig ausgebeult — Knüppel, vermute ich. An deiner Stelle würde ich schleunigst nach der Miliz schicken lassen. Du darfst die Versammlung erst eröffnen, wenn die Sicherheit garantiert ist.«

»Vielen Dank, Publius Clodius«, sagte Caesar und gab seinem Ersten Liktor entsprechende Anweisungen.

Kurz darauf erschienen die neuen Konsuln. Silanus’ Liktoren trugen die fasces, während Murenas Dutzend von der Last auf den Schultern befreit waren. Niemand war so recht glücklich über die Versammlung — die zweite in diesem Jahr —, denn sie war wieder nur von einem Prätor einberufen worden. Caesar war den Konsuln zuvorgekommen, ein großer Affront, denn Silanus hatte noch nicht einmal Gelegenheit erhalten, seine Antrittsrede vor der Volksversammlung zu halten. Da war es sogar Cicero besser ergangen! Wohl auch deshalb warteten die beiden mit versteinerten Gesichtern darauf, daß die Diener ihre schlanken, elfenbeinernen Stühle auf der einen Seite des Podiums aufstellten, denn die Mitte wurde von Caesars kurulischem Sessel und — welch böses Vorzeichen! — der Bank für die Volkstribunen beansprucht.

Einer nach dem anderen trafen die Magistrate ein und suchten sich ihren Platz. Metellus Nepos setzte sich ans äußerste Ende der tribunizischen Bank, gleich neben Caesars Sessel, zwinkerte Caesar zu und schwenkte eine Schriftrolle: die Gesetzeseingabe zur Rückberufung des Pompeius. Der Stadtprätor hatte die Augen überall, versuchte, sich ein Bild von den einzelnen Grüppchen zu machen, die sich in der Menge, die inzwischen auf dreibis viertausend Menschen angewachsen war, immer wieder bildeten. Der vordere Bereich war den Senatoren vorbehalten, doch gleich dahinter und auf beiden Seiten hatten die Ex-Gladiatoren Aufstellung genommen. An anderen Stellen standen Gruppen, die wohl zu Clodius gehörten; auch die Antonii waren dabei und die anderen jungen Burschen aus dem Clodius-Club. Ebenso Fulvia.

Caesars Erster Liktor beugte sich zu seinem Sessel herunter. »Die Milizionäre sind gekommen, Caesar. Ich habe sie hinter dem Tempel aufgestellt, wie du befohlen hast.«

»Gut. Entscheide ab jetzt nach eigenem Gutdünken, und warte nicht auf meine Anweisungen.«

»Sei unbesorgt«, sagte Metellus Nepos gutgelaunt. »In der Menge soll es von finsteren Gestalten nur so wimmeln, deshalb habe ich auch ein paar harte Burschen dort unten postiert.«

»Ich fürchte, das war keine gute Idee«, seufzte Caesar. »Wenn ich etwas nicht gebrauchen kann, dann ist es eine Saalschlacht auf dem Forum.«

»Es wäre doch mal wieder Zeit dafür?« stellte Nepos unbeeindruckt fest. »Seit Urzeiten haben wir keine zünftige Keilerei mehr gehabt.«

»Du willst wohl unbedingt mit großem Getöse aus dem Amt scheiden.«

»Und ob! Aber noch lieber würde ich Cato einen Denkzettel verpassen, bevor ich gehe!«

Cato und Thermus trafen als letzte ein; auf der Seite, wo Pollux auf seinem bemalten Marmorpferd saß, stiegen sie die Treppe hinauf, gingen mit einem kurzen Lächeln für Bibulus zwischen den Prätoren hindurch und gelangten so zur Bank. Bevor Metellus Nepos wußte, wie ihm geschah, hatten die beiden ihn unter den Ellbogen gepackt und in die Mitte der Bank geschleppt. Dann nahmen sie selbst zwischen ihm und Caesar Platz, Cato neben Caesar, Thermus neben Nepos. Als Bestia sich auf Nepos’ andere Seite setzen wollte, zwängte Lucius Marius sich dazwischen. Metellus Nepos saß allein zwischen seinen Feinden, und Caesar erging es nicht besser, weil Bibulus seinen elfenbeinernen Stuhl zu Philippus’ Verwunderung zwischen ihn und Caesar schob.

Alarmstimmung breitete sich aus; den beiden Konsuln schien unbehaglich zumute zu sein, selbst den unbeteiligten Prätoren wäre offensichtlich wohler in ihrer Haut gewesen, wenn die Plattform sich dreimal so hoch über das Forum erhoben hätte.

Schließlich wurde die Versammlung mit Gebeten und Auspizien eröffnet. Alles hatte seine Ordnung. Caesar kündigte in einer kurzen Rede an, daß der Volkstribun Metellus Nepos beabsichtige, der Volksversammlung ein Gesetz zur Diskussion vorzulegen.

