21

Stimmengewirr erfüllte den Raum. Fußgetrampel. Robert unterschied Worte, einzelne Wortfetzen, die peitschend wie Gewehrschüsse aus dem dröhnenden Summen ringsum herausbrachen: »… betrunken … Schüsse/ … fünf … Fremder, aber warum … armer Hund … Schickt sie raus!… Seien Sie still … Sie alle sollten lieber … Kommt er zu sich? Bleiben Sie still liegen.«

Die letzte Stimme war ruhig und ganz nah.

Robert stützte sich auf den Ellbogen, sank aber vornüber und wäre von der Couch gefallen, hätte ihn nicht jemand an der Schulter festgehalten und in die Kissen zurückgedrückt. Robert runzelte die Stirn. Das Zimmer war voller Menschen — Polizisten, Männer, ein paar Frauen, davon eine, die das Haar zur Nacht in Zöpfe geflochten hatte und einen dunklen Mantel ängstlich über dem langen Nachthemd zusammenhielt. Roberts Kopf lag auf mehreren Kissen, sein linker Hemdärmel war abgeschnitten werden, und ein Arzt tupfte ihm den Arm mit Alkohol ab. Robert hatte überhaupt kein Gefühl im Arm, doch der Geruch des Alkohols war scharf und gut.

»Hier, halten Sie sich das unter die Nase«, sagte der Arzt und reichte ihm einen feuchten Wattebausch. »Sie haben Glück gehabt. Kein Knochen verletzt. Ist glatt daran vorbeigegangen.« Der Arzt war ein kleiner, munterer Mann mit einem grauen Haarkranz um die spiegelnde Glatze. Flink und geschickt verband er ihn mit weißen Bandagen.

Dann fiel Roberts Blick auf Lippenholtz. Der Beamte, immer noch im hellgrauen Anzug, kam auf ihn zugeschlendert, den Hut im Genick. »Na, ist er wach? Was hat sich hier abgespielt?«

Im Zimmer wurde es still, und alle sahen Robert an. Ihre Gesichter waren böse, ängstlich oder neugierig. Nicht eines war freundlich.

»Jemand hat geschossen«, sagte Robert. »Durchs Fenster. Wieder durch dasselbe Fenster.« Er blickte zu dem betreffenden Fenster hinüber.

Lippenholtz sah sich nach dem Fenster um, dann wandte er sich wieder Robert zu. »Wie viele Schüsse?«

»Fünf oder sechs. Ich weiß es nicht genau. Fragen Sie Ihren Polizeiposten.«

»Fünf«, sagte der Lange, der als erster gekommen war.

Lippenholtz runzelte die Stirn. »Es war eine Wache hier. Der Mann sagte mir, er hätte seinen Posten nur fünf Minuten auf eine Tasse Kaffee verlassen. Die Gelegenheit muß der Täter wahrgenommen haben.«

Lippenholtz lügt, dachte Robert. Er lügt wegen der vielen Menschen hier. »Er hätte sich eine Thermosflasche mitbringen sollen.«

»Werd’s ihm bestellen«, sagte Lippenholtz. »Und was geschah, nachdem die Schüsse gefallen waren?«

Der Doktor fuhr fort, Roberts Arm zu verbinden.

»Ich bin rausgelaufen … Mit einer Taschenlampe«, sagte Robert. »Aber ich habe nichts gesehen, nur …«

»Nur?«

»Die Rücklichter von einem Wagen, weit hinten auf der Straße nach Langley zu. Ich sah sie verschwinden. Ich glaube kaum, daß der Wagen etwas damit zu tun hatte. Er war zu weit weg.«

Lippenholtz nickte und sagte: »Zwei von den Kugeln haben wir gefunden. Wieder eine Zweiunddreißiger.«

Robert betrachtete die Menschen im Raum genauer. Jetzt waren ihre Gesichter feindselig.

»Wie kommt der Hund hierher?« fragte die hagere Frau mit dem Mantel über dem Nachthemd.

