17

Als Tory am nächsten Morgen aufwachte, sah sie Garth auf dem Kissen neben sich ruhen. Sein Mund stand offen, und er schnarchte leise. Typisch Mann!, sagte sie sich. Dann wurde sie wieder von den Ereignissen des Vortags überrollt. Sie drehte sich zur Wand um und versuchte den Aufruhr der Gefühle zu bändigen. Sie war so mit sich selbst beschäftigt, dass sie gar nicht hörte, wie das Schnarchen hinter ihr abbrach.

Sie zuckte zusammen, als Garth sie ansprach. »Was war gestern Abend also los?«

Tory riss sich zusammen, drehte sich um und tischte ihm eine Lüge auf. »Tut mir leid, wenn ich dich erschreckt habe. Ich wollte nur nicht allein sein. Maratel und ich hatten gestern eine kleine Panne.«

»Was denn für eine Panne?«

»Ich glaubte, dass die Phelaner ihr Problem mit der Implantatverbindung inzwischen behoben hätten. Ich hätte es sonst nicht versucht. Ehrlich!«

Er wurde blass im Gesicht und fragte mit rauer Stimme: »Was ist passiert?«

»Ich hatte hier im Gemeinschaftsbereich Kontakt aufgenommen, und es hat auch funktioniert. Maratel hat dann einen Test am anderen Ende des Schiffs vorgeschlagen. Wir haben ihn mit einem Ausflug verbunden. Sie zeigte mir den Ankermechanismus des Segels, und anschließend gingen wir zu den Spiral-Fällen, wo ich die Verbindung testete. Ich stellte mühelos einen Kontakt her und versuchte dann eine volle sensorische Übertragung.«

»Und?«

»Ich verlor die Synchronisation. Maratel sagte, dass ich ohnmächtig geworden sei. Auf jeden Fall hatte sie sich über mich gebeugt, als ich wieder zu mir kam. Wenn du wissen willst, wie ein entsetzter Phelaner aussieht, kann ich es dir sagen.«

»Schon gut. Bist du wieder in Ordnung?«

»Ich glaube schon — wenn man mal davon absieht, dass ich mich total mies fühle.«

Tory musterte ihn gründlich, während sie ihm ihre Lügenstory erzählte. Seine Besorgnis war in unverhohlene Angst umgeschlagen, als sie den Verlust der Synchronisation erwähnt hatte. Mehr als ein Synergist hatte durch ein solches Ereignis schon den Verstand verloren.

Garth streckte die Hand aus und strich ihr mit den Fingern sanft über die Wange. »Wir sagen Kit, dass sie dich mal durchchecken solle.«

»Später. Jetzt brauche ich meinen Schlaf. Ich bin letzte Nacht kaum zur Ruhe gekommen«, sagte sie sarkastisch.

»Ich erinnere mich dunkel«, antwortete er.

Diesmal sagte Tory es laut: »Typisch Mann!«

Garth stieg aus dem Bett und ging in den Sanitärbereich, während Tory sich schlafend stellte. Und fast wäre sie auch wieder eingeschlafen. Nachdem Garth gegen Mitternacht eingeschlummert war, hatte sie sich stundenlang herumgewälzt, weil ihr überreiztes Gehirn einfach nicht zur Ruhe kommen wollte. Sie hatte sich wie ein wildes Tier in einem Käfig gefühlt, das die Grenzen seines Dilemmas abschritt — immer auf der Suche nach der Schwachstelle, die einen Ausweg verhieß. Sie erinnerte sich nicht mehr, wann sie in eine segensreiche Umnachtung gefallen war, aber sie wusste, dass sie in dieser Nacht keine zwei Stunden geschlafen hatte.

