»Wie findest du es?« fragte er seine Mutter, als sie am nächsten Tag nach der Besichtigung den Clivus Orbius hinuntergingen.

»Es ist phantastisch, Caesar.« Sie zog die Stirn in Falten. »Nur ein Aspekt macht mir Sorgen: Pompeia. Ein Kinderspiel für die Leute, zu ihr nach oben zu schleichen! Das Haus ist groß, man sieht nicht, wer kommt und geht.«

»Ach, Mater, du willst mich doch wohl nicht dazu verurteilen, sie in meiner Nähe unterzubringen!« rief er aus.

»Nein, mein Sohn, das will ich nicht. Aber wir müssen einen Weg finden, Pompeias Kommen und Gehen zu überwachen. In der Wohnung war es leicht; sie ist Polyxena in die Arme gelaufen, wenn sie aus ihrer Tür trat. Aber hier? Wir würden es gar nicht merken. In die Wohnung konnte sie auch keine Männer schmuggeln, aber hier? Wir würden nicht dahinterkommen.«

»Nun ja«, seufzte Caesar, »in meiner neuen Stellung steht mir eine ganze Anzahl öffentlicher Sklaven zu. Das sind meistens ziemlich faule und verantwortungslose Kerle, weil ihnen niemand auf die Finger sieht und keiner sie lobt, wenn sie gute Arbeit machen. Das wird sich ändern. Eutychus wird langsam alt, aber er ist immer noch ein sehr guter Verwalter. Burgundus und Cardixa holen wir mit ihren vier Jüngsten aus Bovillae zurück. Die vier Älteren kommen dort allein zurecht. Deine Aufgabe ist es, eine neue Hausordnung zu organisieren und für Disziplin bei den Dienstboten zu sorgen — bei denen, die wir mitbringen, und denen, die bereits hier sind. Ich habe dafür keine Zeit, deshalb muß ich mich auf dich verlassen.«

»Das ist mir klar«, sagte sie, »aber das ist noch keine Lösung für unser Problem mit Pompeia.«

»Dabei geht es um eine angemessene Überwachung, Mater, und sonst nichts. Wir wissen doch beide, daß man nicht einfach einen Diener vor ihre Tür setzen kann. Der würde nämlich sehr bald einschlafen, wenn nicht vor Müdigkeit, dann vor Langeweile. Deshalb müssen sich am Fuß der Vordertreppe zwei Männer ablösen. Tag und Nacht. Wir können ihnen kleine Arbeiten geben — Leintücher zusammenlegen, Messer und Löffel polieren, Geschirr abwaschen, Kleider flicken, du kennst dich da besser aus als ich. In jeder Schicht muß ein Teil dieser Aufgaben erledigt werden. Zum Glück gibt es eine Nische zwischen der Treppe und dem Ende der Wand. Ich werde da eine laut quietschende Tür einbauen lassen, um die Treppe vom Empfangsraum abzutrennen. Wenn einer die Treppe benutzen will, muß er zuerst die Tür öffnen. Falls unsere Wachposten einmal einnicken sollten, wird das Quietschen sie aufwecken. Und wenn Pompeia unten auftaucht, um auszugehen, wird einer der Männer Polyxena Bescheid geben. Zum Glück hätte Pompeia nicht genug Unternehmungsgeist, um wegzulaufen, bevor Polyxena herbeigeeilt ist. Und sollte ihre Freundin Clodia versuchen, sie dazu zu überreden, wird sie es nur einmal tun, das verspreche ich dir. Ich werde Pompeia unmißverständlich klarmachen, daß ein solches Verhalten ein ausreichender Scheidungsgrund ist. Und Eutychus soll nur solche Männer zum Wachdienst einteilen, die sich nicht gegenseitig dazu ermuntern, Bestechungsgelder anzunehmen.«

»Ach, Caesar, wie schrecklich!« rief Aurelia und schlug die Hände zusammen. »Wir sind doch keine Legionäre, die das Lager gegen Feinde sichern müssen.«

»Doch, Mater, ich fürchte, das sind wir. Aber sie ist schuld daran. Sie verkehrt in den falschen Kreisen und läßt sich nicht davon abbringen.«

