EPILOG

Die Haupthalle der Kaserne war fast leer. Nur wenige Untote waren da, sie nährten sich von dem Fleisch der Leichen, die rund um die blutbesudelten Zelte und rudimentären Lager lagen, die in Eile errichten worden waren. Jetzt fingen die Kreaturen an sich zu bewegen, versuchten offensichtlich, einen Weg aus dem Gelände zu finden. Sie ahnten nicht, dass diese Kaserne sicher war, und der einzige Ausweg jener über den Zaun war. In einer Ecke des Raumes bewegte sich etwas. Nur ein kleines anfängliches Zucken, welches dann ruckhaft und krampfartig wurde. Der Haufen aus Fleisch und Blut, der sich in dieser Ecke befand, begann sich stärker zu bewegen, bis deutlich wurde, dass es nicht nur dampfende Reste waren; es war – oder war einmal – ein Mensch. Das Ding grunzte, schüttelte die zerstückelten Körperteile ab, die verstreut herumlagen, und schleppte sich aus der Ecke.

Ein Untoter in einem alten Körper. Maggie Cox war am Verhungern, und zum ersten Mal hatte sie keine Lust auf Tabak.

Nur lebendes, atmendes Fleisch.

Sie kreischte und schob ihren ausgehöhlten Körper auf die Beine.

Nahrung konnte doch nicht so weit weg sein.


***

In der Dunkelheit der Abstellkammer waren die davor herumstolpernden Kreaturen fast unerträglich. Es war ein Kreischen, etwas, was tief aus der Hölle drang, und dann war ein gemeinsames gutturales Grunzen zu hören.

Kelly Bloom griff erschrocken den Arm ihrer Mutter fester, ihr Verstand versuchte herauszuarbeiten, was da eben vor sich ging, was sie hier in die Abstellkammer getrieben hatte, und was sie nun hier drin bleiben ließ.

Ihr war klar, dass sie nicht hier in der Dunkelheit gefangen bleiben konnte. Am Ende des Tages würde das ihren Tod bedeuten. Es war kalt und unleugbar unbequem. Kelly konnte weder ihre Finger noch ihre Zehen fühlen, und das schon seit Stunden. Egal wie sehr sie sie auch rieb, da war nichts. Ihre Mutter, die ihr während der Nacht ihren Pullover geopfert hatte, damit ihre Tochter es wärmer hatte, war bemerkenswert still, kein Zittern, nicht einmal …

Kelly konnte zwar nichts sehen, aber hören, und abgesehen von ihren eigenen panischen Atemzügen, war nichts weiter zu hören.

Ihre Mutter war der Nacht zum Opfer gefallen; sie war kälter, als die Luft es war; selbst kälter als der Schnee, der draußen fiel.

Kelly schloss ihre Augen und schluchzte.

Sie entschloss sich, zu bleiben.


***

Auf dem Dach war es still, abgesehen von der schwindenden Brise, die immer noch heulte, wann immer sie konnte. Der Schneefall während der Nacht war stark gewesen, weitaus stärker als während eines gewöhnlichen Winters. Auf der anderen Seite des Daches, unter einer weißen Decke, lugte der Kopf von Henry Colburn hervor. Er war mit offenen Augen gestorben, die nun auf der Suche nach einem Zeichen des Helikopters über das Dach starrten. Kleine Eiszapfen hatten sich an seinen Augenbrauen und Ohren gebildet, und direkt unter seiner Nase befand sich ein kleiner Eisblock, das Resultat einer vergessenen Morgenrasur. Während er so leblos starrte, auf den Hubschrauber wartend, der nie erscheinen sollte, nahm der Schneefall allmählich ab.

Und dann, wie durch Magie, hörte er komplett auf.