Metellus Nepos erhob sich und zog die Enden seiner Schriftrolle auseinander. »Quirites, heute ist der vierte Tag des Januar im Jahre des Konsulats von Decimus Junius Silanus und Lucius Licinius Murena! Nördlich von Rom liegt das große Gebiet Etruria, in dem der Aufrührer Catilina mit einem Heer von Rebellen herumstolziert! Gegen ihn steht Gaius Antonius Hybrida im Felde; er ist Befehlshaber eines Heeres, das mindestens doppelt so groß ist wie Catilinas Streitmacht. Aber nichts geschieht! Es sind jetzt beinahe zwei Monate her, daß Hybrida Rom verlassen hat, um mit diesem erbärmlichen Haufen von Veteranen kurzen Prozeß zu machen, aber nichts ist passiert! Rom steht noch immer unter einem Senatus Consultum Ultimum, während Ex-Konsul Hybrida, der Befehlshaber der Legionen, sich den großen Zeh bandagiert!«

Jetzt kam die Schriftrolle ins Spiel; Nepos war nicht so töricht, anzunehmen, daß die Versammlung einen Spaßmacher hören wollte. Er räusperte sich und kam sogleich zur Sache. »Hiermit beantrage ich, daß Gaius Antonius Hybrida vom Volke Roms seines Kommandos und der Befehlsgewalt enthoben wird! Hiermit fordere ich das Volk von Rom auf, Gnaeus Pompeius Magnus mit einem imperium maius auszustatten, das in ganz Italien, nur nicht in der Stadt Rom selber, Gültigkeit hat! Weiter verlange ich, daß Gnaeus Pompeius Magnus so viel Geldmittel, Truppen, Ausrüstung und Legaten zur Verfügung gestellt werden, wie er verlangt, und daß sein Sonderkommando und das imperium maius so lange Gültigkeit haben, bis er den Zeitpunkt für gekommen hält, beides niederzulegen!«

Kaum hatte Nepos das letzte Wort ausgesprochen, sprangen Cato und Thermus von ihren Plätzen auf. »Veto! Veto! Ich lege mein Veto ein!« riefen sie unisono.

Der Steinhagel schien aus dem Nichts zu kommen. Die gefährlichen Geschosse zischten zwischen die Magistrate, und die Muskelmänner stürmten durch die Reihen der Senatoren auf die Treppen zu beiden Seiten der Tempelplattform zu. Kurulische Sessel polterten durcheinander, als Konsuln, Prätoren und Ädilen über die breite Marmortreppe in das Innere des Tempels flüchteten, mit sämtlichen Volkstribunen — bis auf Cato und Metellus Nepos — im Gefolge. Knüppel und Stöcke wurden geschwungen; Caesar raffte die Toga zusammen, packte Nepos am Arm und zog sich mit ihm zwischen seine Liktoren zurück.

Nur Cato hielt noch aus; er schien auf wundersame Weise beschützt zu sein. Auf jeder Stufe, die er auf der Treppe höher stieg, wiederholte er sein Veto, bis Murena zwischen den Säulen hervorgelaufen kam und ihn mit Gewalt in den Tempel zerrte. Die Milizionäre stapften, mit Schilden und Schlagstöcken bewaffnet, mitten in das Kampfgetümmel hinein, und nach und nach wurden die Raufbrüder, die zwischenzeitlich die Plattform erobert hatten, wieder zurückgedrängt. Jetzt konnten auch die Senatoren die zwei Treppen hinauflaufen, um sich im Tempel in Sicherheit zu bringen. Unten auf dem Forum brach ein richtiggehender Tumult aus, als Marcus Antonius und sein Kumpan Curio sich mit lautem Gebrüll und der wilden Horde ihrer Anhänger im Rücken auf etwa zwanzig Gegner stürzten. »Das ist ein guter Start ins neue Jahr!« sagte Caesar, als er in die Mitte des lichtüberfluteten Tempels trat und sorgsam den Faltenwurf seiner Toga in Ordnung brachte.

»Es ist ein schändlicher Start in das neue Jahr!« schimpfte Silanus, und das Blut raste ihm so schnell durch die Venen, daß er darüber die gewohnten Bauchschmerzen vergaß. »Liktor, ich befehle dir, den Aufstand niederzuschlagen!«

»Ach, so ein Unsinn!« sagte Caesar müde. »Ich habe Miliz herbestellt, nachdem ich ein paar von den Gesichtern in der Menge gesehen hatte. Das Ganze wird schnell abflauen, jetzt, wo wir die Rostra geräumt haben.«

»Das ist dein Werk, Caesar!« knurrte Bibulus.

»Um dich reden zu hören, du Floh, ist mir keine Mühe zu groß.«

»Ich bitte um Ruhe!« rief Silanus. »Ich habe den Senat zu einer Sitzung einberufen, und ich verlange Ruhe!«

»Hättest du nicht besser das Senatus Consultum Ultimum in Kraft setzen sollen, Silanus?« fragte Metellus Nepos, senkte den Blick und stellte fest, daß er noch immer die Schriftrolle in den Händen hielt. »Oder noch besser, laß mich meine Angelegenheit vor dem Volk zu Ende bringen, sobald sich da draußen der Tumult gelegt hat.«

»Ruhe!« wollte Silanus rufen, aber es wurde ein Blöken daraus.