»Und deshalb müssen wir sie einsperren.«

»Nicht einsperren, Mater. Sei gerecht. Ich will ihr ja nicht verbieten, ihre Freundinnen zu sehen, hier oder außer Haus. Sie können kommen und gehen, wie es ihnen gefällt, selbst solche abgetakelten Schönheiten wie Sempronia Tuditani und Palla. Und von mir aus auch dieser widerliche Pompeius Rufus. Aber Pompeia ist jetzt die Frau des Caesar Pontifex Maximus. Das ist ein sozialer Aufstieg, auch für eine Enkeltochter des Sulla. Auf ihre Vernunft kann ich nicht zählen, denn die besitzt sie nicht. Wir kennen alle die Geschichte von Metella Dalmatica, die es trotz Scaurus Princeps Senatus geschafft hat, Sulla das Leben zur Hölle zu machen, als er sich zum Prätor wählen lassen wollte. Sulla hat sie damals fortgeschickt — ein Zeichen für seinen intakten Selbsterhaltungstrieb. Aber kannst du dir vorstellen, daß ein Clodius, ein Decimus Brutus oder der junge Poplicola mit soviel Besonnenheit handelt wie Sulla? Pah! Im Handumdrehen hätten sie sich Pompeia geschnappt.«

»Dann sollte Pompeias Mutter dabeisein«, sagte Aurelia mit Entschiedenheit, »wenn du deine Frau über die neuen Regeln in Kenntnis setzt. Cornelia Sulla ist eine großartige Frau, und sie weiß genau, was für eine törichte Tochter sie hat. Mit der Autorität ihrer Mutter verstärkst du auch deine Autorität. Es hat keinen Sinn, wenn ich mich da einmische. Pompeia haßt mich dafür, daß ich ihr Polyxena auf den Hals gehetzt habe.«

Gesagt, getan. Der Umzug ins Domus Publica fand bereits am nächsten Tag statt, und noch bevor Pompeia mit ihren Bediensteten einen Blick auf die prächtige Suite im ersten Stock geworfen hatte, war sie in vollem Umfang über die neuen Verhaltensregeln informiert worden. Natürlich hatte sie geweint und die Unschuld ihrer Absichten beteuert — aber vergebens. Cornelia Sulla war noch strenger als Caesar und unnachgiebig in ihrer Drohung, daß Pompeia im Falle einer unehrenhaften Scheidung wegen Ehebruchs im Hause des Onkels Mamercus nicht mehr willkommen sei. Zum Glück war Pompeia keine Frau, die lange grollte, und so war sie bereits am nächsten Tag mit den Gedanken ganz und gar beim Umzug ihres geschmacklosen, aber kostspieligen Schnickschnacks in das neue Haus und plante bereits einen ausgiebigen Einkaufsbummel — schließlich mußten diese riesigen, kahlen Räume ja mit irgend etwas eingerichtet werden.

Caesar hatte sich gefragt, wie Aurelia wohl mit ihrer neuen Rolle als Herrin eines Hauses, das einem Palast ziemlich nahekam, zurechtkommen würde, war sie doch bisher Vermieterin einer florierenden Insula gewesen. Würde sie darauf bestehen, weiterhin ihre Bücher zu führen? Oder würde sie nach mehr als vierzig Jahren alle Brücken zur Subura abbrechen? Als der Nachmittag seines Einweihungsfestes kam, wußte er längst, daß er sich um diese bemerkenswerte Frau nun wahrlich keine Sorgen machen mußte. Die Kontrolle wolle sie nicht aus der Hand geben, erklärte sie ihm, aber die Bücher der Insula würden ab jetzt von einem Mann geführt, den Lucius Decumius gefunden hatte und für den er seine Hand ins Feuer legte. Und dabei stellte sich heraus, daß der Großteil ihrer Arbeit gar nichts mit ihren eigenen Geschäften zu tun gehabt hatte; um ihre Tage auszufüllen, hatte sie im Auftrag von einem halben Dutzend anderer Hauswirte gearbeitet. Wie entsetzt ihr Mann gewesen wäre, wenn er das gewußt hätte. Caesar lächelte still in sich hinein.

