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Im folgenden Jahr nahm Morse seinen Urlaub später. Wieder mit dem festen Vorsatz, nach Griechenland zu fahren. Aber auch diesmal blieb sein Paß in der Schublade, und an einem sonnigen Vormittag Mitte Juni stieg er in einen Bus und fuhr von Nord-Oxford in die Innenstadt. Eine Stunde streifte er stillvergnügt durch das «Ashmolean» und stand viele Minuten vor dem Giorgione und dem Tiepolo. Kurz vor zwölf ging er in die Bar des Randolph und bestellte eine Halbe. Dann noch eine. Um halb eins überquerte er den Cornmarket und betrat St. Frideswide’s. Die Tür des Nordportals knarrte nicht mehr, aber in der Kirche rührte sich nichts, nur die Kerzen vor dem Marienbild flackerten. Die Frau, die er suchte, war nicht da. Wie schon einmal beschloß er, zu Fuß nach Nord-Oxford zurückzugehen, allerdings erlebte er an der Kreuzung Marston Ferry diesmal keinen Unfall. In Summertown kehrte er im Dew Drop ein und genehmigte sich noch zwei Halbe. In dem Gebäude des Teppichgeschäfts, von dem aus Brenda Josephs ihren Mann beobachtet hatte, saß jetzt eine Versicherungsgesellschaft, aber ansonsten hatte sich offenbar wenig geändert. In der Manning Terrace blieb Morse ein, zwei Sekunden an einem bestimmten Punkt stehen, dann ging er weiter. Vor Nummer 14 A machte er halt und klopfte.

«Sie!»

«Ich habe gehört, daß Sie wieder da sind.»

«Kommen Sie doch herein. Sie sind mein erster Besucher.»

«Nein, danke. Ich wollte Ihnen nur sagen, daß ich viel an Sie gedacht habe, während — während Sie weg waren. Sie würden rot werden, wenn Sie wüßten, was sich in meinen Träumen getan hat.»

«Bestimmt nicht.»

«Sie dürfen mich nicht zu ernst nehmen, ich hab zuviel Bier intus.»

«Bitte kommen Sie herein.»

«Ihre Mutter ist da.»

«Willst du mit mir schlafen?» Ihre großen Augen hielten die seinen fest.

«Darf ich wohl mal eben verschwinden?»

«Ja, komm mit nach oben, Augenblick.»

Sie war gleich wieder da, einen Sicherheitsschlüssel mit einem Schildchen «14 B» in der Hand.

«Willst du deiner Mutter nicht sagen —»

«Nein, warum?»

Leise lächelnd schloß sie die Tür von 14 A und steckte den Schlüssel in die Tür von 14 B.

Sein Blick folgte ihren schlanken Fesseln, als sie vor ihm die teppichbelegte Treppe hinaufging.

«Schlafzimmer oder Wohnzimmer?»

«Zuerst ein bißchen ins Wohnzimmer», sagte Morse.

«Ich habe Whisky da. Willst du was trinken?»

«Ich will dich.»

«Und du kannst mich haben, das weißt du doch.»

Morse nahm sie in die Arme und küßte sie zärtlich auf die weichen, vollen Lippen. Dann, als sei das zuviel an Glück, zog er sie eng an sich und legte seine Wange an die ihre.

«Ich hab auch von dir geträumt», flüsterte sie ihm ins Ohr.

«War ich brav?»

«Leider ja. Aber jetzt wirst du nicht brav sein, oder?»

«Natürlich nicht.»

«Wie heißt du eigentlich mit Vornamen?» fragte Ruth.

«Sag ich dir hinterher.»

Seine Finger verweilten einen Augenblick leicht auf dem Rückenreißverschluß des bunt gemusterten Sommerkleides.