Dass sie Ruhe brauchte, war auch nicht der einzige Grund, um eine Begegnung mit Kit Claridge zu vermeiden. Ein Verlust der Synchronisation hinterließ nämlich unauslöschliche Zeichen bei den Reflexen des Opfers. Tory durfte sich keiner Kontrolluntersuchung unterziehen, weil die Ergebnisse offenbaren würden, dass ihre Reflexe absolut in Ordnung waren. Sie würde der Ärztin so lange aus dem Weg gehen müssen, bis sie durch den Zeitablauf glaubhaft machen konnte, die Nachwirkungen überstanden zu haben.

Garth kam aus dem Sanitärbereich und wischte sich Enthaarungscreme vom Kinn. »Du wirst keine weiteren Versuche unternehmen, dich in den Bordcomputer einzuloggen. Wir haben schon so lange ohne diesen Empfänger in deinem Kopf gelebt, dass wir auch noch ein paar Wochen ohne ihn auskommen.«

Tory fiel gerade noch rechtzeitig ein: Offiziell durfte sie gar nicht wissen, dass der Zeitpunkt für ihre Abreise bereits feststand. »Was meinst du damit?«

»Ich meine, dass wir nach Hause gehen.« »Hä?«

»Ganz recht. Wir starten morgen in drei Wochen, wenn wir rechtzeitig fertig werden. Bis dahin gibt es noch sehr viel zu tun. Faslorn und drei andere werden mit uns kommen. Wir werden ihre Kälteschlaftanks und phelanischen Proviant in der Ladebucht unterbringen müssen.«

»Und was ist mit unserer Verpflegung?«

»Die bringen wir in den Wohnbereich. Wir werden auf dem Rückflug unter etwas beengten Bedingungen hausen.«

Drei Wochen! Kein Wunder, dass Faslorn es so eilig gehabt hatte, einen Vertreter zu finden. Wenn sie einen Ausweg aus dem Dilemma finden wollte, hätte sie dafür maximal zwei Monate Zeit. Sobald die Austria den Gipfel der Geschwindigkeit wieder erklomm, würde die menschliche Mannschaft ihren phelanischen Passagieren in die Schlaftanks folgen. Die Rückkehr zur Erde würde ein Jahr dauern — ein für alle verlorenes Jahr, das mit kalten Träumen ausgefüllt war. In einem Jahr konnte jedoch viel geschehen. Die Erde durchschaute vielleicht die Maskerade der Phelaner, oder sie entdeckte die Dritte Flotte oder lehnte den Asylantrag der Phelaner ab. Tory hatte die albtraumhafte Vision, in einer explodierenden Sonne aufzuwachen - nur dass sie gar nicht mehr erwachen würde, nachdem die Sonne explodiert war ...

Für einen Moment spielte sie mit dem Gedanken, Garth ihr Problem mitzuteilen. Selbst wenn sie kontrolliert wurden, könnten die Phelaner nicht schnell genug reagieren, um sie zu stoppen. Doch der Gedanke erlosch, bevor er ausgeführt wurde. Im günstigsten Fall würden die Phelaner sie alle gefangennehmen und die Kommunikation mit der Erde unterbrechen. Oder vielleicht würden sie den Anschein der Normalität auch wahren, den Start der Austria planmäßig über die Bühne bringen und eine Explosion der Triebwerke herbeiführen. Es würde dann genügen, in einer Kondolenzbotschaft an die Erde ein paar Krokodilstränen wegen des Todes der tapferen Besatzung zu vergießen.

Vielleicht vermochte sie Garth auch ein Signal zu senden, das die Phelaner nicht als solches erkannten. Aber zu welchem Zweck? Wenn sie ihn alarmieren würde und es ihm gelang, eine Nachricht an die Erde abzusetzen, würde die Sonne in sechs kurzen Jahren eine Million Mal heller scheinen als heute. Wie sie sich am vorigen Tag schon bewusst geworden war, hatte Faslorn sie umso fester im Griff, weil ihre Verantwortung eine moralische war.

»Bist du sicher, dass mit dir alles in Ordnung ist?«, fragte Garth nochmals, als er Anstalten machte, die Kabine zu verlassen.