»Das Senatus Consultum Ultimum ermächtigt mich als amtierenden Konsul zu allen Maßnahmen, die ich für notwendig halte, um Rom und seine Res Publica zu schützen!« Er schluckte und brauchte ganz plötzlich seinen Stuhl. Aber der lag noch draußen auf der Plattform. Er mußte einen Diener danach schicken. Als jemand den Stuhl aufklappte und vor ihn hinstellte, ließ er sich darauf fallen, grau im Gesicht und mit Schweiß auf der Stirn.

»Versammelte Väter, diese scheußliche Affäre muß auf der Stelle ein Ende haben!« sagte er. »Marcus Calpurnius Bibulus, du hast das Wort. Bitte erkläre uns deine Bemerkung zu Gaius Julius Caesar.«

»Da gibt es nichts zu erklären, Decimus Silanus, es ist doch offenkundig«, sagte Bibulus und deutete auf eine dunkle Schwellung an seiner linken Wange. »Ich beschuldige Gaius Caesar und Quintus Metellus Nepos des öffentlichen Aufruhrs! Wer sonst könnte von einem Aufstand auf dem Forum profitieren? Wer sonst könnte ein Interesse an allgemeinem Chaos haben? Wessen Zielen sollte es dienlich sein, wenn nicht denen von Gaius Caesar und Metellus Nepos?«

»Bibulus hat recht!« keifte Cato, der vor Begeisterung über diese kleine Krise die Reihenfolge der Redebeiträge vergaß. »Wer sonst könnte davon profitieren? Wem sonst sollte es nützen, wenn auf dem Forum Blut fließt? Das ist die Rückkehr zu den guten alten Zeiten eines Gaius Gracchus, Livius Drusus oder des skrupellosen Demagogen Saturninus! Ihr beiden seid Pompeius’ Marionetten!«

Mißfallenskundgebungen von allen Seiten wurden laut, denn keiner der hier im Tempel versammelten Senatoren hatte bei der verhängnisvollen Sitzung am fünften Dezember für Caesar und gegen die Hinrichtung der Verschwörer gestimmt.

»Weder der Volkstribun Nepos noch ich hätten etwas von öffentlichem Aufruhr«, sagte Caesar, »und die Männer, die Steine geworfen haben, sind uns beiden nicht bekannt.« Er bedachte Marcus Bibulus mit einem verächtlichen Blick. »Wenn die Sitzung, die ich einberufen habe, friedlich verlaufen wäre, dann hätte sie mit einem überwältigenden Sieg für Nepos geendet. Glaubst du denn im Ernst, du Floh, die Wähler, die heute hier zusammengekommen sind, würden einen Tölpel wie Hybrida noch einen Tag länger als Befehlshaber ihrer Legionen dulden, wenn ihnen ein Mann wie Pompeius Magnus angeboten wird? Die Gewalttätigkeiten haben erst angefangen, als Cato und Thermus ihr Veto einlegten. Es ist ein Mißbrauch des tribunizischen Rechts auf das Veto und widerspricht allen römischen Gepflogenheiten, wenn man es nur dazu benutzt, das Volk daran zu hindern, ein Gesetz in contione zu diskutieren oder darüber abzustimmen! Seit Monaten wird das Recht des Volkes mit Füßen getreten!«

»Wo du gerade vom Recht sprichst, Caesar: Jeder Volkstribun darf nach eigenem Gutdünken von seinem Recht auf ein Veto Gebrauch machen!« bellte Cato.

»Was bist du nur für ein Narr, Cato!« rief Caesar. »Was meinst du wohl, warum Sulla Leuten wie dir das Veto weggenommen hat? Weil es nie dazu gedacht war, den Interessen von kleinen Gruppen innerhalb des Senats zu dienen! Jedesmal, wenn du dein Veto herauskläffst, beleidigst du die Intelligenz jener Leute da draußen auf dem Forum, die du ihres Rechts beraubst, sich — in aller Ruhe! — die Gesetze anzuhören, die man ihnen — in aller Ruhe! — vorlegt, um sich anschließend — in aller Ruhe! — dafür oder dagegen zu entscheiden!«

»Ruhe? Ruhe? Nicht mein Veto hat die Ruhe zerstört, Caesar! Deine Raufbrüder waren es!«

»Mit solchem Pöbel würde ich mir nie die Hände schmutzig machen!«

»Das war doch gar nicht nötig. Du mußtest nur die richtigen Befehle geben!«

»Cato, das Volk ist der Souverän«, sagte Caesar, sichtlich um Geduld bemüht, »und nicht der Senat und seine wenigen tribunizischen Wortführer. Du dienst nicht den Interessen des Volkes, du dienst den Interessen einer Handvoll von Senatoren, die allen Ernstes der Meinung sind, sie könnten über ein Reich von Millionen Menschen herrschen! Du beraubst das Volk seines Rechts und diese Stadt ihrer dignitas! Du bringst Schande über mich, Cato! Du bringst Schande über Rom! Du bringst Schande über das Volk!