Er stellte überhaupt fest, daß seine Beförderung zum Pontifex Maximus Aurelia neuen Auftrieb gab. Sie war überall zu finden, auf beiden Seiten des Gebäudes; ohne große Anstrengung hatte sie sich Einfluß auf Licinia verschafft. Bei allen sechs Vestalinnen war sie sehr beliebt, und ihr Sohn dachte mit stiller Belustigung, daß sie schon bald in der Mission aufgehen würde, nicht nur in das Domus Publica, sondern auch in die Verwaltung der Testamente neuen Schwung zu bringen.

»Caesar, wir sollten für diesen Dienst eine Gebühr erheben«, sagte sie mit entschlossener Miene. »Soviel Arbeit und Mühe! Dafür sollte der römische Staatssäckel entschädigt werden.«

Er war dagegen. »Ich stimme dir zu, daß eine Gebühr dem Schatzamt zugute käme, Mater, aber die Ärmsten der Armen würde sie eines ihrer letzten Privilegien berauben. Nein. Im großen und ganzen hat Rom keine Probleme mit seinen proletarii. Fülle ihnen die Bäuche und biete ihnen Spiele — und sie sind zufrieden. Wenn wir damit anfangen, ihre Gewohnheitsrechte mit Gebühren zu belegen, dann verwandeln wir die capite censi sehr schnell in ein Ungeheuer, das uns verschlingen könnte.«

Wie Crassus vorhergesehen hatte, besänftigte Caesars Wahl zum Pontifex Maximus seine Gläubiger auf wundersame Weise. Und ganz nebenbei brachte das Amt ihm ein beträchtliches Einkommen vom Staat, und das traf auch für die drei wichtigsten flamines Dialis, Martialis und Quirinalis zu. Ihre drei staatlichen Residenzen standen auf der anderen Seite der Via Sacra, gegenüber der Domus Publica, aber es hatte natürlich keinen Hamen Dialis mehr gegeben, seit Caesar von Sulla der Helm und der Umhang des persönlichen Priesters von Jupiter Optimus Maximus abgenommen worden war. Sie hatten damals ein Abkommen getroffen: Erst nach Caesars Tod sollte es einen neuen Hamen Dialis geben. Zweifellos war seine damalige Residenz dem Verfall preisgegeben worden, seit sie Merula, ihren letzten Bewohner, vor fünfundzwanzig Jahren verloren hatte. Und da er jetzt zuständig für das Haus war, mußte er es sich ansehen, um zu entscheiden, was damit geschehen sollte. Eventuelle Reparaturen konnte er aus dem unangetasteten Gehalt bestreiten, das ihm zugestanden hätte, wenn er in dem Haus gelebt und seinen Dienst als Hamen Dialis versehen hätte. Später würde er es für viel Geld an einen ehrgeizigen Ritter vermieten, den es nach einer Adresse auf dem Forum Romanum gelüstete. Rom sollte das investierte Geld zurückbekommen.

Aber zuerst mußte er sich um die Regia kümmern und um die Amtsräume des Pontifex Maximus.

Die Regia war das älteste Gebäude auf dem Forum. Man nahm gemeinhin an, daß es die Residenz von Numa Pompilius, dem zweiten römischen König, gewesen war. Außer dem Pontifex Maximus und dem Rex Sacrorum hatte kein anderer Priester Zutritt zu dem Haus. Allerdings assistierten die Vestalinnen dem Pontifex Maximus, wenn er Ops das alljährliche Opfer darbrachte; und wenn der Rex Sacrorum bei den jährlich wiederkehrenden Agonalien seinen Schafbock opferte, holte er sich ein paar junge Priester dazu, die ihm halfen und hinterher den Altar reinigten.