»Er ist mir zugelaufen«, sagte Robert. »Ich hab ihm zu fressen gegeben. Er war hungrig.«

»Das ist unser Hund, und Sie hatten überhaupt kein Recht dazu!« sagte die Frau und machte einen Schritt nach vorn. Ein hagerer Mann, kleiner als sie, trat neben sie und legte ihr die Hand auf den Arm.

»Martha!« sagte er.

»Ach, laß mich! Unseren Hund mit in dies gräßliche Haus zu nehmen, damit er umgebracht wird! Nur weil jemand auf Sie schießt! Recht geschieht Ihnen! Sie haben’s nicht anders verdient!«

»Hör doch auf, Martha, die Polizei wird schon …«

Doch rings ertönte zustimmendes Gemurmel. Einige der Leute knurrten beifällig. Ein Polizeibeamter legte den Kopf zurück, lachte lautlos und tauschte verständnisinnige Blicke mit einem Kollegen.

»Er hat doch einen umgelegt, nicht wahr?« kreischte die Frau, die Martha hieß. Sie hatte ihre Worte an Lippenholtz gerichtet, und als dieser nicht antwortete, wandte sie sich an alle. »Nicht wahr?«

»Ja«, erwiderten einige von den anderen ruhig wie aus einem Munde.

»Und jetzt hat er meinen Hund umgebracht, ein unschuldiges Tier! Und außerdem ist er ein Herumschleicher, ein Voyeur!«

»Pfui!« machte ein alter Mann, um seiner Verachtung Ausdruck zu geben, und wandte sich zur Tür. Die Haustür stand offen. »Weiß gar nicht, was ich hier zu suchen habe«, murmelte er vor sich hin.

»Ich auch nicht«, sagte ein anderer und stapfte ebenfalls hinaus.

»Sie werden für den Hund bezahlen!« erklärte Martha.

»Schon gut, schon gut«, sagte Robert.

Der Doktor arbeitete unbekümmert weiter, ja er summte sogar beim Hantieren leise vor sich hin. Jetzt schnitt er die Enden der sauberen Schleife ab, mit der er den Verband zugebunden hatte.

»Fünfundzwanzig Dollar!« sagte Martha. Ihr Mann flüsterte ihr etwas zu. »Fünfunddreißig«, sagte sie.

»Von mir aus«, seufzte Robert.

Lippenholtz, der mit einem Polizisten sprach, lachte plötzlich gackernd auf, und da gerade Stille herrschte, wandten alle Blicke sich ihm zu. Lippenholtz bemerkte es und ging wieder zu Robert hinüber. »Wollen Sie jetzt ins Gefängnis, Mr. Forester?«

Robert wäre am liebsten aufgesprungen, um Lippenholtz und den anderen eine geharnischte Rede zu halten, doch die Lust verging ihm wieder. »Nein«, sagte er.

»Ja, da gehört er hin, ins Gefängnis«, ertönte eine Männerstimme im Hintergrund.

»Jawohl«, ließ sich Martha hören. »Ein junges Mädchen vom rechten Weg abbringen! In den Tod zu treiben!«

»O mein Gott«, dachte Robert. Er schloß gequält die Augen und drehte den Kopf voller Wut und Scham zur Wand. Das Gemurmel begann von neuem: »… fremd bei uns und dann so was … Sie war höchstens zwanzig … jede Nacht hiergewesen. Ich hab sie gesehen … und hat ‘ne Frau in New York, hab ich gehört … ich sag’s ja … warum tut die Polizei nicht ihre Pflicht? Das Mädchen und ihren Verlobten umgebracht. Was muß er denn noch alles …«

Robert setzte sich auf und wollte aufstehen, doch die Hand des Doktors drückte ihn auf die Couch zurück. »Ich möchte Ihnen allen einmal etwas sagen! Es kümmert mich einen Dreck, was Sie sagen, verstanden? Aber machen Sie augenblicklich, daß Sie rauskommen! Raus, alle miteinander!« Jetzt gab er erschöpft dem Druck der Hand nach.

Die Leute rührten sich nicht. Vereint schienen sie jetzt fest entschlossen, sich nicht vertreiben zu lassen. »Oho, es ist ihm also egal!« kreischte eine Frau.