Und sogar über deine Herren bei den boni, die sich deiner Naivität bedienen und hinter deinem Rücken über deine Herkunft lachen. Du nennst mich eine Marionette von Pompeius Magnus? Das bin ich nicht! Aber du, Cato, du bist nicht mehr als eine Marionette der boni!«

»Caesar«, erwiderte Cato und trat bis auf wenige Zentimeter an seinen Widersacher heran, »du bist ein Krebsgeschwür im Körper Roms! Du stehst für alles, was ich verabscheue!« Er wandte sich an die konsternierte Gruppe von Senatoren und hob ihnen die Hände entgegen. Die verschorfenden Streifen auf seinem Gesicht ließen ihn in dem Zwielicht wie eine wilde, feindselige Katze aussehen. »Versammelte Väter, dieser Caesar wird uns alle ins Verderben stürzen! Er wird die Republik zerstören, ich habe es im Gefühl! Hört nicht auf ihn, wenn er vom Volk und von den Rechten des Volkes predigt! Hört lieber mir zu! Werft ihn und seinen Lustknaben Nepos aus Rom hinaus, versagt ihnen Feuer und Wasser innerhalb der Grenzen Italiens! Ich verlange, daß Caesar und Nepos wegen gewalttätigen Aufruhrs angeklagt und geächtet werden!«

»Wenn ich dir so zuhöre, Cato«, sagte Metellus Nepos, »dann fällt mir nur ein, daß jeder gewalttätige Aufruhr auf dem Forum noch erträglicher ist als dein inflationäres Veto gegen jede Versammlung, jeden Gesetzentwurf, ja gegen jedes einzelne Wort!«

Und dann wurde Cato zum zweitenmal innerhalb eines Monats von jemandem angegriffen, der es auf sein Gesicht abgesehen hatte. Metellus Nepos trat auf ihn zu, legte seine ganze Kraft in die rechte Hand und traf Cato so hart, daß die Kratzer von Servilias Klauen wieder aufbrachen und zu bluten begannen.

»Es ist mir egal, was du und dein lächerliches Senatus Consultum Ultimum jetzt mit mir anstellt!« schrie Nepos Silanus ins Gesicht. »Ich habe Cato in die Fresse geschlagen, und dafür sterbe ich sogar im Tullianum!«

»Mach, daß du aus Rom fortkommst, geh zu deinem Herrn Pompeius!« schnaufte Silanus, der nicht mehr in der Lage war, die Versammlung und sich selbst unter Kontrolle zu halten.

»Ja, das werde ich tun!« sagte Nepos voller Verachtung, drehte sich um und ging hinaus. »Aber ihr werdet mich wiedersehen!« rief er noch, als er bereits die Treppen hinunterlief. »Ich werde wiederkommen, an der Seite meines Schwagers Pompeius! Wer weiß? Vielleicht regiert dann bereits Catilina in Rom, und ihr alle seid längst vom Leben in den verdienten Tod befördert worden, ihr vollgeschissenen Schafe!«

Selbst Cato war jetzt still; schon wieder war eine seiner wenigen Togas hoffnungslos vollgeblutet.

»Brauchst du mich noch, Erster Konsul?« Ganz beiläufig hatte Caesar die Frage an Silanus gerichtet. »Draußen flaut der Kampflärm ab, und hier drinnen ist ja wohl alles gesagt, oder?« Er lächelte kühl. »Viel zuviel ist hier gesagt worden.«

»Du stehst unter Verdacht, zur öffentlichen Gewalt aufgewiegelt zu haben, Caesar«, sagte Silanus mit schwacher Stimme. »Solange das Senatus Consultum Ultimum in Kraft ist, bist du von allen Versammlungen ausgeschlossen und von deinem Magistrat suspendiert.« Er sah Bibulus an. »Ich schlage vor, Marcus Bibulus, du stellst jetzt deinen Antrag, diesen Mann noch heute de vi anzuklagen.«

Caesar mußte lachen. »Silanus, Silanus, du bringst ja alles durcheinander! Wie soll dieser Floh mich vor seinem eigenen Gerichtshof anklagen? Er wird seinen Spießgesellen Cato die Drecksarbeit machen lassen müssen. Und weißt du was, Cato?« fragte Caesar mit leiser Stimme, während ihn die grauen Augen durch die Falten der Toga wütend anfunkelten. »Du hast keine Chance. Ich habe in meinem Rammbock mehr Intelligenz als du in deiner Zitadelle!« Er zog die Tunika ein Stück von der Brust weg und senkte den Blick in den entstandenen Zwischenraum. »Habe ich nicht recht, o du mein Rammbock?« Ein süffisantes Lächeln noch für die Umstehenden, dann: »Er sagt, ich habe recht. Versammelte Väter, guten Tag!«

»Was für ein frappierender Auftritt, Caesar«, sagte Publius Clodius, der draußen gelauscht hatte. »Ich wußte gar nicht, daß du so zornig werden kannst.«

