Ein Interview mit Kevin Brooks

Sie haben in Ihrem Leben viele Gelegenheitsjobs gehabt – zum Beispiel haben Sie in einem Krematorium gearbeitet, im Londoner Zoo Snacks und Getränke verkauft und Sie waren bei der Bahn angestellt. Wie hat sich das alles auf Ihr Schreiben ausgewirkt?

Es hat lange gedauert, bis ich Erfolg als Autor hatte, und bis dahin musste ich alle möglichen Jobs machen, um Geld zu verdienen. Ich habe sie alle gehasst, aber zugleich haben sie die überwältigende Sehnsucht in mir geweckt, mein Leben mit einer Arbeit zu verbringen, die ich wirklich gern mache.

Außerdem habe ich bei diesen Jobs Menschen aus dem ganzen Land kennengelernt, die aus den unterschiedlichsten Schichten und Milieus kommen. Wenn ich jetzt über bestimmte Figuren oder Situationen schreiben will, kann ich mich in diese Zeit zurückversetzen und mich auf das beziehen, was ich damals erlebt habe. Also hat sich diese Art zu arbeiten als ziemlich nützlich herausgestellt, auch wenn ich die einzelnen Jobs damals überhaupt nicht mochte.

Was ist Ihr Lieblingsbuch?

Ich lese gern Krimis und mag auch Wildwestromane. Elmore Leonards Hombre ist einer von meinen absoluten Favoriten. Das ist ein ganz schlichtes Buch über einen wirklich coolen Helden, der halb Indianer, halb Weißer ist. Schon immer geliebt habe ich auch My Side of the Mountain von Jean Craighead George. Darin geht es um einen Jungen, der von zu Hause ausreißt und allein in der Natur lebt. Aber ehrlich gesagt habe ich viel zu viele Lieblingsbücher, um Einzeltitel auszuwählen.

Bevor Sie mit dem Schreiben anfingen, wollten Sie Rockstar werden. Wie beeinflusst die Musik Ihre Arbeit als Autor?

Eine Menge von dem, was ich beim Schreiben von Songs gelernt habe, habe ich fürs Romanschreiben übernehmen können. Zum Beispiel arbeite ich viel mit Rhythmus. Man kann den Rhythmus der Sprache nutzen, um Gefühle zu verstärken, Dinge zu betonen und Stimmungen zu erzeugen, ohne dass sich die Leser dessen bewusst werden.

Wenn ich Geschichten schreibe, halte ich mir immer den Rhythmus des gesamten Werks vor Augen, aber zugleich gehe ich auch bis auf die Ebene von einzelnen Sätzen und Wörtern. Ich überlege, wie viele Silben ein bestimmtes Wort haben muss, damit es in den Satzrhythmus passt. Oft ist mir selbst nicht ganz klar, wie das funktioniert – aber ich weiß, ob es klappt oder nicht.

Was raten Sie jemandem, der Schriftsteller werden will?

Einfach schreiben, schreiben, schreiben. Und zwar das, worauf du Lust hast – nicht das, was deiner Meinung nach bestimmt gut wird oder sich verkaufen lässt oder andern gefallen könnte. Und dazu viel lesen.

Am wichtigsten ist wohl der unbedingte Wunsch zu schreiben. Ich habe mein erstes Buch erst mit vierzig Jahren veröffentlicht, aber wenn du wirklich ein Autor sein willst, gibst du niemals auf.

Der einzige Ratschlag, den ich speziell jungen Leuten geben möchte, ist der, überm Schreiben nicht das Leben zu vergessen. Verbringt nicht jede freie Minute mit Schreiben, denn in Büchern geht es ums Leben und ihr müsst ein Leben haben, um schreiben zu können.

Sie haben einmal gesagt, dass es Sie näher ans Grundlegende bringt, für junge Leser zu schreiben. Was ist für Sie »das Grundlegende«?

Manchmal wünsche ich mir, ich hätte diesen Satz nie gesagt! Er klingt, als hätte ich behauptet, dass man für Jugendliche irgendwie einfacher schreibt – was nicht stimmt. Ich habe auch für erwachsene Leser geschrieben und es gibt da überhaupt keinen Unterschied. Ehrlich gesagt ist es meiner Meinung nach sogar der schlimmste Fehler, den man machen kann, wenn man sich beim Schreiben von Jugendromanen absichtlich dümmer stellt.

Was ich damit sagen wollte: Als ich mich an meinen ersten Romantexten versucht habe, dachte ich, ich müsste allen zeigen, wie wahnsinnig geschickt ich mit Worten umgehen kann. Aber bei der Arbeit an Martyn Pig, meinem ersten veröffentlichten Buch, wurde mir klar, dass die Grundlage für einen guten Roman eine starke Geschichte ist und dass es nicht darum geht, allen zu demonstrieren, wie schlau man ist. Dass ich das gerade zu dem Zeitpunkt begriffen habe, als ich anfing, für Jugendliche zu schreiben, ist wohl eher ein Zufall.

Was war das schwerste Buch, das Sie jemals geschrieben haben?

Wahrscheinlich Being. Ich habe am längsten dafür gebraucht und habe das Manuskript öfter überarbeitet als alle anderen Bücher bisher. Ich wollte, dass es eine tief menschliche Geschichte wird, aber ein wichtiges Element dieses Buch ist nun mal das Nicht-Menschliche, darum war es ziemlich schwer, das Gleichgewicht hinzukriegen.

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Übersetzung: Beate Schäfer