Die Stimme des Doktors unterbrach sie: »Nun hört mal zu, Leute. Findet ihr nicht, daß ihr für heute genug gesagt habt? Der Mann hier hat ‘ne Menge Blut verloren …«

»Ha!«

»Kein Wunder, daß der Feinde hat!«

Der Doktor wandte sich an Lippenholtz. »Sir … eh, Inspektor … Hat es einen Sinn, was hier vor sich geht? Ich hab diesem Mann hier ein Beruhigungsmittel gegeben, und er muß jetzt schlafen.«

Robert mußte lächeln. Die Stimme der Vernunft, die winzige Stimme der Vernunft hatte gesprochen. Einer gegen dreizehn, vierzehn, vielleicht sogar zwanzig. Robert richtete sich auf. Er mußte mehrmals die Augen zukneifen, um klar sehen zu können. Lippenholtz kam auf ihn zu. Nie sah Robert ihn gehen, nur immer kommen.

»Ihre Mutter hat vor ein paar Minuten angerufen«, sagte er zu Robert. »Sie hat gesagt, sie ruft wieder an, oder Sie sollen sie anrufen. Das hat sie mir aufgetragen. Ich hab ihr gesagt, daß Sie eine Kugel in den Arm bekommen haben.«

Robert lächelte leicht. »Eine Kugel in den Arm«, wiederholte er mechanisch.

Lippenholtz sah den Doktor an und zuckte die Achseln.

»Ich hab ihm eine starke Dosis gegeben«, sagte der Doktor. »Warum befördern Sie diese Leute hier nicht raus?«

»Seht euch das an! Er lacht auch noch!« tönte Marthas Stimme.

Robert schloß die Augen, ohne sich darum zu kümmern. Verschwommen hörte er, wie der Doktor in ärgerlichem Ton zu Lippenholtz etwas von Krankenhaus sagte, von Blutverlust und Arterien.

»… er ist doch ganz allein hier«, sagte der Doktor. »Ich bin Arzt und …«

»Okay, okay«, fiel Lippenholtz ein. »Hör mal, Pete … Okay, die Leute gehen ja schon. Das sehen Sie doch.«

Füße schlurften. Einige warfen noch über die Schulter gehässige Bemerkungen zurück, die Robert nicht erst zu verstehen versuchte. Dann Türenschlagen, dann Stille, die Robert veranlaßte, die Augen zu öffnen. Der kleine Doktor im dunklen Anzug kam zu ihm. Das Haus lag stumm und leer.

»Möchten Sie einen Schlafanzug anziehen oder bleiben Sie lieber so?« fragte der Doktor.

»Es geht schon so«, sagte Robert und versuchte aufzustehen.

»Bleiben Sie liegen«, sagte der Doktor.

»Ich muß meine Mutter anrufen. Sie wartet.«

»Ach so. Hm. Na schön. Soll ich für Sie wählen?«

»Bitte, tun Sie das. Mir fällt die Nummer nicht ein. Sie muß in dem kleinen Adreßbuch in der Schreibtischschublade sein.« Robert sah zu, wie der Doktor in der Schublade nach dem Buch suchte. Schließlich sagte er: »Aha!« und hob es vom Fußboden auf, wo es halb unter einen Sessel gerutscht war.

»Unter Forester?«

»Nein, unter Carroll. Mrs. Philip oder Helen Carroll, eins von beiden.« Robert ließ sich wieder in die Kissen sinken und schloß die Augen, lauschte aber dennoch auf das, was der Doktor am Telefon sagte.

»Nein, kein R-Gespräch … Mit Voranmeldung, ja, das ist am besten.« Des Doktors Stimme war klar und deutlich. »Ah, Mrs. Carroll? Einen Augenblick, bitte.« Der Doktor stellte das Telefon auf einen Stuhl, zog ihn an die Couch heran und reichte Robert den Hörer.

»Hallo, Mutter?« sagte Robert. »Nein, nein, mit geht’s gut … Ganz bestimmt.« Robert erklärte, es sei nur eine Fleischwunde. »Na ja, Wyncoop, glaube ich. Wer sonst?«

Ihre Stimme klang wunderbar. Lieb, energisch und wunderbar. Sie und Phil wollten morgen nach Albuquerque fliegen. Sie wollten, daß Robert nachkam, um sich ein wenig zu erholen.