Sie lächelte ihn matt an, mit einem Lächeln, das genauso unecht war wie ihre Geschichte mit der Implantatpanne. »Mir geht es gut. Alles, was ich jetzt brauche, ist Ruhe, um mich psychisch wieder >zu erden<.«

»Ich werde den anderen sagen, was passiert ist. Kit kann dich heute Abend untersuchen.«

Dann war Tory allein. Das war ein Gefühl, an das sie sich am besten schon einmal gewöhnte, sagte sie sich. Es wäre nämlich für eine sehr lange Zeit der Normalzustand für sie. Sie zog die Bettdecke mit Händen über sich, die plötzlich zitterten.

Alles ging seinen gewohnten Gang. Die phelanischen Mentoren tauchten jeden Morgen auf, um mit ihren Gästen verschiedene Termine wahrzunehmen. Kit war ganz aus dem Häuschen wegen der medizinischen Techniken, die die Ärzte der Phelaner demonstrierten, und ihre Berichte an die Erde waren mit Superlativen und dem unverständlichen Jargon gespickt, in dem Ärzte kommunizierten. Eli plagte sich weiterhin mit dem Erlernen der phelanischen Sprache. Immerhin vermochte er jetzt schon mit kleinen Kindern zu sprechen — sofern sie nicht zu schnell redeten. Wenn Garth die Änderungen an der Austria einmal nicht beaufsichtigte, verbrachte er die Zeit damit, sich mit Faslorn, Rosswin und den anderen hohen Offizieren des Sternenschiffs zu beraten. Tory brachte auch einige Stunden in der Hangarbucht zu und beaufsichtigte die Techniker der Phelaner. Sie hatte für gewöhnlich die Mittagsschicht. Den Vormittag verbrachte sie mit Maratel.

Für Tory war nichts mehr wie zuvor. Sie erkannte die ganze Operation nun als das, was sie war — ein sorgfältig choreographiertes Ballett, in dem jedes Muskelzucken und Phonem genauso stilisiert war wie bei einer Aufführung des japanischen Kabuki-Theaters. Äußerlich waren die Phelaner so zuvorkommend wie immer. Das einzige Problem bestand darin, dass sie nun die Schnüre sah, an denen die Marionetten hingen. Das vergällte ihr die Freude am Spiel.

Langsam gewann Tory das innere Gleichgewicht und auch ihren Appetit zurück. Sie hasste es noch immer, was Faslorn ihr angetan hatte, aber sie vermochte nun wenigstens daran zu denken, ohne gleich wieder in Wut zu geraten. Die Albträume traten immer seltener auf, und die Abstände zwischen den Visionen von einer Sonne, die plötzlich aufloderte und ihre Welt verschluckte, bemaßen sich nun nach Tagen. Kit führte das auf ihre medizinische Beratung zurück, und das stimmte auch. Dennoch war Torys Erholung von ihrer »Implantatpanne« im Wesentlichen das Ergebnis ihrer inneren Stärke. »Der Mensch«, so hatte ein weiser Mann einmal gesagt, »vermag sich an alles zu gewöhnen - außer an den Tod!« In den Tagen nach ihrer Rekrutierung gelangte Tory zu der Erkenntnis, dass er recht hatte.

Ihre Ausflüge mit Maratel dienten vordergründig dem Zweck, sie mit dem Schiff vertraut zu machen. Doch manchmal waren es wirklich zweckfreie Ausflüge. Einer der ersten Orte, den Maratel ihr zeigte, waren die Spiral-Fälle. Die beiden saßen für eine Stunde an der Stelle, wo der tosende und reißende Strom gegen das Oberdeck des Habitats brandete. Der Lärm war so laut, dass es schwierig war, einen klaren Gedanken zu fassen — und wenn es dann doch gelang, war er schnell wieder vergessen. Die graue Gischt durchnässte Tory bis auf die Knochen, und sie glitt in eine fröstelnde Trance ab, von der alle äußeren Reize abprallten. Später wärmten sie und Maratel ihre ausgekühlten Körper dann unter der hohen Sonnenröhre. Als Tory hinterher auf einem warmen Felsen lag, sagte sie sich, dass das ein ebenso angenehmes wie atavistisches Erlebnis war.