»Warte nur, bis du nächstes Jahr dem Senat angehörst, Clodius, dann kriegst du noch mehr zu sehen. Bei Männern wie Cato und Bibulus habe ich mein Temperament nicht mehr in der Gewalt.« Sie standen auf der Plattform, zwischen zertrümmerten Elfenbeinstühlen, und blickten über das Forum, das inzwischen fast menschenleer war. »Wie ich sehe, sind die Schurken alle nach Hause gegangen.«

»Als die Miliz auf der Bildfläche erschien, war die Begeisterung schnell verflogen.« Clodius ging voraus; sie stiegen den Seitenaufgang neben dem Reiterstandbild des Castor hinunter. »Etwas habe ich herausgefunden: Sie sind alle von Bibulus angeheuert worden. Auch in solchen Dingen ist er ein blutiger Stümper.«

»Die Nachricht überrascht mich keineswegs.«

»Er wollte dich und Nepos damit kompromittieren. Warte nur ab, du wirst noch wegen Anstiftung zu öffentlicher Gewalt vor Bibulus’ Tribunal landen«, meinte Clodius und winkte Antonius und Fulvia zu, die zu Füßen des steinernen Gaius Marius saßen. Fulvia machte sich eben mit einem Taschentuch an den Fingerknöcheln von Antonius’ rechter Hand zu schaffen.

»War das nicht phantastisch?« fragte Antonius; eines seiner Augen war so dick geschwollen, daß er damit nichts mehr sehen konnte.

»Nein, Antonius, das war nicht phantastisch!« erwiderte Caesar scharf.

»Bibulus will Caesar unter der lex Plautia de vi anklagen, vor seinem eigenen Tribunal«, sagte Clodius. »Sie haben Caesar und Nepos die Schuld gegeben.« Er grinste. »Eigentlich kein Wunder, wenn Silanus die Amtsgeschäfte führt. Ich denke, bei dem stehst du nicht gerade in hohem Ansehen.« Und dann pfiff er einen allgemein bekannten Gassenhauer über einen betrogenen Ehemann mit gebrochenem Herzen.

»Also gut, kommt mit mir nach Hause!« sagte Caesar und grinste. »Ihr könnt hier nicht wie die Diebe herumsitzen, bis die Milizionäre euch eingesammelt haben. Und außerdem werden unsere Helden im Castor-Tempel ihre Nasen gleich an die frische Luft stecken. Man hat mich bereits beschuldigt, mit Schlägerbanden unter einer Decke zu stecken, aber wenn sie mich mit euch zusammen sehen, verbannen sie mich auf der Stelle. Und weil ich nun mal nicht Pompeius’ Schwager bin, müßte ich mich Catilina anschließen.«

Auf dem kurzen Spaziergang zum Domizil des Pontifex Maximus gewann Caesar sein Gleichgewicht zurück. Nachdem er seine wenig renommierten Gäste in einen Teil des Domus Publica geführt hatte, den Fulvia nicht annähernd so gut kannte wie Pompeias Wohnung im ersten Stock, war er schon wieder bester Dinge und bereit, den Kampf gegen das Unheil aufzunehmen und Bibulus’ sämtliche Pläne zu vereiteln.

Am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang eröffnete der neue Stadtprätor sein Tribunal; die sechs Liktoren (die ihn bereits jetzt für den besten und großzügigsten aller Magistrate hielten) hatten sich im Hintergrund aufgestellt, ihre fasces wie Speere in den Boden gesteckt. Der Tisch war nach seinen Wünschen hergerichtet, ein kleiner Stab von Schreibern und Boten wartete auf seine Befehle. Da der Stadtprätor sowohl mit den Präliminarien ziviler Rechtsfälle als auch mit der Anhörung der Ankläger in Strafsachen befaßt war, hatte sich bereits eine große Anzahl potentieller Prozeßparteien und Advokaten vor dem Tribunal eingefunden. In dem Moment, wo Caesar erkennen ließ, daß er anfangen wollte, drängte sich ein Dutzend Leute nach vorn, um als erste dranzukommen. Rom war nicht der Ort, wo man sich in einer Schlange aufstellte und geduldig darauf wartete, daß man an der Reihe war. Und Caesar tat nichts, um Ordnung zu schaffen. Er wandte sich an den lautesten Schreier und forderte ihn auf, seine Sache vorzutragen.

Es waren erst wenige Wort gewechselt worden, da erschienen die konsularischen Liktoren mit ihren fasces, aber ohne den Konsul.

»Gaius Julius Caesar«, sagte der Sprecher von Silanus’ Liktoren, während seine elf Kollegen sich anschickten, die kleine Menschenmenge vom Tribunal wegzudrängen, »da das Senatus Consultum Ultimum noch in Kraft ist, bist du deiner Ämter mit sofortiger Wirkung enthoben. Ich fordere dich auf, deine prätorialen Geschäfte augenblicklich einzustellen.«

»Was soll das heißen?« fragte der Advokat, der Caesar gerade seine Sache auseinandersetzen wollte — kein berühmter Anwalt, nur einer von Hunderten, die ständig auf dem unteren Forum herumlungerten und um Klienten warben. »Ich brauche den Stadtprätor.«

»Der Erste Konsul hat Quintus Tullius Cicero angewiesen, die Geschäfte des Stadtprätors weiterzuführen«, sagte der Liktor, sichtlich erbost über die Einmischung.

