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Dart saß in seinem Kabuff im Kommandozentrum in der 12th Street und legte langsam den Hörer auf. Er blickte aus dem winzigen provisorischen Fenster. Ein nachtschwarzes Rechteck starrte ihm entgegen. Schließlich griff er nochmals zum Hörer und wählte. Dabei zitterte ihm ein wenig die Hand, weil er so erschöpft und wütend war. Es war vier Uhr morgens, aber das spielte keine Rolle.
Schon beim ersten Klingeln wurde abgenommen. »Diensthabender Special Agent Millard.«
»Millard? Ich bin’s, Dart.«
»Dr. Dart.« Millards Tonfall klang deutlich nervös.
»Wie ist der Status der Jagd auf Crew?«
»Nun, Sir, zwar durchkämmt immer noch eine vollzählige Besatzung die Gegend, aber wir sind zunehmend überzeugt, dass er und seine Komplizin ertrunken sind …«
Darts Wut überwältigte seine gewohnheitsmäßige Selbstbeherrschung. »Natürlich sind Sie überzeugt davon, dass er ertrunken ist. Selbstverständlich. Es ist das, was Sie glauben wollen. Nicht nur haben Sie ihn nicht gefasst, sondern Sie haben auch noch zugelassen, dass er durch den Sicherheitszaun auf das Gelände von Los Alamos eindringt, Amok läuft und hinterher einfach unbehelligt wieder verschwindet.«
»Sir, das ist nicht genau das, was geschehen ist, und zu der Zeit war ich auch noch nicht …«
»Wollen Sie wissen, womit ich das gleichsetze, Agent Millard? Ich setze das damit gleich, dass ein gesuchter Schwerverbrecher in eine Polizeizentrale hineinspaziert, sich mit Waffen und Munition eindeckt, dem Polizeichef den Vogel zeigt und dann wieder hinausspaziert.«
Jetzt folgte Schweigen am Telefon. Dart merkte, dass er den Punkt der Selbstkontrolle bereits überschritten hatte, aber das scherte ihn nicht.
In der Stille betrat Miles Cunningham, Darts persönlicher Assistent, das Kabuff, stellte einen Becher mit heißem, schwarzem Kaffee auf den Schreibtisch und ging wieder. Dart hatte ihn angewiesen, er solle endlich mit seinen Aufforderungen, es ruhiger anzugehen, aufhören und ihm stattdessen jede Stunde einen frischen Kaffee bringen.
Es war heiß in dem Büro, aber Dart trank trotzdem einen großen Schluck; er verbrannte sich dabei fast die Zunge und räusperte sich. »Nicht dass wir uns missverstehen, Agent Millard«, fuhr er fort. »Ich halte Sie nicht für voll verantwortlich. Wie Sie ja bereits andeuteten, leiten Sie die Operationen in New Mexico noch nicht lange. Aber von nun an mache ich Sie für alles verantwortlich, was geschieht.«
»Ja, Sir.«
»Morgen ist N-Day. Jede Stunde, jede Minute, die der Terrorist Gideon Crew weiter auf freiem Fuß ist, erhöht die Bedrohung für uns alle. Ich habe große Zweifel, dass er im Rio Grande ertrunken ist. Er steckt noch immer irgendwo in den Bergen. Ich will, dass sie durchkämmt werden. Von einem Ende zum anderen.«
»Die Suche läuft bereits, Sir, und unsere Leute geben ihr Bestes. Aber das fragliche Gebiet umfasst mehr als fünfzehntausend Quadratkilometer Wildnis und ist darüber hinaus extrem unzugänglich und zerklüftet.«
»Gideon Crew ist auf sich allein gestellt, er hat weder Wasser noch Lebensmittel dabei. Sie verfügen über eine Hundertschaft und eine Hightech-Ausrüstung im Wert von Millionen Dollar. Ich bin nicht an Entschuldigungen interessiert, sondern an Ergebnissen.«
»Ja, Sir. Wir geben alle unser Bestes. Zusätzlich zu den Hunden und den Suchteams am Boden haben wir ein großes Arsenal an Fernerkundungs- und Überwachungsgerät stationiert. Hubschrauber mit Infrarot und Muster-Erkennungs-Computersystemen. Predator-Drohnen, ausgerüstet mit dem neuesten synthetischen Apertur-Radar, das auch Blattwerk durchdringt. Aber auch wenn das nicht gefallen mag, ich muss berichten, dass wir nichts gefunden haben und dass wirklich alles darauf hindeutet, dass Crew und die Frau in dem Fluss ertrunken sind.«
»Haben Sie die Leichen gefunden, Agent Millard?«
»Nein, Sir.«
»Bis Sie das nicht getan haben, möchte ich kein einziges Wort mehr davon hören, dass Crew ertrunken ist.«
»Ja, Sir.«
Dart trank noch einen Schluck Kaffee. »Also, es gibt da noch ein Problem, über das ich mit Ihnen sprechen möchte. Agent Fordyce. Der Mann hat seine Inkompetenz bewiesen, seine Unfähigkeit, Befehle zu befolgen, sowie eine Neigung, auf eigene Faust zu handeln. Mir ist zu Ohren gekommen, dass er ohne Absprache den Sicherheitschef von Los Alamos befragt hat, und zwar ohne jede Befugnis und ohne erforderlichen Partner. Er hat die Befragung nicht mal aufgezeichnet. Wissen Sie, was das bedeutet?«
»Ich glaube schon, Sir.«
»Es bedeutet, dass, was immer er erfahren hat, vor Gericht nutzlos und zu Ermittlungszwecken nicht zu gebrauchen ist. Sollte Novak in irgendeiner Weise damit zu tun haben, sind unsere Chancen, ihn strafrechtlich zu verfolgen, praktisch gleich null.«
»Ich habe Fordyce bereits aus dem aktiven Felddienst entfernt und ihn in die Abteilung R und A versetzt.«
»Ich möchte, dass er suspendiert und aus dieser Ermittlung komplett abgezogen wird. Für mich steht fest, dass der Mann so etwas wie einen Zusammenbruch erlitten hat.«
»Ja, Sir.«
»Ich möchte, dass Sie das in einer Weise erledigen, dass die Innenrevision des FBI sich nicht aufregt. Wir haben sowieso schon genug Scherereien mit dem Federal Bureau. Setzen Sie ihn frei, bezahlt natürlich. Nennen Sie es Urlaub, ohne genaues Rückkehrdatum.«
»Wie Sie wollen, Sir.«
»Finden Sie Crew. Und die Frau. Und um Gottes willen, bringen Sie sie mir lebendig.« Dart legte auf, trank noch einen Schluck Kaffee und starrte wieder aus dem nachtdunklen Fenster.