Die meisten Exkursionen mit Maratel waren jedoch geheime Ausbildungseinheiten. Bevor sie bereit war, sich etwas anderes von den Phelanern anzuhören, wollte Tory wissen, wie Tau Ceti überhaupt destabilisiert und zerstört worden war. Die Erklärungen waren kurz und bündig, und, soweit sie es zu beurteilen vermochte, auch vollständig. Sie beinhalteten die Wechselwirkung zwischen Neutrinos auf einem besonderen Energieniveau und dem superdichten Wasserstoffplasma, das im Herzen von Sternen vorliegt. Obwohl es ihr an Hintergrundwissen fehlte, um alles zu verstehen, was man ihr sagte, klang das, was sie verstand, plausibel. Jedenfalls verspürte sie nicht den Wunsch, die Erklärungen der Phelaner in einem praktischen Test nachzuvollziehen.

Nachdem die Phelaner sie davon überzeugt hatten, dass sie tatsächlich in der Lage waren, ihre Drohung wahrzumachen, vertieften sie sie in die Details ihres Masterplans, sie der menschlichen Gesellschaft zu empfehlen. Sie musste zugeben, dass sie an alles gedacht zu haben schienen ... das heißt, an alles außer dem Offensichtlichen.

Hypothetisch hätten die Außerirdischen einen ausreichend großen Teil der Entscheidungsträger auf der Erde für sich zu gewinnen vermocht, um die öffentliche Empörung nach der Entdeckung der Dritten Flotte zu kompensieren. Wie die Phelaner ihr immer wieder sagten, war das nur logisch.

Aber Tory wusste, dass die Menschen ihrer eigenen Logik folgten. In der Praxis wäre es kaum von Bedeutung, wie viele Industriekapitäne die Phelaner kauften, wie viele Politiker sie bestachen oder wie viele Gelehrte sie von der Richtigkeit ihrer Sache überzeugten. Wenn Herr und Frau Normalbürger in die Enge getrieben wurden, würden sie irgendwann rebellieren. Kam das Ausmaß ihrer Täuschung erst einmal ans Licht, würde niemand es mehr wagen, für sie in die Bresche zu springen. Und wer doch so dumm war, würde von einem Sturm der öffentlichen Empörung hinweggefegt. Wie Tory würden wahrscheinlich auch die Emissäre der Phelaner gelyncht - und jeder, der ihnen geholfen hatte.

Während sie also den Touristen mimte, gab Tory zugleich vor, das Spiel der Phelaner mitzuspielen, und suchte dabei nach einem Ausweg aus ihrem Dilemma. Dabei wurde sie von ihrem Implantat unterstützt, das sie — ohne dass Garth und die anderen es wussten - fast im Dauerbetrieb einsetzte.

»Wann sagen wir meinen Schiffskameraden, dass ich euer Fürsprecher sein soll?«, fragte Tory Maratel eines Tages, während sie eine Fabrik zur Nahrungsmittelsynthese besichtigten. Kit hatte sie zunächst auch begleitet, war dann aber von ihrer Mentorin abgelenkt worden, während Tory und Maratel sich unterhielten.

»Es wäre am besten, unser Arrangement nicht zu offenbaren, bis wir die Erde erreichen. Wenn es früher bekannt wird, könnte das Anlass zu Spekulationen bieten und die Leute auf falsche Gedanken bringen.«

Tory stimmte ihr zu, aber nicht aus den von Maratel genannten Gründen. Die Phelaner befürchteten unangenehme Fragen, während Tory wiederum befürchtete, dass ihre Freunde sie für eine Verräterin halten würden. Sie war Mensch genug, dass sie das Scherbengericht nicht früher über sich ergehen lassen wollte als unbedingt nötig.