»Quintus Cicero kann mir gestohlen bleiben, ich will Gaius Caesar! Er ist unser Stadtprätor, und er ist ein Mann, der nicht erst lange herumtrödelt wie die meisten anderen römischen Prätoren! Ich will, daß meine Sache heute morgen verhandelt wird, nicht nächsten Monat oder nächstes Jahr!«

Die Gruppe vor dem Tribunal wuchs nun schlagartig an, bei so vielen zusammenstehenden Liktoren waren die Forumsbesucher neugierig geworden.

Wortlos erhob sich Caesar von seinem Stuhl, wies seinen Diener per Handzeichen an, ihn zusammenzuklappen und mitzunehmen, und wandte sich an die sechs Liktoren, die zu seiner Verfügung standen. Lächelnd ging er von einem zum anderen und drückte jedem von ihnen sechs Denare in die rechte Fland.

»Nehmt eure fasces, meine Freunde, und tragt sie zum Tempel der Venus Libitina. Legt sie dorthin, wo sie hingehören, wenn der Mann, dem sie vorausgetragen werden sollen, durch Tod oder Amtsenthebung an der Ausübung seines Dienstes gehindert wird. Es tut mir sehr leid, daß uns nur eine kurze gemeinsame Zeit beschieden war. Nehmt meinen aufrichtigen Dank für eure freundliche Aufmerksamkeit entgegen.«

Von den Liktoren ging er zu den Schreibern und Boten und bedachte jeden von ihnen mit Geld und Dankesworten.

Danach zog er die Falten seiner purpurrot eingefaßten toga praetexta von seiner linken Schulter und raffte das Kleidungsstück zu einem losen Bündel zusammen; dieses drückte er dem Diener in die Hand, der bereits den Stuhl trug. Mit einem Kopfn\1cken forderte Caesar ihn auf, sich in Bewegung zu setzen.

»Es tut mir leid«, sagte er, an die wachsende Menschenmenge gewandt. »Anscheinend will man mir nicht erlauben, die Arbeit zu tun, für die ihr mich gewählt habt.« Und dann noch eine Spitze: »Da müßt ihr euch eben mit einem halben Prätor begnügen, mit Quintus Cicero.«

Quintus Cicero, der in sicherem Abstand mit seinen Liktoren wartete, blieb vor Zorn die Luft weg.

»Was soll das heißen?« rief Publius Clodius aus dem Hintergrund und drängelte sich durch die Menge nach vorn, als Caesar gerade sein Tribunal verlassen wollte.

»Ich bin meines Amtes enthoben, Publius Clodius.«

»Weshalb?«

»Man behauptet, ich hätte während einer von mir einberufenen Volksversammlung einen öffentlichen Aufruhr angezettelt.«

»Das können sie nicht machen!« rief Clodius theatralisch. »Zuerst muß man dich vor Gericht stellen und verurteilen.«

»Es ist ein Senatus Consultum Ultimum in Kraft.«

»Was hat das mit der gestrigen Versammlung zu tun?«

»Sie kam ihnen gelegen«, sagte Caesar und räumte sein Tribunal.

Und als er, nur mit der Tunika bekleidet, in Richtung des Domus Publica davonging, bildete die gesamte Menschenmenge sein Gefolge. Quintus Cicero nahm seinen Platz auf dem Tribunal des Stadtprätors ein, aber den ganzen Tag über ließ sich keine Kundschaft blicken.

Dafür wuchs die Menge auf dem Forum im Laufe des Tages immer mehr an, und je größer sie wurde, desto unmutiger wurde sie auch.

Diesmal waren keine Ex-Gladiatoren zu sehen, nur unbescholtene Bürger der Stadt, die nichts dabei fanden, sich unter Männer wie Clodius, die Antonii, Curio, Decimus Brutus und Lucius Decumius — samt seiner Brüder aus Kreuzwegevereinen von der zweiten bis zur untersten Klasse — zu mischen. Zwei Prätoren, die eigentlich Strafsachen verhandeln wollten, blickten in das Meer von Gesichtern und fanden, daß die Vorzeichen sich nicht günstig ausnahmen. Auch Quintus Cicero packte bald seine Sachen zusammen und ging nach Hause.

Noch unheimlicher aber war es, daß die Menschen auch in der Nacht auf dem Forum ausharrten; mit Fackeln versuchte man, sich der Kälte zu erwehren. Von den Häusern am Nordwestabhang des Palatin aus gesehen, hatte die Menge eine beängstigende Ahnlichkeit mit einem Heerlager, und zum erstenmal seit den Tagen der Rebellion des Saturninus, als hungrige Massen das Forum besetzt hatten, begriffen die Mächtigen dieser Stadt, wie viele gewöhnliche Menschen es in Rom gab — und wie gering dagegen die Zahl derer war, die die Macht in Händen hielten.