Als Caesar das Haus betrat, bekam er eine Gänsehaut, so überwältigend war das Gefühl, das er dabei hatte. Erdbeben hatten mindestens zweimal eine Generalüberholung des Gebäudes nötig gemacht, aber es war immer wieder auf denselben uralten Fundamenten errichtet worden und jedesmal mit den gleichen schmucklosen Tuffblöcken. Nein, dachte Caesar, während er sich umschaute, die Regia ist nie ein Wohnhaus gewesen. Sie war viel zu klein und hatte keine Fenster. Wahrscheinlich steckte auch hinter dem Grundriß eine Absicht; er war so ungewöhnlich, daß er nur einem geheimnisvollen rituellen Zweck gedient haben konnte. Es war ein Viereck von der Art, wie die Griechen es als Trapezoid bezeichneten — keine Seite verlief parallel zu einer anderen. Was für eine religiöse Bedeutung mochte das für die Menschen gehabt haben, die vor so langer Zeit lebten? Es stand nicht einmal in einer bestimmten Richtung, denn dazu hätte es eine erkennbare Vorderfront haben müssen. Vielleicht war gerade das der Grund: Ihr dürft euch keiner Himmelsrichtung entgegenstellen, damit ihr die Götter nicht verärgert! Ja, es war von Beginn an ein Tempel gewesen, daran zweifelte er jetzt nicht mehr. Hier hatte König Numa Pomilius die Rituale des jungen Rom zelebriert.

An der kürzesten Wand befand sich ein Schrein, zweifellos ein Schrein der Ops, einer Gottheit ohne Gesicht, Stofflichkeit und Geschlecht (nur der Einfachheit halber hatte man ihr das weibliche Geschlechtswort gegeben), von der die Mächte regiert wurden, die Roms Staatskassen und die Bäuche der Menschen füllten. Am gegenüberliegenden Ende war eine Öffnung im Dach, unter der in einem kleinen Innenhof zwei Lorbeerbäume wuchsen, ganz schlank und ohne Zweige bis zu der Stelle, wo sie die Köpfe durch die Öffnung steckten, um ein wenig Sonnenlicht zu trinken. Der Innenhof war nicht durch Mauern vom übrigen Raum abgetrennt, sein Erbauer hatte sich mit einer hüfthohen Begrenzung aus Tuffstein begnügt. Und zwischen dieser Begrenzung und dem Ende der Mauer lagen, sorgfältig in vier Reihen aufgestapelt, die vierundzwanzig Schilde des Mars; an der Ecke zur Via Sacra steckten in einem Wandständer die vierundzwanzig dazugehörigen Speere.

Wie gut es sich fügte, daß ausgerechnet er an diesen Ort zurückkehrte, um ihm zu dienen! Er, ein Julier, der in direkter Linie von Mars abstammte. Mit einer Anrufung des Kriegsgottes zog er ganz vorsichtig die Hüllen aus weichem Fell von den Schilden in der obersten Reihe und hielt ehrfürchtig den Atem an, während er sie betrachtete. Dreiundzwanzig von ihnen waren Nachbildungen, einer nur war wirklich der Schild, der auf Geheiß Jupiters vom Himmel gefallen war, um Konig Numa Pompilius vor seinen Feinden zu schützen. Aber die Nachbildungen stammten aus der gleichen Zeit, und niemand außer König Numa Pompilius würde jemals wissen, welches der echte Schild war. Der Legende nach hatte er die Repliken anfertigen lassen, um etwaige Diebe zu verwirren. Nur ein Schild besaß tatsächlich göttliche Zauberkraft. Schilde wie diese fand man sonst nur in Wandmalereien auf Kreta oder dem Peleponnes; sie waren beinahe mannshoch und geformt wie zwei Tränen, die mit ihren spitzen Enden auseinanderstanden, und somit ein schlankes Mittelstück bildeten. Ihre Rahmen waren aus wunderbarem Hartholz gefertigt, über die man die getrockneten Felle schwarzweiß gefleckter Rinder gespannt hatte. Zweimal im Jahr, im März und im Oktober, wenn die patrizischen Priester, die man die Salier nannte, ihren Kriegstanz aufführten, der Anfang und Ende einer Wahlperiode markierte, brachte man die Schilde nach draußen, wo sie auslüften konnten; wahrscheinlich waren sie nur deshalb noch in relativ gutem Zustand. Das waren sie also: seine Schilde, seine Speere. Von so nahe hatte er sie noch nie betrachtet, denn als er das Alter erreicht hatte, in dem er Salier hätte werden können, war er statt dessen der Hamen Dialis geworden.