Das Abschiedsbankett wurde im selben Saal wie das Begrüßungsbankett und in Anwesenheit derselben Funktionäre ausgerichtet. Wieder teilten die vier Menschen die Bühne mit Faslorn und ihren phelanischen Mentoren. Die zwei Phelaner, die Faslorn und Maratel zur Erde begleiten sollten, waren auch anwesend. Neirton war ein Experte in Humanpsychologie, während Raalwin, ein Ortho-Geschwister von Rosswin, Politikexperte war. Sie waren für die PR- und Lobbykampagne zuständig, von der die Phelaner sich einen Umschwung der öffentlichen Meinung der Menschen zu ihren Gunsten erhofften.

Alle vier Phelaner sollten am nächsten Morgen in der Austria in den Kälteschlaf verbracht werden. Danach würden die vier Menschen an Bord gehen, die Systeme des Schiffs überprüfen und - wenn alles gut ging - die Hangarbucht verlassen. Sie würden dann noch einmal stoppen, um den Starhopper-Booster anzukoppeln und eine mehrstündige Sicherheitsüberprüfung durchfuhren, um sich zu vergewissern, dass während ihrer langen Abwesenheit keine Unregelmäßigkeiten aufgetreten waren. Dann würden sie den hellen gelben Stern im Sternbild der Jungfrau anpeilen und mit Höchstgeschwindigkeit nach Hause eilen.

Anders als das erste Bankett, das steif und formell gewesen war, geriet das zweite zu einem geselligen Beisammensein. Die phelanische Interpretation des menschlichen Humors hatte sich verbessert, seit die Mannschaft an Bord gekommen war. Ein paar Phelaner, deren untere Arme am Körper festgebunden waren, präsentierten einen Comedy-Sketch für ihre Gäste. Sie präsentierten eine so gelungene Parodie auf jeden menschlichen Forscher, dass Garth, Eli und Kit sich den Bauch vor Lachen hielten. Sogar Tory musste lachen, als ein Phelaner in einer authentischen Imitation ihrer eigenen Gangart einhertänzelte. Sie vergaß zumindest eine Zeit lang den ernsten Hintergrund dieses Unterhaltungsprogramms.

Am Ende des Mahls erhob sich Faslorn von seinem Platz und ließ den Blick über die Menschen auf beiden Seiten schweifen. Tory hatte den Eindruck, dass sein Blick einen Sekundenbruchteil länger auf ihr verweilte als auf den anderen.

»Meine Freunde, ich stehe ein letztes Mal als Gastgeber vor Ihnen. Ab morgen werde ich Ihre Fracht sein und dann Ihr Gast. In den letzten Monaten haben wir versucht, Ihnen eine Vorstellung davon zu vermitteln, wer und was wir sind ...« Tory, die gerade einen Schluck von dem ausgezeichneten Ersatzwein genommen hatte, verschluckte sich und prustete. Sie spürte Faslorns Blick auf sich, als sie die Serviette zum Mund führte - um sich zu säubern und um ihren Gesichtsausdruck zu kaschieren. Der Anführer der Phelaner knüpfte scheinbar nahtlos an seine bisherigen Ausführungen an.

»Wir, die wir die große Leere durchquert haben, sind hierhergekommen, um Frieden in der Nähe Ihrer schönen gelben Sonne zu finden. Und wir haben noch viel mehr gefunden. Unsere zwei Arten sind getrennt marschiert, um diesen Knotenpunkt in unserer Geschichte zu erreichen. Wenn wir vereint handeln, sind unseren Möglichkeiten keine Grenzen gesetzt.«

Faslorn hob sein Glas, und jeder im Raum folgte seinem Beispiel. Tory zögerte zunächst, schaffte es dann aber noch, ihr Glas ohne merkliche Verzögerung zu heben. »Auf die Nachkommen von Mutter Erde und auf die Kinder des verlorenen Phela. Möge unsere Verbindung lange währen und fruchtbar sein!«

Rufe der Zustimmung wurden in der Menge laut. Als Tory dann trank, musste sie sich eingestehen, dass das auch ihr Wunsch war. Von allen Menschen auf der Bühne kannte sie nämlich als Einzige die Alternative.