Im Morgengrauen trafen Silanus, Murena, Cicero, Bibulus und Lucius Ahenobarbus an der Vestalischen Treppe zusammen und blickten auf die Menge von ungefähr fünfzehntausend Menschen herunter. Jemand in der furchterregenden Menge entdeckte sie, Rufe ertönten, man drehte sich um, zeigte mit den Fingern auf sie; jetzt kam der ganze Ozean aus Menschen gleich einem gewaltigen Meeresstrudel in Bewegung; die kleine Gruppe von Männern wich instinktiv zurück, denn sie wußte nur zu gut, daß sich da unten ein potentieller Todestanz anbahnte. Jetzt, da jedes Gesicht auf sie gerichtet war, beinahe jede Faust gegen sie geschüttelt wurde, schien Seetang auf der Dünung zu schimmern.

»Und das alles wegen Caesar?« flüsterte Silanus. Er zitterte.

»Nein«, sagte der Prätor Philippus, der zu ihnen getreten war. »Das alles wegen dem Senatus Consultum Ultimum und weil man Bürger ohne einen Prozeß hingerichtet hat. Caesar hat das Faß nur zum Überlaufen gebracht.« Er warf Bibulus einen vernichtenden Blick zu. »Was seid ihr doch für Narren! Wißt ihr denn nicht, wer Caesar ist? Ich bin sein Freund, ich weiß es. Caesar ist der einzige Mann in Rom, bei dem man es nicht wagen sollte, ihn in aller Öffentlichkeit vernichten zu wollen! Euer Leben lang habt ihr hier oben auf den Hügeln gewohnt und auf Rom heruntergeblickt wie die Götter auf eine Seuche, aber er hat da unten mit ihnen zusammengelebt und ist einer von ihnen geworden. Es gibt kaum einen Mann in dieser riesigen Stadt, den dieser Mann nicht kennt, oder besser: Jeder Mann in dieser riesigen Stadt ist davon überzeugt, daß Caesar ihn kennt. Wo er auch hinkommt, hat er ein Lächeln und einen freundlichen Gruß für die Menschen, für alle, nicht nur für kostbare Wähler. Sie lieben ihn! Caesar ist kein Demagoge — er hat es nicht nötig, ein Demagoge zu sein. In Libyen binden sie Männer fest und lassen sie von Ameisen töten. Und ihr seid so dumm und entfacht den Zorn der römischen Ameisen! Eines kann ich euch versichern: Caesar werden sie nicht töten!«

»Ich fordere die Miliz an!« sagte Silanus.

»Ach, Silanus, was für ein Unsinn! Die Milizionäre stehen dort unten bei den Zimmerleuten und Maurern!«

»Und was sollen wir tun? Die Armee aus Etruria zurückbeordern?«

»Sicher, wenn ihr wollt, daß Catilina ihr auf dem Fuße folgt!«

»Was können wir denn tun?«

»Geht nach Hause und verriegelt eure Türen, versammelte Väter«, sagte Philippus und wandte sich zum Gehen. »Ich für meinen Teil werde es so machen.«

Doch bevor einer von ihnen sich aufmachte, den Ratschlag zu befolgen, hob ein lautes Gebrüll an; die Gesichter und Fäuste wandten sich von der Vestalischen Treppe ab.

»Seht nur!« kreischte Murena. »Es ist Caesar!«

Die Menge rückte zusammen, um einen Korridor zu bilden, der am Domus Publica begann und sich vor Caesar öffnete, als er, in eine schlichte weiße Toga gekleidet, in Richtung der Rostra schritt. Er schien den ohrenbetäubenden Jubel gar nicht zu hören, blickte unverwandt geradeaus, und als er die Rednerplattform erreichte, machte er weder mit dem Körper noch mit der Hand eine Bewegung, die von den Beobachtern auf dem Palatin als Aufwiegelung der Massen hätte ausgelegt werden können.

Als Caesar zu reden anfing, flaute der Lärm augenblicklich ab, doch was er sagte, war für Silanus, die zwanzig Magistrate und ungefähr hundert Senatoren, die sich inzwischen auf dem Palatin versammelt hatten, nicht zu verstehen. Er redete etwa eine Stunde lang, und während seiner Rede schien die Menge immer ruhiger zu werden. Endlich entließ er sie mit einer Handbewegung und einem Lächeln, das seine Zähne aufblitzen ließ. Wie gelähmt vor Erleichterung und Verwunderung sah das Publikum an der Vestalischen Treppe, wie die Menge sich auflöste, um in das Argiletum und die Umgebung der Märkte, die Via Sacra hinauf zur Velia und die dahinterliegenden Stadtteile Roms zu strömen. Ganz offensichtlich diskutierten die Menschen Caesars Rede, aber ihr Zorn schien verflogen zu sein.