Das Haus war schmutzig und heruntergekommen, er würde mit Lucius Claudius, dem Rex Sacrorum, reden müssen, damit der seine Schar von Jungpriestern in Aktion brachte. Ein Gestank nach altem Blut lag in der Luft, trotz der Öffnung im Dach, und der Boden war übersät mit Rattenkot. Daß die heiligen Schilde nicht gelitten hatten, kam einem Wunder gleich. Eigentlich hätten die Ratten schon vor Jahrhunderten den letzten Rest der Felle von den Rahmen genagt haben müssen. Die Buchbehälter, die vor der längsten der vier Wände aufgestapelt lagen, hatten nicht soviel Glück gehabt, während die steinernen Tafeln gleich daneben auch den schärfsten Schneidezähnen widerstanden hatten. Es war allerhöchste Zeit, mit den Reparaturen der Schäden zu beginnen, die Zeit und Nagetiere hier angerichtet hatten.

»Ich fürchte«, sagte Caesar beim Abendessen zu Aurelia, »ich kann nicht einfach ein paar Hunde oder hungrige Katzenmütter in die Regia schaffen. Das dürfte mit unseren religiösen Gesetzen kaum vereinbar sein. Aber wie soll ich sonst mit den Ratten fertig werden?«

»Ich denke, ihre Anwesenheit in der Regia widerspricht unseren religiösen Gesetzen mindestens so sehr wie Hunde oder Katzen«, erwiderte Aurelia. »Aber ich verstehe, was du meinst. Es ist kein großes Problem, Caesar. Ich frage einfach die beiden alten Frauen, die für die öffentlichen Latrinen in der Subura Minor verantwortlich sind, von wem sie sich ihre Rattenfallen bauen lassen. Raffinierte Apparate sind das! Längliche Kästen mit einer Tür an einem Ende. Die Tür lehnt an einem Gegengewicht, das Gegengewicht ist mit einem Faden verbunden, der Faden hängt an einem Stück Käse. Wenn die Ratte versucht, sich den Käse zu holen, fällt die Tür herunter. Der Bursche, den du damit beauftragst, die Ratten aus dem Kasten zu holen und zu töten, darf allerdings keine Angst haben, damit sie ihm nicht wieder entwischen.«

»Mater, du kennst dich einfach mit allem aus! Darf ich die Beschaffung der Rattenfallen vertrauensvoll in deine Hände legen?«

»Gern«, sagte sie und war sehr zufrieden mit sich.

»In deinem Mietshaus gibt es keine Ratten.«

»Das will ich aber auch hoffen! Du weißt ja, daß Lucius Decumius immer einen Hund hat.«

»Und jeden von ihnen nennt er Fido.«

»Und jeder von ihnen ist ein ausgezeichneter Rattenfänger!«

»Unsere Vestalinnen bevorzugen Katzen.«

»Praktische Tierchen, vorausgesetzt, es sind Weibchen.« Sie lächelte spitzbübisch. »Es ist ja verständlich, daß sie sich keine Kater halten, aber auf Rattenjagd gehen nur die Weibchen. Da unterscheiden die Katzen sich von den Hunden. Der viele Nachwuchs ist ein Ärgernis, aber Licinia kennt keine Gnade, und wenn die beiden Nesthäkchen auch noch so betteln. Die Kätzchen werden gleich nach der Geburt ertränkt.«

»Worauf Junia und Quinctilia in Tränen ertrinken.«

»Wir alle müssen uns an den Tod gewöhnen«, stellte Aurelia ungerührt fest. »Wir dürfen uns nicht nur vom Herzen leiten lassen.«

Dagegen gab es nichts zu sagen, also wechselte Caesar das Thema. »Ich habe ungefähr zwanzig Buchbehälter samt Inhalt retten können — ein bißchen mitgenommen zwar, aber noch ganz intakt. Wie es scheint, haben meine Vorgänger die Kästen ausgetauscht, wenn sie von Ratten zernagt waren. Wäre es da nicht sinnvoller gewesen, die Ratten auszurotten? Für die erste Zeit werde ich die Dokumente in meinem Arbeitszimmer aufbewahren — ich möchte sie lesen und katalogisieren.«

»Dokumente?«

»Ja, aber nicht aus der Zeit der Republik. Sie reichen zurück bis zu den ersten Königen.«

»Ah! Jetzt verstehe ich, warum sie dich interessieren. Du hattest schon immer eine Schwäche für alte Dokumente und Archive. Aber kannst du sie denn lesen? Die sind doch sicher nicht zu entziffern.«