»Sie kommen nach Hause!«, sagte Dardan Pierce zu Bernardo Lucci, als der italienische Astronom sein Büro betrat.

»Wann haben Sie das erfahren?«

»Genau in dieser Minute. Der Leiter der Kommunikationsabteilung hatte sich gerade abgemeldet, als Sie zur Tür hereinkamen. Die Nachricht von Garth, in der er den Abflug bekannt gibt, ist vor ungefähr zwanzig Minuten hier eingegangen. Sie kommen also nach Hause und bringen vier Phelaner mit. Sie werden nächstes Jahr um diese Zeit hier sein.«

»Wann starten sie?«

Pierce warf einen Blick auf das Chronometer an der Wand. »Wenn alles nach Plan läuft, sind sie bereits gestartet. Wir müssten ihr Antriebsfeuer schon in ein paar Wochen sehen.«

Lucci rieb sich die Hände. »Irgendwelche Neuigkeiten bezüglich der Daten, die sie mitbringen?«

»Unbekannt«, sagte Pierce. »Ich könnte mir aber vorstellen, dass sie ein großes wissenschaftliches Paket als Muster geschnürt haben, um uns davon zu überzeugen, ihnen eine Kolonie zu überlassen.«

»Irgendwelche Nahaufnahmen von der explodierenden Nova?«

»Wie zum Kuckuck soll ich das wissen? Haben sie uns diese Reisebeschreibung nicht auch schon geschickt? Sie zeigt doch die explodierenden Nova.«

»Diese Reisebeschreibung ist nicht viel besser als ein Kinder-Holo für die Playstation«, spottete Lucci. »Wo sind die Kalibrierungskurven, die Zeitsignaturen und all die anderen Daten, die wir für eine seriöse wissenschaftliche Arbeit benötigen?«

»Mir scheint, dass Tycho Brahe nur mit dem bloßen Auge und einem Sextanten schon eine recht gute astronomische Leistung erbracht hat.«

»Es war ein Quadrant, kein Sextant«, erwiderte Lucci. »Nein, wir brauchen echte Daten, um damit zu arbeiten. Wir können dieser Reisebeschreibung eigentlich nicht viel mehr entnehmen, als dass ihr Stern explodiert ist. Aber das sehen wir auch selbst.«

»Seien Sie doch nicht so ein Miesepeter. Sie haben immerhin ein Rätsel für uns gelöst.«

»Sie meinen das Lichtdefizit? Dass es als experimenteller Fehler abgetan wird, kann man doch nicht als Lösung bezeichnen. Wenn die Instrumente eine Fehlfunktion hatten, wieso haben sie dann ein paar Wochen später die theoretische Kurve so genau abgebildet?«

»Ich habe keine Ahnung. Aber wieso überprüfen Sie das nicht selbst, anstatt mir hier in den Ohren zu liegen? Die Union hat die ursprünglichen Daten ohne Zweifel irgendwo in ihren Archiven deponiert. Beschaffen Sie sich eine Kopie davon und versuchen Sie herauszufinden, wo unsere Vorgänger gepatzt haben.«

Lucci hieb mit der Faust auf Pierces Schreibtisch. »Genau das werde ich auch tun, verdammt noch mal! Wenn wir mit unserer modernen Technik nicht einmal in der Lage sind, die Diskrepanz zu erklären, haben wir die Bezeichnung >Astronom< nicht verdient.«