»Nein, Mutter, du verstehst nicht ganz, in welcher Lage ich mich befinde«, sagte Robert. »Ich glaube kaum, daß ich aus Pennsylvania raus darf. Sie wollen mich ins Gefängnis stecken.«

»Mein Gott, Bob! Ja, wir haben’s in der Zeitung gelesen, aber Sie haben doch keine Beweise! Phil sagt, die Polizei braucht Beweise. Das weiß ja sogar ich.«

»Richtig, Mutter. Es war Wyncoop, der auf mich geschossen hat, und er ist nicht halb so tot wie ich heute abend.« Robert lächelte. Er fühlte sich so glücklich, als habe ihm der Doktor eine Portion Lachgas gegeben.

Der Doktor rauchte eine Zigarette und bückte sich, um die Titel der wenigen Bücher lesen zu können, die noch auf dem Regal neben dem Kamin standen. »Ja, Mutter, ja«, sagte Robert. »Einen sehr guten Arzt. Ich bin in guten Händen.« Er lachte. »Na ja, entschuldige, aber er hat mir ein Mittel gegeben, darum bin ich so komisch. Aber ich fühle mich ausgezeichnet.«

»Aber du kommst auch bestimmt zu uns?« fragte sie zum drittenmal. »Kommst du? Auf die Ranch?«

Robert runzelte die Stirn. Er versuchte nachzudenken. »Ja, warum nicht?« sagte er.

»Und du fährst morgen ab? Sobald du kannst? Wirst du auch kräftig genug sein dazu? Bobbie, bist du noch da?«

»Mir geht’s gut«, sagte Robert.

»Rufst du noch mal an, damit wir wissen, mit welchem Flugzeug du kommst?«

»Ja, Mutter.«

»Dann schlaf jetzt, Robbie. Ich rufe dich morgen früh an. Gegen zehn, ja?«

»Gut, Mutter. Gute Nacht.« Er legte auf. Dann runzelte er die Stirn. Es war ihm eingefallen, daß seine Mutter gesagt hatte, Phil wolle noch mit ihm sprechen. Na ja, war nicht so wichtig. Er sank langsam in die Kissen zurück. Durch die halbgeschlossenen Lider sah er, daß der Doktor seine Inspektion der Bücher beendet hatte und leise lächelnd auf ihn zukam. Robert nahm an, daß er nun gehen wollte. »Ich danke Ihnen«, sagte Robert. »Wenn Sie mir sagen, was ich Ihnen schuldig bin, könnte ich Ihnen den Betrag gleich geben.«

Der Doktor schüttelte den Kopf. Er biß sich auf die Lippen. Robert sah, daß ihm Tränen in die Augen traten. Robert runzelte die Stirn und fragte sich sekundenlang, ob er vielleicht träume.

»Nein, Sie sind mir nichts schuldig«, sagte der Doktor. »Sie haben doch nichts dagegen, daß ich hierbleibe? Das wäre mir lieber, als nach Hause zu gehen. Ich kann ja lesen, solange Sie schlafen. Es ist auch besser, wenn man in Ihrem Zustand jemand in der Nähe hat.«

Robert hob ein wenig den Kopf, die Stirn noch immer gerunzelt. Der Doktor war jetzt anders, aber er sah so aus wie zuvor, klein, rundlich und kahlköpfig.

Der Arzt drehte sich jetzt zum Kamin um, so daß er Robert sein Profil zuwandte. »Ich habe vor kurzem meine Frau verloren. Vor zehn Tagen. Julia. Sie ist an Lungenentzündung gestorben. Eine ganz einfache Krankheit. jedenfalls; empfindet man sie als einfach, wenn der Kranke sonst gesund ist. Aber Julias Herz …« Jetzt wandte sich der Doktor ihm wieder voll zu. »Also, ich plappere hier vor mich hin und Sie schlafen schon fast.«

»Nein«, sagte Robert.