»Doch, es ist ordentliches Latein, so wie man es vor dreihundert Jahren geschrieben hat, und sie sind auf Pergament geschrieben. Ich denke, einer der Ponifices Maximi dieser Zeit hat die Originale entziffern und diese Kopien anfertigen lassen.« Er lehnte sich auf sein Liegesofa zurück. »Ich hab auch ein paar Steintafeln gefunden. Sie tragen die gleiche Schrift wie die Stele im Schacht des Lapis Niger. So frühzeitig, daß man es kaum noch als lateinische Schrift erkennen kann. Eine Art Vorläufer davon, nehme ich an, wie das Lied der Salier. Aber ich werde sie entziffern, keine Angst!«

Seine Mutter betrachtete ihn liebevoll, aber auch ein wenig streng. »Caesar, ich will hoffen, daß du über all der religiösen und historischen Forscherei nicht vergißt, daß du dieses Jahr als Prätor kandidieren willst. Du sollst deine Aufgabe als Pontifex Maximus ordentlich erfüllen, aber deine Karriere auf dem Forum darfst du darüber nicht vernachlässigen.«

Er vernachlässigte sie nicht, und auch der Schwung seines Wahlkampfes litt keineswegs darunter, daß die Lampen in seinem Arbeitszimmer jeden Tag bis tief in die Nacht brannten, während er sich durch die alten Dokumente arbeitete, die er die Zeugnisse der Könige getauft hatte. Er dankt den Göttern dafür, daß irgendein unbekannter Pontifex Maximus die Schriften entziffert und auf Pergament übertragen hatte. Wo die Originale sich befanden, wußte Caesar nicht. Sicher nicht in der Regia, und sie konnten auch den Steintafeln, die er dort gefunden hatte, eigentlich nicht ähnlich sein, denn das waren annalistische Dokumente, die — diese Vermutung hegte er nach ersten Vorarbeiten — aus der Zeit der ersten Könige stammten, vielleicht gar von Numa Pompilius. Oder sogar von Romulus? Was für ein erregender Gedanke! Doch weder bei der in Stein gemeißelten Schrift noch bei den Kopien auf Pergament handelte es sich um etwas Zeitgeschichtliches. Es hatte mit Gesetzen zu tun, mit Regularien, religiösen Ritualen, Anstandsregeln, mit Zeremonien und Zeremonienmeistern. Er würde sie so schnell wie möglich veröffentlichen lassen; ganz Rom sollte wissen, was in der Regia herumlag. Varro würde Feuer und Flamme sein und Cicero begeistert. Er würde ein Abendessen veranstalten.

Um diesem außergewöhnlichen Jahr, das Caesar Höhen und Tiefen gebracht hatte, die Krone aufzusetzen, bekam er bei den kurulischen Wahlen, die früh im Quinctilis abgehalten wurden, von allen Kandidaten für das Amt des Prätors die meisten Stimmen. Sämtliche Zenturien nannten seinen Namen, deshalb konnte er schon lange, bevor der letzte Mann zurückkam, sicher sein, daß er gewählt worden war. Philippus, sein Freund aus der Zeit in Mitylene, wurde sein Kollege, ebenso Ciceros ungestümer jüngerer Bruder, der kleine Quintus Cicero. Aber leider hatte man auch Bibulus zum Prätor gewählt.

Als durch das Los bestimmt wurde, welcher Mann welche Aufgabe bekommen würde, war Caesars Sieg vollkommen. Sein Name stand auf der ersten Kugel, er war Stadtprätor geworden, der wichtigste der acht Männer. Deshalb würde Bibulus ihn auch nicht ärgern können (man hatte ihm das Gericht für Gewalttaten zugelost) — während er nun zweifellos in der Lage war, Bibulus zu ärgern!

Höchste Zeit also, Domitia das Herz zu brechen und sich von ihr zu trennen. Sie war sehr diskret gewesen, also war Bibulus noch völlig ahnungslos. Das würde sich ändern, wenn sie erst anfinge, zu heulen und zu jammern. Das hatten bis jetzt noch alle getan. Bis auf Servilia. Vielleicht war sie deshalb als einzige übriggeblieben.