Auf der Straße nach Irgendwo

Ich blicke auf den vor mir liegenden Abschnitt der Lebensstraße, auf die von mir selbst vielbesungene Road to Anywhere. Dort sehe ich immer noch in weiter Ferne die Silhouette spitzgratiger Berge, die einfach nicht näher kommen wollen. Sie müssen unermesslich hoch sein, wenn ich sie aus dieser Entfernung sehen kann. Hoffentlich entpuppt sich die gewählte Route des Lebens nicht als Vainy Mountain Road, als Straße, die sich in den Bergen verliert, ohne sie jemals zu überqueren.

Wieder einmal überlege ich, ob ich wirklich auf dem richtigen Weg bin. Vielleicht bin ich ja ein Wüstenmensch und finde in der endlosen Weite mehr Glück, als wenn ich dorthin fahre, wo die Zweisamkeit regiert. Wer weiß das schon? Immer wieder gibt es unbeschilderte Abzweigungen. Immer wieder werde ich unsicher. In mir konkurrieren die Sehnsucht nach Weite und die Sehnsucht nach Nähe. Nähe haben können, wenn ich sie brauche, Ferne und Weite, wenn ich das brauche.

An einer Abzweigung auf der Straße meines Lebens mache ich eine Rast, um mich zu sammeln. Ganz genau trage ich zusammen, was dafür spricht, von hier fortan den einen oder den anderen Weg zu nehmen. Und das sieht dann so aus:

Wenn ich den Weg des Alleinseins nehme, dann hat das folgende Vorteile:

  • Alles bleibt unter eigener Kontrolle
  • Planbarkeit der Reise
  • Keine fremden Bedürfnisse zu berücksichtigen
  • Ruhe in der Wohnung
  • Keine Konflikte
  • Kann machen, was ich will
  • Ende der Suche, denn es gibt sowieso keinen perfekten Partner

Wenn ich dagegen weiterhin den Weg zu einer Partnerschaft verfolge, dann kann das folgende Vorteile haben, vorausgesetzt, ich finde einen Weg über diese Berge am Horizont:

  • Gemeinsames Erleben
  • Familie mit Kindern
  • Menschliche Wärme und Leben im Haus, keine Einsamkeit
  • Aufgabenteilungen
  • Fokus auf eigene Stärken durch Kompensation von Schwächen durch den Partner
  • Horizonterweiterungen/Anregungen
  • Unterstützung durch den Partner
  • Sexuelles Erleben

Ich sitze in der hölzernen Loggia und schaue nach draußen. Dann schalte ich den dort stehenden Fernseher ein. Ich schaue selten fern, aber vielleicht lenkt mich das nun ein wenig ab. Es läuft gerade eine Sendung, die mich sehr an meine Kindheit erinnert.

Dieses dörfliche Ensemble. Wie ich im Garten meine Straßen anlegte, wie ich das Gebüsch als den heimischen Dschungel sah, wie andere Kinder mit mir Schule spielten, ich war dann immer der Lehrer, weil nur diese Rollenverteilung für mich und alle anderen Spaß brachte, wie ich stundenlang in meinem Zimmer Mehrtausendteile-Puzzles zusammenbauen konnte, wie ich mit dem Fahrrad überall hinfuhr, um alle Straßen gesehen zu haben.

Bei dem Gedanken, dass diese Zeiten für immer und ewig in meinem Leben vorbei sind, beginnt mein Gesicht nass zu werden. Stundenlang hallen die hellen Stimmen der Kinder aus dem Dorf im Fernsehen noch nach. Mir wird immer klarer, dass es nur genau eine einzige Möglichkeit gibt, diese Zeit noch einmal zu erleben. Indem ich eigene Kinder habe.

Kaktus zum Valentinstag
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