»Das sollten Sie aber. Nun ja, von einem Arzt erwartet man ja wohl, daß er dem Tod recht nüchtern gegenübersteht, aber …«

Robert lächelte. Er bemühte sich, wach zu bleiben. »Darf ich fragen, wie Sie heißen, Doktor?« ’‘

»Knott«, sagte der Doktor. »Albert Knott. ja, wir haben beide Kummer, nicht wahr? Die Patsche, in der Sie stecken …Ich hab in der Zeitung davon gelesen. Ich weiß, man verdächtigt Sie, Wyncoop umgebracht zu haben. Ich hab Wyncoop einmal ein Furunkel herausgeschnitten. Ist das nicht ein Zufall? Furunkel im Nacken. Es ist nicht meine Aufgabe, den Charakter meiner Patienten zu beurteilen.« Er stand regungslos, eine gedrungene, dunkle Gestalt.

Robert schien es, als schwebte, hinge er in der Luft.

»Gleich werden Sie nicht mehr hören, was ich sage, und das ist auch gleichgültig«, sagte Dr. Knott. Er sah Robert nicht an. »Ich habe meine Frau geliebt, und sie ist gestorben. Das ist die ganze Geschichte in einem kleinen Satz.«

Nun folgte ein langes Schweigen, so lang, daß Robert fürchtete einzuschlafen, und das wollte er nicht. »Ich höre Ich höre Ihnen noch immer zu.«

»Versuchen Sie, sich zu entspannen«, sagte der Doktor. Es klang wie ein sanfter Befehl.

Robert gehorchte.

Der Doktor ging jetzt langsam auf und ab. Das einzige Licht kam von der rotbeschirmten Lampe auf dem kleinen Tischchen neben dem Sessel. »Ja, ich habe von Wyncoops Verschwinden gehört«, sagte der Doktor leise. »Ob Sie ihn getötet haben oder nicht, ich wäre in jedem Fall jetzt hier. Seltsam, eigentlich ist es nicht üblich, daß die Polizei mich holt, aber dies ist auch nicht der erste Fall, zu dem sie mich rufen. Der Arzt, der sonst immer kommt, ist nicht da, und ich stehe auf der Liste der Ärzte, die ihn vertreten. Zufall, purer Zufall.« Eine halbe Minute Pause, während er, die Hände in den Taschen, auf und ab schritt. »Ich hörte, wie Sie sagten, daß Sie Wyncoop für den Täter halten.« Der Doktor blieb stehen und sah Robert an, als wäre er nicht sicher, ob sein Patient noch wach war.

Robert war zu schläfrig, um etwas zu entgegnen.

»Das ist logisch«, sagte der Doktor nickend und nahm seinen Gang wieder auf. »Er ist doppelt ergrimmt, weil sein Mädchen Selbstmord verübt hat. Nun ja, das ist etwas Schreckliches.« Doch er sagte das leichthin, das heißt, zumindest sein Ton war leicht. »Sie haben vor, morgen die Stadt zu verlassen?«

Robert nahm sich zusammen. »Ja. Ich habe meiner Mutter gesagt, ich käme sie in Albuquerque besuchen.«

»Ich glaube kaum, daß Sie morgen schon kräftig genug dazu sind.«

»Und die Polizei wird auch kaum damit einverstanden sein.« Robert drückte an dem Verband um seinen Arm herum. Er spürte nichts.

»Er ist noch fühllos von der Lokalanästhesie«, sagte der Doktor. »Ich höre, das ist das zweite Mal, daß hier geschossen wird.«

»Ja.«

»Na, da finde ich doch, Sie sollten nicht hierbleiben.« Der kleine Doktor breitete die Arme aus, als wäre das alles ganz einfach. »Wenn die sich weigern, Ihnen angemessenen Schutz angedeihen zu lassen, und Sie auch nicht ins Kittchen stecken wollen …«

Robert gab es auf, gegen die Schläfrigkeit anzukämpfen. Es war, als fiele er von einer hohen Klippe, jedoch ohne die geringste Furcht zu empfinden. Die Stimme des Doktors dröhnte noch eine Weile fort, tröstend, beruhigend; dann verstummte sie.