»Als Princeps Senatus«, erklärte Mamercus förmlich, »rufe ich hiermit den Senat zu einer Sitzung in den Tempel des Jupiter Stator. Ein angemessener Ort, hat doch Caesar soeben eine offene Revolte verhindert. Sofort!« fuhr er den zusammengesunkenen Silanus an. »Erster Konsul, schicke deine Liktoren, um Gaius Caesar zu holen, schließlich hast du sie auch geschickt, um ihn seines Amtes zu entheben.«

Als Caesar den Tempel des Jupiter Stator betrat, begannen Gaius Octavius und Lucius Caesar zu applaudieren; nach und nach fielen immer mehr Senatoren ein, selbst Bibulus und Ahenobarbus mußten schließlich so tun, als würden sie Beifall klatschen. Cato ließ sich nicht blicken.

Silanus erhob sich. »Gaius Julius Caesar, im Namen dieses Hauses möchte ich dir dafür danken, daß du eine höchst bedrohliche Situation entschärft hast. Du hast äußerst korrekt gehandelt, und dafür gebührt dir die Anerkennung des gesamten Senats.«

»Hör auf, uns zu langweilen, Silanus!« rief Gaius Octavius. »Jetzt frag den Mann endlich, wie er das gemacht hat, sonst platzen wir noch vor Neugier!«

»Das Haus würde gern wissen, was du gesagt hast, Caesar.«

Caesar, der noch immer die schlichte weiße Toga trug, zuckte mit den Achseln. »Ich hab ihnen einfach gesagt, sie sollen nach Hause gehen und sich wieder ihrem Tagwerk zuwenden. Ob sie denn wollten, daß man sie für illoyal hielte. Für unkontrollierbar. Was sie denn eigentlich glaubten, wer sie seien, sich in solcher Zahl zusammenzurotten, nur weil man einen Prätor diszipliniert habe. Ich habe ihnen gesagt, daß Rom eine gute Regierung hat, und daß alles sich zum Guten wenden wird, wenn sie nur ein bißchen Geduld haben.«

»Genau da«, flüsterte Bibulus Ahenobarbus zu, »liegt unter seinen hehren Worten die Drohung verborgen!«

»Gaius Julius Caesar«, sagte Silanus sehr fömlich, »ziehe die toga praetexta über und kehre an dein Tribunal als praetor urbanus zurück. Diesem Hause ist deutlich geworden, daß du in jeder Hinsicht richtig gehandelt hast, auch vorgestern bei der Volksversammlung, als du die Miliz in Bereitschaft gehalten hast, weil dir die Unzufriedenheit unter den Leuten nicht entgangen war. Es wird kein Verfahren unter der lexPlautia de vigegen dich geben.«

Nicht eine einzige Stimme des Protestes erhob sich im Tempel des Jupiter Stator.

»Was habe ich dir gesagt?« sagte Metellus Scipio zu Bibulus, als sie die Senatssitzung verließen. »Er hat uns wieder besiegt! Und wir haben einen Haufen Geld für die Ex-Gladiatoren zum Fenster hinausgeworfen!«

Cato kam herbeigeeilt, atemlos und offensichtlich schwer angeschlagen. »Was ist los? Was geht hier vor?« wollte er wissen.

»Was ist denn mit dir passiert?« fragte Metellus Scipio.

»Ich war krank«, erklärte Cato knapp. Bibulus und Metellus Scipio vermuteten dahinter ganz richtig eine lange Nacht mit Athenodorus Cordylion und der Weinflasche.

»Caesar hat uns wieder einmal besiegt«, sagte Metellus Scipio. »Er hat das Volk nach Hause geschickt, und Silanus hat ihn erneut in sein Amt eingesetzt. Es wird keinen Prozeß vor Bibulus’ Tribunal geben.«

Cato fing buchstäblich an zu brüllen, so laut, daß die noch anwesenden Senatoren zusammenzuckten, dann drehte er sich zu einer der Säulen vor dem Jupiter Stator um und trommelte so lange mit den Fäusten dagegen, bis es den anderen gelungen war, seinen Arm festzuhalten und ihn von der Säule wegzuzerren.

»Ich werde nicht ruhen, ich werde nicht ruhen«, wiederholte er ein ums andere Mal, als sie ihn den Clivus Palatinus hinauf und durch die mit Efeu bewachsene Porta Mugonia führten. »Und wenn es mich das Leben kosten sollte, ich werde ihn vernichten!«

»Er ist wie der Phönix«, bemerkte Ahenobarbus finster. »Steigt aus der Asche jedes Scheiterhaufens, den wir für ihn anzünden.«

»Eines Tages wird er nicht mehr daraus hervorsteigen. Ich fühle wie Cato. Ich werde nicht ruhen, bis er vernichtet ist«, schwor Bibulus.

»Es hat den Anschein«; sagte Metellus Scipio nachdenklich, »als hätte Caesar dir inzwischen mehr Wunden beigefügt als Spartacus.«

»Und dich, Scipio«, bemerkte Gaius Piso zornig, »scheint es nach einer Tracht Prügel zu gelüsten!«